Will die Pfarrer wissen sehr gut, daß eS dann um ihre Erwerbs» quelle sehr schlecht stünde. Und deshalb drängen sich diese heiligen WahrheitSzeugen in die Wocheiistuben ein". Die Konsinnation istein weit tieferer Unfinn als die Kinder- taufe". Ein Junge von fünfzehn Jahren und die Lehren des ChristentumS IHandelte es sich um zehn Taler, so würde der Kater sagen: Nein, mein Junge, daS kann man Dir nicht über- lasten, dafür bist Du hinter den Ohren noch nicht trocken genug. Wo eS sich aber(wie doch die Pfarrer sagen) um die ewige Selig- keit handelt, und wo eine wirkliche Persönlichkeit hergehört, da ist daS Alter von fünfzehn Jahren das passendste." Darum fordert Kierkegaard   spöttischerweise, daß neben das Polizeiverbot an die Gastwirtschaften. Knaben etwas einzuschenken, das andere träte, Knaben feierliche Gelöbniste die ewige Seligkeit betreffend ab» zunehmen. Die Frage, ob wir noch Christen find, hat bekanntlich innerhalb deS letzten Jahrhunderts von David Friedrich Strauß  ' bekannter Schrift an, eine große Reihe mehr oder(meistens) weniger geistvoller Antworten gefunden. Hören wir, wie Sören Kierkegaard   sich mit dieser Frage abfindet.Wir sind alle Christen. Daß wir alle Christen sind, ist so allgemein bekannt und angenommen, daß eS keines Be­weises bedarf; ja dieser Satz wird bald von einer historischen Wahr- heit zu einem Axiom avancieren, zu einem der ewigen Grundsätze, mit denen fernerhin das Kind geboren wird. Dann wird durch das Christentum mit dem Menschen die Veränderung vorgegangen sein, daß da? Kind mit einer Grundvoraussetzung mehr geboren wird, mit der nämlich, daß wir alle Christen find. Jndesten kann es nie schaden, sich immer und immer wieder klar zu machen, in welchem Grade eS gewiß und klar ist, daß wir alle Christen sind. Hier ein Versuch von mir; und ich schmeichle mir, daß er es lvirklich deutlich macht, in welchem Grade eS wahr ist, daß wir alle Christen find. Wenn unter uns ein Mensch, ein Freidenker lebte, der in den stärksten Ausdrücken erklärte, er sei kein Christ: das Hilst ihm nichts, er ist Christ in dem Grad sind wir alle Christen; er kann nach dem Gesetz gestraft werden, das ist etwa» anderes, aber er ist Christ.Welcher Unfinn" sagt der Staat  wozu sollte das führen? Wenn wir erst einmal einem erlauben, zu erklären, daß er lein Christ sei, so leugnen bald alle, daß fie Christen seien. Rem, nein, principiis obsta, und stehe fest zu deinen Prinzipien. Wir haben nun die Tabellen in Ordnung, alles ist rubriziert, alles in Richtigkeit, vorausgesetzt, wie ich voraussetze, daß wir alle Christen find ergo ist auch er ein Christ; solch einem Dünkel, der bloß von andern abstechen will, darf man nicht nachgeben; er ist und bleibt Christ, und dabei bleibt es". Stirbt er und hinterläßt er soviel, daß eS zu den Gebühren für den GotteSmann reicht, für den Pfarrer, für den Leichenbitter und für einige andere Personen: so Hilst ihm kein Protest etwa«; er ist, er lst Christ und wird als Christ begraben in dem Grade ist es gewiß, daß wir alle Christen sind. Hinterläßt er nichts(denn daß er nur wenig hinterläßt, kann ihm mcht helfen; der Pfarrer begnügt sich in christlicher Genügsamkeit immer mit wenigem, wo nicht mehr zu haben ist) hinterläßt er buchstäblich nichts ja dann, und nur dann wird auf seinen Protest vielleicht Rücksicht genommen werden, da der Tote ja leider die Kosten eines christlichen Begräbnisses nicht durch Handarbeit abverdienen kann: in dem Grade ist eS gewiß, daß wir alle Christen sind. So steht er fest in der Christenheit, wie der Satz de» Widerspruchs außerhalb der Christenheit; er steht fest, dieser ewige Grundsatz, an dem kein Zweifel rütteln kann: daß wir alle Christen find." Im Verlage von Eugen DiederichS   erscheinen Kierkegaards  Schriften in deutscher Ausgab«. Außer demAugenblick", in dem der Angriff auf das Christentum enthalten ist, toird keines seiner Werke breitere Schichten de» Volke? interesfieren. Und auch der »Augenblick" ist wegen seines Preises nicht jedem erschwinglich. Viel- leicht wäre eS ratsam, von dem Angriff auf die Kirche eine billige Volksausgabe herzustellen. kleines f cinllcton. Völkerkunde. Der Ursprung der Haussa-Reger. Die Hauffa- Reger gehören zu den wichtigsten Volksgruppen unter den Bewohnern des schwarzen Erdteils. Sie find zwar heute auf den nordwestlichen Teil von Afrika   beschränkt, haben aber früher ein weit größeres Gebiet innegehabt, was fich noch heute in der weiten Verbreitung ihrer Sprache ausdrückt. Die Hauffa zeichnen sich durch eine be- sonder» hohe Intelligenz und durch einen Fleiß, wie er nicht gerade häufig bei den afrikanischen Eingeborenen zu finden ist, vor ihren Rachbarn aus. Sie betätigen sich namentlich als treffliche Handwerker. Der Ursprung der Hauffa bildet eins der größten Rätsel der afrikanischen Völkerkunde. Die Zeit, in der man unter dem Begriff der Neger die verschiedensten Elemente zusammenwarf, ist jetzt vorüber, und gerade bei den Hauffa sind die Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zu den echten Negern stark hervor- getreten. Sie unterscheiden fich von den Negern der Küstengegenden durch die weniger dicken Lippen und weniger flachen Nasen, von dem Kerantw. Redakteur� Richard Barth  . Berlin  . gleichfalls wichtigen Stamm der Filani durch untersetzte Statur und wolliges Haar. Ihr Hauptgebiet im nördlichen Rigerien zerfällt in vierzehn unabhängige Swaten. Ihre VolkSzahl wird auf etwa vier Millionen geschätzt. Während man bisher zweifelhast war, ob sie alS Ureinwohner dieses Gebietes oder als Einwanderer von Aegypten   oder Abeffynien her zu betrachten waren, bringt ein Mitarbeiter derRawre" neue Beweise für die zweite Auffassung. Insbesondere macht er die Tatsache geltend, daß die Religion der Hauffa eine große Sehnlichkeit mit der deS alten Aegyptens habe und daß im übrigen die Hauffa einen Wander- und Handelstrieb befitzen, den fie wohl am ehesten von den Semiten ererbt haben können. Auch daS Pferd haben fie wahr- fckeinlich aus seiner östlichen Heimat in ihre jetzigen Wohnsitze mit- gebracht. Naturwissenschaftliches. Wirkungen der Inzucht. Fast bei allen Völkern, selbst bei den auf der niedersten Kulturstufe stehenden Ureinwohnern Aristraliens. begegnet man strengen Vorschriften, die eine Ehe zwischen nahe verwandten Personen verbieten. Die Grenzen, die hier ge« zogen werden, sind allerdings bei den einzelnen Völkern recht ver- schieden weit gesteckt. Während z. B. in Deutschland   nur eine Ehe zwischen Geschwistern und Verwandten auf- und absteigender Linie unterlagt ist, erstreckt sich in England das Verbot sogar auf Cousin und Cousine. Der Grund für diese Verordnungen liegt in den ver- muteten schädlichen Folgen, die eine Berwandtenehe für die Nachkommen haben soll. In der Tat findet man ja häufig, daß die Nachkommen aus einer Geschwisterkinderehe besonders schwächlich sind, oder auch mehr oder weniger schwere geistige Defekte(Idiotie) aufweisen. Aller­ding« gibt es daneben auch zahlreiche Fälle, in denen solchen Ehen durchaus gesunde Kinder entsproffen find, so daß manche die schäd- lichen Folgen einer Verwandtenehe einfach bestreiten. Bereit» Charles Darwin   bat fich mit diesem in sozialer wie wiffenschaftlicker Hinficht gleich wichtigen Problem sehr eingehend beschäftigt. In seinem WerkeTiere und Pflanzen im Zu- stände der Domestikation(Zähmung)" sagt er darüber: Die Folgen einer engen und lange durchgeführten Inzucht äußern sich nach dem allgemeinen Dafürhalten in eilier Einbuße an Größe, Kraft und Fruchtbarkeit, häufig begleitet von einer Neigung zu Miß- bildungen."Daß eine Schädigung direkt auS enger Inzucht folgt, ist zwar manchmal bestritten worden, aber wohl nur selten von einem praktischen Tierzüchter und meines WiffenS nie von solchen, die Tiere mit schneller Vermehrung in größerem Maßstäbe aufge- zogen haben." AuS diesem Grunde führen daher ja auch die tüchter ganz regelmäßig, um ihren Tierstamm zu kräftigen, ihrer ucht von Zeit zu Zeit fremdes Blut zu, selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch die Raffereinheit ihrer Tiere vorübergehend beein- trächtigt wird. Im großen und ganzen beruhten jedoch die vermuteten Schädi- gungen mehr auf Annahmen als auf exakten Untersuchungen. ES ist daher von großem Jntereffe zu sehen, in welcher Weise sich die Folgen einer streng und über zahlreiche Generntionen hin konsequent durchgeführten Inzucht äußern. In dieser Hinsicht verdienen nament- lich die Versuche WeiSmannS und GuaitaS an Mäusen und von Ritzem-Bos an Ratten besondere Beachtung. Im ganzen wurden die Mäuse von den beiden erstgenannten Forschern durch 36 Generationen in engster Inzucht gezüchtet. Die Resultat« waren in der Tat in mehreren Beziehungen sehr auffällig. Während in den ersten 16 Generationen pro Wurf durchschnittlich etwa sechs Junge abgesetzt wurden, sank diese Zahl bei der elften bis zwanzigsten Generation auf etwa fünf und bei der einundzivanzigsten und scchSunddreißigsten Generation end- lich bettng die Durchschnittszahl der Jungen'sogar nur noch zwei bis drei Tiere. Die Abnahme der Fruchtbarkeit betrug in dieser Zeit also nahezu dreißig Prozent. Noch auffallender sind die Versuche von R. B o S an Ratten, die dieser Forscher dreißig Generationen lang züchtete. Den Ausgangs« punkt bildete eine weiße und eine Wanderratte, die zwölf Junge zur Welt brachten. Ein ftemdeS weißes Männchen wurde nun mit sieben dieser Jungen gepaart, sonst wurde jedoch, während der ganzen sechs Jahre, die diese Zucht dauerte, kein ftemdeS Blut zugeführt, sondern die Eltern wurden entweder mit ihren Kindern oder die Geichivister untereinander gepaart. Hinsichtlich der Frucht« barkeit war da« Ergebnis folgendes: im ersten Jahre bettug die Durchschnittszahl der abgesetzten Jungen pro Wurf sieben bis acht Tiere. In den nächsten beiden Jahren ließ fich kaum eine Abnahme der Fruchtbarkeit feststellen, dann sank aber die Zahl der Jungen rasch herab. biS zuletzt die Zahl der Jungen pro Wurf nur noch drei betrug. Hand in Hand damit nahm die Zahl der unfrucht- bar bleibenden Verbindungen, die im ersten Jahre Null war, ständig zu, bi§ in den letzten beiden Jahren etwa die Hälfte aller Verbindungen steril blieb. Auch die Sterblichkeit wuchs in den späteren Generationen rapide. Sie bettug im ersten Jahre nur 4 Proz.. im letzten dagegen 46 Proz. Während das Gewicht eines ausgewachsenen Rattenmännchens zu Anfang 366 Gramm bettug, sank es m den letzten Jahren auf 240 Gramin herab. Also in dieser Hinsicht zeigte sich deutlich eine schädigende Wirkimg der Inzucht. End'ich verdient noch hervorgehoben zu werden, daß Ver- einigungen zwischen Geschwistern eine geringere Rachlommenschast erzengten als solche zwischen Eltern und Kindern. lllb. = Druck u. Verlag: vorwqrl» Buchdruckerei u.Vert«g«anMlxaul<v,»gel SrTv..lticlUu!äA�