Xanber, b. h. sie setzten eine seiner kostbaren Eulenspiegeleien aufdie Schnitzelbank. Der Narrengesellschaftsmaler machte die Bilderdazu und einer die Verse. Doch der Streich war viel besser geratenals Bilder und Verse. Einen ganzen Gemeinderat hatte derMüllersgesell zum besten gehabt.(Fortsetzung folgt-sZ(Nachdruck Mrdoten.)Das cngUfchc TTbeater zur ZeitSbakcfpearcs.Um die Wende des sechzehnten Jahrhunderts gab es kaum einenverachteteren Stand als den Schauspielerberuf. Vagabunden, Gaunerund Komödianten nannte man in einem Atem. Das Verächtliche dieserKunst, die man übrigens damals durchaus nicht als Kunst im edlenSinne ansah, war so in das Volksbewutztsein übergegangen, datz diesprichwörtliche Bedeutung sich das Worlgesüge.Komödiant werden"'als Begriff des absolut Unehrenhaften prägte. Immerhin halten dieharmlosen Schelme, denen ihr Ruf im Schwinden der Zeit ziemlichgleichgültig geworden war,— wie alles Gewohnheilsniätzige, das niesonderlich herbe empfunden wird,— in London verschiedene eigeneTheater. Das soll heißen, daß eine edle Lordschaft in fich das mehroder weniger mäcenatische Gefühl empfand, einige Theater aufrechtzu erhalten, dergestalt, daß sie mangels genügender Einkünftedie Künstler aus eigener Schatulle über Waffcr hielt. Auch ent-nahmen die Patrone„ihren" Komödianten die derzeit üblichen Haus-und Hofnarren. Und schließlich hatten die Künstler noch bei aller-Hand privaten Vergnügungsveranstallungen in den Besitzungen derAdeligen mitzuwirken. Und das kam reichlich oft vor. War es dochzu jener Zeit Damen durch Sitte und Herkommen untersagt, dasTheater zu besuchen. Geschah dies dennoch, so erschienen sie stetsdicht verschleiert, auch wohl maskiert, ohne dadurch an Wert-schätznnng zu gewinnen. Es waren eben Damen, denen Hogarthden Namen Hackabout gibt. Eine Möglichkeit, dieses Wort zu über-setzen, gibt es nicht, es sei denn, man wähle Lichtenbergs Phantasie-volle Uebertragung„Fräulein Jedermann", eine Uebersetzung, diedem Sinne nach noch treffender sein würde, setzte man das Wörtchen„für" dazwischen.Indes boten diese festen Theater in London den Schauspielernkeineswegs die Möglichkeit, sich seßhaft zu machen. Vielmehr mußtensie, wenn die patronifierenden Lords, Pairs und Baronets aufReisen waren, versuchen, sich nach Möglichkeit ihren Lebensunterhaltselbst zu verdienen. DaS geschah, indem sie Reisen in die Provinzunternahmen. An einzelnen Orten immer nur wenige Tage verweilend, waren sie für kurze Zeit eine beliebte, wenn auch, soweitihre Personen in Frage kamen, kaum besonders gern gesehene Ab-wechselung im Einerlei des Alltages. Zwar drängte fich ihnenviel Volk zu und füllte ihre Kaffen, doch fuhren sie infolge größererUnkosten kaum wohlhabender weiter, bis schließlich der Ruf derGönner sie nach London zurückführte. Zweifelsohne hat auchShakespeare in seinem Geburtsort Stratford on Avon die Bekannt-schaft einer sqlchen Truppe, deren persönliche Berührung man sonstvermied, gemacht und sich ihr angeschlossen.Man könnte versucht sein, nach der Ursuche des geringen An-sehens der damaligen Schau'pieler zu forschen und würde dannfraglos die Herleitung der verächtlichen Meinung in vielen Fällenvon der Aufführung der Künstler im privaten Leben ableiten können.In wie weit das eine das andere hervorgerufen oder ergänzt hat,mag hier dahin gestellt bleiben. Tatsache ist, daß mit dem brand-markenden Makel behaftet die Jünger der Thalia alles taten, ihremeinmal verpfuschten Rufe nachzuleben.Es war in den weitaus meisten Fällen Gesindel voll auf-geblasener Hohlheit, dem Trünke ergeben und allen grobmateriellenGenüssen sehr zugängig. Outsider mit heiligen Gefühlen für dieedle Kunst gab es freilich auch. Diese liefen wohl auch einige Zeitgegen den Strom, gaben abends oft mit Herzblut erkauftes Pathosund Gesten voll edler Nüancen einem Publikum, das trotz allem inihnen doch nur den Hanswurst sah. den Komödianten und.....Gauner, so daß sie schließlich deffen müde wurden und eS aufgaben,in ihrer Kunst Selbstzweck zu sehen. Auch ermutigte die damaligedichterische Produktion die Künstler keineswegs sonderlich, denn dieDichtungen der Johnson, Marlowe, Greene. Chettle, Peele und andererschwankten meistenfallS zwischen hohler Rhetorik, edler Rührseligkeit,heuchlerischer Moral und absoluter Oberfläche, ohne sich je höheremporzuschwingen.ES ist zu wenig Beweisbares von Shakespeares schauspielerischerTätigkeit vorhanden, und darum glaube ich auch nicht, daß er einbesonders großer Künstler gewesen ist. An welchem der siebzehnTheater, die zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts in Londonexistierten, der Dichter vermutungsweise zuerst aufgetretenist. weiß man nicht. Doch darf man annehmen, daß er im AnfangePferdejunge gewesen ist, auch wohl Souffleur,— Rusjunge— oderetwas ähnlich Untergeordnetes, bis er Pagen und junge Mädchenspielen durste, denn noch gab es keine Angehörigen des weiblichenGeschlechtes, die auf der Bühne auftraten. Dazu wurden jungeBurschen mit Fistelstimme und zarte Jünglinge genommen, vondenen man Naivität und weiblich anmutende Befangenheit sowiedaS Fehlen frecher Gesten voraussetzen konnte. Wurde dann einmaldas Publikum über einen verzögerten Anfang ungeduldig, so ent-schuwigt« solche Langsamkeit der an jedem Theater vorhandene Lieb-ling des Publikums, indem er, vor den Vorhang tretend, erklärte:„Gentleman, ich bitte noch um einen Augenblick Geduld, Hermion«muß erst rasiert werden."Die Theater in London waren, wie fast alle Gebäude derzeit,aus Holz gebaut und von stumpfer Kegelform. Ein Dach gab esnicht. Jedes Theater trug eine Fahne mit dem Wappen der edlenLordschast, der das Theater gehörte. Daß man schon damalsgeistreich sein konnte, zeigt die Inschrift des GlobelheaterS:„Dotus rnundus agit histrionem"(die ganze Welt schau»spiclert). Die oft beschriebene Bühne war einfach. PrimitiveSchilder, die man wechselweise umstandslos am Prosceniumbefestigte, gaben Ort und Lokalkolorit an. Der Zuschauerraum warzwar in Galerie und Parterre geteilt, zeigte aber kaum einen Unter»schied in der Qualität des Publikums, das sich aus Händlern, Hand»werkern, Bootsknechten, Tagedieben und Lehrlingen zusammensetzte.Im hinteren Parterre, wo der Eintritt nur einen Penny kostete,sammelte sich allerlei undefinierbares Volk an. In diesem Raumbefand sich auch ein großer Bottich, der der ungenierten Befriedigung intimer Bedürfnisse diente, ohne daß dadurch dieHarmonie gestört wurde, wenn auch kaum die Luft eine Ver«besserung erfuhr. Jedenfalls unternahmen die Patrone derGesellschaft vergebliche Versuche, diese idyllische Einrichtung,aus traditionelle» Gebräuchen stammend,- abzuschaffen. Folglichhatten sie, die sonst fast nie mit dem Pöbel zusammen kamen, aucham meisten unter solchen Süßigkeiten zu leiden. Boys mit großenSchwefelbecken räucherten fortgesetzt das Theater aus, doch konnteman nachher schwerlich unterscheiden, was von beiden das größereUebel war.Die Gönner und Besitzer saßen in einer vergitterten Proszeniums»löge, die obendrein verdunkelt ivar, so daß man niemals die Insassenerkennen konnte. Das geschah wohl in erster Linie, um irgend einerlüsternen Gemahlin verbotenerweise Tbeatergenüsse verkosten lastenzu können, die in dieser Form Verlockendes an sich haben mußten.Auch boten wohl die Tiraden der Künstler nickt selten den artige«Rahmen für ein galantes Abenteuer in der verschwiegenen Patrons»löge, in der sich die Schöne, aufgeregt durch Geister- und Gespenster-spuk, der auf der Bühne ein tolles Wesen trieb, ängstlich von selbstfurchtsam und bänglich an den Begleiter schmiegte, der lächelnd undangenehm zu trösten versuchte.Was nun aber irgendwie Anspruch auf die Bezeichnung Gentlemanmachte, nahm seinen Platz auf der Bühne ein. Natürlich waren diestadlbekannten Dandys auf diesen Plätzen tägliche Gäste. Zwischenden Zuschauern auf der Bühne und denen im Parterre, die manmit dem Wortwitz„Understanders" bezeichnete, hatten sich gar eigen-artige Verkehrs formen herangebildet. Das Parterre warf fortgesetztnach den bevorzugten Zuschauern faule Aepfel, Klümpcken Erde, Eier,die unbrauchbar zu anderen Zwecken schienen, und ähnliche sichtbareSpuren hinterlastende Wurfgeschosse. Das auf der Bühne sitzendePublikum halte sich mit solchen alltäglichen Selbstverständlich-leiten längst abgefunden und versuchte sich so gut als möglichzu schützen, während es Schimpfworte und morsch gewordeneWitze hinunterschickte, die, oft wiederholt, längst ihre Wirksamkeiteingebüßt hatten, nichts best» weniger immer wieder, wenn auchetwas massiver, beantwortet wurden. Irgend ein Stutzer, mitprunkender Kleidung, gefolgt von einem Diener erschien. Das erste,was er tat, er schickte ein Schimpfwort unter das„Gesindel", unbe-kümmert um das darauf folgende Bombardement, dessen Spurenumständlich und affektiert der Page entfernen mußte. Dazwischenboten Händler Tabak, Nüsse, Aepfel, Kanariensekt und andere Herr»lichkeiten ans. Alles rauchte, und zwar so, daß das Theater in einedichte Wolke von Tabaksqualm gehüllt war, die sich nach obendrängte, dem Ausgang zu. Die auf der Galerie sitzenden Personen,wozu fast immer, auch bei Wiederholungen, die Dichter der Stückeund ihre, man kann so sagen, Konkurrenten zählten, waren in demQualm kaum zu erkennen.Während fich derartig anmusig die Zuschauer die Zeit ver»trieben, begann die Anfangszeit heranzurücken. Trompetenstöße er»tönten, der Vorhang teilte sich und der mit einem schwarzenSammetmantel bekleidete, einen Lorbeerkranz in der Hand haltendePrologus trat auf, das Stück einleitend und empfehlend. Nunfolgte wieder eine Pause, in der das Geplänkel weiter ging. DieDandys zeigten ihre Nauchkünste, einzelne besonders affektierteStutzer kamen erst jetzt, auffällig ihre marinierte Kleidung zeigend:gestickte Spitzcnhemden von vlämischen Leinen, spanische Stiefel mitgoldener Quaste und übergroßen Schleifen, gelbe Kniehosen mitSchnallen, hellblaue mit Blümchen verzierre Strümpfe, weite Aerinelim roten Sammetmantel, grauer Hur und eine künstliche Rose imOhr. So präsentierten sie sich. Der Diener mußte sie mit Rosen-waster besprengen, durfte aber nicht zu nahe herantreten, damit nicht„sein starkes Atmen die Steifheit der Halskrause zerstörte".Nun begann das Stück, das rührselig bei Peele und Marloweverlief, vei Ben Johnson von Gelehrsamkeit strotzte und bei Chettleund Greene mit blutigen Staatsaktionen vollgepfropft war. Geister-und Spukerscheinungen waren besonders beliebt. Doch war dieHauptperson meistens der Narr. Mit ihm stand und fiel dasStück. DaS Publikum lachte über den Hanswurst, kroch, von Ent-setzen gepeinigt, bei schaurigen, übersinnlichen Erscheinungen, in sichzuiammcn und weinte auch wohl mit dem tragischen Helden.Johlte, lärmte, pfiff und schrie je nach Bedürfnis und Empfinden,geriet beim Austreten des Liebling? in Extase und wurde gemeinund brutal, wenn es vermeinte, nicht auf seine Kosten zu kommen.