Fell über tfe Wunden zu ziehen und das Haar in einem dichtenBüschel darüber zusammenzudrehen, wie es die Bären bisweilen zutun Pflegen. So behauptete er wenigstens, und ob er dies gelogenhat oder nicht, weiß ich nicht. Uebrigens ist er nicht der einzige,der solche Dinge zu erzählen wußte. Es gibt viele wunderliche Ge-schichten aus unfern Wäldern hier im Norden.Die Sonne war hochgestiegen. Ein glitzernder Goldfadenschmiegte sich durch Nadel- und Laubbäume bis zu der Föhre, woder Kampf stattfand, um zu sehen, was hier vor sich ginge. Rings-umher sangen Drossel und Fink. Das Haselhuhn Pfiff in derNiederung und der Kranich rief vom Sumpfe her. Der Wind kamheute aus der Richtung der Ansiedelung.Noch einmal stand der Bär aufiecht an der Föhre, aber dasgeöffnete Maul war voller Blut aus den durchstochenen Lungen.Da schlich sich Salmon noch einmal in halbrunder Bewegung heranund gebrauchte sein Messer noch einmal: dieser Stich traf geradeins Herz. Ein zweiter kam in den Hals. Und die umsinkende,blutende, zottige Masse bekam wütende Stiche auf Stiche... indie Brust... in den Kopf... in die Tatzen... in die Seite....Da hast du," schrie Salmon und schwur einen furchtbaren Eid...»da hast du... da!... dak... da! du Lumpl... mehr!... mehr!... das hast du für Mutterl... das für die Kinder!das für die ganze Nacht, du verfluchter Satan! willst du sterben?... willst du sterben?... willst du?... willst du?... willst du?"Das letzte Brüllen des Bären ging in ein Röcheln über, undwie durch Herbstregen, der an einer Fensterscheibe niederrieselt,sah Salmon durch Schweiß und Tränen, wie Petz sich noch einmalerhob, hinfiel, sick halb aufrichtete, in Zuckungen bebte, nochmalshinfiel— und dalag.Salmon brach am Fuß der Föhre zusammen. Er war tot-müde und wie zerschmettert an allen Gliedern; jetzt fühlte er es.Seine rechte Hand hing wie tot herab, hielt aber noch das Messer.In dieser Stellung trafen ihn einige Sonnenstrahlen und küßtenihm die Wange.Er blinzelte und wollte dem Schlaf wehren. Er dachte: sollteer seinen Weg fortsetzen... es konnte ja sein, ja-.- oder sollte erumkehren und weinen über der Leiche daheim? Er empfand eineverzehrende Angst. Er würde heute doch nimmermehr dem Unglückentgehen, was es auch sei. Der Arme muß es erfahren, daß er inder Welt lebt. Wen würde er dazu bekommen, die Leiche amSornrabend über den Berg zu tragen... das würde teuer werden... der Sarg würde roh sein, wie die Särge der armen Leutegewöhnlich waren... der Amtsrichter hatte Bretter bei der Billsjö-Sägemühls... aber der Amtsrichter war der schlimmste Geizhals,den eS gab... da kommen eine Menge Männer, die tragen einenlangen Sarg über den Knüppeldamm bei Laugmyrau... werliegt in dem Sarge?... wie können sie den Sarg so von sichwerfen!... und um einen Baum laufen, hinter einem Bärenher... und die Mutter liegt und wartet auf sie... sie muß noch»arten...Und so schlief Salmon ein.Ungefähr eine halbe Stunde darauf regt sich etwas in demWipfel der Föhre. Ein Kopf streckt sich hervor, zieht sich zurückund streckt sich an einer anderen Seite wieder heraus. Das ist dasJunge der Bärin. Er weiß nicht, was diese tiefe Stille nach demlangen Lärm zu bedeuten hat. Aber es sieht, daß Mutter Friedengemacht hat, und der andre auch, und es möchte gern hier weg-kommen, denn es hat sich nicht wenig gefürchtet, hier oben. Nunsetzt es die Tatzen an den Stamm und läßt sich herabgleiten. An-fangs geht es langsam...Mit dem Blick eines Irrsinnigen schaut« Salmon um sich, alser von einer schweren Last geweckt wurde, die auf ihn niederfiel.Wie ein gejagtes Wild, oder wie«in gehetzter Hund, der außer sichvor Furcht den Schwanz zwischen die Beine zieht, sprang er aufund rannte der Ortschaft zu. Nichts an ihm erinnerte an denHelden der Nacht, an den Bären-Salmon. Es war nur ein aus-gehungerter Hinterwäldler, elend und verlassen, der sein arm-seliges Leben zu retten suchte.Alanderncle Dünen.In diesen Sommertagen suchen wieder Zehntausende im weichenSande der Seebäder Erholung, ergehen sich, umweht von frischemSeewind, auf den Dünen, die das Meer vom festen Lande trennt.Aber nur selten kommt eS jemand zum Bewußtsein, daß dieser feineSand am Strande, in dem der Fuß lautlos versinkt, eine furchtbareGefahr bildet, sobald er in großen Massen vorhanden ist und eS annatürlichen Hilfsmitteln zu seiner Eindämmung fehlt. Dann wirder zur Wanderdüne, die der Seewind immer weiter in das Landhineintreibt; langsam zwar, aber unaufhaltsam, um fruchtbaresAckerland, selbst ganze Wälder und Ortschaften rettungslos zu be-graben. Nützliches Kulturland wird zur Wüste; die fleißige Arbeitder Bewohner wird vernichtet.In Deutschland gibt eS ausgedehnte und gefährliche Wander-dünen besonders in Ostpreußen. Die ganze Kurische Nehrungist eine Dünenkette, die sich zwischen dem Kurischcn Haff und derOstsee erstreckt und fast 100 Kilometer lang ist. Die Breite dieserLandzunge ist nur unbedeutend; sie schrumpft an einigen Stellenbis auf b0v Meter zusammen und erreicht nirgendwo eine größereAusdehnung als 4 Kilometer. Der Flächeninhalt der Nehnmg um-faßt aber trotzdem 143 Ouadratkilomeler. Eine einzige Dünenkettebildend, bewegt sich hier der Flugsand unausgesetzt auf das Haff zu,und würde man die Natur gewähren lassen, so würde in 300 bis500 Jahren da» ganze Haff mit Sand ausgefüllt sein. Trotz derDürftigkeit des Sandbodens wohnen auf der Nehrung mehr als1600 Menschen in 16 Ansiedelungen, die sich von Ackerbau und Fisch»fang nähren. Während der letzten 100 Jahre wurden verschiedeneOrtschaften vom Sande verschüttet, und die Bewohner mußten sichneue Heimstätten schaffen. In den Wer Jahren war Rossitten, derOrt, der durch seine Vogelwarte bekannt ist, sehr vom Flugsandebedroht; die Regierung hat dann aber durch äußerst energische undumfangreiche Eindämmungsarbeiten dem Vorrücken des SandeSein Ziel zu setzen versucht, und eS scheint zu gelingen,was jahrhundertelang unmöglich war; durch geeignete Be-Pflanzung sind die Dünen an vielen Stellen zum Still»stand gekommen. Auch am Golf von Biskaha, dessenfranzösische Seite von einem Düneugürtel im Umfange von250 000 englischen Ouadratmeilen umschlossen ist, hat man erfolg»reich den Kampf gegen die Wanderdünen aufgenommen. Dort wardie BePflanzung der Dünen leichter, da man in der Strandkiefer(Linus pinastor) einen Baum hatte, der in dem Flugsande gut fort»kam. Die Nadeln dieser Kiefer tragen außerdem dazu bei, denSand festzuhalten, indem sie über ihn eine dichte Decke bilden. Auchin Ostpreußen hat man Versuche mit dieser Uferfichte angestellt; siesind dort aber mißglückt, da zu dem dürren Sandboden auch nochdas rane Klima kam. Gegen diese beiden Hemmnisse vereint ver»mochte selbst die anspruchslose Strandkiefer nicht aufzukommen.Auf der Insel Sylt wandern die Dünen jährlich um 4,4 Meterlandeinwärts; in der französischen Bretagne schreiten sie schon seitmehr als 2W Jahren jährlich um 0 Meter weiter. In Gegenden,wo die Strandkiefer nicht fortkommt, versucht man die BePflanzungdurch Gräser und Sträucher, wie die Dünenweide und den Sand-dorn. Da wo Dünenhafer wächst, gelingt es sogar, den ehemalsunfiuchtbaren Boden nutzbar zu machen.In-den Vereinigten Staaten übertrifft die Ausdehnungder Wanderdünen die der europäischen Dünen um das Vielfache.Dort versagten bisher alle Mittel, die versucht wurden, um denFlugsand zum Stillstand zu bringen, so groß auch die dafüraufgewandten Geldmittel waren. Besonders ernst ist das Problemdort im Staate Washington und in Oregon, auf beiden Seiten desColumbia-River, wo die Wanderdünen einen immensen Schadenverursacht haben. Fruchtbare Obstgärten und ausgedehnte FlächenAckerlandes sind dort in eine veritable Sahara verwandelt worden.An einer Biegung des genannten Stromes nahe der Einmündungdes Walla-Walla-Rivers gibt es eine Schlucht, durch die der Windmit folcher Vehemenz bläst, daß ungeheuere Sandwolken vonihm aufgewirbelt werden, in denen schon viel Vieh um»gekommen ist. Selbst Menschenleben sind an dieser Stelleschon zu Grunde gegangen. Geologische Untersuchungen habenergeben, daß sich vor Millionen von Jahren in der Dünenregiones östlichen Washington und am Columbia-River ein Binnenmeerbefand, was mit den Beobachtungen in den europäischen Dünen»gebieten völlig übereinstimmt. Auch Ostpreußen war zur Eiszeitvom Meere bedeckt; als die Gletscher, die sich bis an die mittel-deutschen Gebirge erstreckten, gegen das Ende der Eiszeit ab»schmolzen, floß das Schmelzwasser nordwärts, den heutigen Beckender Nord- und Ostsee zu. die sich damals viel weiter ins Land hinein»erstreckten, und allmählich erst hoben sich die südlichen Küsten»striche der beiden Meere, von Sand und Geröll aufgeschüttet,aus dem Wasser. Aehnliche Verhältnisse herrschen an den Küstender Großen Seen Amerikas, und an einzelnen Stellen wirkt dortder Flugsand außerordentlich bedrohlich. So wird in der Nähe vonMichigans City(Ind.) ständig der Schienenweg bedroht, der sich dasSceufer entlang zieht. Praktisch, wie die Amerikaner sind, führendie Eisenbahngcscllschaftcn den Sand, den sie von ihrem Bahnkörperbeseitigen müssen, in besonderen Zügen gleich nach Michigan City,wo er in großen Werken zu einer Art sehr haltbarer Sandziegelverarbeitet wird. So sind die Gebäude in der neuen Stadt Garyam Michigansee, die ein Zentrum der Eisenindustrie werden soll»und von deren Gründung wir kürzlich berichteten, meist aus solchenSandziegeln errichtet.Sehr ausgedehnte Dünengebiete gibt es in den VereinigtenStaaten außerdem an der Pacifischcn Küste, vom Columbia-Riveraus südwärts bis zum Golden Gate Park in Kalifornien, ferner aufCape Cod und in der südlichen Hälfte von Long Island, wo einzelneHügel eine Höhe von 200 Fuß erreichen. Immense Wanderdünengibt es fenrer an der atlantischen Küste bei Cape Henry undCape Hatteras. Hier werden gelegentlich bei Stürmen ganzeHäuser verschüttet, und die Rettungsstation für Schiff-brüchige, die sich am Cape Hatteras, an dieser stür-misckistcn Stelle des ganzen Atlantischen Ozeans befindet,hat beinahe schwerer mit dem Sande wie mit den Wellen zu kämpfen.Auch die ganze Küste von Süd-Virginia und Nord-Karolina wirdvon riesigen Dünenketten durchzogen, die sich zum Teil 10W Meilenweit von der Küste in das Land erstrecken und immer weiter, allesauf ihrem Wege verschüttend, in das Binnenland wandern. DieRegierung der Vereinigten Staaten sieht mit großer Besorgnis, wiedie Wanderdünen an den verschiedensten Stellen des Landes vonJahr zu Jahr neues fruchtbares Land begraben und zur Wüstemachen. Aber bei der riesigen Ausdehnung dieser Sandflächcn wares bisher unmöglich, dem Vordringen der Wanderdünen EinhaltAU tUN.