Benutzung durch allerlei Pflanzengeweke. Wilrzelchen, Pilze usw. verfilzen und allmählich ganz unzugänglich werden. In der Anlage der unterirdischen Partie eines Ameisennestes läßt sich ein zentraler(innerer) und ein peripherischer(äufierer) Teil unterscheiden. Während in jenem die Einzelwohnungen nahe bei- einander liegen und die Strotzen unmittelbar neben einander hin- führen, ist in dem äußeren Teile die Anlage des Nestes weitläufiger. Hier enden die Gänge entweder in einem grotzen Saal oder führen in die vutzenwelt und werden bei einigen Arten von Türhüterinnen sorgsam bewacht, bei anderen während der Nacht mit Steinchen sorgfältig verschlosien. Trägt man einen„Ameisenhaufen" sorgfältig ab, so kann man beobachten, wie vielerlei Material zusammen- getragen wurde, um den Bau auszuführen: Fichtennadeln, Blatt- stiele, trockene Samenkapseln, dürre Pflanzenstengel, Fruchtkerne, selbst Steinchen und winzige Schneckenhäuschen. Dem beobachtenden Auge zeigt sich ferner, datz die Körperchen an Größe abnehmen, je näher fie dem Zentrum liegen; im Innern befindet sich eine bloße Erdkammer. Aus dem Bau führen— ober- wie unterirdisch eine ganze Anzahl von Heerstraßen mitunter 70— 100 Meter weit zu den ge- deckten Tischen, das find meist mit Blattläusen behaftete Gebüsche, vom Honiglau befallene Bäume und Sträucher und leider auch die Obstbäume, Weinplanken und Beerensträucher unserer Gärten. Der schon wiederholt erwähnte Schweizer Ameisenforscher Forel hat neben diesen Heerstraßen kleinere Nestanlagen gefunden, die jeden- falls zum Unterschlupf bei plötzlicher Gefahr.. zum Schutz gegen Regen und nächtliche Kühle wie zur Erholung der ermatteten Arbeiterinnen dienen. Der talentvollste Wegebauer ist nach Forel unsere schwarzbraune Ameise, Dasius niger, die auf Wegen und Feldern, auch in Wäldern sehr häufig ist. Sie benutzt die beim Aus- schachten ihrer 2— 3 Zentimeter breiten Straßen gewonnene Erde zur Herstellung eines Daches über den Gängen. Trifft die Ameisen- straße aus einen chausfierten Weg oder festgetretenen Fußsteig, so verliert sie sich in einem 1 Zentimeter hohen Tunnel unter der Erde. Selbst Tunnelbauten find bei allen minierenden Ameisen be- liebte Anlagen. Auch die lichtscheue» Arten errichten, wenn sie ge- nötigt find bei Tage zu arbeiten, über der Arbeitsstelle Gewölbe aus Erdklumpen, die sich durch Speichel zementieren, um so vor Sonnenlicht geschützt zu sein. Bei uns gibt es die größten Bauten unter den von Forel als „gemischt" bezeichneten Nestern, die wir einfach als„Ameisennester" bezeichnen und an die wir denken, wenn wir vom Wimmeln eines Ameisenhaufen? reden hören, in schattigen Nadelwaldungen, an Stellen, die nur der Sammler, der Forstmann und der Hirsch kennen. Bei einer Höhe von 1 Meter und mehr erreichen die Haufen bis 2 Meter Durchmesser. Das find alte Städte, die im Laufe der Jahre an Ausdehnung zugenommen haben, denn die Bauten der roten Waldameise trotzen auch in ihren äußersten Ringen den Ein- flüffen des Winters. Oft findet man mehrere Ameisennester neben einander: eine Mettopole, umgeben von Tochterstädten, die sämtlich durch Straßen und Gänge miteinander in Verbindung stehen. Die schon erwähnte Ameisenart Oscoäoma texana bedarf für den Haus- halt deS Waffers und legt Schächte an, die bis zum Grundwasser führen und schon bis zu 10 Meter ttef gefunden wurden. Ucber die Tiefe der Saubaametsennester berichtet Rengger, daß nach an- haltenden Regengüffen Maulttere und Pferde bis zum Kopf in sie einbrachen. Die in Holz gemeißelten Wohnstätten befinden sich entweder in der Rinde oder im Stammholz des Baumes. Sie werden durch Nagen hergestellt. Merkwürdigerweise werden fie nur in hartholzigen Bäumen hergestellt, so in Eichen, Nuß- und Birnbäumen. Bauen die Ameisen in die Rinde, dann ist dies« nicht nur fest und zähe, sondern auch dick, wie dies wiederum bei der Eiche, dem Nutzbaum und auch bei der Fichte der Fall ist. Die Ameisennester in den Baumstämmen sind nur von geringem Umfange, wie auch die sie herstellenden Arten weniger starke Kolonien bilden. Unsere bekanntesten Holzameisen(Zamponodns lignipcrdus und C. her- culaneus, die gefürchtete Roß- oder Riesenameise, legen ihre Nester in Baumstümpfen, Balken und enttinderen Stellen am Futze der Bäume an, immer aber nur in gesundem Holze. Eine unserer Ameisen, die glänzendschwarze Holzameise(Lasius fuliginoBus) versteht es, eine Papier - oder leinwandartige Maffe zu bereiten, die ihr zum Nestbau dient. Als Bewohnerin alter Baum- stämme zerUeinert fie das morsche Holz, verbindet die Teilchen mittels des Sekretes ihrer recht ansehnlichen Speicheldrüsen und stellt aus dieser Masse in der Baumhöhlung die Wände zu den ver- schiedenen Galerien und Zimmern ihres Baues her. Neben dieser einheimischen Art gibt es in den Tropen eine ganze Anzahl, die teils mineralische, teils pflanzliche, sogar animalische Stoffe verarbeiten. Manche von ihnen stellen aus Blättern, die fie durch eine von ihnen ausgeschiedene spinnwebarttge Substanz aneinander befestigen, eine Tasche her, in der das eigentliche Nest aus Papiermaffe hergestellt wird. Andere bereiten das Papier auS Pflanzenhaaren und bauen daraus an der Unterseite großer Blätter zierliche, ovale oder runde, mit einem zenttalen Eingang versehene Nestchen. Noch andere bilden aus Erde, Sand, Ton, zerkleinerten Holzfasern usw. große schwarze Kugelnester, die in Nordbrafilien „Regerlöpfe" genannt werden. Eine ostindische Art verfertigt ihre an Zweigen hängenden Nester auS Kuhdung, der zu dünnen, flachen Schindeln und Ziegeln verarbeitet wird, die beim Restbau dachziegel- artig übereinander gelegt werden. Dieses Baumaterial spielt übrigens auch für einige Ameisenarte» in den Alpen eine Rosse. Eine Art deS südlichen Brasilien baut die Wohnung auS dem Mist der Pferde und Maultiere und legt sie nach dem Plan der Pfahl» bauten an: fie bewohnt nämlich sumpfiges Gelände und Hängt daS Nest einige Zentimeter über dem naffen B»den zwischen Pflanzen» stengeln auf. In Mauerlöchern, Felsklüften und Gebäuden findet man mitunter Ameisennester, die aus ungewöhnlichem Material hergestellt sind; man nennt fie„abnorme" Nester. Schließlich gibt es noch solche Ameisenbauten, zu denen verschiedene Baustoffe Verwendung fanden: das Souterrain besteht aus Erde und die Wölbungen. Kuppeln usw. find aus allerlei zusammengeschleppieti Stoffen hergestellt. Nicht alle Ameisenarten haben feste Niederlaffungen. Wie unter den Menschen gibt es auch hier Romadenvölker. Eine Felsspalte» eine flache Höhlung, ein verlassener Tierbau muß ihnen vorläufigen Unterschlupf bieten. Ist in dem bezogenen Revier die Nahrung auf« gezehrt, so wird es verlaffen. Die amerikanische Wanderameise und die Treiberameise Afrikas sind solche Zigeunerinnen. Dieses Nomaden» tum repräsenttert aber nicht wie bei den Menschen einen älteren Zu- stand, sondern ist eine neuerworbene sekundäre Anpassung, denn bis Gewohnheit, bleibende Brutstätten zu beziehen, aus der das Staaten- leben allmählich sich entwickelte, ist bei den Hautflüglern älter als die Teilung dieses Jnsektenstammes in die gegenwärtig noch existie» renden Familien. Gar wunderbar ist der Bau und das Staatenwesen des emsigen Smeisenvölkchens. Auch wer sonst der Natur nicht das geringst« Jntereffe entgegenbringt, bleibt einmal vor einer Ameisenkolonie stehen, dem unruhigen und emsigen Treiben ihrer Bewohnerinnen zuzuschauen, um dann vielleicht mit dem Spazierstock vernichtend in den Bau zu stoßen. Möchte doch jeder bedenken, wie sehr nützlich diese Tierchen sind l Deutsche Forstmänner haben denn auch bewirkt, datz ein Gesetz vom 1. April 1880 bestimmt: „Mit Geldstrafe bis zu 100 M. oder entsprechender Haft wird derjenige bestraft, wer auf forstlichen Grundstücken unbefugterweis« Ameisen oder ihre Puppen einsammelt oder Ameisenhausen zerstört und zerstreut." Sprengstoffe» In einem in der Teubnerschen Sammlung erschienenen Bändchen:„Die Spreng st offe, ihre Chemie und Technologie"(geh. 1,—, geb. 1,25 M.) will Biedermann das Gebiet der Sprengstoffe zum allgemeineren Verständnis bringen, indem er in großen Zügen die Sprengstoftabrikation in ihrer ge» schichtlichen Entwickelung, die Theorie der Sprengstoffe und die Technologie der einzelnen Sprengstoffe schildert. Die Lektüre de» Buches, die allerdings die Kenntnis der chemischen Grundbegriffe und der allgemeinen physikalischen und chemischen Gesetze voraus» setzt, bietet manches Interessante, da die Herstellung der Spreng, fioffe wohl zu den Erfindungen gehört, die in den unzähligen Kriegen einen starken Einfluß auf die Gestaltung der menschlichen Gesellschaft ausgeübt hat. Wie der Verfasser ausführt, dürfte der bekannteste Sprengstoff, das Schietzpulver, dessen Erfindung in Deutschland dem Franziskanermönch Berthold Schwarz zuge, schrieben wird, von den Arabern im 13. oder 14. Jahrhundert er» fanden worden sein. Allerdings kannte man schon früher, z. B. bei den Chinesen, salpeterhaltige Gemische, die leicht entzündlich waren und in Form von Raketen auf gewisse Entfernungen hin, geschleudert oder geschossen werden konnten. Dadurch, datz man in die Raketenröhre nicht nur das brennbare Gemisch, sondern auch ein Geschoß, das durch die Verbrennungsgase fortgetrieben wurde, brachte, also dadurch, daß man die T r e i b k r a f t des Pulver» zum Abschießen von Projektilen benutzte, machte man die Erfin- dung des Schietzpulvers. Um die Mitte des 14. Jahrhundert» gab es bereits verschiedene Pulverfabriken in Deutschland , z. B» in Spandau , Liegnitz , Lübeck . Der Gebrauch der Feuerwaffen hat sich unheimlich schnell verbreitet, ebenso entstand bald die Bombe, die im 16. Jahrhundert aufttat, ein Hohlgeschotz, das mit Pulver gefüllt ist. das erst später(gewöhnlich beim Auf, schlagen) als das zum Abschießen benutzte zur Explosion kommt, wodurch die zerstörende Wirkung der Kugel bedeutend verstärkt wird. Diese Bomben sind heute in ihren verschiedenen Formen— wir erwähnen die unlängst an dieser Stelle beschriebenen Hand, granaten — so vervollkommnet, datz die Vollkugeln dagegen eine nur unbedeutende Rolle spielen. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts— die erste Sprengung soll ein Tiroler Bergmann im Jahre 1627 in Chemnitz ausgeführt haben— fing man auch an, die Explosionskrast des Pulvers in» Bergbau und Straßenbau zum Sprengen von Steinen und zur Beseitigung von Hindernissen aller Art nutzbar zu machen, ein Verfahren, mit dem man heute die großartigsten Erfolge erzielt, Jahrhunderte war das Schwarzpulver, das ein Gemenge von Holz, kohle, Schwefel und Kalisalpeter ist, das einzige für Schieß- und' Sprengzwecke verwendete Treibmittel. Erlt das IS. Jahrhundert brachte neue Sprengstoffe, vor allem die Schießbaumwolle- Schönbein in Basel war der eigentliche Erfinder dieses Spreng, stoffs, der dadurch entsteht, daß man Salpetersäure auf Baumwolle einwirken läßt, die so, ohne äußerlich sichtbare Veränderungen zu erfahren, zu einem äußerst explosiven Körper umgewandelt wird. Schönbein hielt feine Erfindung ursprünglich geheim, so daß die»
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27 (13.8.1910) 157
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