Siebe und Freiheit sind für Petösi feine papierenen Heber«ßHtvänzlichkeiten; in all seinen Gedichten findet sich kein Wort, daser nicht erlebt, kein Bild, das er nicht geschaut hat, kein Gefühl,das nicht Wirklichkeit wollte. Die Pariser Februarrevolutionbricht aus. Auf einer Reise abseits der Hauptstadt erfährt erdie Kunde. Er schreibt in sein Tagebuch:„O, als ich erfahrenhatte, daß man Ludwig Philipp davongejagt hatte und Frankreicheine Republik geworden ist!... Ich reiste damals in einem vonPest weit abgelegenen Komitat; die Nachricht überraschte mich ineinem Gasthof; sie ergriff mein Herz, meinen Kopf, meine Seele,olle meine Fibern. Vivc la Republique! schrie ich aus und bliebdann stumm und nachdenklich stehen, aber ich brannte wie eineFeuersäule. Als ich wieder zu Sinnen kam, erfaßte mich dieBesorgnis,.. wird die Revolution ohne mich ausbrechen? Ichstürzte zur HauptstcM zurück, ich komme zitternd und atemlosan. Die Begeisterung war allgemein, aber nichts war geschehen.Ich atmete lange, wie der Taucher, wenn er aus dem Wasserkommt."Petösi wird der Führer der ungarischen Jugend. Er entwirftmit andern die zwölf Artikel des demokratischen Nationalstaats,aber seine republikanische Wildheit bringt ihn in Gegensatz zu denleitenden Männern. Bei den Deputiertenwahlen 1848 unterliegter. Doch als der ungarische Aufstand losbricht, wirft er sich inden Kampf. Er wird'der Adjutant Berns, des Polen, der die«ngarische Freiheit verteidigt. Bem hat nur 2400 Mann 16 000Russen gegenüber zu stellen. Er verbietet dem Dichter, ihm zufolgen. Er tut es dennoch. Am 31. Juli 1849 ist er in derSchlacht bei Segcsvar zum letztenmal gesehen worden. Er istwohl von den Pferden der Kosaken bis zur Unkenntlichkeit zer-stampft worden, und die Reste des größten Dichters Ungarnsmodern in irgend einem Massengrab der namenlosen Freiheits-Helden. Eine unheimliche Sage ging lange Zeit, Petöft sei nachSibirien verschleppt worden und dort langsam zu Tode gequältworden.Das jähe Ende in jauchzender Vernichtung indes ist das natür«liche Ende dieses Feuergeistes, der in vielen Liedern solch jungenTod geahnt und ersehnt hat. Mit seinen sechsundzwanzig Jahren,da er im ringenden Gewühl sterbender Freiheit verschwand, hatteer dennoch sein Schicksal auf der Höhe vollendet. Ihm blieb es er-spart, das Ende ungarischer Freiheit zu erleben. Petösi wurde imKampfe für die Freiheit vom Blitze zerschmettert, sein Körver ver-schwand spurlos, damit sein jugendbrausender Geist sich über dieWelt desto fixier zu spannen vermöchte. Er hat sich selbst sein Endegesungen:„Und über mich stieb,Entseelt wo ich blieb,Zum herrlichen Sieg man auf schnaubenden Pferden.Und lasse zurück mich zerstampft auf der Erden.Und mein verstreut Gebein man sammeln mag,Wenn anbricht der Bestattung großer Tag,Und bei gedämpften Trauerfeierklangen— Voran die Fahn mit schwarzen Florbehängen—In ein Grab man die Helden trägt, die sich geweihtDem Tod für dich, du heilige Weltfreiheit!"Schandor Petöfi ist aus dem Herzen seines Volkes empor-gewachsen. Er gehört nicht zu den Dichtern der Bildung sondernzu den seltenen Erscheinungen, die nichts von der großen Massetrennt. Wie hoch immer sein titanisches Wollen über die Riede-runyen hinausflog, seine Lieder quollen allen verständlich und allenvertraut. Darin bestand das Geheimnis seiner Wirkung, daß er,indem er sich selbst sang, in den neuen Tönen, die er fand, doch nurdie geheime Seelensprache seines Volkes ihm bewußt machte. SeineLieder umfaßten das ganze ungarische Dasein. Die weite einsameNatur seines Vaterlandes gestaltet sich in schlichten Bildern, dieHeide trauert, unter dem Himmel ziehen Kraniche, mit den Störchenhält er vertrauliche Zwiesprache. Er blickt in verfallene Hütten, be-rauscht sich an feurigem Wein, tanzt zur heißen Zigeunerfidel undumarmt seine'Liebe. Bäurisch derb ist sein Humor und seiwSpottschlägt mit Fäusten drein. Ueber der trotzigen Lebensbejahungschimmert eine sinnende Melancholie, die weint, aber niemals flennt.Die letzten beiden Jahre seines Lebens und seiner Kunst sind derFreiheit geweiht. Sein Freiheitsdrang ist ebenso so unbändig wiejein soziales Mitgefühl weich und zornig. Das ist ihm der heiligsteBeruf des Poeten:„Wenn nicht andre seiner Mühsal sich grbarmen,Tun wir es Poeten— laßt fürs Volk uns singen;Jede? unserer Lieder möge Trost den Armen,Ihrem harten Pfühle süße Träume bringen!"Er sieht ein Reich sozialer Erlösung nahen:„Wenn einst vom Korb des UeberflusseS' Ein jeder nimmt sein gleiches Pfund,Wenn einst am Tisch des Rechtsgenusses, Ein gleiches Recht wird allen kund,Wenn einst des Geistes SonnenhelleIn jedes Haus zieht seine Bahn—Dann rufen wir: Hier ist die Stellet_ Nun ruht, erreicht ist Kariaan!"_Seine politische Leidenschast beginnt erst mit dem Ausbruch de»Revolution den Ausdruck des gewaltigen Hasses, der nicht paktiert.Fast gutmütig scheint noch die Satire auf den ungarischen Edeh-mann.Dann aber sprengt seine republikanische Leidenschast all«Schranken:Wie, oder hat die Welt noch immer noch nicht erfaßt,Wie man die Könige nach ganzem Werte haßt?O, daß von mir in euch ergösse sich die WutDes wilden Hasses doch,Von welchem mir die Brust schwillt wie die Meeresflut, Die Könige an den Strick!Cr gab den Madjarden ihr Freiheitslied und dichtete im Kampfeklirrende Schlachtlieder, die bedeutendsten aller Literaturen. Erliebt die Freiheit, wie noch niemals ein Mensch ein Erdenweib ge-liebt hat; wie er sich bückt, um seiner Gottin eine Blume zupflücken, erscheint der Henker hinter ihm—Und schlug vom Rumpf das Haupt mir ab,Das in die Hand mir fiel— und diesesIch ihr nun statt der Blume gab.Seine Lieder buhlten nicht um Nachruhm, sie wollen nichts wieKrieger sein. Gerade weil Petöfi mit seinen Liedern nichts an-strebte an eitlem Ruhm und behaglichem Leben, wurde er einer vonden ganz großen Dichtern, um dcretwillen die Menschen aller Völkerdie Sprache des Dichters lernen möchten, auch wenn er nur dereinzige gewesen wäre, der diese Sprache gesprochen.kleines Feuilleton.Aus dem Tierreiche.Das Geheimnis des Glühwürmchens. Ein Natur-freund oder Naturforscher betrachtet ein Glühwürmchen mit ehr-fürchtiger Bewunderung, ein Techniker aber gleichzeitig mit Neid,denn es ist eine ausgemachte Tatsache, daß der Erfinder ein un«ermeßlichcs Vermögen und einen unsterblichen Namen erlangenwürde, dem es gelänge, ein Licht wie dieses zu erzeugen. DerFunken des Glühwürmchens ist nämlich ohne Wärme, während beiallen übrigen künstlichen Belsuchtungsarten der größte Teil derEnergie als Wärme verschleudert wird, die außerdem gewöhnlichnoch recht unerwünscht ist. Sogar der Ouecksilberbogen, der bisherdie beste Ausnutzung darstellt, gibt nur 3,8 v. H. der Energie alsLicht von sich, die nächstbeste Form, die Wolframlampe nur 1,3und die Kohlenfadenglühlampe sogar nur 0,43 v. H., von denübrigen künstlichen Lichtquellen garnicht zu reden. Man sieht.wieviel der Mensch vom Glühwürmchen lernen kann, daS ohneZweifel gar nicht imstande wäre, ein so helles Leuchten hervor-zubringen, wenn eS diese Wirkung nicht mit einem sehr geringenMaß von Energie zuwege brächte. Dies kann wieder nur dadurchgeschehen, daß nach den bisherigen Untersuchungen 96 ki v. H. deraufgewandten Energie als Licht in die Erscheinung treten. Frei-lich ist die Leuchtkraft eines einzelnen Glühwürmchens noch sogering, daß 1600 dieser Insekten nötig wären, um zusammen dieLichtstärke einer Kerze zu erreichen. Dafür verbraucht das Insektaber auch nur einen zehntausendsten Teil von der Energie, diein einer 51erze zur Entstehung einer gleichen Lichtmenge not-wendig ist. Man hat sich daher große Mühe gegeben, hinter daSGeheimnis des Glühwürmchens zu kommen, ist aber vorläufig nurzu Kenntnissen gelangt, die zwar an sich sehr interessant, aberpraktisch noch nicht verwertbar sind. Beispielsweise ist festgestelltworden, daß das Leuchten des Glühwürmchens durch den Einflußeines elektrischen Stromes befördert wird. Dennoch ist es nichtwahrscheinlich, daß das Insekt etwa wie eine elektrische Batteriewirkt, obgleich daS Auftreten und die Stärke seines Leuchten?mit dem Gehalt der Luft an freier Elektrizität in Zusammenhangsteht. Ueberhaupt kann man hier nicht eigentlich von einemGlühen sprechen, wie es nach dem volkstümlichen Namen desInsekts der Fall sein müßte, weil durch eine starke Erwärmungdieser Glühstoff des Käfers vielmehr zerstört wird. Trotzdemkann das Leuchten nicht wohl anders erklärt werden als durch eineVerbrennung von Sauerstoff und Kahlenstoffverbindungen, nurdaß dabei eben sehr wenig Wärme erzeugt wird. Es war einemjapanischen Biologen namens Watase vorbehalten, das Rätsel desGlühwürmchens wenigstens einigermaßen aufzuklären. Danachenthält die lichtgebende Zelle deS Käfers einen fettigen Stoff, deraus weißen Körnchen besteht und wahrscheinlich während der Eni-Wicklung des Insekts von den Geweben gleichsam als Abfallstoffausgeschieden wird. Außerdem wird dieser Zelle durch ein Systemvon winzigen Röhrchen Sauerstoff aus der Luft zugeführt, wo-durch eine Verbrennung eingeleitet wird. Uebrigens hat keingeringerer als der berühmte Langleh die Prophezeiung ausge»sprachen, daß daS Licht des Glühwürmchens früher oder späterauf künstlichem Wege im Laboratorium oder in einer Fabrikwerde erzeugt werden._Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwarr«Bua.»ruckerei u.Verl«g»a»ilallPaut«s,nger ac»o..BertmSAt.