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Nun erst bemerkte 8aplina fie; ein heller Gedanke leuchtete in I ihren Augen auf.
Warum find Sie hier?... Sie werden erwartet..." wollte fie fagen, aber die gewöhnliche Verschlossenheit nahm die Oberhand. Wissen Sie, das ist eine aufregende Szene," sagte Katja nervös und lebhaft und fuhr mit dem parfümierten Taschentuch über ihre Wangen.
Sie
Eine politische Führerrolle hat David nicht gespielt. Wenn et das Wort ergriff, so handelte es sich un. funstorganisatorische Vor Ja," entfuhr es der Zaplina plöglich, furz, aber start. schläge oder um allgemeine Gedanken über die sozialdemokratische Wissen Sie... Das ist merkwürdig," fuhr Katja mit leicht Mission der Kunst. Die Wissenschaften und die Künste haben zur gefentter Stimme fort. Als ich diese Oper noch nicht kannte, Erziehung und zum Glück der Gesellschaft beizutragen. erzählten mir meine Schwester und meine Mutter nur von dem schmüden die Tugend mit den Reizen, die den Menschen das Gute Duett des dritten Attes, es sei die schönste Stelle, so poetisch und teuer machen; sie erfüllen die Menschen mit Abscheu gegen das ergreifend mich hat aber diese Szene immer nur gestört. Er- Verbrechen." Scharf tadelte David die erotische Manieriertheit innern Sie sich, wie brutal und gierig Fauft sich auf Margarete feines früheren Vorbildes Boucher, scharf überhaupt die Zeiten, stürzt, und sie ist so rein... Sie liebt so hingebungsvoll in diesem in denen die Künste bloß die Eitelkeit und die Laune einiger Augenblid... Man hat das Gefühl des Bedauerns für das Weib... im Gold erstidender Sybariten zu befriedigen hatten". David nicht wahr?..."
Ja," wiederholte Zaplina nunmehr leiser und trauriger. Katjas Stimme erbebte plöglich, als sie hinzufügte:
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Es scheint mir, daß wenn ich eine solche Enttäuschung erlebt und nur Sinnlichkeit, nur Brutalität der Seele als Antwort auf ein solches Gefühl, einen solchen Glauben empfangen hätte... ich nicht länger lieben, es niemals verzeihen könnte
Baplina wandte den Kopf ab und betrachtete mit seltsam un verwandtem Blick das zarte Gefichtcheu Katjas und ihre Augen, in denen, wer weiß weshalb, Tränen glänzten.
Katja fühlte diesen Blick und hob das gesenkte Geficht. Eine Sekunde blickten die Mädchen einander schweigend an.
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Man muß verzeihen," fagte Baplina dumpf. Man muß nachsichtig sein. Was soll das Jdealisieren? Das ist schädlich." Warum schädlich?"
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" Wir lieben nicht den Menschen, sondern wir lieben in ihm unsere Träume, unsere Ansprüche... die oftmals sehr groß sind. Nicht wahr?" fragte sie leicht errötend und schloß mit ihrer dumpfen Stimme: Die Menschen sind an ihren Mängeln nicht schuldig. Es ist das Leben."
Katja ergriff die kalte, magere Hand und drückte sie.
Wie gut Sie sind. Wie sehen wir alle vor Ihnen aus Nein... Ich wollte etwas anderes sagen... Wir haben Sie nicht getannt Sie find so eigen Erlauben Sie, daß ich morgen um 4 Uhr zu Ihnen komme? Darf ich? Ich werde Ihnen helfen, Ihre Sachen packen. Ich möchte Sie wenigstens am legten Tage näher kennen lernen? Darf ich?"
Kommen Sie," erwiderte 8aplina mit der gewöhnlichen Schlaffheit.
Die Oper war zu Ende. Die Menge strömte von allen Treppen nach den Ausgängen. In der letzten Bause hatte Katja die Baplina inständig gebeten, fie nach Hause zu begleiten. Diese lehnte aber entschieden ab und Katja wagte nicht, weiter in sie zu bringen. Da gestattete Katja es ihrem Verlobten, sie in der Droschte nach Hause zu bringen. Sie stellt große Ansprüche an das Leben und an die Welt," dachte Baplina, als sie die Treppe hinunter ging. Sie wird wohl faum glücklich werden. Schade
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hatte dabei nicht bloß geschichtlich recht, sondern trotz allen Aestheten auch absolut. Bon dieser Gesinnung erfüllt, bereitete David zusammen mit dem revolutionären Bischof Grafen Gregoire der Organisation ein Ende, in der der feudale Geschmack sich noch immer behauptete: der Akademie der Malerei und Bildhauerei. David selber hatte von den Akademikern selten Liebes erfahren. Sie hatten ihn zwar notgedrungen zum Akademiemitglied gemacht, weil David seit der Mitte der achtziger Jahre als Frankreichs erster Maler galt. Aber dennoch schifanierten sie ihn, wo es ging. Als nun David die Forderung aussprach, es solle auch Nichtakademikern das Recht gewährt sein, im Salon auszustellen, und die Akademiker die Forderung hartnädig zurücwiesen, da nußte David seinen politischen Einfluß. Er hielt eine flammende Kon bentsrede gegen die Akademie und die Akademien überhaupt, die in der Tat nichts waren als Ruhmversicherungseinrichtungen für eine fonservative Mittelmäßigkeit, und zeigte das Rindvich, das man Akademiker nennt", mit voller Schonungslosigkeit. Er drang durch und die Akademien wurden am 8. August 1793 beseitigt. unter Napoleon standen sie dann freilich wieder auf, doch mit er neuertem Inhalt. In Davids kunstpolitische Tätigkeit gehören weiter seine großen Pläne zur Ausgestaltung der Stadt Paris und seine Projekte für allerlei revolutionäre Monumente in Paris und außerhalb der Stadt Pläne, von denen freilich fast keiner ausgeführt worden ist. Nicht zu vergessen ist Davids in der Ta. sehr schöne Fürsorgetätigkeit für junge Künstler und auch für alte, abgesetzte Heroen wie den trefflichen Fragonard, dessen ästhetische Anschauungen David bekämpfte, ohne es den Meister irgendwie entgelten zu lassen. Ueberhaupt war David in ſtünstlerischen Dingen weit toleranter, als man von dem„ revolutionären Kunstdiktator" gewöhnlich annimmt; nur eins verlangte David wirkliche fünstlerische Qualitäten.
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Wiewohl David solche Lualitäten selber besaß, blieb er von argen Geschmadlosigkeiten nicht frei. Die Kostüme für den Deputierten, den Soldaten, den Bürger, die er im Auftrag des Kon bents entwarf zumeist eine romanisierende Tracht aus ver fürzter Toga, aus Tunika, strumpfartigen Hofen, Trikolorens schärpe und wilder Fellmüße erscheinen uns heute geschmacklos. und auch die Arrangements für revolutionäre Feste enthielten arge Dinge. Gleichwohl werden sie im Ganzen unterschätzt. Ge war ja gewiß weder wißig noch schön, wenr. Robespierre nach Davids Programm beim Fest des höchsten Wesens ein aus Gips liche Monstrum der Gottlosigkeit, über dessen Asche sich sodann die Statue der Freiheit erhob; oder wenn David beim Fest der Wiedergeburt die symbolische Statue eines Weibes einführte, das Wasser aus den Brüsten preßt, oder vollends, wenn die gipsene Marianne den Föderalismus den Gedanken der nicht zentrali fierten Republit, einen Gedanken der girondistischen Bourgeoisie
Sie bemerkte Polosjew und Katja bei der Auffahrt. Er half ihr in den Schlitten und breitete sorgfältig eine Decke über ihre Füße aus. Katja blickte ängstlich in die Menge, als ſuche sie jemand und verdeckte ihr Gesicht gegen den durchdringen den Wind mit dem Muff. Baplina bemühte sich, uns und Papiermasse geformtes Monstrum verbrannte, das widerbemerkt auf die Straße zu gelangen. Als der Schlitten abgefahren und den Blicken entschwunden war, ging fie immer noch über den Theaterplay, gebückt, die Enden des gestrickten Tuches festhaltend, das der Wind ihr ins Gesicht schlug, schweratmend, jeden Augenblick stehen bleibend, um Kraft zu schöpfen.
" An was denken Sie?" fragte Polosjetv besorgt, als er bemerkte, daß dieses liebliche und verliebte Mädchen heute abend ihm so fern war.
rückt.
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An die Zaplina."
Eine ungeduldige Bewegung entfuhr ihm.
Haben Sie mit ihr darüber gesprochen?"
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evwürgte, der als Schlangenweib dargestellt war. Aber wenn David im gleichen Festzug den Neger neben dem weißen Europäer gehen ließ, die sich ja bloß durch die Farbe unterscheiden", wenn er die Blinden mobilisierte, damit auch sie am Fest der Wieder" Ich habe mich soeben gefragt, wie sie wohl ihr ganzes Leben geburt der Freiheit teilnahmen, wenn er die Säuglinge des berlebt haben mag? hat sie wirklich niemals geliebt? War sie Findelhauses zum Feste bringen und wenn er an Tausenden von niemals glücklich? Ihr Gesicht nach dem dritten Akt werde ich niemals vergessen! Wunderbar! Es war, als tauchten alte Erinneäfigen die Türen öffnen ließ, damit die Vögel sich in die Luft rungen vor ihr auf, als wäre sie in eine ferne Vergangenheit ent- schwängen und den Himmeln die Nachricht von der Rückkehr der dann war das doch mehr als Freiheit auf die Erde " brächten eine sozial ergreifende revolutionäre Symbolik, denn dies Alles fonnte ichön sein. Und wie glücklich war David in der Wahl der Tageszeit! Für das Begräbnis Marats wählte er die Zeit der Albendröte, für das Fest vom 10 August 1793, das an dem Tuileriensturm erinnerte, die Zeit des Sonnenaufgangs machte man mit dieser Tageszeit kein Fiasko. Auch die Summen, die David zur Verfügung hatte, können uns neidisch machen; für das Fest am 10. August hatte David über eine Million Livres zu verwenden. Das Wichtigste bei dieser ganzen Tätigkeit war aber vielleicht die demokratische Festidee überhaupt, die auf dem Prinzip der Mitwirkung aller beruhte. Keine Zuschauer mehr wie in der nur tätige, der Freiheit frohe Teil Beit der höfischen Kultur nehmer!" Nationalfeste gehören dem Volt. Drum soll das Voll in einem einzigen großen Rhythmus mitmachen
Ach, was meinen Sie! Könnte ich auch nur die Zunge bewegen? Uebrigens ist sie wie das Grab. Von ihr könnte man, glaube ich, nicht ein Wort herausbekommen! Wissen Sie, Kolja.. es schien mir auch schon früher, daß in ihrem Leben ein Drama ift. Jezt bin ich ganz davon überzeugt."
,, Sie sind eine liebe Phantastin.
es nicht.
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Er zog das Mädchen fester an sich, aber diesmal bemerkte sie Sie hat natürlich geliebt... Und natürlich ohne Gegenliebe. Unglückliche Mädchen! Wenn man bedenkt, wie viele erloschene Wünsche, wie viel verlorene Kraft, wie viele begrabene Träume! Ich habe Es ist traurig, Kolja! Lachen Sie mich nicht aus zum erstenmal darüber nachgedacht... Ich bin so glücklich.. Ich schäme mich so, mir ist so bange zu Mute."
Er füßte schweigend ihr Dhr.
( Fortsetzung folgt.)]
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Damals