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wegen verhindert, daß es das in der Mitte der Kibitke brennende Feuer erreichen kann. Bei einem anderen russischen Wandervolt, den Kurtinen, werden die Kinder in Säde gesteckt, die die Mutter vor fich aufs Pferd bindet. Solhe Säde gibt man der jungen Frau bei der Aussteuer als einen Teil ihrer Mitgift mit. Befigt aber eine Rurtinenfrau solche Kindersäcke nicht, so bindet sie ein Paar ihrer weiten ledernen Hosen unten zusammen und tut in diese leicht her­gestellten Säcke ihre Nachkommenschaft. Von den Tschuftschenfrauen in der Behringstraße erzählt Dr. Bechuel Loesche, daß sie, wenn sie fich im Kahn auf dem Meere befinden, ihre fleinen Kinder stets in der herabgelassenen Kapuze tragen. So lugen die kleinen Köpfe über die eine oder die andere Schulter der Mutter hinweg. Und die Kinder sind im warmen Belzwerk gegen Kälte, Spritzwasser und Nässe geschütt.

Den berarmten und verdrängten Ureinwohnern Japans , den Ainos, schaut fast immer ein Bübchen oder Mädchen über die Schulter, das auf ihrem Rücken hockt. Dasselbe gilt von den Japanerinnen, die oft nicht nur eins, sondern zwei und drei ihrer mit rührender Liebe gehegten Kleinen im eigenen Gewande auf dem Rücken tragen. Sehr häufig sieht man in Japan auch die Bäter mit ihren Kleinen, die sie splitternackt auf dem Arme halten, dabei mit ihnen scherzen und sie sorgsam behüten. In China segt man das Kind auf den Rücken in ein viereckiges Stück Beug, das an feinen Ecken mit Bändern versehen ist. Mittels dieser Bänder, die über Hüften und Schultern geführt werden, befestigt sich die Chinesin das Kind auf dem Rücken. Wenn die Fischhandel treibenden Chinesinnen ihre Flußboote, die Sampans, stehend rudern, so gerät das auf den Rüden gebundene Kind durch die mächtigen Armbewegungen der Mutter ins Schaufeln, so daß sich die Kinder mit ihren Hermchen ängstlich an die Mutter antlammern.

Das Hoden der Kinder auf dem Rüden in einem umgeschlagenen Zuch, in einem Mantel, im weiten Gewande der Mutter oder sonst einem dazu hergerichteten Behältnis ist auf dem afrikanischen Kontinent mit wenigen Ausnahmen vorherrschend. Ein wie hohes Alter dieser Brauch beansprucht, erhellt daraus, daß altägyptische Wandgemälde Frauen aus den Wolfe darstellen, die ihre Kinder rittlings in einem umgeschlungenen Tuche tragen. Diefelben Ge­mälde zeigen andere Frauen, auf deren Schultern ihr Kind reitend figt. Diese legte Art hat sich bis heute bei den Fellahweibern Aegyptens erhalten und findet sich noch an anderen Orten, z. B. in den Bogosländern in Afrifa, in einigen Landstrecken von Australien und bei den südamerikanischen Indianern vom Stamme der Givares. Hierbei handelt es sich natürlich schon um Kinder, die neun bis zwölf Monate und darüber alt find, denn sie müssen aufrecht fizen und sich an dem Stopfe ihrer Trägerin ziemlich geschickt festhalten

Lönnen.

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Die Indianerinnen Ameritas tragen ihre Kleinen so, daß bas Kind mit dem Rücken auf ihrem Rücken liegt. Sie befestigen es mitunter in einem Beutel oder Sad, meistens aber wird das Kind mit einer weich ausgelegten Umhüllung fest umschnürt. Diese Hüllen find über dem Kopf mit einer Art Wetterdach versehen. Manche Indianerstämme binden die Kinder auf ein Brett. Dieses Brett ist auch des Nachts in den Belten die unveränderte Lagerstätte des Kindes und dient bei den Flachkopfindianern noch zur Zusammenquetschung des Schädels, der ihrer Sitte gemäß in abweichende Formen gebracht wird, so lange die findlichen Knochen weich und nachgiebig find. Zum Schluß fei noch die Sitte der Botofudinnen erwähnt, die ihre Kinder mittels einer Stirnbinde auf einem geflochtenen Sattel tragen, an deffen Seiten die Binde befestigt ist. Aehnlich wie die Botofudin die Nacken- und Rückenmuskulatur bei ihrer Trag weise verwendet, gebrauchen die Bewohnerinnen des Sabiner gebirges vorwiegend diese Muskelpartien, wenn sie ihre Kleinen in muldenartig geflochtenen Körben auf den Kopf nehmen und so, ihre eigenartige Kopfbedeckung sicher balancierend, hochaufgerichtet ihres Weges schreiten.

Kleines feuilleton.

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Medizinisches.

Prankheiten der Zunge find nicht so häufig wie die Krankheiten der anderen Organe. Freilich wird die Zunge bei allen möglichen Erkrankungen in Mitleidenschaft gezogen, weshalb sich der Arzt auch heute noch von jedem Patienten gewöhn= lich die Bunge zeigen läßt; ihre Veränderungen erftreden sich aber meist nur auf einen mehr oder weniger starten Belag, der zwar die Geschmacksempfindungen wesentlich abschwächen tann, sonst aber an sich feine weiteren Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Dennoch läßt sich eine ziemlich große Zahl eigentlicher Strankheiten der Zunge nennen, die nur eben nicht gerade häufig sind. Dr. Legendre hat in der Médecine moderne" eine vollständige Zu­sammenstellung der Zungenkrankheiten gegeben. An erster Stelle nennt er die Flecken auf der Zungenschleimhaut, die eine weißliche Farbe besigen und als Soor oder als rahmartige Zungen­entzündung bezeichnet werden. An dem Zustandekommen ist ein Schimmel der Gattung Didium wesentlich beteiligt. Der Soor tritt besonders bei Kindern, ferner bei Greisen und außerdem auch als Begleiterscheinung fieberhafter Krankheiten auf und erscheint überhaupt im Leidensregister der Zunge noch am häufigsten. Die Bekämpfung ist leicht. Biel feltener und merkwürdiger ist die Das Hoden der Meinen Kinder auf dem Rücken der Mutter Strankheit, die auch in der Wissenschaft den Namen schwarze findet man ganz allgemein bei den Kongonegern in Westafrika , bei Bunge" trägt. Auch sie ist auf einen Bilz zurückzuführen, der den Kaffern, den Hottentotten, den Bajutos, den Massai, auch bei den seinerseits zu der Gattung Saccharomyces gehört. Die Zungen­Hereros und den Wasaramo. Eine Verschiedenheit besteht nur in der Hülle, wärzchen werden dabei hart und vereinen sich mit den Pilzfäden in der man das Kind auf dem Rüden der Mutter befestigt. Die zu einem filzigen Ueberzug von dunkler Farbe. So lästig und Staffernfrauen haben zu dem Zwecke einen ebenso praktischen wie entstellend diese Erkrankung ist, so tann auch sie leicht gehoben hübschen Behälter. Er besteht aus Antilopenhaut, deren Haarſeite werden. werden. Eine andere Form der Zungenentzündung hat die nach innen gefehrt ist. Der Behälter mißt gut eine Elle in der bezeichnende Benennung der Landkartenzunge" erhalten, weil sich Länge, und fein Umfang bietet bequem Raum zur Aufnahme des dabei gleden mit eigentümlichen landkartenähnlichen Umrissen auf Kindes. Zur Befestigung auf dem Rücken der Mutter find vier der Zungenfläche bemerkbar machen. Die eigentliche Entstehung Lange Lederstreifen angebracht, und das Ganze macht durch sorgfame dieses Uebels ist noch nicht sicher ermittelt. Wahrscheinlich hängt Arbeit und hübsche Glasperlenverzierung auf der Vorderseite einen fehr netten Eindruck. Bom Tage seiner Geburt an wird dem Kinde fie mit Berdauungsstörungen zusammen und ist als feine eigene dieser Platz angewiesen, den es weder bei der Arbeit noch bei Spiel and Tanz seiner Mutter verläßt. Nur des Nachts legt die Mutter ihre kleine Bürde ab. Sie bereitet dann dem Kinde ein Lager in der halbwarmen Asche des Hüttenfeuers, um es gegen die fühle Nachttemperatur zu schützen. Aus ähnlichem Grunde legen die Australnegerinnen ihre Kleinen nachts in warm und weich aus­gepolsterte Erdlöcher.

Es ist auffallend, wie sich die Kleinen an die mannigfache, für ihre eigene Körperhaltung oft wenig bequeme Tragweise gewöhnen, so daß sie auch in der einmal gewohnten Lage in sanften Schlummer verfallen, ohne durch Rütteln und Schütteln gestört zu werden. Soyaur schreibt in seinem Buche über Westafrika :" Eben jab ich ein Regerweib, ihr Kind in ein großes Stüd Zeug gebunden rittlings auf der Hüfte tragend, emsig bei der Arbeit. Sie lodert mit der fleinen Hacke den Boden, jätet das wuchernde Unkraut, pflückt die langen Bohnenschoten und bricht die Stengel der reifenden Mais­folben ein. Ohne aufzusehen, arbeitet sie unermüdlich, nur bisweilen sich den Schweiß von dem braunen Antlig wischend, während das Kind auf dem Rücken, obgleich sein schon dichtbehaartes Köpfchen bei jeder Bewegung der Mutter hin- und herwackelt, fich nicht im süßen Schlummer stören läßt."

Diese Schilderung trifft auch für die Eingeborenenfrauen an der Loango , an der Gold- und an der Pfefferküste zu, die ihre kleinen Kinder in rockartig um die Hüften geschlungenen Tüchern auf dem Rüden, manchmal auch auf einer Hüfte tragen. Erwähnt sei noch das originelle Gerät der Kitsch der Eingeborenen um Adãel im äquatorialen Afrika , westlich vom weißen Mil. Es ist eine fahnförmig geschnittene Haut, deren Zipfel vor der Rehle zusammengebunden werden. Ferner nehmen die Frauen eine Art Bilgerfragen von Leder über die Achsel, der die Kleinen im Lederlahne vor Regen oder den sengenden Sonnenstrahlen schüßen soll.

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Strankheit zu betrachten.

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Ein weiteres Zungenleiden, für das der Mensch in höherem Grade verantwortlich ist als für andere, wird durch den Tabakgenuß verschuldet. Wer viel raucht und außerdem gewohnheitsmäßig die Zunge mit der Zigarre oder Bigarette oder mit dem Mundstück einer Pfeife in Berührung bringt, muß mit der Gefahr rechnen, daß seine Zunge diese Rüd­sichtslosigkeit in unangenehmer Weise beantwortet. Es bilden sich an der betreffenden Stelle, meistens an der Zungen spike, bläu­liche wunde Flecken. Wer etwa die unsinnige Gewohnheit hat, eine Tabatspfeife weiter in den Mund zu stecken, so daß ihr Ende unter die Zunge oder an die Backen gelangt, darf sich nicht wun­dern, wenn auch an diesen Stellen ähnliche Erscheinungen auf­treten; sie wären an sich nicht bedenklich, wenn sie nicht das Ein­gangstor für frebfige Erkrankungen bilden fönnten. Eine schlimme Form, die aber nicht immer mit dem Rauchen in Verbindung steht, ist die sogenannte Leukoplafie, die eine sehr sorgfältige Be handlung verlangt und auch im besten Falle dem davon Betroffenen schwere und auch meist langwierige Unannehmlichkeiten durch Schmerzen und durch Erschwerung der Nahrungsaufnahme be reitet. Zu diesen Erkrankungen kommt noch die große Zahl anderer, die durch die Nerben vermittelt werden und in der Bildung von Geschtüren zum Ausdrud kommen, ferner die mit Tuberkulose, Syphilis oder Strebs in Beziehung stehenden und end­lich die gewöhnlichen Folgen zufälliger Mißhandlungen der Zunge durch heiße Getränke, durch giftige Flüssigkeiten, durch zu scharfe Gewürze usw,

Berantw. Redakteur: Rigard Barth, Berlin . Drud u. Verlag: Borwarts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Baul Singer& Co..Berlin SW.