um und suchte ihre schönsten Rosen aus. Sie verlangte viel zu viel dafür, aber das mar ihm einerlei. Tann ging er hin zur Algsrienne und bot sie ihr dar, linkisch, verlegen, stammelnd. Sie nahm sie an und satzte ihn fest ins Auge. Sie lächelte. Setzen Sie sich hier her, bitte, und tausend Dank!" Philipp setzte sich neben sie hin. Ahl" ging es durch den Raum. In allen löste sich das Erstaunen in einem lauten Ah. Der deutsche Doktor!" Die Pariser , geschniegelt und gebügelt, lächelten. Ter Erste!" sagte hinten eine rauhe Mädchenstimme. Die Alg�rienne war nun nicht mehr die Herrscherin, sie war die Beherrschte. Nun war sie allen gleich. Es schwirrte förmlich von anzüglichen Reden. Man war nicht diskret damit. Die Algerienne hörte sie alle. Sie saß ruhig und plauderte mit Philipp und roch in ihre Rosen. Ein Mädchen ging mit dem Teller herumfür die Tänzerin". Die Algärienne ließ sie ruhig herankommen. Sie nahm den Inhalt in Empfang ohne ihn weiter an- zusehen. Dann legte sie die Summe auf den Tisch und sagte mit ihrer tiefen, heiseren, samtenen Stimme:Für die In- validen desCyrano"." Und dann zu Philipp:Kommen Sie, Doktor!" Ehe man sich vom Erstaunen recht erholt hatte, waren die beiden weg. Im Hinausgehen fiel Philipp wieder das Wort Mirims ein. Er zuckte ein wenig zusammen. Aber er folgte. Er folgte widerstandslos. Sie fuhren in einer Droschke über den Montmartrefriedhof die Rue Caulaincourt hinauf. Philipp hatte dem Kutscher seine Adresse gesagt. 7 In einer kleinen Stube des Montmartre, hoch oben in der Rue Caulaincourt, brannte die Flamme einer rasend» wilden Leidenschaft, geschürt vom südlichen Temperamente, Trotz, Schmerz, Widerstand und der Ursprünglichkeit einer ungebändigten Natur, mit allen ihren Reizen und Ueber- raschungen, ihrem Unmittelbaren und Plötzlichen. Philipp suchte in der weiten Welt nach einem ruhigen Hasen, aber er fühlte sich immer wieder in den Sturm hinaus getrieben-, die Algörienn« aber war wie ein Vulkan und warf ihre Gluten in furchtbaren Ausbrüchen aus sich. Philipp litt und wollte fliehen. Es war ihm bang« vor dieser Leidenschaftlichkeit, aber sie zwang ihn immer wieder in ihren Bann. Und er fühlle sie wie Ruten. Er fühlte sie wie Raubtierpranken. Aber sie war so etwas Großes, Gewaltiges, Jähes und Starkes, daß er beständig das Erlebnis in ihr fühlte, das sie auslöste. Sie war ein Erlebnis und er ergab sich. Er sah ein, hier müsse entweder etwas dauern, oder es müsse sich selbst aufzehren von außen werde es nicht zu brechen sein. Er pflegte seine Leiden in ihr und klammerte sich an seine Leiden und Vorwürfe. In Teutschland schritt sein Scheidungsprozeß weiter. Tie Mutter saß im Abendschein und las seine Briefe und sah über die Gärten hinaus zur Eulenmühle hin, wo alles so still war. Aber hatte sie in diesem Stillefein nicht immer um ihn gebangt war nicht immer etwas Angst um ihn hier draußen lebendig geblieben? Hatte sie nicht doch zu hoch mit ihm hinausgewollt? Und hatte sie nicht doch heimlich ju viel an sich dabei gedacht? Nun hatte sie gar nichts von rhm, hatte nie etwas von ihm gehabt. Fern und fremd war er ihr gewesen. Jetzt aber verstand sie ihn gar nicht mehr. Was hatte er denn vor, wo hinaus lief sein Weg? Am Ende war er verloren. Die Welt ist so gefährlich. Sie hätte ihn hier bei sich behalten sollen, an ihrem Ziegeltisch. Man ge­hört da hin, wo man her gekommen ist. Das hängt einem fein Lebtag an, wo man hergekommen ist. Und sein Vater hatte auch keine Festigkeit in der Welt gehabt. Der Spengler Schlüssel, der seine Bücherschätze noch er- weitert hatte und nun einen Hauptteil seiner Zeit darauf verwandte, Bücherkataloge zu studieren und sich anzustreichen, was er noch kaufen müsse, war anderer Meinung. Ich glaub immer noch, daß es nicht für nichts ist." sagte «r.Die alt« Lisbeth, wenn sie noch leben tät, die tat sagen: Nichts ist für nichts. Abwarten!" Mehr konnte er aber auch nicht sagen, auf mehr ließ er sich nicht ein. Nur das noch fügte er dann und wann hinzu: Siehst Du, Klar, wenn ich die Frau nit gehabt hätt, die mich mein Leben lang gequäkt hat, hätt ich mir manches nit angeeignet, was ich so jetzt weiß. Es wär mir am End »u gut gegangen mit einer anderen. Nun sie tot ist, kann ich sagen, daß es gut so war. Ich Hab das Schlechtgehen mit ihr notwendig gehabt." Sei mir davon still!" fuhr die Klar auf,man hat das Schlechtgehen niemals nit notwendig. Jeder braucht das Gutgehen. Ich pfeif Dir drauf. Für die paar Tag, die man lebt." Wie Du willst. Klar. Jeder wie er's selbst will und meint." (Fortsetzung folgt.), Theobalds Großvater. «Schluß.) IV. Die radikaleUrwählerzeiwng" hat 1352 witzig treffend die Partei Bethmarin Hollwegs mit den Meilengeigern an den alten Wegen verglichen, auf denen niemand mehr geht. Die heftige und leidenschaftliche Opposition, in die der ehemalige Bundesgenosse der Feudal-Neaktionäre geriet, war in der Tat nur das Erzeugnis einer anderen gelehrten reaktionären Dia rotte. Die persönliche Heftigkeit Les Tones, in dem die Auseinandersetzungen der alten Freunde vor sich gingen, die wüsten gegenseitigen Beschimpfungen, die Verfolgungen desPreußischen Wochenblattes", das sehr häufig konfisziert und desien Redakteur gelegentlich eingesperrt wurde, können nicht über den kaum weniger reaktionären Geist der Partei Bethmann Hollweg täuschen. Der Unterschied der Gerlach-Bismarck- schen Kamarilla und der Partei Bethmann Hollwog lag wesentlich darin, daß diese sich durch das erzielte Maß der konterrevolutionären Staatsstreiche gesättigt fühlte, während jene auch die letzten Er» rungenschasten der Revolution wieder vernichten wollte, bis zur Wiedereinführung der gutsherrlichcn Gerichtsbarkeit und Steuer» freiheit. Die Reaktion des preußischen Junkertums zielt« auf die ständische unumschränkte Herrschaft der Rittergüter ab, deren bloßes Instrument der Monarch sein sollte. Dagegen war Bethmann Holl» weg bemüht, die Macht der Krone und deren Bureaukratie zu stärken. Es ist der Gegensatz der Reaktion westlich und östlich der Elbe . Die konservatw-monarchische StaatSau ffaflung Bethmanns, welche die ständische Gliederung dem Staatsganzen unterwerfen wollte, geriet in Widerspruch zu jenem märkisch-preußischen Junker» tum, das im tiefsten Grunde unfähig und unlustig zur ÄaatS» bildung ist. Das Wesen des Junkertums wurzelt in der Anarchie der in sich abgesonderten ländlichen Häuptlingschaften, der gutS» bezirklichen Privatsultanate. Daher die mangelnde Fähigkeit, fremde Volksteile aufzunehmen. Nur niederschlagen, nicht ver- söhnen, ist seine Politik. So wurden unter der Junkerherrschaft die polnischen Gebiete immer mehr polonisiert, die Dänen der preußischen Nordmark zu immer stärkeren Sympathien für Däne- mark getrieben, und im Elsaß wird heute mehr französisch ge- sprochen als unter französischer Herrschaft. Aber, nicht nur die fremdsprachlichen Elemente werden zurück- gestoßen: die Junkerpolitik ist der Todfeind jeder überlegenen Kul» tur. Heute ist es der mehr demokratische Süden, der mit hinter» pommerschen Bajonetten bedroht wird. Bis zur Reichsgründung, der das Junkertum bis zum letzten Augenblick mißtrauisch wider» strebte, galten ihm als das echte Preußen nur die alten preußischen Provinzen östlich der Elbe . Die Gerlachs, die eigentlichen Irren- wärter König Friedrich Wilhelms IV., verlangten, daß innerhalb des preußischen Staates diese alten Provinzen alsherrschende Klasse" anzuerkennen seien. Rheinland und Westfalen wurden als eroberte" Provinzen bezeichnet, die nur durch die Furcht vor der preußischen Militärmacht an der Treue festgehalten werden könnten. Bon denRheinländern und Ausländern" sprachen die Männer der Kreuzzeitung, wenn sie mit der Partei Bethmann HollwegS polemisierten. Der deutsche Bund war den Ratgebern Friedrich Wilhelms IV. nur eine preußische Polizeiorganisation zur Rieder- schlagung der revolutionären Bewegung. Seit der Einsetzung des ..Reaktionsausschusses" im Sommer 1851 leistete ja auch der deutsche Bund unter Preußens Diktatur nichts anderes, als dievon der demokratischen Epidemie ergriffenen Staaten" wieder für den Abso- lutismus zurückzuerobern: so wurde durch Bundesexekution z. B. die hannoversche Revolutionsverfassung wieder zertrümmert. Bon dieser Leistung der deutschen Einheit abgesehen, die auch das Junkertum billigte, fühlten sich die Ostelbier viel mehr al» Provinz Rußlands , denn als Staat Deutschlands. Noch steht Sewastopol, " schrieb Ludwig v. Gerlach, der Rundschauer der Kreuzzeitung, Ostern 1856,das Bollwerk der Macht und Ehre Rußlands und das Boll- werk des Gleichgewichts, des'Rechts und der Freiheit Europas , und vorzüglich des Rechts und der Freiheit Deutschlands und Preußens." Und er dankte den tapferen Verteidigern von Sewastopol ,daß sie in ihren Schlachten auch unsere Schlachten schlagen, daß sie ihr und unser Recht, ihre und unsere Freiheit behaupten!" Die Freiheit von der Freiheit nämlichl Der gleiche Gedanke wurde noch im russisch . japanischen Kriege, wie erinnerlich, von Berlin nach Petersburg telegraphiert. Das war der eine Gegensatz Bethmann HollwegS zu der Hof» Partei; als Frankurter gehörte er selbst zu denRheinländern und Ausländern", die unter dem Einfluß der industriell-kapitalistischen EntWickelung des Westens der reinen Rittergutspolitik des Ostens