feibetftreBfen. Aber gegen diese..ungesunde" Reaktion wußte Beth-mann Hollweg nichts anderes ins Feld zu führen als ethische Sal-badereien über das historische Recht, als Predigten über die ,,indi-diduellen Ehren und Schönheiten", womit er die deutschen Einzel-staaten meinte, die der schönste Schmuck und die Lebensbedingungendes deutschen Vaterlandes seien. Schon 1848 hatte er sich gegen daspreußische Erbkaisertum aufgelehnt, dessen Annahme ihm nur einBeweis gewesen wäre,„daß aller Kern von Gesinnung und Ehre"aus Preußen gewichen sei. Solche deutsche Einheit hieß ihm,„mitall unserer Schwäche in den Pfuhl des undeutschen Demokratismusverfinken". In seinem Kampfe für das Dreiklassenwahlrecht hatTheobald zwei Menschenalter später solche Grotzvatersätze kindischnachgeleiert.Als Jurist hatte Bethmann Hollweg zwar durchaus keine Be-denken gegen die Rechtsbrüche der Staatsstreichverfassung, aber ernahm diese selbst nun als historisches Recht hin, das man nicht mehrumstürzen dürfe. Damit geriet er abermals in Widerspruch zu derKamarilla, der die Verfassung nur ein leerer papierner Wisch warund die das leidenschaftlichste Begehren des Königs hätschelte, derbis zu den letzten Tagen seines Wahnsinns immer wieder darandachte, die Verfassung durch einen königlichen Freibrief aufzuheben.durch den die ständische Steuerbewilligung wieder hergestellt werdensollte; Friedrich Wilhelm IV. hat ja auch seinen Nachfolger beimAntritt der Regentschaft beschworen, nicht den Eid auf die Ver-fassung zu leisten. Aber nur gegen diese formale Beseitigung derVerfassung richtete sich Bethmann, nicht gegen ihre innerliche Aus-Höhlung. Für die Kamarilla war die Verfassung ein wertloses StückPapier, das man beliebig zerreißen und außer Kraft setzen könne;für den Juristen Bethmann war es ein ehrwürdiges Rechtsdoku-ment, das man nicht antasten dürfe, um so eher aber umdeutenkönne, sofern ihre Bestimmungen unbequem wurden. Das war derganze Unterschied. In der Praxis ergab die verschiedene Phraseo-logie die gleiche Wirkung. Bethmanns Enkel regiert ganz wie seinGroßvater u n d die Kamarilla. Er lebt m i t der Verfassung ohneund gegen fielEntscheidend war nur e i n Gegensatz zwischen BethmannHollweg und dem Junkertum, und er trat in den Erörterungen überdie Zusammensetzung der Ersten Kammer Preußens hervor. Ur-spünglich, nach der Verfassungsurkunde, sollte mindestens die Hälfteder Mitglieder gewählt werden, und zwar im wesentlichen von denRittergutsbefitzern. Das war die völlige Beherrschung des Staatesund des Königs durch den ostelbischen Adel. Dagegen lehnte sichFriedrich Wilhelm IV. auf, und dieser Anspruch entfremdete ihnzeitweilig der Kamarilla und näherte ihn der Partei BethmannHollweg, die für die Stärkung der königlichen Gewalt eintrat. Fried-rich Wilhelm IV. und Bethmann Hollweg erreichten zwar nicht, daßalle Mitglieder der Kammer vom Könige berufen würden, aber indem Kompromiß, das schließlich zustande kam, wurde doch der könig-liche Schein gewahrt: der König erhielt formell ein nahezu unum-schränktes Berufungsrecht, die Geschichte des Herrenhauses aberlehrt, daß es in Wirklichkeit ein gesetzgebendes Majorat des ostelbi-schen Kleinadels ist.Bethmann Hollweg scheiterte als Führer der Opposition mit allseinen Absichten, die im Grunde nur Einwendungen und Er-wägungen eines Professors waren Er trat vom Schauplatz ab.Ebensowenig gelang es ihm später, mit seinen dozierenden Gebärdeneines gemäßigten Konservatismus den Konflikt der Liberalen mitder Reaktionspolitik der neuen Aera zu beschwören. Sein Enkelversucht mit seiner Sammelpolitik das gleiche Spiel bei der ge-waltigen Auseinandersetzung der sozialistischen Demokratie mit dempreußschen Absolutismus der Krone, der Kirche und der Junker.Auch er weiß nichts aufzubieten, als einen matten Aufguß groß-väterlicher Kathederweisheiten, nur daß er seine Politik jetzt nichtmehr als die der gefunden Reaktion tauft— die Revolution ist jaschon so lange vorder!—, sondern sich gegen den Aberglauben wen-det,„daß irgendetwas einer geistigen oder wirtschaftlichen Reaktionähnliches im Werke sei". Bei der Familie Bethmann ist überhauptniemals irgendetwas im Werke, und deshalb wird auch Theobald,wenn der ernste Zusammenstoß kommt, fern von der wimmelndenStraße der Großstadt einsam an dem Meilenstein einer einge-schlafenen Chaussee über den ererbten großväterlichen Gedankentiefsinnig grübeln.V.Der alte Bethmann hat seine schwärmenden Bewunderer ge-funden, auch in der Gegenwart Sein Biograph Wach nennt ihneinen Christen, eine in Gott gegründete Natur, voll Demut und Be-scheidenheit, voll unerschütterlicher Wahrhaftigkeit, voll inniger Liebefür seine Mitmenschen, frei von aller konfessionell dogmatischenEnge.„Parteimann im eigentlichen Sinne war er nie und konntees nicht sein, weil ihm immer nur an der Sache, nicht an Doktrinen,noch an den Interessen bestimmter Gesellschaftsgruppen gelegen war.Er war konservativ im besten Sinne des Wortes, d. h. er standselsenfest im Glauben an ein ewiges Ziel, an ein ewiges Heil,an ewig unverlierbare Güte und Pflichten der Menschheit. Er warzugleich liberal im besten Sinne, da er, allen Standesvorurteilen,aller Jnteressenpolitik fern, nur einen Rechtszustand erstrebte,welcher, ohne die Individualität vor das Allgemeine zu stellen, dochdie Entfaltung der sittlichen und wirtschaftlichen Kräfte des Volkesdarbieten sollte. Daher verabscheute er.die Reaktion. Daher warer nicht ein Gegner einer konstitutionellen Verfassung, sondern derDemokratie und eines seichten Liberalismus, welcher in Gleich-macherek, Ueherschätz'ullg der Individualität und Abschwächung derStaatsgewalt das Heil suchte."Ungefähr auf die gleiche Weise begeistern sich heute Professorenwie Lamprecht und Breyssig für Theobald und preisen das uner-hörte Glück, das mit dessen Kanzlerschaft dem deutschen Volke in denSchoß gefallen sei. Aber nach fünfzig Jahren wird für Theobald!sich kein Professor mehr finden, der für ihn mehr Sätze übrig hätteals den einen: Theobald, weiland deutscher Reichskanzler, MoritzAugusts Enkel und Plagiator.ISaturwlffenrcbaftUcbc Ckberficbt.(Brutpflege bei Fischen.) �Von Dr. T h e s i n g.Jeder hat wohl schon dem kunstvollen Neflerbau der Schwalbeneinmal zugesehen und sich daran gefreut, mit welcher Sorgfalt dieSchwalbeneitern ihre Jungen füttern, wie ängstlich sie ihr Nest be-hüten, und mit welchem Mute sie es trotz ihrer schwachen Kräftegegebenen Falles verteidigen. Man sollte denken, daß eine so starkausgeprägte Elternliebe, die offenbar erhebliche psychische Quali-täten voraussetzt, nur bei den höchsten Vertretern des Tier-geschlechts, bei Vögeln und Säugetieren, sich findet. In einemviel nüchterem Lichte wird man diese elterliche Anhänglichkeit be-trachten müssen, wenn man sieht, daß sich auch bei sehr viel tiefer-stehenden Tierarten eine ganz gleiche zärtliche Fürsorge für dieNachkommenschast äußert. Auch dem naiven Beobachter wird esschon viel schwerer, das eigene Tun und Denken, die gleichen Mo-twe, die uns bewegen, in den Handlungen der sonst so stumpfsinnigerscheinenden Fische wiederzufinden. Und doch äußert sich beiihnen die Sorge um ihre Jungen häufig in ganz gleicher Gestaltwie bei den höchsten Tieren. Wie weit man allerdings ihrem TunBewußtsein zuschreiben mutz, ist eine andere noch offene Frage.Bereits der griechische Naturforscher Aristoteles(f 322 v. Chr.)berichtete von einem Fiich, der für seine Jungen sorgt, während sichdie meisten Fische bekanntlich nach der Eiablage in keiner Weiseum ihre Brut kümmern. Dieser Fisch gehört zu der Familie derWelse, und Aristoteles beschreibt ihn unter dem Namen G l a n i s.Wenn die Laichzeit herannaht, suchen die Tiere in Seen oderFlüssen stille Plätze auf, die Weibchen legen hier zwischen demSchilf ihre Eier ab, über die das danebenschwimmende Männchendann sofort seinen Samen ausspritzt. Das Weibchen schwimmt un«mittelbar nach der Eiablage fort, seine Arbeit ist getan, währenddas Männchen über dem ferneren Gedeihen der Eier wacht. Eifrigwehrt es fremde Eindringlinge ab, indem es mit seinen Flossen„rauscht und lärmt und winselt". Dieser Wachtdienst dauert etwa40 bis ö<) Tage, dann sind die jungen Fische erwachsen genug, um'allein ihren Feinden zu entwischen. Die neueren Forscher begeg-neten lange Zeit diesen Angaben des Aristoteles mit dem größtenSkeptizismus, erst gegen Ende des lg. Jahrhunderts haben einigeamerikanffche Naturforscher die Richtigkeit seiner Beobachtungenglänzend hestätigt. Heute kennen wir nun bereits eine große AnzahlBrutpflege übender Fische. Die meisten verhalten sich sehr ähnlichwie der Glanis des Aristoteles, d. h. sie begnügen sich, einen geeig-neten Laichplatz aufzusuchen und eine Zeitlang die sich entwickelndenEier und jungen Fischchen zu überwachen. Merkwürdigerweise liegtdabei die Sorge für die Nachkommenschaft in der Regel demMännchen ob.Einen höheren Grad der Brutpslege zeigen die nesterbauendenFische. Unter diesen sind die Stichlinge, sowohl unser gewöhn-licher Süßwasserstich ling wie der Secstichling, die interessantestenund bekanntesten. Das Männchen prangt während der Laichzeit inden prachtvollsten Farben und errichtet ein Nest, das der Baukunsteines Vogels zur Ehre gereichen würde. Seine Nieren find zwdieser Zeit stark angeschwollen. In diesem Organ wird nämlichdas zum Nesterbau nötige Klebmaterial bereitet, das dann durchdie Harnleiter ausgeschieden wird. So wie der Klebstoff in dasWaffer austritt, erstarrt er zu einem feinen Faden, der leicht anjedem Gegenstande hastet. Hat sich das Männchen für einen Laich»platz entschieden, dann schleppt es alle nur möglichen Baumate»rialien, Wurzeln und andere Pflanzenteile, oft länger als eSselbst, herbei und verflicht sie zu einem röhrenförmigen Nest, dasdurch den NierenKebstoff eine bedeutende Festigkeit erhält. MehrereTage ist der kleine Fisch eist ig am Werk, glättet hier und da dieWandung, verstärkt sie, wo er es für nötig hält, erst wenn alles zuseiner Zufriedenheit ausgefallen ist, begibt er sich auf die Such«nach einer Gefährtin. Da die Männchen die Weibchen an Zahlüberwiegen, entbrennt gewöhnlich um die Erwählte ein heftigerKampf. Der Sieger nötigt die erkämpfte Gattin mit Liebe, wennnötig auch mit Gewalt in sein Rest, und das Weibchen legt hierdann einige Eier ab. Am folgenden Tage geht das Männchen vouneuem auf Brautschau, und dieses wiederholt sich so lange, bis eSeine genügende Anzahl Eier beisammen hat. Nun verdoppelt derStichling seine Sorgfalt, jeder Feind wird mit drohend aufgerich-teten Stacheln angefallen und vertrieben. Von Zeit zu Zeitschwimmt das Männchen an das Nest heran und fächelt mit seinenBrustflossen den Eiern frisches, sauerswfsreiches Wasser zu. Währenddes Ausschlüpsens der Jungen„lüftet" der Vater noch öfters seinNest und reinigt die Eier von allem anhaftenden Sand oderSchlainm. Die ausgeschlüpften Jungen sind winzig klein und fastganz durchsichtig. Anfangs sind sie in ihrer Bewegungsfreiheit sehr