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Hier war das Orgelgebraus Ses Meeres und eine bleifarbene| Kriegsgefangene, alfo Stammesfrembe. Aber auch die Stammes Himmelswölbung, und hier war ein blühender Teppich von Heide genossen unter sich waren nicht völlig gleichberechtigt. Es gab ein, fraut, um darauf zu fnien, aber ein Chor innerlich bewegter, wenn auch nur sehr geringis Vorrecht einzelner Familien: nur deren menschlicher Stimmen, der war hier nicht. Mitglieder wurden zu äuptlingen gewählt.
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Ja, dann gab es noch Zugvögel hier, denen das Auge folgte und die Gedanken ebenfalls, bis sie weit, weit hinten am Horizont verschwanden. Jetzt im Spätherbst schwebten sie unter der Him melswölbung dahin, flogen zum einen Kirchenfenster hinein und zum anderen wieder hinaus.
Als dann Jürgen wieder in sein Zimmer hineintrat, fühlte er, wie fest der Boden unter seinen Füßen sei; über diesem festen Grund wölbte fich die kleine Kirche des eigenen Heims, und das Helle Jauchzen der Kinder klang wie die Glocken eines Gottesdienstes boll Sonntagsfrieden.
20.
Wenn die Zugvögel in den Lüften dahergesegelt kamen, über die braunen Moore und die weißen Sanddünen flogen, dann hoben die Dünenbewohner ihre Augen auf zu den geflügelten Wesen, die so leicht durch das Dafein glitten. Sie zeigten sich als undeutliche Puntte ganz in der Ferne, schoffen vorwärts in punktierten Winkeln und Dreiecken, die sich auf dem blauen Himmelshintergrund auf löften und von neuem bildeten.
Unseres Wissens war es nicht einmal ein eigentlicher Anspruch, den diefe Familien hatten, sondern es war nur eine tatsächlich geübte Gepflogenheit, daß man immer wieder auf Mitglieder derfelben Familie zurückgriff. Budem ragte die Stellung des Häuptlings wie des Königs nur wenig über die der übrigen Volksgenossen empor. Er führte z. B. den Borsiz im Gericht, aber nur Borsitzender war er, nicht Richter. Das Urteil fällte nicht er, sondern die umstehende Bersammlung der Volksgenossen. Man darf somit annehmen, daß eine gewisse soziale Ungleichheit unter den Stammesgenossen damals eben erst im Entstehen begriffen war, und daß die große Masse der Germanen soweit sie nicht in Kriegsgefangenschaft gerieten- wirklich frei und unabhängig war.
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Tausend Jahre später ist die germanische Freiheit verschwunden. Das Mittelalter ist ja geradezu charakterisiert durch die Gebundenheit in der sozialen Verfassung; es gibt nur noch Herren und Knechte. Wie ist das zugegangen?
Der Untergang der deutschen Freiheit erfolgte nach der Völker Der Dünenbewohner lauschte den Bauten der ziehenden Vögel, wanderung, in der Zeit der merowingischen und karolingischen Könige, die langfam in der Luft erstarben und horchte auf das Flügeld. h. mit runden Ziffern ungefähr in der Zeit zwischen dem Jahre 500 und dem Jahre 900. rauschen über seinem Haupte. Er starrte nach dem Buntte am Ein entscheidender Schritt war freilich schon vorher geschehen Horizont, wo die Scharen auftauchten und verschwanden. Dann durch die Entstehung eines wirklichen Königtums mit tatsächlicher fuchte sein Blid das Kragesche Haus, als erwarte er von dorther Herrichgewalt. Wie bereits bemerkt. war der König der Urzeit irgendeine Botschaft. Oft trat er ans Fenster oder an die Luken, um hinaus- faum mehr als die übrigen Stammesgenoffen. Nicht einmal im zuschauen, wie die Bögel ftetig weiterzogen, und die Abendfizungen Kriege, denn zu fommandieren gabs noch nicht viel, der König ging mit ihren Bausen traten wieder in sein arbeitsames, mühsames einfach voran im Kampf. In den unaufhörlichen Kriegen der folgenden Jahrhunderte jedoch und besonders während der Völkerwanderung entwickelte sich daraus ein wirkliches Kommando und aus ihm eine tatsächliche Macht und Hobeit des Königs.
Leben.
Es waren die neuen Zustände im Hause Krage, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließen.
Eines Abends der Alte und die beiden Frauen saßen jeder mit einer Arbeit beschäftigt da trat Jens Rön mit einigen anderen Dünenbewohnern zur Tür herein.
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" Guten Abend!" sagte er und recte die gekrümmten Knie, so gut es gehen wollte.
Na, habt Ihr Euch heute abend mal hinausgewagt!" ant
wortete der Alte.
" Ja, wir dachten, wir könnten mal einen Augenblick hier vorschauen, um uns die Zeit zu verkürzen."
" Ich habe lange genug nach Dir ausgesehen, Jens!" Anders blidte ihn fest an. Seh Dich!"
Hm!" meinte Rön und schielte aus den Augenwinkeln hervor. Ein Gespräch tam nicht in Gang. Anders Krage saß schweigend da. Niels Malle blickte ihn lauernd an mit seinen lebhaften, kleinen Augen und Mads Kirk saß mit hängendem Munde da und hielt Maulaffen feil.
Endlich fragte Nön, ob Anders jeht gut zufrieden sei mit der Stellung.
Stellung!?" fragte Anders barfdj.
" Ja, so, so, hm, im Ganzen genommen!"
Dieses Königtum hat aber der Freiheit der Wolfsgenossen nichts geschadet. Im Gegenteil, die Macht des Königs beruhte geradezu auf der Heeresgefolgschaft der freien Männer. Und der Untergang der deutschen Freiheit ging Hand in Hand mit dem Verfall des Königtums, zugunsten einer neu emporkommenden Klasse: der großen Grundbefizer, des Adels.
Ein Adel bat in der germanischen Urzeit nicht exiftiert. Konser bative Schriften behaupten zwar gern das Gegenteil und suchen die Meinung zu verbreiten, als ob es von jeher im deutschen Wolfe einen Kern von besonders edler" Familien gegeben habe. Das ist aber einfach unwahr. Nicht einmal diejenigen Familien der Urzeit, wie oben erwähnt stets die Könige gewählt aus denen wurden, kann man als adlig bezeichnen, denn nicht aus inen der spätere Adel hervorgegangen, vielmehr aus einem ganz anders Keim.
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" Jawohl, so im Ganzen genommen sehr gut, Jens." Um den dazu eine ganze Anzahl von Beamten und Bedienten. Sie alle geMund des Alten spielte ein leises Lächeln.
Wieder trat eine Pause ein.
Diesmal war es Niels Malle, der das Schweigen dadurch brach, daß er sich nach Jürgen erfundigte.
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„ Er und Sören Knat find nach Lem zur Versammlung gegangen. Er glaubt nämlich, daß äh- daß es mit der Politik schlimm aussieht.. und nach den Zeitungen zu urteilen, tut es das ja auch!" fette Anders wie zu sich selber hinzu und spudte derbe aus.
Rön.
Die Männer blidten einander an. Die Politik!" sagten fie. " Was meinst Du denn von unserer Politik?" fragte Jens
"
Ach, Ihr versteht ja davon nichts, alle miteinander!" pustete Anders, als fege er sie alle zusammen in einen Winkel. Rön rümpfte die Nase, Kirk zog schnüffelnd die Luft ein, Malles Augenbrauen zogen sich zusammen, und der stille Beter endlich saß da und betwegte den Mund, als ob er kaue.
Nirgends geht Ihr hin, und Zeitungen haltet Ihr ja ( Fortsetzung folgt.))
nicht!"
Der Untergang der deutschen freiheit.
auch
Schon in der Urzeit hatten die tonige das Recht, fich eine berittene Leibwache zu halten. Dieses Recht behielten und erweiterten die merowingischen Könige; man nannte ihr Gefolge die Antrusti onen". Das war nun nicht mehr bloß eine Leibwache, sondern das fönigliche Haus hatte jegt einen viel größeren Betrieb und brauchte hörten zu den Antruftionen, an deren Spize als oberster Hofbeam ter der sogenannte Hausmeier stand.( Meier aus dem lateinischen major entstanden, das der Größere, der Obere, der Borgesezte" bedeutete.) Bekanntlich waren die Karolinger ursprünglich Hausmeier Aus den Antrusti der Merowinger und stießen fie vom Throne. onen ist der Adel hervorgegangen, und zwar dadurch, daß diese Ge folgsleute des Königs großen Grundbesiz erwarben. Das Gleiche gilt ferner auch für die Staatsbeamten, die für Zwede der Staatsverwaltung unter der Bezeichnung Grafen " angestellt waren. In der germanischen Urzeit gab es nicht nur feinen großen Grundbesit, sondern überhaupt keinen Privatbesitz an Grund und Boden. Nach altgermanischer Vorstellung gehörte das Land dem ganzen Volke, 5. H. allen Freien gemeinsam. Es wurde an sie zur Bebauung in fogenannten„ Hufen" ausgeteilt, aber so eifersüchtig wachte man über der Erhaltung des Gemeinbefizzes, daß man ursprünglich keinen dauernd im Besiz seiner Hufe ließ, sondern von Jahr zu Jahr eine neue Verteilung bornahm.„ Niemand besitzt eine abgesonderte Feldmart oder eigene Grundstücke, sondern die Obrigkeiten und Vorstände weisen jährlich den Sippen, die sich zufammenhalten, Feld an... und laffen sie im folgenden Jahre anderswohin ziehen." So berichtet Cäfar, der etwa 50 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung in Germanien war.
Und noch 150 Jahre später schreibt Tacitus :„ Die Ländereien werden nach der Zahl der Bebauer von der Gefa ntzahl abwechselnd in Befitz genommen und dann unter die Einzelnen verteilt. Alljährlich wechielt man mit dem Ackerlande." An dauernde Besitzergreifung war ja auch schon deshalb nicht zu denken, weil die Ger manen damals von dauernder Seßhaftigkeit weit entfernt waren. Sie lebten noch balb als Nomaden, und die unaufhörlichen Kriege, besonders in der Völkerwanderung, wirbelten die einzelnen Stämme unablässig durcheinander, von der Ostseeküste bis tach Italien , nach Spanien , ja nach Afrika hinüber. Da zog man stets mit Weib und Kind, mit Roß und Wagen weiter, und dachte nicht daran, in die verlassenen Wohnstätten zurückzukehren.
Eine vollständige soziale Gleichheit hat beim deutschen Volt, fotveit wir dessen Geschichte kennen, eigentlich nie bestanden. Und folglich auch feine vollkommene Freiheit und Unabhängigkeit aller Einzelnen. Denn die Ungleichheit besteht ja eben darin, daß der eine vom anderen abhängig ist. Schon in derjenigen Periode, die wir die germanische Urzeit nennen, weil weiter hinauf unsere Stenntnisse nicht reichen es find das die Jahrhunderte unmittelbar vor Aus jenen fernen Tagen war in der Zeit der fränkischen Könige und nach dem Beginn unserer Zeitrechnung hat es Unfreie bei noch die Vorstellung lebendig geblieben, daß aller Grund und Boden den Germanen gegeben. Allerdings waren das wahrscheinlich dem Volke und in dessen Namen dem Könige gehöre. Eigentum
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