Rlle lachten, weil sie ihn kannten. Nuschle jedoch riefsofort:„Hermann, das hast Du wieder einmal gut gesagt."Und als die anderen nun eifrig dagegen sprachen, fuhr ermit erhobener Stimme fort:„Aber natürlich doch, es ist so.es ist sol Das Weib ist schöpferisch immer subaltern undkann nur reproduktiv wirken. Seht Euch doch die ganze mo-derne Frauenbewegung an, dann habt Jbr den Beweis dafür.Wo ist da Größe, wo der geniale Zug? Weim sie malen,sinds Blumen und Stilleben. Lampenschirme. Fächer. Ofen-Vorsetzer sind das Schlachtfeld, auf dem sie sich messen. Undwenn sie modellieren, dann gibts Vasen niit Schlangen undNirenköpfe mit Seerosen an der Brust. Was sie den Männernabgeguckt haben, bringen sie als dritten Aufguß glücklich aufdie Tafel... Jawohl, mein lieber Sohn Lorensen— Dubist natürlich schon total verweiblicht. daher Deine Oppo-sition in solchen Dingen.... Prosit Kempen, auf Dich alsSchöpferl"„Dein Lieblingsthema!" rief ihm der Holsteiner zu undwickelte ein langes Redeknäuel auf, in dem er sich schließlichverhaspelte. Stets auf der Suche nach Bildung, las er alles.was ihm unter die Augen kam, und verteidigte dann mitZähigkeit die Ergebnisse seiner letzten Gcisteswanderung.So hatte er einen Zeitschriftartikel:„Die Frau in der Kunst"noch nicht gehörig in sich verarbeitet und schwamm nun indem Gedankenstrom des Verfassers.„Die Frauen sind bisherimmer von den Männern unterdrückt worden, ihre Skia-Vinnen gewesen," kaute er sorgsam wieder, was er in sichaufgenommen hatte,„sie sind immer als Menschen zweiterGüte behandelt worden."«Das sind sie auch," schrie ihn Nuschke nun fuchswildan.„Schon die Natur hat sie dazu gestempelt, denn sonstwürden sie nicht mit breiten Hüften auf die Welt gekomniensein, die nur dazu geschaffen sind, die Röcke festzuhalten. DerMann jedoch schreitet in seiner ganzen Gloriole dahin—„Und zeigt dafür auch manchmal seine krummen Beine,"warf Blankert rasch ein.„Ob das nun gerade ästhetischist..."„Und die George Sand, die Rosa Bonheur, wie?"mischte sich Schmarr hinein.„Ach, das sind Ausnahmen," erwiderte Nuschke.«Ent-schieden ein Versehen der Natur. Sie fühlten es auch, sonstwären sie nicht in Männerkleidern herumgelaufen." Undplötzlich, als Lorenseu mit seiner Gegenmeinung schon er-schöpft war, begann er, ihnen allen aufs neue einen schlagen-den Beweis für seine Behauptung zu geben, worauf er erstkürzlich nach ernstem Denken gekommen sei. Man sprecheso viel von der Gefühlswelt im Weibe, von der Weichheitseines Seelenlebens, von der Empfindungszartheit der Frau.Mitleid sei der Grundzug ihres Wesens, göttliche Schwächeihre Stärke, Anschmiegung und Hingebung die köstlichstenSeiten ihrer Natur. Alles in ihr vereinige sich zu einemgroßen Orchester herrlichster Töne, das die Männer mitCircengewalt in den Musikrausch dieses Geschlecksts treibe.Und doch sei es dem Weibe gerade am meisten versagt, diesesinnere Leben in das umzusetzen, wozu es von Natur geradezugeschaffen sei: in Töne nämlich. Die Kunst der Tondichtungsei ihm völlig verschlossen, denn nirgends höre man von einerKomponistin, nicht einmal von einer solchen, die ein klang-volles Lied zustande gebracht habe, ganz zu schweigen voneiner Sonate, einer Symphonie, oder gar von einer Oper!Das könne gar nicht scharf genug betont werden, um dieSchöpferohnmacht des Weibes gründlich festzunageln. Essei und bleibe nur Mitempfindcrin, die wohlige Schling-pflanze am starken Lebensbauni des Mannes, die kümmer-lich am Boden dahinkriechen müsse, wenn sie ihren mächtigenHalt verliere: ihr Saft würde vertrocknen und ihre natürlicheKraft verderben. Die Natur lasse sich eben nicht meistern,sondern wandle ihre ewigen, fest vorgeschriebenen Bahnen."Alle waren über diese neue Auslegung verblüff undschwiegen still, um sich erst zu sammeln. Nuschke jedoch be-nutzte diese Pause und ließ sofort den Schalk in ihm wiedersteigen, indem er vergnügt ausrief:„Deshalb sage ich: diebeste Frauenbewegung ist ein guter Walzer... Spielt nurgehörig auf, und sie werden sich sorglos in Eure Arme hän-gen, die Führung Euch überlassend. Schon Eva tanzte, alsdie Vögel sangen Ter Geist des Weibes liegt in seinenReizen. Basta."In dem lauten Lochen, das jeden Widerspruch auflöste,wurde dreimal so stark geklopft, daß Kempen fast erschrecktHie Tür öffnete.3.Bildhauer Walzmann schob sich auf seinen kurzen Bei-nen herein, halb seitwärts, in jener eigentümlichen Gangartdie durch die rechte emporgezogene Schulter hervorgerufenwurde, hinter der das mächtige Haupt eingeengt, fast halsloslag. Etwas Monumentales sprach aus diesem Kopf, der, festgefügt, den wackligen Körper mit seiner Wucht zu erdrückenversuchte, so daß die Beine mit dem hervorgekehrten Knigetwas Schlotterndes hatten.„'n Abend. Kollegen,'n Abend," sagte er eintönig mitseiner verrosteten Stimme, ging im Kreise umher undschüttelte jedem kräftig die Hand.„Ich suchte Dich schon, ichsuchte Dich schon," wandte er sich dann sofort an Kempen.„Es gibt zu tun. Neue Nahrung!... Unhöfliche Menschenhier im Hause! Dja. Kann man auch nicht wissen, daß Duvier Treppen wohnst. Dja. Die Maler ziehen nächstens inden Keller. Verkehrte Welt."Jeden, der zum Bau gehörte, nannte er Du. wie einFürst, der besondere Gnaden erteilt, wobei es ihm gleich-gültig war, mit welcher Anrede man ihn bedachte. ImDunkeln hatte er bereits die beiden großen Höfe hintenabgesucht, um die Spuren der Freunde zu entdecken, bis manihn schließlich hier hinauf wies.„Wie gehts Ihnen, Meister?" sagte Kempen, der ihn mitersichtlicher Achtung behandelte.„Danke, danke," erwiderte Walzmann in seinem Tele-graphenstil, klemmte den schäbigen Schlapphut unter denlinken Arm und kraute sich mit der Rechten in dem kurzen,stark ergrauten Flockenhaar.„Man vegetiert. Backt seinenKunstmist ruhig weiter... Dja. Und Ihr lebt bon. Praßt.Habt wohl geerbt? Kann mir nie passieren. Ich beerbe mich!selbst. Meinen Kadaver. Ist auch danach. Krepiere ich,heulen nur die Professoren."'(Fortsetzung folgt.))22] Die farmUc Krage.Von Johann Skjoldborg.Autorisierte Uebersetzung von Laura Heidt.Der lange Jens aber, der ein alter Infanterist war, stieß her-vor:„Du darfst nicht vergessen, Jens, daß das Fußvolk sowohlstechen als schießen kannl"Krün Hvas schüttelte seine Locken:„Wir müßten elende Wichtesein, wenn wir nicht das verteidigen könnten, was unsere Vor-fahren erworben haben. Ich möchte ungern meinen Eltern ins Ge.ficht spucken und es wäre mir unangenehm, wenn meine KinderGrund hätten, dasselbe mit mir zu tun!"Anders Krage hob sein Saupt und sagte mit dem gewohnte»festen Klang dar Stimme:„Recht hast Du, Krün."Und diese sonst so trockene Stimme hatte heute einen Klang,der seinen Worten Hoheit verlieh. Seine Lippen schlössen sichwieder und er sah die Männer fest an. Es lag Unbeugsamkeit aufseinen scharfen, gradlinigen Gesichtszügen.Einen Augenblick ward es still im Zimmer. Die Männerschauten sich an. Es war, als hätte das Gewissen selber gesprochenund ihre Gedanken bestätigt.—„Es ist trotz alledem ein wunderlicher Gedanke,"— MichelPeter hob seine hellen Augenbrauen—,„daß wir vielleicht sozusagenins Feld ziehen sollen!"„Ach," meinte der kleine Jeb,„die meisten von uns haben wohlschon früher Pulver gerochen! Und dann und wann muß die Rinnegereinigt werden, damit das Ganze wieder in Fluß kommen kann!"„Ich weiß nicht, ob es noch einen anderen Ausweg gibt." ESwar Jürgen, der das sagte.„Aber ich glaube, es wird nicht soschwierig sein, wenn nur das ga n z e Volk mitgeht,— denn dieFlintcnkugcln der Soldaten werden bestimmt nicht gegen uns ge-richtet sein!"„Aber zum Beispiel nun die Munition?" fragte Jens Ron.„Ja, das Faß P yiver, das Krön und ich kürzlich in Sundbykauften, das steht dort drinnen." Jürgen zeigte in der Richtungder nach Norden gelegenen Kammer.„Aber das ist zu wenig. Wirmüssen mehr kaufen, doch in kleinen Portionen, damit die Obrigkeitnicht vor der Zeit dahinter kommt und die Sache hintertreibt."„Welchen Kurs, meinst Du, sollen wir hier in der Gemeindeeinschlagen?" fragte der lange Jens.„Das weiß ich noch nicht. Aber unsere Führer verlassen sichauf uns und zwar mit Recht!"„Das ist wahr!" antworteten mehrere.«Und darum ist für mich die Hauptsache, daß wir, wenn sieuns rufen und fragen, ob wir etwas wollen und tonnen— sofortantworten können: fertig!" warf Jürgen keck mit frischem Mut hin.Und es hatte den Anschein, als drückten die Gesichter den