— 868— und Knechte, fallen unter seinem Schwert. Er odnt nicht, daß mit diesem Siege die Erfüllung des Verhängnisses begonnen hat, daß der Führer, den er im Kampfe niederstreckte, LaioS, sein Erzeuger, ist. Begierig, sich im schwersten Wagnis zu erproben, nimmt der junge Held, auf seiner Fahrt in das Tbebanerland gelangend, den Kamps mit der Sphinx, dem sagenhasten Rätselwesen, auf, dessen Blutdurst die Felder verödet. Nur wer das Rätsel, da« sie in ihrer felsigen Behausung dem Wanderer ausgibt, löst, vermag das Land von der sonst Unbezwinglichen zu beireien. Oedipus . ebenso klug als kühn, findet Schlüssel und Antwort auf die geheimnisvolle Frage des Ungeheuers und vor seinen Augen stürzt die Sphinx zer- schmetternd in den Abgrund. DoS dankbare Boll erhebt den Fremd- ling aus den Thron, und mit des Laios Krone übernnnmt OedipuS zugleich die Witwe deS Getöteten. So ist der unheilvolle Ring vollendet, ist OedipuS , wie ihm geweissagt, Mörder seines Vaters, Gatte seiner Mutler geworden. Eine verheerende Seuche bricht aus, und OedipuS , der wie das ganz« Volk in diesem Unglück ein Zeichen von dem Zorn der Olympischen erblickt, sendet seinen Schwager Kreon zum Orakel, um zu erkunden, ob irgendwo ein Frevel gegen göttliches Gesetz begangen worden sei und wie der Staat ihn sühnen könne. Mit Kreons Rückkehr setzt baS Drama, im raschen Lauf der Katastrophe entgegeneilend, ein. Kreon meldet den Spruch: Blut- schuld liege auf der Stadt, da der Mord des Laios ungerächt sei, der Uebeltäter immer noch im Licht der Sonne wandele. Oedipus gelobt, nicht zu rasten, bis er den Frevler entdeckt hat. Viel be« wundert ist die Kunst, mit der der Dichter aus der so gegebenen Situation heraus, zusammen mit dem Fortgang der Handlung das weit verschlungene Gewebe der Vergangenheit Zug um Zug entrollt. Diese Kunst rückichauender Beleuchtung, die längst Verschollenes aus seinem Grabe auferstehen läßt, ist später vielleicht nur in einigen bürgerlichen Meisterdramen Ibsens übertroffen worden: In den .Gespenstern' und in.Rosmersholm', Dramen, deren seelischer Gehalt, aus unserer eigenen Well geschöpft, in der Verkettung der Notwendigkeiten auch das Mitgefühl moderner Zuschauer naturgemäß unnmittelbarer wachruft, als der Anblick eines freuiden, durch Orakel- spräche sich verkündenden Fatums. OedipuS schickt nach Tirefia», dem blinden Seher, besten starres Auge den verborgenen Zusammenhang der Dinge schaut. Der muß es wissen, wer den Mord verübte. Der Greis ver- weigert eine Auskunst, dann aber, bedroht von OedipuS Zorn, schleudert er dem Könige die AnNage entgegen, er selber sei der Schuldige. Empört fährt Oedipus auf, er wittert hinter der wahnwitzigen Beschuldigung ein tückische» Komplott, ihn von dem Thron zu stoßen. Io käste sucht den Gemahl zu beruhigen. Ihre Rede, die ihn besänftigen sollte, wirst ihn in bangen Zweifel. Er drängt mit Fragen in sie und alle«, was sie ihm erwidert, schürt die Furcht. Er berichtet von dem Orakelsprnche, der ihm wurde vor seiner Flucht, vom Kampfe in dem Hohlwege. Ein Bote aus Korinth , der den Tod de« Laio« meldet, er- weckt in seiner Seele neue Hoffnung, die aber rasch furchtbarer Gewißheit weicht; als dieser auf einen Einwurf des Königs erklärt: Oedipus sei nicht PolyboS' Sohn, sondern von fremdem Stamme. Ihm, dem Boten, sei Oedipus als ein Knäblein vor vielen Jahren von einem Thebsnerhirten übergeben worden, er selber habe das Kind Polybos zugeführt. Der herbeigerufene Hirt bezeugt, gezwungen, die Wahrheit der Aussage. Di« letzte Hülle ist zerrissen. Oedipus erkennt sich als des LaioS Sohn, der nach der grausigen Prophezeiung den Bater tötet«, die Mutter steile. Er stürzt in den Palast. Jokaste erhängt sich in dem Frauengemach. OedipuS in der Raserei deS Schmerzes, im«bscheu vor der Schuld, die ihn, das Schicksal aufgebürdet, blendet sich. Grausig in seiner bluttgen Lersttimmelung kehrt er zurück. Seine jammernde Klage mit der des EhoreS zu vereinigen. In der Wüste will er, abgetrennt von allen Menschen, seine Schmach verbergen. Da« Schluhlied des Chores mahnt die Hörer, beim Bilde der gestürzten Größe deS allgemeinen Menschen- loseS zu gedenken: Ihr Bewohner meiner Thebe, sehet, daS ist OedipuS , Der entwirrt die hohen Rätsel nnd der erste war an Macht, Dessen Glück die Bürger alle priesen und beneideten, Seht, in welches Mißgeschickes grause Wogen er versank! Drum der Erdensöhne keiner, welcher noch auf jenen Tag Harrt, den letzten seiner Tage, preise du vorher beglückt, Eh er drang ans Ziel des Lebens, unberührt von Schmerz und Leid. ät. Sckacb. Unter Leitung von S. A l a p i n. Schachnachrichten. Eine interestante Polemik spielt sich fett einiger Zeit in der Schachpresse ab. Während der Delegierten- Versammlung deS letzten Hamburger Schachkongrestes des.Deutschen SchachbundeS ' erwähnte der Vorfitzende der Bundesverwaltung in üblicher Weise die in der Rechenschaftsperiode vorgekommenen TodeS« fälle unter den Bnndesmitgliedern. Er unterließ dabei die Namen des Geheimen HofrateS R. v. Gottschall sdeS bekannten Dichters) und deS Meisters R. Slviderski zu nennen, die beide als Mitglieder des Leipziger Schachklubs.Augustea' statutengemäß auch Bundesmitglieder waren. Die.Augustea' machte auf die er- wähnte Unterlassung in der Schachpreste aufmerksam, worauf der Borsitzende des Bundes im Wege der Presse sich bezüglich des Ge« Heimen Hofrates mit zufälliger Vergeßlichkeit entschuldigte, jedoch den Meister Swiderski demonstrativ wiederum verschwieg. Gegen diese Demonstration, die auf persönliche Reibungen zwischen dem Ver» storbenen Swiderski und dem Bundespräsiden sDr. Gebhard) zurück» zuführen ist, protestterte nun förmlich die.Augustea' in den Schach- zeitungen. Hierauf veröffentlicht jetzt der gesamte Borstand d«S Bundes eine Erklärung f.D. W.' Nr. 43), in der er den Protest gegen seinen Borsitzenden.entrüstet' mit der Begründung zurückweist, Dr. Gebhard habe nur die.Freunde und Gönner des Deutschen Schachbundes ' erwähnen wollen, während der verstorbene Meister Swiderski zu den letzteren angeblich nicht gehört habe. In bezug auf die letztere Behauptung wenden sich mehrere Meister an die Leitung der unabhängigen Schachspalt« des .Vorwärts' mit der Bitte folgende Berichtigung bekaimt zu geben. ES ist nicht richtig, Meister Swiderski sei kein Freund und Gönner des Deutschen SchachbundeS gewesen. Im Gegenteil, wie sämtliche Meister hatte er für den.Deutschen Schach- b u n d' als Institution nur Gefühle aufrichnger und warmer Sympathie. Richtig ist vielmehr, daß der verstorbene Meister— in Uebereinstimmüng mit der überwiegenden Majorität seiner Kollegen übrigens—.kein Freund und Gönner der gegenwärtigen B e r« w a l t u n g des Deutschen SchachbundeS war. Und hierin liegt ein Riesenunterschied. Am 7. und 12. Oktober hat der Arbeiter-Schachklub in München mit dem dortigen bürgerlichen Schachklub.Andersen' einen Maffenwettkampf und einen Revanchewcttkampf von jedesmal 18 Partien ausgefochten. In beiden Fällen blieb der Arbeiter» Schachklub in entscheidender Weise Sieger und zwar zuerst mit 11'/, zu S>/, und dann mit 12 zu ü Zählern. Am 8. November soll in Berlin (Kerkau-Palast) ein Wettkampf LaSker-JanowSki beginnen. Täglich(außer Montag und Freitag) von 4'/, bis 7'/, und von 9 bis 11 Uhr nachmittags. Eintrittsgeld 1, S und 5 M. In unseren zwei letzten Spalten hatten wir einige Jllustrattonen zu verschiedenen Typen von Schachpartten aus moderner und alter Zeit angeführt. Um das Thema:.Zum Kapitel Oualitätspartten' <16. Oktober) zu schließen, bringen wir nachstehend eine Partte, die unseres Erachtens auf einer der höchsten Stufen der modernen Forderungen steht, die einstweilen allerdings nur in Korrespondenz- Partien erreicht werden. Sticegambtt. Durch vrieswechsel 1904 gespielt. R o b i n o Balliert (PariS )(Marseille ) 1. s2—«4 e7— e5 2. f2—£4«S Xk4 3. Sgl— f3 g7— g5 4. h2— h4 g8— g4 6. Sf3-e5 Sg8— f0 6. Lfl— c4 S7— ckä 7. 64X65 DK— 6« 8. 0—0...... Sierdurch der Name der Eröffnung. ünder ist 641 8....... Ld6Xe5 S. Tfl— el Dd8— e7 10. o2— c3 14— f3 Auch bei 10..... 8h5(was für stärker gilt): 11. 64. 867: 12. DXgH-c. hat Weiß genügende Remis-AuSstchten. 11. 62—64 AS— 64! Droht£3— k2t. 12. TelXe4 Le5— h2t IB. KglXk2 vo7Xo4 14. g2— g3?...... 14....... 0— 0 15. Lei— f4 d7— dö! 16. Lc4— 631...... Räch 16. LX55, Im8 nebst Ab- tausch der Läufer kann Weiß das eutscheldende Eindringen schwarzer Türm««ach«2 nicht verhindern. 16....... D 64X65 17. c3— c4 1 b5Xo4 18. Sbl— c3 D65— b7II Die einzige Verteidigung(Gegen- angriff), um vom EntwickelungS- vorsprang des Gegners nicht erdrückt zu werden. 19. L63— c2 1 Db7Xb2 20. 1)61—62.....- Droht Lblf. 20....... vb2X»l 21. L{4— 66!!...... Die Stellung ist sehr beachtenswert. Z. B.: 21..... 0X66?; 22. Dgbf, Kh8; 23. Dh8 nebst 34-. Oder: 21..... 16?; 22. Dh6, Tf7; 23. LX h7+I, TXb7; 24. DkS-v. Odert 22. Dg5f, Kh8: ewigen Schach auf Lc8— f5! 858—671 Kg8— h3II Ta8Xf8 21..... Dfl; 23. Df6t nebst kö und g5. 21. 22. Lo2Xk5 23. 165X67 24. L66XK 25. L67Xg4 Weiß war gezwungen, alle bis- herigen Opfer deS Gegners anzu- nehmen, weil er sonst dem materiellen Ucbergewicht unterliegen würde. Nu» aber ist schon Weiß im materiellen Vorteil! 25....... Tf8-b8 26. ScS— 61 c4— c3l 27. D62— c2I...... Aus 27. vs3(UM Mit DoBf nebst DgSf ewiges Schach zu suchen) folgt 27..... DXaäf; 28. Sf8, Dd2l und gewinnt. Jedoch wie soll Schwarz jetzt(nach 6 Zügen der Kombination I..) weiter fortsetzen?... 27....... Dal— blll 27..... Tb2; 28. 8Xb2, oXb»; 29. Lk5, ß; 80. DX«-c. führt ,U nicht». 28. Lg4-f6l...... 28. DXbl, TXbl(droht c4— c3); 29. 8Xo3r£2 und gewinnt. 28....... DblXo2t 29. Lf5Xo2 Tb8— e8 30. S61Xc3 Te8-e2t! 31. Sc3Xe2 f3Xe2 Ausgegeben. Ein einziges vänerleln hat Noch die Entscheidung hcrbeistihren können i Berantw. Redakt.: Carl Mermuth, Berlin -Rixdorf.— Druck u. Verlag: BorwärtsBuchdruckerei u-Verlagsanstalt Paul Singer LcCo., Berlin SW«
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27 (5.11.1910) 217
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