meinte er zum Aerger LorensenS. er haVe immer ganz Las- selbe gesagt. Lorensen lachte mcht mehr, sondern sagte dreist, so daß alle es hören konnten:Wes�llb haben Sie sich nicht eher sehen lassen, dann wäre die Nymphe vielleicht schlanker aus- gefallen." Sie wurde zwar rot, diente ihm aber ruhig mit einem Achselzucken:Ich habe mich durchaus nicht sehen lassen, Herr Lorensen, ich laß mich immer holen." Wunderbar, wunderbar!" telegraphierte Walzmann und stieß Nuschke bedeutsam an.Laß mich auch nur holen. Können sonst lange warten, die Schufte." Herr Kempen, jetzt muß ich schon zu Ihnen flüchten," fuhr sie fort.Erst bittet er mich zu kommen, und dann kratzt er mich an." Lassen Sie ihn doch quatschen," stieß Kempen trocken hervor, so daß das ganze Lager sich sofort auf seine Seite schlug. Und warm geworden durch ihre Offenheit, die so wenig Geziertes an sich hatte und trotzdem die Mödchensäieu verriet, deckte er plötzlich seinen Kämpfer auf und zeigte ihn ihr, leb- hast und voll Stolz, wie einer guten Kameradin, die noch die alte Leidenszeit kennt. Darauf können Sie sich was einbilden. Fräulein Heille läßt er so was nicht sehe::," warf Blankert ein und gab ihr sofort die nötige Aufklärung über den Besuch. Mit großer Deutlichkeit entsann sie sich noch des wichtigen Abends, als Lorensen zum ersten Male einen Frack anzog; dann auch des Vormittags, als er von seinen Erlebnissen er- zählte und das Zuckerwerk aus der Tasche holte. Und diese Vorstellung wurde in ihr so wach, daß sie ihr Mündchen auf- riß, das Lachen aber verschluckte.Wissen Sie noch, Herr Lorensen, wie wir Sie damals zurecht machten? Der Schniepel kam Ihnen so ungewohnt vor. Ich mußte noch das Hängsel umnähen. Und die Krawatte war Ihre Not. Mußte ich auch ändern. Dann aber fein-feinl Haben Sie die Rose von Fräu- lein noch? So was preßt man sich doch. Sie ist wohl jetzt mörderisch hinter Ihnen her? Natürlich, wenn man was ge- worden ist.... Na, heiraten dürfen Sie ja doch nicht, das erlaubt Herr Kempen nicht." Lorenfen nahm ihr das nicht übel; er lachte sie vergnügt an, strich ihr vertraulich mit dem Finger über das Naschen und dachte bei sich:Rede Du mirl Etwas hast Du doch für mich übrig, sonst wärsd Du nicht gekommen." Eine Stunde war man noch im Atelier zusammen, sang, scherzte und war guter Dinge. Dann, als Nuschke zum Auf- bruch drängte, um den Abend in einer Kneipe würdig zu be- schließen, und Lorensen der bestimmten Meinung war, Klara Münk würde noch länger in ihrer Gesellschaft bleiben, zog sich auch Kempen seinen Ueberzieher an, aber vorerst zu einem andern Gang. Es könne keine Rede davon sein, daß sie mit- komme; er habe schon früher ihrer Mutter das Versprechen gegeben, für das Heil ihrer Tochter zu sorgen, und heute fühle er sich ganz besonders dazu verpflichtet. Klara war zwar verschnupft, denn die Lustigkeit der Gesellen hatte sie ange- steckt, aber sie fügte sich, allerdings mit dem schnippischen Widerspruch, sie werde den Weg auch allein finden. Er aber traute den andern nicht, steckte das Maulen und Schimpfen ruhig ein und ging hinaus mit ihr in Wind und Wetter. Noch draußen hörte er den Skandal hinter sich toben. Hermann Kempen brachte ein Mädchen nach Hause! Es war unerhört, wirklich unerhört. 9. Schon am anderen Vormittage tauchte Klara wieder im Atelier auf und nahm ihren Modellsitz ein, als hätte es gar nicht anders sein können, und diesmal geschah es ganz un- befangen, mit der Freiheit des kleinen Perfönchens, das längst aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist und dem das Geld- verdienen eine gewisse Selbständigkeit gegeben hat. Und sie hatte fleißig verdient, zuletzt nicht mehr bei ihrer Mutter, die gichtig und launenhaft geworden war, sondern in einem großen Photographiehandel, wo sie sich so geschickt gezeigt hatte, daß sie bald zu den besten Koloristinnen gehörte. Die Kunst lag ihr im Gemüt, und da sie nicht zu ihr emporklimmen konnte, so blieb sie hübsch unten, wo sich das Handwerk durch Fingerfertigkeit auszeichnet. Und es war wohl auch dieser dunkle Trieb, der Drang zu einem ungebundenen Leben, der sie Lorensens Vorschlag ohne weiteres annehmen ließ, als er ihr durch Zufall begegnet har. Einen ganzen Nymphenpark im Kops, die rosigste Zu- kunft vor Augen, in seiner Einbildung bereits der gesuchteste Bildhauer, hatte er ihr allerlei Versprechungen gemacht, die

ihr forthalfen über jedeS Bedenken. Und alles nur für ihr schönes Haupt, für den schlanken Hals und für die feinen, schmalen Hände, die sie gepflegt hatte wie eine kleine Hof- Prinzessin, die in ihrem Märchentraum auf den ritterlichen Eroberer wartet; und höchstens noch für die runden, vollen Arme, wie der Schlauberger mit Kirchhofsernst hinzugefügt hatte. Sie aber kicherte in sich hinein bei dem Gedanken an das, was sie damals durch die Tür von der Mutter gehört hatte: daß es bei dem Kopf niemals bleibe, sondern daß die Herren Künstler immer mehr haben wollten. Aber sie hütete sich schön, die leiseste Miene dabei zu verziehen, denn das war doch eigentlich selbstverständlich, daß sie die Nixe immer in Kleidern bliebe. Und nicht nur die Kunst lockte sie, sondern auch diese beiden Unzertrennlichen, die sie in ihrer Armut gesehen und deren Freundschaft stets etwas Rührendes für sie gehabt hatte; ganz besonders aber Lorensen, dieser Spaßmacher mit den blauen Augen, der vierzehn Tage lang Wasser trank, dann aber dem Tyrannen ein Schnippchen schlug und in einer Nacht alles wieder gründlich nachholte., (Fortsetzung folgt.))

(Nachdruck verdolen.Z! Das k)Unengrab. Von Martin Andersen Rex ö. (Autorisierte Uebersetzung aus dem Dänischen von Hermann Kiy.) Nachdem ich eine Reihe von Jahren fortgewesen war. weilte ich nun wieder daheim. Ich wollte in der Gegend meine Ferien ver- bringen und tat nichts anderes, als mich vom Morgen bis zum Abend herumzutreiben, alte Kindheitserinnerungen ouszusriichen und das Einst mit dem Jetzt zu vergleichen. Eine herrliche Beschäftigung für einen, den das Leben müde gemacht hat, und der eine Er» innerung nötig hat! Kein Erdreich ist so ursprünglich und so frucht- bringend für den reifen Mann wie das der Kindheit. .Ach, wie verändert!" ruft ja wohl mit einem Seufzer der Er» wachsene, der wieder die Jugendpfade betritt. Ich muh nun aller- dings sagen, daß mich die Veränderung in ihrer Gesamtheit erfreute. Land, das vordem unbestellt dalag, war jetzt urbar gemacht. Licht und Luft war bis in die Winkel gedrungen. Das Geschlecht, dem die Gegenwart gehörte, war offener und freier in seinem Wesen, als hätte es mehr Sonne bekommen. Aus dem Gehöft war die altmodische Hausfrau, die immer so mit Arbeit überhäuft war. daß sie eine Nacht, in der der Hof brannte, benutzen mutzte, um ihr Wochenbett abzumachen, von einer jüngeren Frau abgelöst worden, die Zeit hatte, sich ihren Kleinen zu widmen und am Abend mit ihrem Manne zum Vortrage oder zur Komödie zu fahren. Und so war es mit allem. Nur das Gesinde schien nickit an der allgemeinen Eittwickelung teilgenommen zu haben. Die Löhne waren zwar erbeblich gestiegen ieit der Zeit, da ich selbst als vierzehnjähriges Bürschchen im Geficht von den nassen Kuhichwänzen tätowiert wurde; das übrige aber hatte nicht gleichen Schritt gehalten. Immer noch haftete den Leuten etwas Schweres und Stumpfes an, das an lehmige Erde erinnerte auch wenn sie Feste feierten. Diese Gesichter begeisterten sich nie. Sie halten allerdings auch nichts, was ihre Begeisterung hätte er» wecken können; der Abstand zwischen dem Gesinde und den anderen Menschen war in der Zwischenzeit immer größer geworden. Es kam mir so vor. als hätten die übrigen Gesellschaftsschichten, um leichter zu steigen, diese Klasse über Bord geworfen wie der Luftschiffer Ballast auswirft. Nun, bielleicht irrte ich mich; wie gesagt, das Leben hatte mich müde gemacht, und dann wird man ja leicht senttmental. Unter den Gestalten aus meiner Kinderzeit, die mich auf meiner Lebensfahrt durch die Welt unsichtbar begleitet und sozusagen stets ihr Sprüchlein zu allem beigesteuert hatten, war der Häusler Holm wohl die eigentümlichste. Er war Tagelöhner auf den, Hof. wo ich das Vieh hütete, und war der erste, der mich seinerzeit anspornte, es mit dem Dasein auf eigene Rechnung aufzunehmen; seine Lust am Fragen steckte mich nämlich an. Der Häusler Hol», mußte überall da ein Fragezeichen machen, wo die anderen sich mit einemDas ist.nun mal so!" zufrieden gaben. In ihm brannte ein unlöschbarer Durst nach der Ursache und dem Grunde. Meist mußte er sich selber erzeugen; und die Welt, die er sich so schuf, war seltsam mißgestaltet. Aber wie sie nun einmal war, war sie größer und reicher als die der anderen und wirkte namentlich durch ihren Stoff. Klein und verwa-bsen war er, und eine ungeheure, krumme Nase verlieh seinem Gesicht eine fremdartige Klugheit. Das Eigen- tümliche an ihm war, daß er alles kannte, was sich während des letzten Menschenalters von Spuk und Hexerei ereignet halte; und er konnte von diesen Dingen so erzählen, daß die Haare auf den Köpfen der Hörer sich sträubten. Er selber aber glaubte gar nicht daran; jeder Geschichte folgte der Versuch, eine natürliche Erklärung dafür zu finden, die häufig ganz finnreich war. Für alles wollte er natürliche Erklärungen haben: für Krankheit, Mißernte und Mond -