B've, so etwas Stilvolles- 5o§, mein lieber Soffn, findet man nicht oft. Und diese pompöse Fnur... überhaupt die Damen hier... Rasse. Rasse! Wer die Schwarze da drüben sein? Sie müssen es doch wissen, orientieren Sie nnch ein bitzckieiw Fixiert mich fortwährend. Verflucht, hat die Augen, ja eh! Und einen Hals, einen; überhaupt eine Figur... So etwas, ja eh, fordert geradezu heraus zum Dunrmheitenmachen. Wer ist denn dieser alte Seehund neben ihr?" Und als er von Lorensen die Aufklärung erhalten hatte, daß diese Rotblonde die schöne Baronin von X. sei, die früher der Bühne angchört habe, und der etwas geduckte Herr zur Seite ihr Gatte, ein reicher Malerdilettant, der alle seine Wilder zum wohltätigen Zweck versinke, fuhr Rensdahl fort:Tann soll er's doch mit sich selbst ebenso machen, dann ist sie ihn los. Ein wunderbares Weib, ja eh. Seht Ihr, Kinder, solche Modelle habt Ihr nicht... bekommt Ur nie- »nals." Oh, oh," machte Lorensen, so daß Rensdahl sofort die Ohren spitzte. Wie, was, mein Sohn?" Vielleicht schon die Eva ge- funden? He? Etwa schon in Arbeit? Auf dieses Kunstwerk bin ich gespannt... Sie wissen, daß Sie mir sozusagen das Vorkaufsrecht. Morgen wird es nicht gehen, man muß ausschlafen, ja eh. Aber übermorgen vormittag, da will ich im Atelier sein. Schadet nichts, schadet nichts, wenn Sie auch Modell haben. Mich geniert's nicht... Aber vor allen Dingen das Denkmal, wissen Sie, für unfern Poeten da oben. Das machen Sie mir anständig, ja eh. Das Volk muß Andacht haben. Ueberhaupt hat mir diese Anregung viel Sympathie eingebracht. Und nächsten Sonnabend möchte ich dann die Herren wieder als meine Gäste... Wir sprechen noch darüber. Nein, diese schöne Frau dort, sehn Sie doch... Sie würde gewiß mit uns lieber soupieren als mit ihrem Ehelakai. Uebrigens wäre ich überhaupt diesmal dafür, daß die Schäm- heit uns Gesellschaft leistete." Vorhin hatte er Kempen zur Begrüßung herablassend zwei Finger gereicht, wobei seine Glotzäugelein etwas miß- fällig an dem schwarzen Rock von unten nach oben gegangen waren, denn er selbst stand im vollen Dinerwichs da, die Gardenie im Knopfloch, das Gesicht noch mehr gerötet wie fönst, und ein wenig angesäuselt, denn erst um sechs Uhr hatte er das FreundschastSmahl überstanden gehabt, zu dem er in den Kaiserhof geladen war. Drei Täßchen Mokka hatten ihm dann das Gleichgewicht wiedergegeben, um die Reihe der Ge- misse hier beschließen zu können. Lorensen merkte ihm diese Stimmung auch sofort an und nahm sich vor. sich ihn heute warm zu halten, um für die Denkmalsausführung bessere Ratenzahlung zu erhalten, wobei vielleicht sofort ein Tausend- »narkschein abfallen würde. In dieser Beziehung entwickelte er eine Diplomatte, die oftmals die Grenze des Erlaubten überschritt, worin er jedoch niemals etwas Schlimmes er- blickte, denn nach seiner Meinung waren die reichen Leute dazu da, der Kunst auf alle Fälle Opfer zu bringen, auch wenn es auf Kosten ihrer Dummheit gesck>ähe. Was machen Ihre Löwen, mein Sohn, krabbeln die immer noch herum?" wandte stch Rensdahl plötzlich an Kempen : sofort aber schoß ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf, denn er lachte laut auf, so daß er fast den Eindruck eines gewöhnlickien Menschen machte. Und dann meckerte er wieder: ».Hört, meine Söhne, wenn ich übrigens so daran denke, was aus Euch beiden geworden ist, dann, ja eh, dann habe ich alle Achtung vor diesem Nest Berlin . Damals unter meinen Treibern, und hier nun so mitten mang in den Salons... Ja eh, wissen Sie. lieber Lorensen, das ist ein doller Sprung... Was ist denn das für ein Knaster dort? Der soll ja mächtig Atelierhüter haben, der Professor sagte es schon?" Er meinte Thormeyer, der sich neben Heilte bedächtig aus dem Bibliothekzimmer herausschob und lmicrnd auf die drei blickte wie der Jäger auf sein Wild. Kempen reimte sich sofort alles zusammen. Sicher hatte der Gastgeber in seiner übertriebenen Weise von dem großen Mäcen geschwatzt, der ganze Galerien zusammenkaufen würde, und so hatte sich der Mann der alten Schule rasch von seinem Aerger erholt und erwog die Möglichkeit einer Annäherung an diesen nordischen Spender. Wer RenSdahl nahm keine Notiz von ihm, denn er sah heut nur das Leben vor sich und wollte nicht an das schlechte Abbild denken. Dieses Weib, mein Sohn, dieses Weib, ja eh...* �Fortsetzung folgt.? WaKdrii» r«rr»!eiM Der geftoklene Bazillus. Von H.®. Wells« (Schluß.) Wenige Minuten später ward die kleine Gruppe von Droschken« kutschern und Müßiggängern an der Droschkenhaltestelle bei Have» stock Hill durch ein« in wütender Fahrt einherraffelnde Droschke mit einer ingwerfarbenen Schindmähre von einem Gaul auf» gescheucht. Während sie vorüberfuhr, waren alle stumm. Dann als sie entschwand sagte ein stämmiger Biedermann, der unter dem NamenDas alte Tuthorn" ging: Harry Hicks war das. Was hat denn der für ne Fuhre?" Der führt heut' feine Peitsche gut, Donnerwetter!" sagte dey Laufbursche von der nächsten Kneipe. Holla!" rief der arme alte Tommy Byles.Da kommt noch so'n verrücktes Huhn an! Kuckuck noch mall" Das ist der alte George," sagte das Tuthorn.Und hat auch 'neu Verrückten Du haft's erraten! Was? Klettert der Kerl nicht aus der Droschke raus? Ob er hinter Harry Hicks her ist, was?" Die Gruppe auf dem Droschkenhalteplatz belebte sich. Chorus: Drauf George!"Immer los!"Du kriegst ihn schont" zFlott, voran!" Feines Rennpferd!" sagte der Laufbursche. Da soll aber doch gleich..." schrie das alte Tuthorn.Auf. gepaßt! Jetzt tu' ich bald selber noch mit! Da kommt noch einer! Sind denn alle Droschken in ganz Hampstead heute morgen übergeschnappt?" Ein weibliches Lebewesen diesmal!" sagte der Laufbursche. Lauft hinter ihm drein," sagte das alte Tuthorn.Sonst ist'S gewöhnlich anders rum." Was hat sie denn in der Hand?" »Sieht fast aus wie ein Böller." So ein verfluchter Ulk! Drei gegen einen=. und alle hinter George her!" sagte der Laufbursche.Dal" Unter einem wahren Sturm von Applaus fuhr jetzt MinniS vorüber. Angenehm war es ihr gerade nicht; aber sie war sich be- wüßt, ihre Pflicht zu erfüllen, und ratterte Haverswck Hill hinunter und Camden Town High Street hinauf... immer die Blicke in« brünstig auf die ausdrucksvolle Hinterfront des alten George ge- richtet, der ihr landstreicherisches Ehegcspons auf so unbegreifliche Weise entführte... Der Mann in der vordersten Droschke saß zusammengekauert in einer Ecke; die Arme hatte er eng übereinandergepreßt; die kleine Tube, die so ungeheure Vernichtungsmöglichkeiten enthielt, krampf. hott in die Hand geklammert. Ihm war ganz eigentümlich angst. voll und frohlockend zumute. In der Hauptsache hatte er Furcht« man könnte ihn einholen,«he er seine Absicht ausgeführt hatte; dahinter aber lauerte ein unbewußtes, aber weit größeres Eni« setzen vor der Grauenhaftigkeit seines Verbrechens. Aber das Froh- locken überwog doch bei weitem die Furcht. Noch kein Anarchist hatte sich vor ihm an diesen Gedanken gewagt. Ravachol, Vaillant, alle die hervorragenden Persönlichteiten, die er immer um ihren Ruhm beneidet hatte, schrumpften zu nichts zusammen neben ihm! Er brauchte nichts als die Wasserleitung zu suchen und die kleine Tube über einem Reservoir zu zerbrechen. Wie wundervoll er doch das alles geplant das Empfehlungsschreiben gefälscht, sich in das Laboratorium eingeschlichen, und wie glänzend er auch die Ge- legenheit beim Schops ergriffen hatte! Endlich, endlich würde di« Welt von ihm hören! Tod, Tod. Tod! Immer hatten sie ihn be- handelt wie einen, der nichts Besonderes zu sagen hatte. Die gange Welt hatte sich verschworen, ihn drunten zu halten. Aber er würde sie schon noch lehren, es ihnen schon noch zeigen, was das heißt: einen Menschen so beiseite schieben! Was war denn das für eine wohlbekannte Straße? Great Saint Andrews Street natürlich! Und wie stand es überhaupt? Er lugte vorsichtig aus dem Droschken. fenster. Der Bakteriologe war kaum fünfzig Schritte hinter ihm. Das war schlimm. Man würde ihn vielleicht doch noch erwischen und anhalten. Er suchte in seinen Taschen nach Geld und fand auch ein Goldstück. Das warf er durch die Lücke vorn dem Kutscher zu.Schneller!" rief er.Bloh weiter fort!" DaS Geldstück verschwand-augenblicklich aus seiner Hand.Jawohl!" sagte der Kutscher, und daS Fenster flog wieder zu, und die Peitsche sauste um die feuchien Flanken des Pferdes. Die Droschke schwankte; der Anarchist, der noch halb aufgerichtet dastand, stemmte die Hand. die die kleine GlaStube enthielt, auf das Spritzleder, um sich im Gleichgewicht zu erhalten. Er fühlte, wie daS spröde Ding zer­sprang, und die Bruchstücke auf den Boden der Droschke hinunter« klirrten. Mit einem Fluch fiel er auf feinen Sitz zurück und stierte trübselig die zwei oder drei Tropfen an, die auf dem Spritzledey hingen. Ihn schauderte. Na ja. Also vermutlich werde ich der erste sein! Bah! Immerhin ein Märtyrer. DaS ist schon was. Trotzdem es ist doch ein miserables Ende. Ob es wirklich so weh tut, wie sie sagen?" Gleich darauf kam ihm ein Gedanke. Er tastete zwischen seinen Füßen herum. In dem zerbrochenen Ende der Tube war noch ein kleiner Tropfen stehengeblieben; den trank er aus um sicher zu