-
1010 |
-
aus."
Tann nie wissen. Ja. Na, man wird das Ding ia hier zu Wozu muß ich denn da hinein? Schöner Freund übrigens. sehen bekommen. Fahren Sie übrigens noch nach München ?" Weißt, ich begreif' nicht, wie man solche Kerls nur anrühren kann. Was soll ich denn dort?" schrie ihn Stenzel jegt förmlich wenn ich so einen in Wien seh', weich' ich doch auf hundert Schritt an. Ich habe nicht ausgestellt. Die Münchener fönnen zu ,, Dit bist aber nicht in Wien , und hier in Galizien ist man uns fommen. Die Herren werden jezt übrigens immer ohne die Juden einfach verloren. Wenn Du Wohnung brauchst, üppiger, wollen immer ihre eigenen Säle haben. Erst wendest Du Dich an den Wohnungsjuden, für Futter an den tommen wir doch!" Haferjuden, für Möbel an den Möbeljuden etcetera; sonst kriegst Du eben nichts. Ich kann Dir in meinem Zimmer oben im Barackenlager nur voübergehend Quartier geben und brauche auch dazu noch ein Bett. Wohnung, Möbel und sonstiges wird Dir mein Freund Milch besorgen, der eine Perle ist. Also fomm 1" „ Na, schöne Zuständ'," meinte topfschüttelnd und seufzend der Baron und folgte mir mit Duldermiene in den Laden.
" Das sage ich auch. Sezession haben wir hier genug. Mehr als zu viel. Kommen Sie mit zu Frederich, einen Schoppen Mosel trinken? Dort sitt Leitner. Macht jetzt die Plakette für mich zu meinem siebzigsten. Sie wissen wohl schon? Man muß doch hören, was der sagt. Im Verein fizt ja doch niemand. Höchstens Schuttbauer, und der krakeelt den ganzen Abend."
Sie waren langsam am Kanal entlang der Potsdamer Brücke zugegangen, und da Stenzel nichts einzuwenden hatte, steuerten sie Arm in Arm auf ihr Ziel los, fast verkrümelt in der Menschenmenge, die in der lauen Herbstluft an ihnen vorbeiwogte, ohne eine Ahnung von ihrer Größe zu haben.
Als auch die Nachricht durch die Berliner Blätter flog, der Prinzregent habe über Kempens Werk öffentlich seine Bewunderung ausgesprochen und sich eingehend nach dem Künstler erfundigt, fühlte man sich verpflichtet, auf Entdeckungsreisen nach ihm auszugehen.
( Fortsetzung folgt.))
( Nachdruck verboten.)
,, Maria mit Mufik."
Von Friedrich Werner van Destéren( Wien ). „ Weißt, daß es so was bei uns in Desterreich noch gibt, hätt' Ich überhaupt nicht für möglich gehalten." Der Kadettwachtmeister Baron C., der an diesem Vormittage, drei Tage später als ich, zur Waffenübung eingerückt war, sagte es mit schmerzlichem Näseln, als wir vom Barackenlager zum Städtchen schritten. Der Weg war zwar in etwa zwanzig Minuten zurückzulegen, aber ein Vergnügen war das nicht; denn der Staub lag hoch auf der schattenlosen, von der Maisonne durchglühten Straße.
Ich zuckte lächelnd die Achseln." Hast Du denn noch nie von unseren galizischen Garnisonen gehört, mein Lieber? Wir können uns gratulieren, daß wir Schwadronen in der Stabsstation hier zugeteilt sind. Die drei anderen Schwadronen des Regiments sind
biel elender dran."
Der übermäßig gepflegte junge Baron in seiner funkelnagelneuen, mit allerhand unvorschriftsmäßigem kleinen Lurus geschmüdten Ulanenuniform feufzte und schüttelte den Kopf. Noch elender? Ist nicht auszudenken."
-
" Na, Du wirst's ja sehen," berhieß ich ihm." Das hier ist noch eine Stadt; es gibt aber auch Dörfer mit 100 bis 300 Einwohnern als Garnisonen. Wo hast Du denn übrigens gedient?" ,, Natürlich in Wien in der Freiwilligenschule und dann beim Regiment in Pardubit. Wie ich zu Weihnachten gelesen hab', daß ich hier herauf zu den Ulanen fomm'..., weißt, da hab' ich gemeint, der Schlag trifft mich."
Da ich daraufhin nichts zur Erividerung fand als ein herzloses Lachen, fügte Baron C. die Frage an:„ Na, und Du? Dir wird's doch auch nicht anders gegangen sein. Ein Panie bist Du ja auch nicht. Du lebst doch auch in Wien ."
" 1
Und bin in Böhmen ansässig; stimmt", bestätigte ich.„ Aber bei der Affentierung in Prag habe ich erklärt, daß ich mein Freiwilligenjahr bei den Schwarzenberg- lanen machen will."
Mein Kamerad sah mich entgeistert an und blieb vor Ueberraschung stehen. Weißt, fich freiwillig nach Galizien melden, das hab' ich noch nicht gehört", erklärte er dann.
Nun ja, jeder tut's auch nicht," gestand ich zu und schritt weiter. " Ich hab einen Freund beim Regiment gehabt, und so tam es. Das Leben in Lemberg , wo die Freiwilligenschule war, war übrigens fehr flott, Tarnow ist feine so gottverlassene Garnison, und an die Raifermanöver, voriges Jahr, dent' ich mit Vergnügen zurüd. Wie's hier ist, weiß ich noch nicht recht. Jedenfalls bedauere ich nicht, Galizien kennen gelernt zu haben. Die Schlachta, die Bauern und die Juden, die Landschaft, das ganze Leben hier- alles das ist ungeheuer interessant; Du wirst ja sehen. Für uns Mitteleuropäer ist dieses Stück Asien geradezu ein Erlebnis."
-
,, Na, ich dank' schön," meinte der andere in sehr verächtlichem Tone. Wenn Du dreckig interessant nennst, so ist das Geschmacksache. Ich für meine Person, weißt, bin Europäer . Nach allem, was ich gehört hab', sind die Leute hier mehr Asiaten als Menschen, und die Wanzen find ihre Wappenviecher."
-
Jch lächelte wieder überlegen. Glaub' mir, es schadet uns nichts, wenn wir auch das kennen lernen. So, da sind wir also bei meinem Freund Baruch Milch, der auch Dei Freund werden muß. Komm' mit!"
Mein Kamerad vereitelte vorerst meine Absicht, in den Laden Baruch Milchs einzutreten, indem er mich am Aermel festhielt.
Was diesem an Größe und Vornehmheit fehlte, ward durch Schmutz, Enge und Originalität reichlich ersetzt. Möbel und Spezereiwaren, alle militärischen Bedarfsartikel und Haushaltungsgegenstände, Infektenpulver und zugleich Infekten selbst alles, alles, was man in solch einem galizischen Neste brauchen konnte oder vermeiden wollte, konnte man bei Baruch Milch verlangen und größtenteils auch erhalten, wenn man auf Güte, Schönheit und Neuheit nicht allzu großes Gewicht legte. Der Händler selbst, ein einen fleckigen alten granbärtiger Jude mit Schläfenlöckchen, Kaftan am Leibe, das kleine, flache Käppchen auf dem Haupte, führte, als ich mit meinem Kameraden eintrat, eben ein eifriges Gespräch mit einer hübschen jungen Bäuerin. Zwischen den beiden stand auf einem Fleckchen des vollgeräumten Ladentisches ein ziemlich großes eingerahmtes Muttergottesbild. Die Bäuerin betrachtete es andachtsvoll und verlangend, während der Händler es ihr offenbar gerade angepriesen hatte. Er unteabrach aber sofort seine geschäftlichen Auseinandersetzungen, als er unser anfichtig wurde.
" D, die hochwohlgeborenen Herren Kadetten, was fier e große Ehr'", sagte er. Die junge Bäuerin rückte, vor Ehrfurcht fast ersterbend, in eine Ecke, duckte sich ganz klein, als wollte sie sich unsichtbar machen.
Vor den Augen des Barons fanden sichtlich weder das Weib, noch der alte Mann, noch auch dessen Schatzkammer Gnade; er blickte wie angeefelt um sich, führte ein Schnupftuch an die Nase und hatte offenbar den dringenden Wunsch, möglichst rasch dieses reichhaltige Geschäftshaus zu verlassen. Diesen Wunsch teilte ich, der schon Abgeſtumpfte, aber gar nicht; mich interessierte der Handel, der δα im Gange war, und ich forderte den Händler auf:
Baruch, laß er sich nicht stören! Wir haben Zeit. Was ver schachert er da grad'?"
Mein Kamerad warf mir einen entsetzten, dem Juden einen gnädig billigenden Blick zu, als Baruch dienstbeslissen erklärte:" D, zuerst kommen die hochwohlgeborenen Herren. Kann das Weib nig
warten?"
Ich wandte mich jedoch der Bäuerin zu. Sie will also das Bild da taufen?" fragte ich sie in meinem mangelhaften, halb tichechischen Polnisch .
Das junge Weib zudte erschroden, verbeugte sich tief und wollte mir die Hand füssen . Ich wehrte ab und wiederholte meine
Frage.
" Ich falle zu Füßen, ich lüsse die Hände, hochedelgeborener Herr," fagte sie nun." D, so sehr gerne möchte ich das wunderschöne Bild der hochheiligen Frau mit dem Jesustinde haben."
-
Diese Aeußerung vertrieb sogleich Baruchs Etikettebedenken und gab ihn mit Herz und Hirn, Lippen und Händen dem Geschäfte zurück. E so e schönes Bild. Sag'n Se selbst, hochwohlgeborner Herr Kadett, ob Se in Lemberg oder Krakau oder sogar in Wien e scheneres geseh'n hab'n! hab' ich's doch selbst tommen lassen aus nu, natierlich aus Wien . Und Se werd'n staunen, wenn Sie hern, was ich verlang' dafter. Ich verlier daran. Aber weil die Marinta is e so e brave Frau, soll se's hab'n um brach sich, um zu ächzen und schloß dann mit tränengewürgter Rehle: um vierzig Kronen, die se tann bezahl'n in acht, in zehn, -wenn ſe will, in zwelf Raten. Sag'n Se selbst, hochwohlgeborner Herr Kadett!"
Er unter
Ich betrachtete das Bild und meinte topfschüttelnd:„ Baruch, ich halte das Bild zwar für ein Pariser Originalgemälde; aber auch dafür sind vierzig Kronen viel."
-
Milch geriet in größte Aufregung, streckte die Hände himmelwärts und folgte ihnen mit den Blicken. So soll mich der Schlag nu, natierlich in treff'n, wenn ich nicht hab' gezahlt fufzig in Wien . Und da hab' ich's bekommen zu e Vorzugspreis. Hochwohl geborner Herr Kadett, Se werden nig sag'n, daß das Bild is teuer, wenn Se hern, daß es kann singen."
,, Was?" fragte ich, sah mir das Bild näher an und entdeckte am unteren Rahmenrande einen grünen Faden." Ah so, spielen, Baruch." is das nig " Js das e Unterschied? Spielen und singen beides e Musik?"
-
" Na ja," gestand ich zu und zog die Schnur. Ein Kirchenlied ertönte. Die Bäuerin befreuzigte sich, faltete die Hände und blickte wieder andächtig und verlangend, während Baruch. Milch verzückt die Augen himmelwärts drehte und mit einer Hand den Takt zur Musit schlug. Sogar der Baron gab ein Zeichen der Teilnahme von fich; er lächelte.