Nnlerhaltimgsblatt des Horwärts Nr. 11. Dienstag, den 17. Januar. 1911 (NachdruS pervoleiU 11] pelle der Grobcrev. Roman von Martin Andersen Nexö . So, nicht?" entgegnete Lasse verletzt.Aber Deine Mutter hat es woll nich' besser gemußt, als daß Du noch an Deinem Kinderglauben hingst denn mußt Du ihr woll dies eine Mal vergeben." Js das alles, was Du für mich hast?" Sie stieß gegen Las Buch, so daß es wegflog. Ja," sagte Lasse Zornbebend und nahm es auf. Wer soll das andere haben?" Ja, das Haus war ja man bloß gemietet, und an Sachen war da nich mehr viel, es is schon lange her. seit Dein Vater starb das mußt Du bedenken. Da wo Du hätt'st sein soll'n, haben andere an Kindesstatt gehen mästen: und die, die sie gepflegt haben, kriegen woll das, was da noch is, soweit ich weiß. Aber am Ende war' da noch Zeit, wenn Du mit'm ersten Dampfer fährst." Ne, ich bedank' mich! Nach Hause kommen und sich an- glotzen lassen und die Reuige spielen ne, ich danke! Dann können meinetwegen lieber Fremde mit dem Rest abziehen. Und Mutter wenn sie ohne meine Hilfe gelebt hat, kann sie auch woll ahne mich krepieren. Na, ich muß woll machen, daß ich nach Haus komm'! Wo is nu der zukünftige Steen- gard-Bauer abgebliebm?" Sie lachte aus vollem Halse. Lasse wollte seine Seligkeit dafür verpfänden, daß ihr Nach dieser Richtung hin nichts fehlte, und doch schlingerte sie auf den Beinen, als sie um den Kälberstall herumging, um nach dem Jungen zu suchen. Er hatte es auf der Zunge, sie zu fragen, ob sie nicht doch das Gesangbuch mitnehmen wolle, gab es aber auf. Alles in ihr war so aufgewühlt: sie konnte leicht darauf verfallen, Gott zu verspotten. So packte er denn das Buch sorgfältig wieder ein und verwahrte es in der grünen Kiste. *** Unten in der Ecke des Kuhstalls war ein Raum mit Brettern abgetrennt: der hatte keine Tür, und zwischen jedem Brett war eine zollbreite Oeffnung, so daß er einem Latten* bauer glich. Das war die Kammer des Kuhhirten. Eine breite Bettstelle nahm das meiste von dem Raum ein: sie war aus rohen Brettern zusammengezimmert und der steinerne Fuß- boden der Kammer gab den Boden der Bettstelle ab. Auf einer dicken Schicht Roggenstroh lagen einige Betten, holter-die- polter, die dicken, gestreiften, wollenen Bezüge waren steif von Kuhschmutz, aus dem Stroh und Federn aufragten. Mitten im Bett lag Pelle zusammengekrochen, er hatte das Federbett bis unter den Nacken in die Höhe gezogen und tat sich gütlich. Auf dem Bettrande saß Lasse und wühlte in der grünen Kiste, während er halblaut vor sich hinsprach. Er war mitten in seiner Sonntagsandacht. Stück für Stück nahm er langsam die Kleinigkeiten heraus, die er aus dem aufgelösten Hausstand mitgebracht hatte. Es waren lauter Gebrauchsgegenstände: Garnknäule, Zeuglappen und dergleichen, was allmählich aufgebraucht wurde, um seine und des Jungen Kleider in Ordnung zu halten. Aber für ihn war jedes Stück eine Religuie, mit der sorgsam umgegangen wer- den mußte, und das Herz blutete ihm jedesmal, wenn irgend ein Teil auf die Neige ging. Bei jedem Gegenstand, den er zur Seite legte, wiederholte er langsam, was Bengta über ihre Bestimmung gesagt hatte, als sie im Sterben lag und alles auf's beste für ihn und den Jungen ordnete:Garn für des Kleinen graue Socken! Flicken zu seiner Sonntagsjacke, die bald an den Aermcln ausgelassen werden muß! Daran denken, daß nich zu lange mit den Strümpfen gegangen wurde, ehe sie ausgebessert wurden!" Das war der letzte Wille der Sterbenden, und der wurde in allem befolgt. Lasse bewahrte ihn wortgetreu trotz seines schlechten Gedächtnisses. Und dann waren da Kleinigkeiten, die Bengta selbst gehört hatten, billiger Staat, wo sich an jedes Stück eine fröhliche Geschichte von Jahrmarktsbesuchen und Festen knüpfte, die er murmelnd auffrischte. Der 5htabe liebte dies gedämpfte Brummen, wonach er nicht hinzuhören, und das er nicht zu beantworten brauchte und in dem man so angenehm dahingleiten konnte. Er lag da und duselte und sah zu dem hellen Himmel empor, satt und müde und mit einem leisen Gefühl von etwas Unheimlichem, das überstanden war. Er zuckte zusammen. Er hatte die Tür nach dem Kuhstal! gehen hören, und nun ertönten Stiefeltritte auf dem langen Futtergang. Das war der Eleve, er erkannte die verhaßten Schritte sofort wieder. Es krabbelte in ihm vor Freude. Jetzt sollte der Bursche fühlen, daß man kleinen Jungen nichts tun durfte, wenn sie einen Vater hatten, der seinen Mann mit steifem Arm in die Höhe heben und ausschelten konnte ja viel ärger als der Verwalter. Jetzt sollte er richtete sich auf und starrte ge» sPaiMt den Vater an: ~jLasse!" wurde unten aus dem Kuhstall gerufen. Der Alte brummte mürrisch. Er blieb sitzen, rückte aber unruhig hin und her. Las se!" ertönte es nach einer Weile von neuem wieder, unverschämt und ungeduldig. Ja a!" Lasse erhob sich und ging hinaus. Kannst Du nicht antworten, wenn man Dich ruft, Du Schweinebeest? Bist Du vielleicht taub?" Ja, antworten kann ich woll," sagte Lasse mit bebender Stimme.Aber Herr Eleve sollten nicht-- ich bin Vater, will ich Ihnen sagen-- und das Vaterherz--" Meinetwegen kannst Du Hebamme sein, aber antworten sollst Du, wenn man Dich ruft! Sonst will ich mal sehen, daß der Verwalter mal mit Dir redet hast Du mich verstanden!" Ach ja, ja Herr Eleve müssen entschuldigen, aber ich Hab es nich gehört" Na so, aber dann vergiß auch nicht, daß Aspasia morgen nicht mit auf die Weide hinauskommt." So sie kalben?" Ja, natürlich! Hast Du vielleicht geglaubt, daß sie ein Füllen kriegen sollt?" Lasse lachte pflichtschuldigst und begleitete den Eleven durch den Stall zurück. Jetzt mußte es wohl kommen, Pelle saß da und starrte ihm in steifem Horchen nach. Aber er hörte den Vater nur noch eine Entschuldigung stammeln, die Halb- tür schließen und mit langsamen, stolpernden Schritten zu- rückkommen. Da brach er in Schluchzen aus und verkroch sich tief unter das Federbett. Lasse ging eine ganze Weile umher und kramte und brummte über irgend etwas vor sich hin. Tann kam er an das Bett und zog sorgsam das Kissen von dem Kopf des Jungen weg. Aber Pelle bohrte sein Gesicht in die Betten hinein, und als der Vater es zu sich herumdrehte, begegnete er einem ver. zweifelnden, verständnislosen Blick, der seinen eigenen veran- laßte, ruhelos in der Kammer umherzuschweifen. Ja," sagte er mit einem Versuch verdrießlich zu sein« Du kannst woll heulen. Aber wenn man nu nich weiß, wo Aspasia steht, da soll man wohl höflich sein, sollt ich meinen." Ich kenn Aspasia sehr gut, die dritte hier von der Türl* schluchzte der Junge. Lasse wollte eine mürrische Antwort geben, brach aber zu. sammen, ergriffen und entwaffnet von der Verzweiflung des Knaben. Er ergab sich auf Gnade und Ungnade, beugte sich hinab, so daß er seine Stirn gegen die des Knaben stützte und sagte hilflos: Ja, Lasse is arm, alt und arm! Ein Schlingel kann ihm auf der Nase herumspielen. Vor Zorn sprühen kann er nich mehr, und in der Faust hat er auch keine Kräfte mehr was nutzt es da, daß man sie ballt! Alles muß er hinnehmen und sich hierhin und dahin schleudern lassen und sich noch obendrein bedanken! So steht es mit dem alten Lasse. Aber dann mußt Du auch bedenken, daß er sich um Deinetwillen anspucken läßt: sonst nähm Lassc-Vater seinen ganzen Kram und ging weg so alt wie er is. Aber Du kannst in der Erde wachsen, zu der Dein Vater wird. Und nu laß das Weinen nach!" Er trocknete die nassen Augen des Jungen mit dem Oberbett ab. Pelle verstand die Worte des Vaters nicht, aber» sie be- ruhigten ihn trotzdem, und nach einer kleinen Weile schlief er ein. Aber, noch lange lag er da und schluchzte im Schlaf. Lasse saß regungslos auf dem Bettrande und lauschte dem Schlaf des Knaben, und als der einigermaßen ruhig geworden ' war, schlich er durch den Stall und hinaus. Es war ein trüb-