seiger Sonnkaa gewesen, vnd mm wollte er doch einmal hinaussehen, ob einer der Knechte zu Hause war und Besuch hatte denn dann#tb es Branntwein. Lasse konnte es nicht übers Herz bringen, selbst vi n seinem Lohn aufzunehmen, um schnaps dafür zu kaufen; das Geld hatte so wie so genug zu tun, wenn es für das Notwendige ausreichen sollte. Auf einem der Betten lag ein Knecht und schlief, völlig angekleidet und mit Stiefeln er war knallbesoffen. Sonst waren sie alle aus. So gab denn Lasse den Schnaps auf und stolperte nach dem Keller hinüber, um zu sehen, ob da ein wenig Kurzweil bei den Mägden war. Er war zu allerlei aufgelegt jetzt, wo er los und ledig und sein eigener Mann war wie im Lenz der Jugend. Oben bei der MilchFammer standen die drei Häusler- frauen, die am Sonntagabend für die Mägde zu niesten pflegten. Sie waren dicht eingebündelt, klein und gekrümmt von der Arbeit; der Mund stand ihnen allen dreien nicht still, sie sprachen von Krankheit und anderem Elend in einem klagen- den Ton. Lasse empfand ein momentanes Verlangen. sichHnen zuzugesellen, das Gesprächsthema klang in ihm wieder wie die Tlöne einer bekannten Melodie, er konnte in den Refrain ein- fallen mit feiner ganzen Lebenserfahrung. Aber er kämpfte dagegen an und ging an ihnen vorüber, die Kellertreppe hinab. Ach ja, der Tod ist uns allen gewiß!" sagte eine von den Frauen, und Lasse sprach ihr die Worte nach, vor sich hin, in- dem er hinunterging. (Fortsetzung folgt.). (Nachdruck vervoten.) Ein Begräbnis. Von Otto Ernst . Nun war es aus für immer. Der kleine Fritz war soeben gestorben. Zehn Jahre war er alt geworden und hatte noch vor drei Tagen auf der Straße Schlagball gespielt. Es war draußen sehr heiß und trocken gewesen, und ehe man sich dessen versah, hatte Fritz große weiße Flecken im Hals bekommen. Bei der Diphthe- ritis entscheidet eine Stunde über Leben und Tod. Als der Arzt "kam, war es zu spät, und der Armenarzt kam oft zu spät. Er war der Meinung, daß die Welt übervölkert sei, und zwar namentlich von Armen. Er hatte auch aristokratische Nerven, und in den Woh- nungen der Armen riecht es oft nicht gut. Nun lag Fritz da und starrte mit seinen toten, verglasten Augen die Decke der kleinen Dachkammer an. Er hatte trotzig mit dem Tod gekämpft, und sein abgemagerter Körper hatte sich im Todeskampf ganz verdreht. Die Backen und die Lippen waren blau geworden. Es mußte wohl eine arme Frau sein, die an dem elenden Bett kauerte. Sie hatte auf dem Bodcnvorplatz gewaschen und war her- zugeeilt, um ihr einziges Kind sterben zu sehen. Es kam ihr in diesem Augenblick kein Gedanke daran, ob sie auch Zeit habe, so lange ihre Arbeit im Stich zu lassen und vor der Leiche des Kleinen zu hocken, wenn sie etwas verlnenen wolle. Der Knabe war mit alten Kleidungsstücken zugedeckt und lag auf dem einzigen Bett, das die Witwe besaß und das sie bisher mit Fritz geteilt hatte. Es war wohl eine Bettdecke da; aber die Federn drin waren alt und schlecht und hatten sich in den Ecken des Inletts zusammen- geballt wie Bleiklumpen. Als Kopsunterlage diente ein Seegras- kissen. Die Bettstelle war überall vom Wurm zerfressen. Die wenigen Möbel, die das Zimmer füllten, waren rechte Möbelleichen; aus ihren Ritzen und Fugen quoll Moderdust; sie hatten eigentlich längst die Jahre der Brauchbarkeit hinter sich. Aber sie schienen Mitleid mit der Armut zu haben und sich deshalb mit unendlicher Geduld und mit übermäßiger Kraftanstrengung auf den krummen Füßen zu halten. Einer von den Stühlen war sogar gepolstert; über der Ueberzug war vor kurzem gesprungen, und aus der Oeff- imng quoll das Eingeweide des Sitzes hervor. Es war ein brennend Heller Sommertag. Um den Kranken vor der dreisten Tageshelle zu schützen, hatte die Mutter quer vor das einzige Fenster einen großen Lappen von einem alten, zerrissenen Rouleaur gehängt. Der Lappen war mit zweien seiner zahlreichen Löcher über zwei in den Fensterrahmen geschlagene Nägel gehakt. Oben blieb noch eine Scheibe frei, die zersprungen und mit einem großen Stück gelben Papiers uberklebt war. Die Scheibe neu ein- setzen zu lassen, kostete gerade so viel, wie die Mutter an einem Tage verdiente. Ein hübscher, starker Knabe war es gewesen, ganz seinem Vater ähnlich, der während seiner Lebzeit Erdarbeiten verrichtet und zur Erholung sehr viel getrunken hatte. Die Mutter hatte in dem Knaben das Ebenbild ihres Mannes heranwachsen sehen. des Mannes, der ihr als Gatte manche glückliche Stunde, als Er- nährer.aber viel mehr Sorgen bereitet hatte. Aber Fritz wäre kein Trinker geworden, das hat e sie sich oft im stillen gesagt, wenn sie am Waschtrog stand und der Knabe auf der Bodentreppe oder tief unter dem offenen Fenster auf der Straße lärmte und sich tummelte. Wie der Knabe von Tag zu Tajj heiterer und kräftiger sich entwickelte, so gedieh immer stärker eine selige Hoffnung in Wrer Brust. Sie malte sich mit lachendem Herzen den Augenblick aus, der ihr die schließliche Gewißheit bringen werde, daß Fritz kein Trinker geworden sei nein! ein ordentlicher Mensch, nur an Schönheit, Kraft und Gutmütigkeit dem Vater gleichend. Ungestüm war der Knabe freilich gewesen. Sie hatte vom Morgen bis zum Abend unter schwerer Arbeit ächzen müssen und hatte so oft der hilfreichen Hand bedurft. Da fielen dem Jungen allerlei häus- liche und mädchenhafte Arbeiten zu, die ihn auf das äußerste lang- weilten. Sein Kinderegoismus kannte kein Gewissen, und er ent- schlüpfte, so oft er konnte. Die Mutter saß dann allein vor aller Arbeit, und gerade die kleinen Verrichtungen, die dergroße Schlingel" wohl hätte erledigen können, hielten sie bei jeder Gelegen- heit auf, störten sie und machten sie heftig und erbittert. Das Leben hatte sie ohnehin reizbar gemacht. Da lag der Junge, den sie so oft hatte schelten und an den Ohren zausen müssen, dem sie manches Mal vorgehalten hatte, daß er einmal einen Taugenichts abgeben werde, wenn er nicht arbeiten wolle, und über dem sie jetzt mit zuckendem Herzen zusammengebrochen war, den sie immer wieder von neuem mit Tränen netzte und mit Küssen bedeckte... Als sie sich ein wenig erholt hatte, dachte sie an das Begräbnis. Freilich, das besorgte die Armenkommission. Aber vor ihrem Geiste stand ein empörendes, abscheuliches Phantom: der flache Sarg. Särge pflegen sonst gewölbte Teckel zu haben, mit schwarzer Farbe bestrichen und mit flimmerndem Steinkohlenstaub beworfen zu werden. Am Kopfende glänzt gewöhnlich ein blankes Schild mit einem gravierten Namen. Bei den Armen ist das anders. Sie erhalten eine einfache, schwarz angestrichene Kiste mit flachem Teckel..Nasendrücker" nennt der grausame Volkswitz diese Schrägen, weil sie den Eindruck machen, als könnte der Kopf des Toten unter dem Teckel nicht wohl genügenden Raum haben und müßte sich der Holzersparnis wegen einen kleinen Druck gefallen lassen. Was soll man sagen? Die Armenpflege und die fatalen Schulen verschlingen ungeheure Summen. Es wird nachgerade unerträglich. Man muß sparen, und zwei Bretter mehr oder weniger ist schon ein Unterschied. Zudem warum sollen Ver­mögens- und Rangunterfchiede vor dem Tode mit einemmal schwinden? Diese Unterschiede bestehen nun einmal und sind eine Notwendigkeit; wenn sie verwischt würden, so müßte das Leben jeden Reiz verlieren. Und es ist nur noch der kurze Weg zum Friedhofe, der letzte auf dieser Erde vor Gott find wir dann alle gleich! In einemNasendrücker" sollte ihr Fritz begraben werden ein eisiger Schauer durchrieselte die Mutter. Arme Frauen sind meistens nicht zimperlich, und gewöhnlich finden sie sich gern bereit, Tote zu waschen und anzukleiden, wenn sie Brot damit verdienen können, �luch Fritzens Mutter war nicht empfindsam; Tote und Begräbnisse hatte sie genug gesehen. Aber wenn sie gesehen hatte, wie einerfür arm" begraben wurde, im flachen, mit einem schwarzen Tuch überdeckten Sarg, von vier Arboitsleuten durch das Halbdunkel des Spätnachmittags in flottem Marschtempo fort» geschleppt dann war ihr der Tod ganz anders als sonst er- schienen, als etwas Unsäglich-SchauderbafteS und Widerwärtiges, und sie hatte sich wohl fröstelnd zu der Nachbarin gewandt und mit einem verunglückten Lächeln gemurmelt:So stopfen sie uns auch einmal weg." Sie kam über das abscheuliche Phantasiebild nicht hinweg. Sie kniete wieder vor dem Bette, und als sie den Knaben aufs neue küßte und ihre Wange weinend auf die seine preßte, fühlte sie es recht tief, daß für ihn ein solches Begräbnis nicht gut genug sei und daß sie ihrem verlorenen Liebling noch eine Liebe tun müsse. Sie hatte mehrere Nächte bei einer Kranken gewacht und im ganzen einen Taler verdient. Der Taler hatte manche Stunde Schlaf gekostet; jetzt lag er als seltener Schatz tief versteckt in einer Schublade der alten wackeligen Kommode. Mit ihm konnte sie wohl etwas ausrichten. Sie ging auf das Ortsbureau, zu dem Beamten, der das mo- natliche Armengeld auszahlte und überhaupt die Angelegenheiten mit den Armen zu regeln hatte. Armut macht schüchtern, und diese Schüchternheit zeigt sich besonders vor den großen, grün über- zogenen Bureautischen, den Aktenständern, Schreibpulten und be- drillten Beamten. Diese waren meistens sehr grob, und man wagte nichts zu erwidern, gerade wie man nichts sagen mochte, wenn der Pfarrer so naseweis nach allerlei Dingen fragte, die er der Seel- sorge wegen gar nicht zu wissen brauchte. Man sorgte, daß man so bald wie möglich aus einem solchen Amtszimmer wieder her- auskam. Der Beamte war gerade dabei, ein Schinkenbrötchen und ein Glas Milch zu genießen. Mit vollen Backen fragte er die Frau: Was wünschen Sie?" Die Mutter zitterte vor schüchterner Beklemmung, während sie sprach: Mein kleiner Fritz ist gestorben... und nun möchte ich nicht gern, daß er so wie sonst begraben wird... so... im flachen Sarg... und ich wollte die Herren bitten, ob Sie meinem Fritz... nicht einen anderen Sarg machen lassen wollten; was er mehr tostet, will ich wohl sebst bezahlen." Das letzte hatte sie mit einer gewissen freudigen Hast auS» gesprochen, wie um einer abschlägigen Antwort vorzubeugen. , liebe Frau, das geht nicht," ließ sich der Beamte ver« nehmen.Entweder die Armenkommission läßt daS Kind begraben, nicht wahr? oder sie läßt es nicht begraben. Wenn Sie übrigens Geld haben, dann können Sie ja allein das Kind beerdigen lassen."