Nnterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 28. Donnerstag� den 9. Februar. 1911 (Nachdruck vervoiea.1 LSZ Pelle der Gröberer. Roman von Martin Andersen Nexö . Es mußte eine Frau sein, die alles ausbessern und es innerhalb der vier Wände ein bißchen gemütlich machen konnte, und ein Arbeitsmensch mußte sie vor allen Dingen sein. Wenn sie ein klein wenig Geld hatte, so konnte das ja auch nicht schaden, aber darauf durste es nicht ankommen, wenn nur die Gesinnung gut war. Karna würde nach jeder Richtung hin gepaßt haben. Lasse wie auch Pelle hatten immer viel für sie übrig gehabt, seit damals, als sie Pelle aus den Klauen des Eleven errettete: aber es war ja nichts mit ihr anzustellen, solange sie den Kuller hatte. Die Zeit würde es lehren: vielleicht kriegte sie den Gebrauch ihres Verstandes wieder oder auch, es zeigte sich irgendetwas anderes. Dann gibt es des Sonntags Kaffee im Bett!" sagte Pelle entzückt. Ja, und am Ende schaffen wir uns ein kleines Pferd an und laden ab und zu Oheim Kalles zu'ner kleinen Ausfahrt ein," fügte Lasse feierstch hinzu. Jetzt war endlich Ernst daraus geworden. Am Abend waren Lasse und Pelle beim Kaufmann gewesen und hatten Tafel und Griffel gekauft, jetzt stand Pelle in der Stalltür mit pochendem Herzen, die Tafel unterm Arm! Es war ein reifkalter Oktobermorgen, aber der Junge hatte einen ganz heißen Kopf nach dem Waschen: er hatte seine gute Jacke an und war mit Wasser gekämmt. Lasse trippelte herum, bürstete hier und da mit seinem Aermel und war noch verlegener als der Junge. Pelle war in bedrängten Verhältnissen geboren, war über die Taufe gehalten und mußte von klein auf sein Brot verdienen alles genau so wie er selber. Insofern war kein Unterschied zu entdecken, es hätte ebensogut Lasse noch einmal wieder sein können, von den Klappohren und der Glückslocke in der Stirn bis zu der Art und Weise, wie der Junge die Knöchel gegeneinanderscheuerte und seine Hosen unten ver> schliß. Aber dies hier war etwas strahlend Neues. Niemals hatte Lasse selber oder einer von den seinen die Schule be- sucht, das war etwas Neues, das in das Bereich der Familie eindrang, eine Gnade des Himmels war es, die ihm selbst und dem Jungen widerfuhr. Er fühlte es wie eine Ver» schiebung nach oben, das Unmögliche kam in sein Bereich, was konnte nicht alles aus einem Menschen werden, der Büchergelehrsamkeit besaß. Man konnte Hapdwerksmeister, Schreiber, ja vielleicht gar Schulmeister werden. Paß nu aber auch gut auf die Tafel auf, damit sie nich inzwei geht!" sagte er ermahnend.Und sieh zu, daß Du den großen Jungen aus dem Wege gehst, bis Du mit ihnen fertig werden kannst. Aber wenn einer Dich durchaus nich in Frieden lassen will, dann sieh Du zu, daß Du zuerst los- schlägst! Das nimmt den meisten die Lust, noch dazu, wenn Du tüchtig zuhaust: wer zuerst schlägt, schlägt zweimal, sagt ein altes Sprichwort. Und dann mußt Du gut zuhören und Dir alles, was der Lehrer sagt, gut hinters Ohr schreiben: und wenn Dich icmand hinter seinem Rücken zu dumme Streiche und Lustbarkeiten auffordern will, dann sollst Du Dich nich draus einlassen. Und vergiß auch nich, daß Du ein Taschentuch hast und brauch nich die Finger, denn das is nich angesehen. Aber wenn es keiner sieht, kannst Du das Tuch gut sparen, versteht sich jjm so länger hält es vor. Und nimm auch Deine gute Jacke in acht. Sollt Dich die Madam des Lhrers zum Kaffee einladen, dann mußt Du nich mehr als ein Stück Kuchen nehmen, daß Du das weißt." Lafses Hände zitterten, während er sprach. Das tut sie gewiß nich," sagte Pelle ziemlich überlegen. Ja, ja, dann geh nu man, daß Du nich zu spät kommst noch dazu den ersten Tag. Und sollt Dir irgend ein Stück Werkzeug fehlen, dann mußt Du es gleich sagen, daß wir es anschaffen so arm sind wir auch nich, daß wir uns lumpen lassen brauchen." Lasse schlug sich auf die Tasche; aber der Schlag hatte keinen rechten Klang. Pelle wußte recht gut, daß sie kein Geld hatten sie hatten Tafel un8 Griffel auf Kredit gekauft. Lasse stand da und sah dem Jungen nach, so lange er ihn sehen konnte. Dann ging er an seine Arbeit, die darin be» stand, Rapskuchen zu zerstampfen. Er schüttete sie in ein Gefäß zum Weichen und goß Wasser darauf, während er leis« vor sich hin sprach. Es klopfte an die äußere Stalltür und Lasse ging hin, um zu öffnen es war Bruder Kalle. Guten Tag, Bruder!" sagte er mit seinem vergnüg« lichen Lächeln.Guck, hier kommt der Makkeder aus Sten- löse." Er wackelte auf seinen Obeinen herum, und sie by» grüßten sich herzlich. Lasse war entzückt über den Besuch. Es war neulich so gemütlich bei Euch!" sagte er unL faßte den Bruder um das Handgelenk. Das is sonst schon recht lange her, aber nu guckt Ihr woll bald mal einen Abend ein? Großmutter hat ein Aug« auf Euch beide geworfen." Kalle stand da und blinzelte so verschmitzt. Was macht denn das alte Wurm, hat sie sich von der Geschichte mit dem Auge wieder besonnen? Pelle kam neulich zu Haus und erzählte, die Kinder hätten aus Versehen emen Stock in Großmutter ihr Auge gesteckt. Mir wurd ganz schlimm dabei Ihr habt ja woll einen Doktor holen müssen?" Ja, ein bißchen anders war die Sache denn doch," sagt« Kalle.Ich hatt am Morgen, als ich Großmutters Stube zurechtmachte, selbst ihren Spinnrocken wo anders hinge- stellt und dann nachher vergaß ich, ihn wieder an seinen Platz zu stellen. Als sie sich bücken will und was von der Erde aufnehmen, stößt sie sich die Spindel in ihr Auge sie is ja daran gewöhnt, daß jedes Ding genau an seinem Platz steht. Darum kommt mir eigentlich die Ehre zu." Er lachte über das ganze Gesicht. Lasse wiegte mitfühlend den Kopf hin und her:Und sie hat sich einigermaßen wieder besonnen?" Na, die Sache ging ganz schief sie verlor die Seh- kraft auf dem Auge." Lasse sah ihn mißbilligend an. Kalle begriff sich, ganz erschreckt, wie es schien. Jh, was für Unsinn red ich da sie verlor die Blind- heit auf dem Auge, wollt ich sagen. Is doS nu nich zu arg? Man sticht einem Menschen das Aug aus, und dann kann si« mit einemmal wieder sehen. Ich glaub, ich will darauf aus- gehen. Blinde zu kurieren, denn das is ja die größte Kleinig» keit." Was sagst Du sie kann auf einmal wieder? Ne� nu wird mir die Sache denn doch zu lustig; man soll auch nicht mit alles seinen Scherz treiben." Ja, ja, Scherz beiseite, wie der Prophet sagte, als seine Frau ihn durchprügelte. Aber sie kann wirklich mit dem einen Aug sehen. Du!" Lasse sah ihn eine Weile mißtrauisch an, ehe er sich er- gab.Das is ja wie'n Wunder!" sagte er dann. Ja, dasselbe hat der Doktor auch gesagt die fein« Spitze Hütt wie so'ne Art Operation gewirkt. Aber es hätt ebensogut schlimm werden können. Ja, wir haben wahrhaftig dreimal den Doktor für sie gehabt es könnt ja nich nützeui, dabei zu knausern." Kalle stand da und versuchte, sich zu brüsten, er hatte die Daumen in die Westentaschen gesteckt. Das hat woll viel Geld gekostet, wie?" Das dacht ich ja auch, und ich war gerad nich vergnügt, als ich den Doktor fragte, wieviel es würd. Fünfundzwanzig Kronen, sagt er, und das klang nich anders, als wenn wir um ein Stück Schmalzbrot bitten. Wenn Herr Doktor so gut sein will und ein paar Tage warten, daß ich die Kuh ordent- lich verkauft krieg, sagte ich. Was sagte er und glotzt mich über die Brille an, Sie woll'n doch woll nich die Kuh ver- kaufen, um mich zu bezahlen? Das dürfen Sie auf keinen Fall tun; ich kann warten, bis die Zeiten besser werden. Wir kommen doch leicht davon ab. wenn wir auch die Kuh ver» kaufen müssen, sagt ich. Wieso? fragt er, während wir nach dem Wagen rausgchen der Kassegaard-Bauer hat für mich gefahren. Da erzählt ich ihm dann, daß Marie und ich daran gedacht hätten, den ganzen Krempel zu verkaufen,