Somit Großmutter nach Kopenhagen rüber kommen könnt I zum Operieren. Er sagte nichts dazu und kletterte auf den! Wagen rauf und ich stand ja da und knöpft den Fustsack i um ihn zu. Aber auf einmal packt er mich beim Kragen und sagt: Wissen Sie was. Sie kleiner obeiniger Kerl? (Kalle ahmte diefeine" Sprache des Arztes nach.) Sie find der beste Mensch, den ich getrosfen habe, und Sie schulden mir keinen roten Heller! Uebrigens haben Sie die Opera­tion ja selbst ausgeführt. Dann müßt ich woll eigentlich noch Geld zukriegen, sagt ich. Da lacht er und schlug mich mit seiner Pelzmütze auf'n Schädel. Ein Staats­kerl, der Dottor und verdammt tüchtig; sie sagen von ihm, er hält bloß eine Art Medizin, wo er olle Arten Krank- heften mit kuriert." Sie saßen oben in der Kuhhirtenkammer auf der grünen Kiste, Lasse hatte einen Rest Branntwein hervorgeholt.Trink, Bruder!" sagte er ein Mal über das andere.Da gehört was zu, wenn man in diesem Oktoberloetter die Feuchftg- keit draußen halten will." Danke vielmals. Lasse aber trink doch selbst! Ne, was ich noch sagen wollt. Du sollt'st bloß Großmutter mal sehen, sie geht rum und beguckt alles mit ihr eines Aug; wenn es man bloß ein Knopf is, so starrt sie ihn an. S-o, das sieht so aus und das so? Sie hat ja vergessen, wie die Sachen aussein. Und wenn sie ein Stück Dings angesehen hat, dann befühlt sie es hinterher denn sie muß wissen, was das is, sagt sie, weiß Gott ! Uns wollt sie die ersten Tage gar nich kennen; wenn sie uns nich sprechen oder gehen hört, dann glaubt sie, wir wären fremde Menschen wenn sie uns auch mit ihre eigenen Augen sah." Und die Kinder?" fragte Lasse. Ja, Anna ihre, die is ja dick und fett, aber unsere eigene, die is so, als wenn sie stehen bleibt. Das bleibt doch 'n wahres Wort, daß man die jungen Säue zum Züchten nehmen soll. Aber das hätt ich ja beinah vergessen" Kalle holte seinen Geldbeutel heraus:Ja, eh ich es vergeh, da sind die zehn Kronen, die Du mir für das Wochenbetten geliehen hast." Lasse machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand. Laß das man, Bruder, es wird Dir woll sowieso schwer genug, durchzukommen. Wieviele Münder seid Ihr denn jetzt eigentlich? So ein vierzehn, fünfzehn Stück?" Ja, aber zwei davon werden von ihren Müttern ge- säugt, so wie die Kücken der Pfarrersftau, das is also die reine Ersparnis. Und wenn Not an Mann is. denn kann ich mir auch woll noch'n paar Schillinge aus der Ras schnau- ben!" Er schnauzte sich mit einer schnellen Betvegung und streckte die Hand aus es lag ein zusammengefalteter Zehn- kronenschein darin. Lasse lachte über das.Kunststück, wollte aber nichts von dem Gelde wissen. Eine Weile standen sie da und steckten sich gegenseitig das Papiergeld zu.Na ja, ja." sagte Kalle schließlich und behielt den Schein.Denn bedank ich mich auch vielmals. Und denn Ajöh, Bruder! Nu muß ich zu Haus." (Fortsetzunj, folgt.) 5Znlieäler-6esdncbten aus)Vord- lancL 6] Von Andreas H a u I l a n d. K.eimtia'. Eines Tages im Lause des Winters waren Lrm und Brhnjulv oben auf dem Gebirge und sahen nach ihren Schneehuhnfallen. Zwischen den kleinen Gebüschen von Felsbirke standen lange Zäune aus Zweigen, die dicht nebeneinander in den Schnee gesteckt worden waren. In kurzen Zwischenräumen waren verschiedene Leff- nungen im Zaun angebracht worden, so groß, daß ein Vogel hin- durchschlüpfen konnte. Aber in jeder dieser Oeffnungen hing eine auS Pjerdehaaren gewundene Laufschlinge. Als die beiden Brüder auf ihren Schneeschuhen von Falle zu Falle glitten, flatterten die Vögel ans, sanken aber sofort zusammen, während sich ,hnen die Schlinge fest um den Hals schnürte. Seit sie sich gefangen fühlten, bis zu diesem Augenblick hatten sie ganz still dort im Schnee gelegen, ehe sie aufgescheucht wurden. Einzelne lagen indessen tot und steifgefroren da. Sie hatten zu gewaltsame Anstrengungen gemacht, loszukommen, und waren sofort erwürgt worden. Die Brüder nahmen Vogel für Vogel und steckten sie in den Wanzen. Aber ehe sie bis ans Ende des Zaunes gekommen waren, blieben sie stehen und lauschten. Ein selisameS kurzes und stoß» weises Krachen schlug unablässig an ihr Ohr. Sie standen lange» sahen aber weiter nichts als das endlose Schneefeld. Und der knackende und knipsende Laut drang unablässig durch die kalte, klare Luft. Das sind Renntiere," sagte Brynjulv und blickte den Bruder an. Ja," sagte Orm und spannte sich den Ranzen fester auf den Rücken. Dann begannen sie dem Laut nachzugehen. Als sie einen Gipfel erreichten, von dem die ganze Ebene offen vor ihren Augen lag, sahen sie, weit entfernt, eine Schar weiß» grauer Tiere. So hell waren sie, daß sie sich kaum von dem weißen Schneefelde unterschieden. Aber sie bewegten sich, sie wanderten über die schlafende Hochebene. An der Spitze gingen die großen Ochsen. Sie blieben stehen und wühlten mit den breiten Vorderhufen den Schnee auf, bis sie» in dem tiefen Schnee fast vollständig verborgen, beinahe auf dem Kopf standen. Aber hinter ihnen kamen die Kühe. Und da sie noch ihre Hörner hatten, so stießen sie die Ochsen in den Hintern oder klopften sie auf den Rücken, bis sie aus den Löchern auffuhren und weiter trabten. Dann stiegen die Rennkühe selbst hinab und knabberten und zupften das Moos ab, das frisch und saftig unter dem Schnee stand. Nach Moos suchend, grabend und fressend, wanderte die Herde unruhig auf der Hochebene umher. Das war das einzige Leben, das man hier sehen konnte. So weit das Auge reichte, lag die weiße Ebene. Und wo ihr äußerster Rand sich erhob und wie ein flimmerndes Laken vor demjniideir | Blick schwebte, da stieg eine Reihe von Gipfeln himmelan. So fern waren sie, daß sie Wolken glichen. Und die Sonne, die sank, um- hüllte sie mit ihrem zarten Schimmer, daß sie durchsichtig als Fata Morgana am Rande der Ebene entlang zu streifen schienen. Und darüber knisterte der kalte Himmel. Orm und Brynjulv wandten sich zugleich um. Ihre Augen begegneten sich. Brynjulv lächelte. Er bekam zwei Grübchen in den Wangen. Seine blauen Äugen waren voll offener Sanftmut. Lrm verzog die Lippen. Einen Augenblick verzerrte sich sein Ge- ficht zur Grimasse in einem unwillkürlichen Zucken. Und seine Nasenflügel bewegten sich mit einem blasenden Laut. Tann wandte er sich wieder von dem Bruder ab, blickte noch einmal in die Weite. Und warf dann seine Schneeschuhe um und begann heimwärts zu wandern Mit gekrümmten Beinen, als säße er auf den Schneeschuhen, lief er schneller und schneller, bis es war, als flöge et über den Schnee hin. Brynjulv blieb weit hinter ihm zurück. Sie hielten nicht inne. Sie beschleunigten ständig ihre Fahrt, bis sie den Abhang erreichten, und stürzten dann, wie mit einem Schrei, zur Waldebene hinab. Als Orm das Gehöft erreichte, stand Steinar draußen auf dem Hofplatz. Orm wollte sprechen, konnte aber nicht gleich er blieb einen Augenblick stehen und atmete hoch auf. Er führte den Faust- bandschuh über das Gesicht und trocknete sich die nassen Augen. Die Luft hatte ihm wie ein Sturm in die Augen gepeitscht. Dann sagte er, daß oben im Gebirge eine Herde Renntiere umherginge. Wo?" sagte Steinar. Und während er noch auf die Antwort wartete, blickte er zum Himmel über dem Abhang empor. Klar und hell leuchtete dieser zum Tal hinab, wo die Dämmerung aus dem Walde emporwuchs. Orm antwortete. Er riß den Ranzen vom Rücken und schleu- dcrte ihn von sich: Auf dem Moor hinter Stortuvo gingen sie." Torbjörg!" rief Steinar ins Haus hinein. Als keine Antwort kam, rief er lauter und ungeduldig: Torbjörg!" Sie kam aus der Tür. Und als sie Steinars gespanntes und Orms aufgeregtes Gesicht sah, wurden ihre Glieder starr und das Geficht schneeweiß. Wo ist Brnnjulv?" schrie sie ihnen beinahe zu. In diesem Augenblick kam er auf den Hofplatz. Sie atmete erjeichtert auf. Was gibt es?" sagte sie und wandte sich zu Steinar. Er bat sie, etwas Wegzehrung zu besorgen. Aber schnell. Sie wollten inS Gebirge. »Jetzt zur Nacht?" sagte sie und blickte Brynjulv an. Er stand und stützte sich auf den Skistab und atmete hoch auf. Ja," sagte Steinar kurz und entschieden und nickte mit dem Kopf. Dann ging er und holte seine Schneeschuhe hervor. Nahm dann den Skistab und hob ihn empor. Es war ein drei Ellen langer Spieß, den er in der Hand hielt. Er ließ die Finger über die lange eiserne Spitze auf dem Stab gleiten und fühlte ob sie scharf sei. stieß dann den Stab in den Schnee, daß er neben den ' Schneeschuhen stand. Er spannte den Gürtel fester um den Leib und fühlte nach dem Messer. Dann stand er still und wartete, bis sie mit der Wegzehrung kam. Er steckte den Proviant auf die Brust unter seinen weiten Mantel und war fertig. «cber er fortging, blickte er Brynjulv prüfend an.