Nnterhaltungsblatt des HorwärksNr. 39.Freitag den 24. Februar.1911tÄ(Nachdruck vrrrstta.i89]pelle der Eroberer.Noman von Martin Andersen Nexö.Gustav stolzierte nach wie vor mit seinem Bündel umher,ohne Hand anzulegen; die anderen lachten ihm er-»nunternd zu.Der Verwalter kam wieder herunter und ging auf ihn zu.„Dann spanne an, ehe Du gehst," sagte er kurz.„Ich werdeDeine Pferde fahren."Ein wütendes Knurren ging von Mann zu Mann.„Wirsoll'n den Hund mithabenl" sagten sie halblaut zu einander.„Wo is' der Hund? Wir soll'n den Hund mithaben." DerVerwalter sollte es hören.Es ward nicht besser, als Möns die Treppe herunterkam,das Gesicht e i n wunderlich frommes Schielen, und sich einenZehnkronenschein vor den Bauch hielt.„Nu is' es ganz egal,denn wir soll'n den Hund mit Habens" sagte Erik. Möns'Gesichtsausdruck wechselte mit einem Ruck. Er fing an,grimmig zu fluchen. Sie gingen umher und machten sichan den Wagen zu schaffen, ohne Hand anzulegen: ihre Augenleuchteten boshaft.Der Verwalter kam, zur Fahrt angekleidet, die Treppehinab.„Na. wird's bald mit dem Anspannen?" donnerte er.Die Leute auf Stengaarden beobachteten die Rangfolgeebenso genau wie die eigene Bevölkerung der Insel, und sietvar ebenso verwickelt. Der Großknecht saß bei Tische obenanund nahm zuerst, beim Mähen ging er vorne, und beim Auf-laden des Fuders, wenn eingefahren wurde, ging ihm dieerste Magd zur Hand; er war der erste, der des Morgens aufwar, und ging vorne, wenn sie aufs Feld hinauszogen, niemand durfte die Gerätschaften niederlegen, ehe er es getanhatte. Nach ihm kam der zweite Knecht und dann der dritteusw., und endlich die Tagelöhner. Wo nicht persönliche Vor-liebe mitspielte, war der Grotzknecht ganz selbstverständlichder Geliebte der ersten Magd usw. die Reihe hinab; zog einervon ihnen weg, so übernahm der Nachfolger das Verhältnis—das war der Gleichgewichtzustand. Hier wurde die Rangfolgejedoch oft unterbrochen, niemals aber, wo es sich um diePferde� handelte. Gustavs Pferde waren die schlechtesten,und keine Macht der Welt würde den Großknecht oder Erikdazu bewogen haben, sie zu fahren— nicht einmal der Guts-desitzer selber.Der Verwalter wußte das und sah, wie sich die Knechtedarüber ergötzten, als Gustavs Kracken vorgespannt wurden.Gr schluckte den Aerger herunter; aber als sie übermütigGustavs Fuhrwerk als hinterstes in der Reihe aufstellten.war's ihm denn doch zu arg. Er befahl, daß sie es vor denanderen auffahren sollten.„Meine Pferde pflegen nich' hinter den Arschklöppern zugehen!" sagte Karl Johan und warf die Zügel hin; es wardas der Spottname für den letzten in der Reihe. Die andc-ren standen da und kicherten, so daß der Vorwalter nahedaran war, aufzubrausen.„Bist Du so darauf versesien, an der Spitze zu fahren,na, denn meinetwegen," sagte er beherrscht.„Ich kann sehrgut hinter Dir fahren."„Ne, meine Pferde kommen nach denen des Großknechts,ich will nich' hinter den Arschklöppern herfahren." sagte Erik.Dies war offenbar ein Schimpfwort, so wie sie es wieder-holten, einer nach dem anderen, während sie verstohlenhinüberschielten. Sollte er sich das die ganze Reihe hinuntergefallen lassen, so war er einfach unmöglich hier auf demHof.„Sä, und meine gehen hinter Eriks her." sagte Andersjetzt—„nicht hinter-- Gustavs," begriff er sich schnell.5Der Verwalter hatte seinen Blick in ihn hineingebohrt undtat einen Schritt vor, um ihn auf das Pflaster niederzu-schlagen.„Ihr seid ja heute ganz verrückt," sagte er.„Aber jetztfahre ich voran, und wer sich untersteht, zu mucken, soll einenan's Maul haben, daß er noch fünf Tage in der nächstenWoche daran denkt!" Er fuhr in einem Bogen um die Reiheherum. Eriks Pferde, die sich vordrängen wollten, bekameneinen Schlag mit der Peitsche, so daß sie sich bäumten. Erißließ seine Wut an den Tieren aus.Die Leute gingen niedergeschlagen umher und ließensich Zeit, um einen Abstand zwischen sich und dem Verwalterzu schaffen..Sa, denn müssen wir woll man sehen, daß wir weg-kommen!" sagte Karl Johan und setzte sich auf den Wagen.Der Verwalter war schon ein gutes Stück Wegs weiterge-gekommen, Gustavs Kracken nahmen sich heute gewaltig zu-sammen— es gefiel ihnen offenbar, voran zu sein. AberKarl Johans Pferde waren mißvergnügt und trieben an,die neue Ordnung war nicht nach ihrem Sinn.Beim Kaufmann machten sie Halt und besserten disLaune ein wenig auf. Als sie wieder auf die Landstraßehinauskamen, wurden Karl Johans Pferde aufsässig, er mußtesie zur Ruhe zwingen.Das Gerücht von dem Fang hatte sich über das Landverbreitet und Wagen von anderen Gütern holten sie einoder begegneten ihnen auf dem Wege nach den Fischerdörfern.Diejenigen, die näher an die Stadt heranwohnten, warenschon auf dem Heimwege mit übervollen Fudern.„Sehen wir uns in der Stadt bei einem Glas?" rief einKnecht Karl Johan im Vorüberfahren zu.„Ich soll nocheine Fuhre holen."„Ne, wir fahren heut' Herrschastsfahrt!" sagte KarlJohan und zeigte auf den Verwalter.„Ja, ih seh ihn— der fährt heut aber fein. Ich dacht',es wär' König Lazarus."Ein Bekannter von Carl Johan kam ihnen entgegen miteinem bis an den Rand gefüllten Wagen voll Heringe. Erwar der einzige Knecht auf einem der kleinen Gehöfte.„Dubist auch wohl in der Stadt gewesen und hast Winterfuttergeholt?" sagte Carl Johan und hrell die Pferde an.„Ja, für die Schweine!" antwortete der andere.„Füruns selbst haben wir schon vor der Ernte eingenommen. Diesis ja keine Menschennahrung!" Er nahm einen Heringzwischen die Finger und tat so, als breche er ihn mitten durch.„Nee, für solche große Herren woll nich," entgegnete CarlJohan bissig.„Du bist ja so vornehm, daß Du am selbenTisch mit Deinem Herrn und der Hausfrau ißt, Hab ich mangehört."„Ja, das is nu mal so Brauch bei uns," antwortete derandere.„Wir kennen das nich mit Herren und Hunden."„Dann is es woll auch wahr, daß Du jede zweite Nach!bei der Frau liegst?" sagte Carl Johan giftig. Die andernlachten. Der fremde Knecht erwiderte nichts, sondern fuhrweiter. In Carl Johans Jnnerm fraß die Wut— er konntees nicht lasten, zu vergleichen.Sie hatten den Verwalter cingcholt, und nun wurden diePferde ganz kullerig; sie wollten fortwährend vorbei und be-nutzten jeden unbewachten Augenblick, um vorzugehen, so daßCarl Johan kurz davor war, die Deichsel in das Hmterteikvon des Verwalters Wagen hineinzufahren. Schließlich hatteer es satt, sich mit ihnen abzuplacken, er ließ ihnen die Zügelschießen, sie fuhren über den Grabenrand hinaus und vorGustavs Gespann, tanzten ein wenig auf der Landstraße undberuhigten sich dann.Jetzt war an Eriks Pferden? die Reihe, kullerig jzuwerden.»*«Auf dem Hofe wurden alle Tagelöhnerfraucii auf EeftNachmittag bestellt. Das Jungvieh war in der Hürde, undPelle brachte Botschaft von Hütte zu Hütte. Er selber solltezusammen mit Laste den Frauen zur Hand gehen und war cnt-zückt über diese Unterbrechung des täglichen Einerleis; daswar ein förmlicher Ferientag für ihn.Zur Mittagszeit kamen dieKnechte mit der schweren FuhreHeringe zurück. Sie wurden auf das Pflaster auf dem oberenHof um die Pumpe herum geschüttet. In der Stadt war keineGelegenheit gewesen, über die Stränge zu schlagen, und an-Gelegenheit gewesen, über die Stränge zu schlagen, undinfolgedessen war die Stimnmng schleckst. Nur Möns, dieserAffe, ging umher und grinste über das ganze Gesicht; er warbei seiner kranken? Mutter mit dem Geld für Doktor und fürArznei gewesen und kam im letzten Augenblick mit einem