- 154—SunSe! wnTernt ArM ffhS war tn s?ra�enZ>fler Zauns.„Wardas eine Arznei!" wiederholte er einmal über das andere undschnalzte mit der Zunge—„eine verzehrend starke Arznei."Er hatte einen harten Kampf mit dem Verwalter zu bs-stehen gehabt, ehe er Erlaubnis bekam, seine Besorgung zumachen. Der Verwalter war ein mißtrauischer Mann, aberMöns' zitternden Worten gegenüber, daß es doch hart wäre,einem armen Mann die Erlaubnis vorzuenthalten, seinerkranken Mutter zu helfen, war nicht gut standzuhalten.„Nochdazu wohnt sie hier ganz in der Nähe, und ich seh' sie am Endenie im Leben wieder," sagte Möns betrübt.„Und das Geld,das ich zu dem Zweck von dem Herrn gekriegt Hab'? Soll ichdas am Ende in Branntwein verkleckern, während sie daliegtund nich mal das trockene Brot hat?"„Nun, wie geht es denn Deiner Mutter?" fragte derVerwalter, als Möns im letzten Augenblick atemlos ge-stürzt kam.„Ach, sie macht es woll nich mehr recht lange!" sagte Mönsmit einem Beben in der Stimme. Dabei strahlte er aber überdas ganze Gesicht.Die anderen gingen herum und sahen wütend zu ihmhinüber, während sie die Heringe abluden. Sie hätten ihnprügeln können für sein schtveinemäßiges Glück. Aber dasgab sich, als er in der Kammer sein Bündel aufknotete.„Dasschickt Euch meine kranke Mutter!" sagte er und holte eineKruke Branntwein heraus.„Und sie läßt Euch auch vielmals grüßen und Euchdanken, weil Ihr so gut gegen ihren kleinen Sohn seid."„Wo bist Du gewesen?" fragte Erik.„Ich Hab die ganze Zeit oben in der Wirtschaft auf demHafenhügel gesessen, um Euch nich aus den Augen zu der-lieren; ich konnte den Blick gar nich von Euch losreißen, sofamos durstig sah't Ihr aus. Daß Ihr Euch nich pardauzauf den Bauch gelegt und aus dem Meer getrunken habt, alleZusammen!"---Am Nachmittag saßen die Tagelöhnerfrauen und dieMägde um die großen Heringshaufen draußen bei der Pumpeund kehlten die Fische aus.' Lasse und Pelle pumpten Wasserzum Spülen utch reinigten die großen„Salztonnen, die dieKnechts aus dem Keller herbeiholten. Zwei von den ältestenFrauen hatten das verantwortungsvolle Amt des Salzens.Der Verwalter ging vor der Haupttreppe auf und nieder undrauchte seine Pfeife.Das Heringeinlegen gehörte sonst zu den vergnüglichenArbeiten, aber heute herrschte Mißstimmung über der ganzenLinie. Die Frauen schwatzten drauflos während der Arbeit,ober das Schwatzen war nicht unschädlich, es war an eine bestimmte Adresse gerichtet— die Knechts hatten sie auf-lgewiegelt. Wenn sie lachten, klang es. als hätten sie einenHintergedanken. Die Knechte mußten herausgerufen werden,und jedes Ding, das ausgeführt werden sollte, mußte ihnen«einzeln befohlen werdem Widerwillig verrichteten sie dieArbeit und zogen sich sofort wieder in ihre Kammern zurück.Tadrinnen aber waren sie um so lustiger, sie sangen laut undtrieben Kurzweil..(Fortsetzung folgt.)j.. rNaSdnick verroten.)Karneval im Süden«Von Walter Pütz.MS Goethe in den Jahcen 1787 und 1788 in Italien weilte,stand der römische Karneval noch in voller Blüte. Papst Pius VI.folgte dem Beispiel seiner Vorgänger: er hütete sich, dem Volkeden Karneval durch kirchliche und polizeiliche Maßnahmen zu ver-leiden. Das Aschenkreuz, das sich am Aschermittwoch jeder in derKirche vom amtierenden Geistlichen auf die Stirn malen ließ,und die Fasten hoben ja alle begangenen Sünden und Narrheitenwieder auf. Ueberhaupt ist das Papsttum, wenn es seinen Jnter-essen entsprach, in der Schonung althergebrachter Volksfeste immersehr weitherzig gewesen. Einige Päpste— so geht die Mär—sollen sogar aktiv am Karneval teilgenommen und im Konfetti-kämpfe wacker ihren Mann gestanden haben, natürlich in ent-sprechender Verkleidung. Jedenfalls steht fest, daß mancherAbbate in den Tagen der Tollheit sein schwarzes Gewand mit«inem karnevalistischen vertauscht und sich vergnügt in das Gewogedes Korsos gemischt hat— nach dem fidelen Refrain:Heisa, lustig und Juchhei!-- Brüder, ich bin mit dabei!In Wahrheit, der römische Karneval ist damals volkstümlichIm höchsten Grade gewesen, und alle Stände, die niedrigsten wiehie höchsten und heiligsten� haben ihm in Fröhlichkeit gehuldigt.Aber heute ist es mit ihm ssorbet— her gSnze kolle Zaubet ist Kt>flogen. Es ist, als ob dem modernen Geschlecht der Ewigen Romadie Erinnerung an die Glanzzeit des närrischen Prinzen Karnevalvöllig geschwunden sei.Wer diesen früheren römischen Karneval in seiner packender»Lebendigkeit und seinem schäumenden Uebermut kennen lernen will»kann nichts Besseres tun, als Goethes meisterliche Schilderung zulesen, die er im„Zweiten Aufenthalt in Rom" eingeschoben hat.Noch unmittelbarer ist die Wirkung beim Lesen der Separataus-gäbe„Das Römische Karneval", da sie mit zwanzig erläuterndenfarbigen Tafeln geschmückt ist. Sie wurde gedruckt im Jahre 178Sbei Johann Friedrich Unger in Berlin und in Kommission verlegtbei Wilhelm Ettinger in Weimar und Gotha. Goethe hatte seinenHausgenossen, den Maler Georg Schütz, gebeten, die einzelnen»Masken flüchtig zu zeichnen und zu kolorieren.Beim ersten Karneval war Goethe von dem kunterbunten»Treiben und ohrenbetäubenden Lärmen nicht sehr erbaut.„Nunist der Narrheit ein Ende," schreibt er am Aschermittwoch de?Jahres 1787.„Die unzähligen Lichter gestern Abend waren noch!ein toller Spektakel. Das Karneval in Rom muß man gesehewhaben, um den Wunsch völlig loszuwerden, es je wieder zu sehen.Zu schreiben ist davon gar nichts, bei einer mündlichen Darstellungmöchte es allenfalls unterhaltend sein. Was man dabei unange-nehm empfindet, daß die innere Fröhlichkeit den Menschen fehlt»und es ihnen an Geld mangelt, daß Bißchen Lust, was sie nochhaben mögen, auszulassen. Die Großen sind ökonomisch und haltenzurück, der Mittelmann ist unvermögend, das Volk lahm. An denletzten Tagen war ein unglaublicher Lärm, aber keine Herzens-freude. Der Himmel, so unendlich rein und schön, blickte so edelund unschuldig auf diese Possen." Der zweite Karneval im Jahre1788 änderte Goethes Ansicht sehr wesentlich. Nach Verlauf desFestes schreibt der Dichter:„Wenn man einmal zum Künstler ge»boren ist und gar mancher Gegenstand der Kunstanschauung zu-sagt, so kam diese mir auch mitten unter dem Gewühl der Fast-nachtstorheiten und Absurditäten zu Gunsten. Es war das zweiteMal, daß ich das Karneval sah, und es mußte mir bald auffallen,daß dieses Volksfest, wie ein anderes wiederkehrendes Leben undWeben, seinen entschiedenen Verlauf hatte. Dadurch ward ich nunmit dem Getümmel versöhnt, ich sah es an als ein anderes bc-deutendes Naturerzeugnis und Nationalereignis; ich interessiertemich dafür in diesem Sinne, bemerkte genau den Gang der Tor-Helten und wie das alles doch in einer gewissen Form und Schick-lichkeit ablief." Und so entstand die Beschreibung des römischenKarnevals, die den Verlauf des übermütigen Festes,„das demVolke eigentlich nicht gegeben wird, sondern das sich das Volkselbst gibt", in höchster Anschaulichkeit vorführt.Der ganze bunte, tolle, lachende Schwärm der Masken: zank-süchtige Pseudofrauen, weibliche Pulcinells, imitierte Advokaten»verliebte Ouarqueri und Hahnreie, jammernde Bettler und Bettle»rinnen, hübsche Landmädchen, niedliche Frascatanerinnen, neapoli-tanische Schiffer, Fischer und Sbirren, weißgekleidete Gespenster»große Zauberer, bürstenschwingende Stallknechte und zudringlicheVetturine, zieht vorüber. Dazu die aufgeputzten Wagen mitschönen, glutäugigen Damen, die Prachtkarossen des Gouverneursund des Senators, der beiden ersten Gerichts- und Polizeiherrer»von Rom, die prächtig uniformierten und berittenen Garden desPapstes und eine Menge anderer fesselnder, farbenreicher und leb-Haft agierender Erscheinungen. Das drängt und schiebt in un-aufhörlicher Bewegung durcheinander, gleißt und glänzt undprunkt, ruft sich Neckworte zu, akklamiert die lächelnden Schön-Helten in den Wagen, spendet stürmischen Beifall den plädierender»Advokaten, belacht die lasziven Scherze der Hahnreie, entlockt gräu-liche Töne gewundenen Muscheln, jubelt den mit kleinen Besenkühn zur Offensive übergehenden weiblichen Masken zu, liefertjauchzend stürmische Schlachten mit Konfettis, damals noch vonGips, nicht von Papier, und tobt sich, aus, wie sich eben nur einvon allem Zwange befreites Narrentum austoben kann. BeimNahen der Dämmerung pressen sich die Massen nach beiden Häuser-reihen zusammen, eine Gasse wird frei, und durch sie hindurch»sprengen den Korso entlang in wilder, wahnsinniger Hast un-berittene, festlich aufgeputzte Bcrberpferdchen— das Wettrennen»der Clou des römischen Karnevals, ist in sausender Eile vorüber-gerast. In tausendköpfigen Festinen, in Theatervorstellungen mitprachtstrotzenden Bühnendekorationen, in blendenden Fluten vonLicht atmet der Karneval aus. Die Finale ist da— der Scheiterhaufen! Auf der Höhe des Holzstoßes pendelt am Pfahl einekostümierte Gestalt. Bald züngeln Flämmchen aus dem Haufen.lecken gierig an der Gestalt, einer Puppe, empor und lodern schließ-lich in grimmiger Wut als gewaltiges Fanal auf, das weit überdie Ewige Stadt leuchtet— der Karneval ist verbrannt, ist znAsche geworden, ist vorbei! xEr ist für immer vorbei, der römische Karneval. Daß er ausder Asche wie der Vogel Phönix wiedererstehe, ist ausgeschlossen.Nicht Mangel an Geld, nicht die Verarmung zahlreicher Mitgliederder römischen Aristokratie, nicht das neue Regiment im Ouirinal.nicht polizeiliche Dekrete sind der Auferstehung im Wege, sonderwdie einfache Tatsache, daß eine neue Zeit neue Ideale geboren hat.Aus der Naivität, aus dem lindlichen Hindämmern und sorglosenHinleben ist die Masse des Volkes herausgetreten— sie ist reifer.aufgeklärter und klüger geworden, verfolgt mit Eifer soziale undpolitische Ziele, ringt nach Macht und Ansehen und läßt sich durch