«rflaunt starrenden Augen bon dem Wagen zurückzuweichen und fich mit ihrer ganzen Masse dem ersten Wagen zuzuwälzen. Und erst dort ward es sichtbar, daß zwei Schritte vom Wagen entfernt, quer über den Schienen, mit entblößtem Haupte und dem Gesicht eines Soldaten ein grauhaariger Wagenführer lag, die Brust nach oben und die Schnurrbartenden senkrecht zum Himmel gerichtet. Neben ihm stürzte mit affenartiger Geschwindigkeit ein junger Bursche zu Boden, nach ihm legten sich, ohne fich zu beeilen, immer neue Personen auf die Erde... Die Menschenmenge dröhnt dumpf; cS ertönen Stimmen, die erschreckt die Madonna anrufen; einige fluchen finster, es kreischen und stöhnen die Weiber, während die kleinen Burschen, von dem Schauspiele betroffen, überall wie Gummibälle umherspringen. Der Mann im Zylinder brüllt etwas mit schluchzender Stimme; der Offizier blickt ihn an und zuckt mit den Achseln; er ist verpflichtet, die Wagenführer durch seine Soldaten zu ersetzen, aber er hat keinen Befehl erhalten, gegen die Streikenden vorzugehen. Da stürzt der Mann im Zylinder, umringt von irgendwelchen dienstwilligen Leuten, zu den Karabinieri hin. Diese setzen sich in Bewegung, treten hinzu, beugen fich über die auf den Schienen Liegenden, wollen sie emporzerren. Es beginnt ein Kampf, ein Lärm. Plötzlich gerät aber der anze graue, verstaubte Haufe der Zuschauer in Bewegung. Er rüllt auf, heult, strömt auf die Schienen; der Mann im Panama  - Hut reißt seinen Hut vom Kopf, wirft ihn hoch in die Lust und legt sich als erster auf den Erdboden, den neben ihm liegenden Streiken- den auf die Schulter klopfend und ihm ermutigende Worte ins Ge- ficht schreiend. Und nach ihm begannen, gleichsam als hätte man ihnen die Füße abgeschnitten, unzählige fröhliche, lärmende Leute, die noch vor drei Minuten nicht dagewesen waren, auf die Schienen zu fallen. Sie stürzten lachend zu Boden, schafften einander Grimassen und schrien elwas dem Offizier zu, der lachend und den hübschen Kopf schüttelnd dem Mann im Zylinder etwas zurief und ihm mit den Handschuhen unter der Nase herumfuchtelte. Inzwischen kamen immer mehr Leute hinzu, die sich auf die Schienen legten. Weiber warfen ihre Körbe und Pakete zu Boden; kleine Burschen rollte» sich lachend wie frierende Hunde zusammen; anständig gekleidete Leute wälzten sich im Staube, von einer Seite zu der anderen. Fünf Soldaten blickten von der Plattform des ersten Wagens auf den Leiberhaufen unter den Rädern herab und lachten, sich kaum auf den Füßen haltend, die Hände am Wagenrand und den Kopf zurückgeworfen, aus vollem Halse. Jetzt sahen sie den Blech- spielzeugen von früher gar nicht mehr ähnlich. ... Nach einer halben Stunde sausten die Trambahnwagen mit Gekreisch und Gequiek durch die Straßen von Neapel  . Auf den Plattformen standen stöhlich schmunzelnd die Sieger, und auch längs den Wagen gingen sie, höflich fragend: Billetts? I" Die Leute, die ihnen die roten und gelben Papierchen entgegen- halten, winken ihnen mit den Augen zu, lächeln und brummen gut- mutig... (Schluß folgt.) Die neuere Sntwlckelung der drabtlofen Helegrapdie. Es find fich nicht viele darüber klar, welch außerordentlich großen Anteil an der Eirtwickelung der drahtlosen Telegraphie deutsche Gelehrte und Techniker haben. Zwar weiß man, daß die elektrischen Schwingungen, die ihre Grundlage bilden, von dem deutschen Physiker H. Hertz   entdeckt wurden, aber was Deutsche bei der Weitentwicke- lung von Marconis Erfindung geleistet haben, ist in weiteren Kreisen kaum bekannt. Man kennt den Namen Slabys, auch wohl Braun. aber daß ohne die intensive Arbeit deutscher Forscher und Ingenieure die drahtlose Telegraphie niemals praktische Bedeutung erlangt hätte, wird gewiß vielen überraschend sein. Und doch ist dem so. Erst vor kurzem lies die Nachricht durch die Zeitungen, daß ein Deutscher, Dr. Jng. R. Goldschmidt, eine Maschine erfunden habe, die der drahtlosen Telegraphie die wichtigsten Dienste zu leisten be- stimmt sei. Will man sich über die Grundlage der drahtlosen Telegraphie, die elektrischen Schwingungen, klar werden, so sucht man am besten nach einem anschaulichen Vergleich. Dieser bietet sich hier von selbst in den Wellen des Wassers und der Luft, von denen die ersteren den Vorzug haben, daß> man sie sehen kann. Wirst man einen Stein in ruhendes Waffer. so entsteht um diesen Punkt herum eine kreisförmige Welle, die sich nach allen Seiten ausbreitet, wobei sie immer schwächer wird, bis sie schließlich erlischt. Eine zweite Welle entsteht im Mittelpunkt unmittelbar nach der ersten, die schon schwächer ist, eine dritte ist schon sehr schwach, die vierte ist vielleicht kaum noch zu sehen. Dieser Vorgang, der durch die gegenseitige Reibung der bewegten Wasserteilchen hervorgerufen wird, heißt die Dämpfung der Wellen, und man spricht je nachdem von schwach oder stark gedämpften Wellen. Läßt man in gleichmäßigen kurzen Zwischenräumen immer einen Srein gleicher Größe an derselben Stelle ins Wasser fallen, so entstehenungedämpfte" Wellen. Bei den Wellen unterscheidet man bekanntlich Wellenberg und Wellental, die Entfernung zwischen zwei Wellenbergen heißt die Wellenlänge. Die Zahl der Wellenberge, die an einer Stelle in der Sekunde ent<- stehen, ist die Schwingungszahl. Mit ganz denselben Vorgängen hat man es zu tun, wenn man eine Glocke anschlägt oder wenn zwischen zwei Metallstücken(Elektroden) ein Funke überspringt. Im ersteren Falle entstehen in der Luft Wellen von ganz derselben Art wie vorher im Wasser, im Falle des Funkens entstehen sie im Lichtälher. Die elektrischen Wellen kann man an anderen Punkten nachweisen, durch sogenannte Resonatoren. Ein solcher Resonator ist weiter nichts als eine wirkliche Stimmgabel. Wenn man den Ton, auf den eine Stimmgabel abgestimmt ist, ertönen läßt, so klingt die Stimmgabel von alleine mit, die Erschütterung durch die Lustwellen von der Eigenschwingungszahl der Stimmgabel genügt, um sie zum Tönen zu bringen. Diese Erscheinung nennt man Resonanz. Ein elektrischer Resonator besteht aus einem Draht» kreise, der an einer Stelle unterbrochen ist. Gerät dieser Kreis ir» den Bereich elektrischer Wellen, so werden in ihm Spannungen in- duziert, und wenn man ihn an die Stelle eines Wellenberges bringt, so werden diese so stark, daß zwischen den freien Enden Funken überspringen. Der geniale Physiker Heinrich Hertz   wies auf diese Weise die Ausbreitung der elektrischen Wellen im Räume nach, und maß zugleich ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit, die 300 000 Kilometer in der Sekunde, d. h. gleich der Lichtgeschwindigkeit ist. Das unvergängliche Verdienst des italienischen Ingenieurs Gnglielmo M a r c o n i ist es, die praktische Verwendbarkeit des pbysi« kalischi» Versuchs erkannt zu haben. Das Jahr 1897 bildet einen Markstt n in der menschlichen Kulturgeschichte. Professor S lab y, der a. diesen Versuchen beteiligt war, beschreibt den un- auslöschlichen Eindruck jener Stunden mit den Worten: Es wird mir eine unvergeßliche Erinnerung bleiben, wie wir, deS starken Windes wegen in einer großen Holzkiste zu Fünfen über- einander gekauert, Augen und Ohren mit gespanntester Aufmerksam« keit auf den Empfangsapparat gerichtet, plötzlich nach Aufhissung des verabredeten Flaggenzeichens das erste Ticken, die ersten deutlichen Morsezeichen vernahmen, lautlos und unsichtbar herübergetragen von jener felsigen, nur in undeutlichen Umrissen wahrnehmbaren Küste, herübergetragen durch jenes unbekannte, geheimnisvolle Mittel, den Aether, der die einzige Brücke bildet zu den Planeten des Weltalls." Der alte Marconische Sender bestand aus einem Kupferdraht, der Antenne, der einfach senkrecht in die Luft geführt wurde wie ein Blitzableiter. Mit seinem unteren Ende war der eine Pol einer Funkenstrecke verbunden, der andere führte zur Erde. Die Funken wurden durch einen Induktionsapparat oder eine Dynamomaschine für Wechselstrom erzeugt. Unter günstigen Verhältnissen konnte man so etwa 100 Kilometer weit telegraphieren, meist wurde aber der Betrieb durch atmosphärische Störungen beeinträchtigt. Eine Ver» größerung des Jnduktlonsapparates oder der Antenne half nichts. es war, wie wenn man«ine Glocke einmal anschlägt, die Glocke mag noch so groß, der Schlag noch so heftig sein, der Ton verklingt bald und trägt nicht weit. Professor Braun in Stratzburg erkannte den grundsätzlichen Fehler, er setzte die Glocke aus einen Resonanzkasten, der den Ton beträchtlich verstärkte und ihn länger dauern ließ. Dieser elektrische Resonanzkasten besteht aus einer Leydener Flasche und einer Induktionsspule, die zusammen einen Schwingungskreis bilden. Beim Ueberspringen des Funkens werden in diesem Kreise Schwingungen erzeugt, die die ursprüng- lichen Schwingungen ganz beträchtlich verstärken, so daß die Antenne weit kräftigere Wellen aussendet, die viel langsamer verklingen und viel weiter tragen. In allen neueren Systemen kehrt der Braunsche Schwingungskreis wieder, er hat erst die drahtlose Telegraphie lebensfähig gemacht. Das sollte nicht vergessen werden. Auch dieses System hatte aber den Fehler, mit gedämpften Wellen zu arbeiten. Der erste, der ungedämpfte Wellen in die drahtlose Telegraphie einführte, war der Täne Paulsen. Er be- nutzte dabei den von Prof. Simon in Göttingen   erfundenen tönenden Lichibogen, an dem er einige zweckmäßige Veränderungen anbrachte. Er schloß ihn in eine mit Wasserstoff gefüllte Kugel ein und ließ ihn zwischen den Polen   eines Magneten brennen. Wenn man dann parallel zum Lichtbogen einen Braunschen Schwingungskreis schaltet, so fließt in diesem ein Wechselstrom von 2 300 000 Schwingungen in der Sekunde. Diese Schwingungen sind aber ungedämpfte, weil fortwährend ein Teil der dem Lichtbogen zugeführten Gleichstrom» Energie sich in Wechselstrom verwandelt. Indem man mit dem Braunschen Kreise wie früher eine Antenne verbindet(koppelt), sendet diese wie früher wit dem Funken Aetherwellen aus. Auf diese un- gedämpften Schwingungen lassen sich nun die Apparate viel feiner und zuverlässiger einstellen als auf die von Funken herrührenden. Schon Abweichungen der Wellenlängen von 1 Proz. lassen sich durch Resonanz erkennen. Indessen hat diese Methode eine größere Be- deutung für die drahtlose Telegraphie nicht erlangen können. Die so erzeugten ungedämpften Schwingungen können vor allem nicht zuverlässig mit gleichbleibender Intensität hergestellt werden, es kommen Schwankungen vor, die der Abstimmbarkeit großen Abbruch tun und die Leistungsfähigkeit des Systems auf die der Funken- Methoden herabdrücken. Es war wieder ein deutscher Forscher, der der Technik einen neuen Weg wies, Professor M. Wien in Danzig  . Er ging wieder auf den Funken zurück. Während man aber früher möglichst große Funken zu erzeugen versucht hatte, wandte er jetzt ganz kleine an. Man hatte schon früher beobachtet, daß der Funke zwei Arten von