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Zeure Freundin, ich bringe Ihnen eine große Neuigkeit", fagte Forgo, vor die junge Frau hintretend.
Bon Bertalan?" rief sie sofort in größter Ueberraschung. " Es ist Nachricht von ihm gefommen!" „ Er lebt? Er ist angekommen?"
Er ist da!" antwortete Forgo.
Die Frau stürzte nach der Tür und stieß dort mit dem eintretenden Gatten zusammen. Beide weinten und lachten vor Freude. Auch der Sohn kam herbei; hinterdrein stürzte Mischka, der treue Diener, und ihm folgte der Hund. Alle Sprachen zu gleicher Zeit, schrien, umarmten sich... Jeder hatte zu fragen und zu erzählen, und keiner ließ den anderen zu Wort kommen... Dann setten sie sich zum Abendbrot, doch keiner konnte etwas effen Nach Mitternacht gingen sie endlich zu Bett; allein tein Schlaf tam über sie
Erst gegen Morgen schlummerte Bertalan ein. Er schlief fo füß und tief wie noch nie seit seiner Kindheit. Die andern aber Tagen im Dunkeln, mit offenen Augen. Die Frau, der Junge, der gute Freund, der Diener und der Hund feiner fonnte ein= Schlafen.
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Vorzeitliche Feuerbestattung.
Von H. Singer.
Als Jakob Grimm vor nun zwei Menschenaltern seine Untersuchung über die Sitte der Leichenverbrennung schrieb, durfte er mit Bezug auf diese Bestattungsart noch sagen:" Wir können nicht wieder zu den Gebräuchen ferner Vergangenheit umkehren, nachdem sie einmal seit langem abgelegt worden sind. Sie stehen jett außer Bezug auf unsere übrige gewohnte Lebensart und würden, neu eingeführt, den seltsamsten Eindruck machen." Dabei fiel auch ihm der Widerspruch auf zwischen dem üblichen Sanft ruhe seine Asche!" unserer Grabhügelkreuze und der Wirklichkeit, die die Werbrennung zu Asche ja nicht mehr kannte. Aber Grimm hat nicht recht behalten. Schon bald nach seinem Tode faßte der Gedanke der Leichenverbrennung im modernen Europa aufs neue Wurzel, und jekt hat ihm sogar die preußische Regierung mit einer Gesetzesvorlage über die Feuerbestattung Rechnung getragen.
Die Sitte der Leichenverbrennung, des Reichenbrandes", reicht weit in die Urzeit zurück, bis in die neolithische( neusteinzeitliche) Die Frau war unaussprechlich glüdlich- und doch beunruhigte Periode, aber älter ist doch die Erdbestattung mit ihren verschiede= fie etwas. Sie hatte inzwischen aus ihres Mannes Arbeitszimmer nen Formen. Die alten Aegypter legten ja entscheidenden Wert einen fleinen Salon machen lassen und allerlei moderne Nippes gerade auf die größtmögliche Erhaltung der Leichen und erfanden gekauft. Nun war sie in Verlegenheit wegen dieses Salons, denn, deshalb die Einbaljamierung und Mumifizierung. Bölfer primiwenn Bertalan auch ein seelenguter Mensch war, in Geldsachen ver- tiverer Kultur gaben bei der Erdbestattung wenigstens dem Gestand er keinen Spaß. Natürlich fonnte jekt auch keine Rede danken Ausdruck, daß der Tote irgendwie forteriſtiere, deshalb nicht mehr davon sein, daß sie zu Weihnachten in die Tatra ging, um vernichtet werden dürfe und mit den ihm dort nötigen Dingen: Linderung zu finden in ihrem Witwenschmerz Aus ihrem Nahrungsmitteln, Geräten, Waffen, Schmud, ja jogar mit Dienern Aufenthalt in Budapest wurde ebenfalls nichts... Sie hatte näm- und Frauen ausgestattet werden müsse. Daher die Grabbeigaben lich den Plan gehabt, die zweite Hälfte des Trauerjahres in der dieser Art, zum Teil in Natura , zum Teil in verkleinerten NachHauptstadt zu verbringen. Sie gedachte in strenger Zurüdgezogenheit dort zu leben; nur die Theater und Konzerte wollte fie be- bildungen. Schon das älteste uns erhalten gebliebene Stelett, das des fuchen.. Ihre Vermögensverhältnisse hätten ihr diesen Lurus paläolithischen Homo Mousteriensis Hauseri zeigt Grabbeigaben. wohl gestattet; vor Bertalan wagte sie jedoch dergleichen nicht ein- o die Feuerbestattung zuerst entstanden sein mag, wissen wir mal zur Sprache zu bringen. Nun würde das Knidern und nicht; wahrscheinlich hat sie sich von nicht einem Mittelpunkte aus Sparen von vorn beginnen, und du lieber Gott, sie hatte sich berbreitet, sondern ist ein Ausfluß des sogenannten Völkerdoch ihre Witwenschaft so schön, so vornehm, so rührend gedacht! gedankens( d. h. überall unter gleichen Bedingungen entstanden), Eine heiße Träne stahl sich in ihr Auge... Mit dieser Träne wohl aber können wir gelegentlich noch feststellen, wie sie die ErdGeweinte sie ihre in Rauch aufgegangene Witwenschaft. Dann er- bestattung beschränkte oder verdrängte oder auch nur vorüber= gehend ersetzte. schrat sie auf einmal vor sich selbst.
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Was ist das? Du bist doch glücklich? Du mußt glücklich fein, daß Dein heißgeliebter Gatte zurückgekehrt ist!"
Auch der Junge wälzte sich schlaflos auf seinem Lager. Auch er war glüdlich, denn er liebte seinen Vater, obwohl der ihn gegen seinen Wunsch zum Kaufmann bestimmt hatte. Er wollte Maler werden, der Vater aber behauptete, er habe kein Talent. Nach der Katastrophe des" Vancouster", unter dem milden Regiment der Stiefmutter, war der Künstlertraum wieder in seiner Seele erwacht. Er war auch nicht mehr nach Budapest zurüdgegangen, sondern hatte sich auf dem Dachboden seines Vaterhauses ein Atelier eingerichtet und sich dazu ein Makartbukett, einen Kimono und einen ausgestopften Pfau verschafft. Er malte auch ein Bild, das die einen für eine Gletscheransicht, die anderen für ein Stilleben hielten. Und jetzt war der schöne Künstlertraum zu Ende; denn er war überzeugt, daß sein Vater ihn übermorgen wieder in die Bank zurüdschiden würde. Und der Junge fing an bitterlich zu Den guten Freund mied der Schlaf ebenfalls. Er hatte in Tekter Beit jede freie Stunde bei Bertalans Witwe zugebracht. Er war es doch seinem Freunde schuldig, die Frau in ihrem übergroßen Schmerz zu trösten. An diesen traulichen, fummervollen Abenden, an denen sie immer von Bertalan sprachen, begann eine zarte, füße Hoffnung in Herrn Forgos Herzen zu feimen, Wer anders als er würde dereinst, nach langer Zeit, jedenfalls erst nach dem Trauerjahr, die Tränen aus den Augen der schönen Frau fortfüffen? Sicher hätte Bertalans Geist ihren Bund gefegnet... Und das war jetzt vorbei!
weinen.
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In der Gesindestube, bei rauchender Petroleumlampe, wachte Mischta. Vor einer Woche war das Teftament eröffnet worden, das sein Herr vor seiner Abreise gemacht hatte: der großmütige Herr Bertalan hatte darin tausend Gulden für seinen treuen Diener bestimmt Tausend Gulden! Das Legat war zwar noch nicht ausbezahlt worden, aber Mischka war schon im flaren Er wollte darüber, was er mit dem Gelde beginnen würde... das Trompeterwirtshaus pachten. Wirt zu werden war stets das höchste Ziel feiner Wünsche gewesen. Er hatte sich sogar schon mit dem Eigentümer geeinigt... Ein neues Echild wollte er malen laffen und im Garten eine Regelbahn errichten... Nun aber fielen alle Luftschlösser in Trümmer. Er fannte seinen Herrn: Zehn Gulden würde er ihm schenken, und er konnte ihm weiter die Schuhe puben
Heftor schlief auch nicht, sondern verfolgte mit wütendem GeBell die Staßen auf dem Hof. Seit dem Untergang des Vancouster" hatte er glänzende Zeiten im Hause gehabt. Die Hausleute opferten mit pietätvoller Liebe Bertalans treuem Hunde. Die Frau brach immer in Tränen aus, wenn sie in Hektors treue Augen blickte. In ihrer beständigen Rührung gestattete fie, daß er während der Mahlzeiten im Speisezimmer blieb, und hatte auch dagegen teine Einwendung, daß Sektor die Nacht auf dem Divan im Vorzimmer berbrachte. Mit der Rückkehr des Hausherrn tam die alte Ordnung wieder. Hektor war hinausgejagt worden, und zitternd vor Kälte und heulend vor Wut lief er in dem n ndhellen Hof umher.
Die Vorstellungen, die in der Urzeit zum Leichenbrande geführt haben, tönnen wir nur vermuten. Die eine Bermutung geht dahin, daß der Glaube Eingang fand, erst durch Feuer würde die Seele gänzlich vom Körper freigemacht. Sie haftete an ihm zunächst auch nach dem Tode; nur die Flamme fonnte sie lösen, damit sie Zugang zum Ort der Abgeschiedenen fände. In Jlias und Odyssee tritt diese Vorstellung uns mehrmals entgegen, da irrt die Seele ruhelos umher, erscheint den Lebenden und bittet um schnelle Verbrennung des Körpers, damit sie zum Hades gelangen könne. Aber diese Vorstellung ist schon die eines Boltes von gewisser Kulturhöhe, die der ionischen Griechen; sie tehrt auch bei den Indern wieder, von denen dasselbe gilt. Helter ist wohl der Beweggrund der Furcht vor den Toten, die es ratsam erscheinen läßt, ihn gründlich zu beseitigen, unschädlich zu machen, so daß er nicht wiederkommen und die Lebenden als Werwolf oder Vampir oder in Albträumen schreden oder belästigen kann. Diese Vorsicht ist möglicherweise auch die Ursache für die Hockerbestattung. die Belastung der Leiche mit Steinen und ähnliche Gebräuche ge= wesen. Von ästhetischen Bedenken kann für die Ürzeit wohl nicht die Rede sein, obwohl auch dieses heute von den Anhängern der Feuerbestattung mit in den Vordergrund gerückte Argument gelegentlich schon früher begriffen worden ist. So erzählt O. Schrader in seiner kleinen Schrift Begraben und Verbrennen im Lichte der Religions- und Kulturgeschichte"( Breslau 1910) von einem arabischen Reisenden, der 911 n. Chr. der Verbrennung der Leiche eines heidnischen Russen beiwohnte und sie nicht begriff. Die Russen erflärten sie ihm:" Ihr Araber seid doch recht töricht. Jhr werft den geliebtesten und geehrtesten Mann in die Erde, wo Würmer und friechendes Getier sich von ihm nähren. Wir Ruffen aber verbrennen ihn im Augenblid, und er geht sofort ins Paradies ein."
Wie oben angedeutet, verbrannten schon einige Griechenstämme der älteren Zeit ihre Toten; aber nicht alle taten es, wie die Grabfunde von Mykenä lehren. In flassischer Zeit bestanden in Griechenland Erd- und Feuerbestattung friedlich nebeneinander, und die Philosophen scheinen der Ansicht gewesen zu sein, daß die Bestattungsart die Unsterblichkeit der Seele gar nicht berühre; fie äußern sich darüber nämlich überhaupt nicht. In Nom war es ebenso. Der Leichenbrand gewann auch hier Eingang, aber lange hielt sich neben ihm die ursprüngliche Erdbestattung, und erst gegen das Ende der Republik wurde jener herrschend.
Die ältesten europäischen Feuerbestattungen reichen bis in die jüngere Steinzeit zurüd; man fennt sie aus nordischen und südrussischen Funden, die überdies zeigen, daß jene Neolithiker teilweise die Zeichen einfach in eine Grube gelegt und darin, also im Grabe selbst, verbrannt haben. Für die jüngere Bronzezeit, die etwa um 500 v. Chr. ihren Kulturhöhepunkt erreicht hat, ist namentlich das bekannte Gräberfeld au' bem Salzberge oberhalb Hallstatt von großem Interesse. Die Funde lehren nämlich, daß man dort gleichzeitig verbrannt und beerdigt hat, und zwar ohne Rücksicht auf die soziale Stellung und das Geschlecht der Toten. Ja, noch mehr: aus einigen Funden geht hervor, daß man in einzelnen Fällen die Reichen halbiert und die eine Hälfte verbrannt, die andere un