anS Lausanne  , Livrairie Pahok u. To. 1910) zustande. Man muh ilmerkennen: trockene Kathedergelehrsamkeit ist beiden Verfassern total fremd. Bei freimütiger tiefgründiger Behandlung der oft toiderstrebenden Materie erweisen sie fich als Schriftsteller von sprühender Darstellungskraft. Ebenso vorteilhast tritt ihre Auf- sassung hervor. DaS Kolorit ist echt schweizerisch dennoch keines- tvegS abweisend oder eng gegen die Literatur Deutschlands   sich ver- schließend, von der ja auch große Segnungen dorthin geflossen find. Unabhängig, und dennoch zur Großschweiz in engen Beziehungen stehend, ist die rhätoromanische und italienisch-tessinische Literatur im Anhang behandelt. Ein Kapitel allerdings vermisse ich noch. Es müßte etwa lauten: Reichsdeutsche Schriftsteller in der Schweiz  . Ich meine damit Autoren wie Robert S ch w e i ch e l nebst wenigen anderen, die entweder Jahrzehnte lang im schweizerischen Exil gelebt und Land und Volk in er- zählenden Prosadichtungen geschildert haben, oder gar wie der mili- tärische Schriststeller und nachmalige Reorganisator des eidgenösfi- schen Milizwesens, R ü st o w, nebst verschiedenen anderen Bürger der Schweiz   geworden sind. Wenn eine fremdländische Literatur in Deutschland   verbreitet ist, dann wird gewiß die Belletristik des Zarenreiches voran- marschieren. Ja, fie überschwemmt uns fast. Wem es aber um Richtungslinien, um einen Kompaß sozusagen zu tun ist, der mag nur getrost nach dem Buche:.Die große»Russen  " von Alexander E l i a S b e r g(Haupt u. Hammon, Verlag Leipzig  ) areifen. Er findet da hervorragende Erzählungswerke von Puschkin, Lermontow  , Gogol  , Turgenjew  , Tolstoi  , Dostojewsky und Tschechow  beieinander, nebst deren Porträts, sowie Einleitungen vom Heraus- geber. Der 14 Druckbogen umfassende Band kostet gebunden nur 8,25 M. und dürfte willkommen sein. Daß anläßlich des Todes von L. Tolstoi   eine Hochflut seiner verstreut umherfliegenden Schriften allgemeinen Inhalts in deutschen llebersetzungen heraufbeschworen werden würde, war zu erwarten. Zunächst verzeichnen wir drei seiner Streit- oder Verteidigungs- episteln; und zwar:.Heber das Recht".»Brief an einen Hindu" und.Heber dieWissenschaft", sämtlich von Eugen Heinrich Schmitt  , einem der besten Kenner Tolstois, mit Er« klärungen herausgebracht(Verlag: L. M. Waibel u. Co., Heidel- berg). Außergewöhnliches Interesse erregen.Leo Tolstois Briefe 1648 1910", von P. A. Sergejenko in langjähriger Arbeit gesammelt und nun vollzählig deutsch herausgegeben von Adolf Heß(bei I. Ladyschnikow, Berlin   1911; broschiert 6 M. ge­bunden 7,50 M.). Selten hat wohl ein Schriftsteller, man kann behaupten, die Welt so im Atem gehalten wie der große Dichter und sonderbare Heilige von JaSnaja Poljan«; selten ein zweiter soviel Kampfmut und Heberzeugungstreue gegenüber den Gewaltigsten der Erde geoffenbart wie er, und noch seltener ist ein arbeitsreiches, alle Menschen, ob hoch, ob niedrig umklammerndes Leben in soviel merk- würdige Widersprüche mit fich geraten. Daß Tolstoi nach einer in Saus und Braus verbrachten Jugend, nach nihilistischen und otheistsschen Durchgangspcrioden schließlich in frommer, obwohl nichtkirchlicher Gottgläubigkeit enden würde, wäre an und für sich für ihn als Hrrussen nichts besonders Auffälliges. Noch die meisten russischen Schriftsteller haben ähnliche Wandlungen durchgemacht. Bei ihm jedoch fällt diese Hmwälzung weit schwerer inS Gewicht. weil er die Menschheit mit einer neuen christlichen Religion be- glücken wollte, die trotzdem ihren russischen Stempel nicht verleugnen konnte. Er predigte das Evangelium der Brüderlichkeit, ja und be- rührte sich mit dem Sozialismus. Aber er übersah vollständig, daß wahre Freiheit und Menschlichkeit ohne vorherige Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und ohne Beseitigung der bestehenden politischen wie sozialen Zustände unmöglich find. Für uns hat seine ablehnende Haltung gegen den Sozialismus kein Heber- raschendes..Da ich schrieb er 1905 an Jso-Abe, den Redakteur einer japanischen sozialistischen   Zeitschrift mit Ihnen wie mit jedem anderen, den ich ausrichtig verehre, ganz offen sein möchte. muß ich bekennen, daß ich den Sozialismus nicht billigen kann und betrübt bin, zu erfahren, daß der aufgeklärteste und am meisten entwickelte Teil Ihres begabten und energischen Volkes aus Europa  die äußerst schwache, trügerische und lügenhafte(l!) Theorie deS Sozialismus übernommen hat. Der Sozialismus bezweckt die nie- drigste Seite der menschlichen Natur zu befriedigen das Streben nach materiellem Wohlergehen. Aber selbst da? kann mit den Mit- teln, die der Sozialismus verkündet, nicht erreicht werden. DaS wahre Wohl der Menschheit d«S geistige und moralische schließt materielle» Wohlergehen in fich. und diese« höchste Ziel laiin nur durch religiöse und moralische Bervollkammnung jeder einzelnen Persönlichkeit erreicht werden..." Ein Glaubensbekenntnis, gewiß aber da nun die kapitalistische Bourgeoisie wenig Neigung ver- spürt, fich im Sinne Tolstois zu bessern, so wird eS wohl dabei bleiben, daß der Sozialismus die soziale und geistige Regeneration per Menschheit von unten herauf bewirken muß. Die de, i�chs Ausgabe der Tolstoischen Briefe weist leider mancherlei Mängel auf. Bei der Revision des Satzes ist mit allzu- wenig Sorgfalt verfahren worden. Teils fehlen in inzelnen Briefen verbindende Zwischenglieder, teils ist der Satz unauffindbar ver- hoben worden, nicht zu gedenken zahlreicher Druckfehler. ErastKreowSsj. kleines feuilleton. Sprachwissenschaftliches. We'Smachen und naseweis.»DaS kannst du mir nicht weiß machen" oder.Das haben fie dir weißgemacht" wie oft liest man das so geschrieben und gedruckt. Als wenn es etwas mit.weiß" zu tun hättet Hnd gar mancher schreibt auch sogar .naseweiß" sagt doch auch Papageno, als er die Pamina nach seinem Zettel.feststellt" und an die Stelle.Nase weiß" kommt: .Richtig naseweis", da die Holde ihm gerade neugierig hineinguckt. Und doch heißt naseweis ja nur.eine weise, d. h. feine Nase habend", zunächst vom Spürhunde, und dann übertragen meist tadelnd: .die weise oder weise sein wollende Nase in alles hineinsteckend". Dieselbe Kurzform.weis" für.weise", wie fie sich in.naseweis" findet, steckt nun auch in.weismachen"(ebenso wie in.weissagen"). Im Mittelhochdeutschen hieß eS nocheinen eines ckinges wis tuon (machen)" ihn eines Dinges wissend machen; dieser Wesfall ist erst spät in den Wenfall verwandelt worden, und man sagte dann: .Man muß das die Leute weis machen", d. h. eS ihnen zeigen, fie eS merken lassen; noch später wurde dann der andere Wenfall in einen Wemfall verwandelt, und nun lag die Verwechselung mit .weiß" immerhin nahe. Die Bedeutung.einem etwas fälschlich zu wissen tun" ist schon sehr frühe in diese Siedewendung hinein- gekommen, und jetzt kennen wir.weismachen' überhaupt nur«och in dem Siune von.vorspiegeln." Anthropologisches. Hat der Mensch eine Paarungszeit? Diese Frag« macht Dr. A. Grünspan im.Archiv für Rassen- und GesellschastS« biologie" zum Gegenstand einer statistischen Studie. Gestützt auf die Geburtenstalistii der Stadt Berlin  , stellt er zunächst die Schwantungen der Geburtenhäufigkeit nach den verschiedenen JahreSmonaten fest. Demnach bestehen zwei Jabresmaxima: im Januar und Februar <120,4 resp. 120.3 ehelich« Geburten pro Tag) und im Juli(117,3), während der Jahresdurchschnitt nur 113.1 Geburten pro Tag beträgt. Dem ersten Höhepunkt entspricht ein Konzeptionsmaximum im April und Mai, dem zweiten ein solches im Oktaber. Hm diese Tat- fache richtig zu würdigen, muß man vor allem bedenken, daß infolge der ständigen Abnahme der Geburtenziffer, eine immer größere Zahl der Geburten Erstgeburten darstellen. S» ist z. B. nach der Berliner   Statistik der prozentuelle Anteil der Erslgeburten an der Gesamtzahl der Geburten in der Zeit 18801900 von 18 auf 33 Proz. gestiegen, während er bei den Drittgeborenen von 13 aus 15 Proz.. bei den Viert« bis Scchstgeborenen von 32 auf 20 Proz. gesunken ist. Daraus schließt der Verfasser mit Recht, daß die Verteilung der Geburten wesentlich von der Ver- teilung der Eheschließungen abhängt. Diele aber finden in Berlin   meistens im April und Oktober statt. Hm die Wirkung dieses Faktors auszuschalten, läßt der Verfasser die Erst- und auch die Zweitgeborenen, da von den letzteren sehr viele ehelich als Erst- geborene gelten dürfen, aus der Betrachtung fort. Dann bekommt er für Januar und Februar 49,2 Geburten pro Tag, während der Jahresdurchschnitt 47,0 Geburten ausmacht. Das Maximum im Juli besteht nicht mehr. Dies besagt, daß die Zahl der Konzeptionen im Frühjahr tatsächlich etwas häufiger ist als m der übrigen Zeit deS Jahres. Hebrigens paßt dieser Schluß auf die unehe- lichen Geburten nicht ganz, denn bei den Hnehelichen liegt das KonzeptionSmaximum in den Sommermonaten Mai, Juni, Juli. Wenn man also von einer Paarung«- zeit bei dem modernen Menschen sprechen darf, so nur im ganz be- dingten Sinne, denn erstens sind die Schwankungen der Moii«tS- geburtenzahlen keineswegs sehr bedeutend, zweiten? aber hat die Häufung der Geburten in den kalten Monaten Januar /Fe bru«r keinen biologischen Zweck. Hmgckehrt: die Statistik zeigt, daß es für die Erhaltung des Lebens eines Neugeborenen am günstigsten ist, wenn er in der h e i ß e n Jahreszeit geboren wird. Auch die Zahl der Totgeburten ist in den kalten Monaten relativ die größte. Dies« Tatsachen beweisen am schlagendsten, daß die biologischen An­triebe in menschlicher Gesellschaft keine selbständige Wirksam- keit mehr besitzen. Höchstens können fie wie im vorliegenden Falle ein rem rudimentäres Dasein führen. Völkerkunde. Die Chungusen. Bei dem gegenwärtig zwischen Rußkan? und China   herrschenden Zwist, der. wovon alle Kenner der Verhält, nisse überzeugt sind, durch Chinas   Zugeständnisse nur zeitweilig bei, gelegt ist. hat die russische Regierung vom Reich der Mitte auch Ent« schädigung verlangt für die dauernden öiaadüberfälle, denen russische   Städte durch die Chungusen ausgesetzt find. Das lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf diesen Volksstamm, der im rusfisch-j«pa- nischer. Kriege so viel von fich reden gemacht hat. Die Chungusen find ein mandschurischer Volksstamm, der unter chinesischer Ober» Hoheit steht, den Chinesen aber jahrein jahraus so unglaubliche Streiche spielt, daß diese sich ihm gewissermaßen tributpflichtig ge- macht und sich ihm gegenüber jedenfalls in einer schreienden Hilf- lofigleit befinden. Diese Waldhciden find ein ausgeprägtes Räuber- voll, nach Anlage und von Profession. Die schlauen Japaner wußten ge während des Krieges für fich zu gewinnen, fu verdanken ihaca