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Leben stellen fie Ergebung"," Duldung" und alle Tugenden der Fett, Fleisch und noch Wolle gebenden Schafe entgegen.

suchten und fanden.

Die Tierwelt der Gräber.

Noch eine dritte Gruppe gibt es: die Weisen auf ihrer einsamen Hier leben sie jahraus, jahrein, liegen in der Sonne, Tauten die Worte, die dem zur Ruhe Bestatteten von der Kirche nach Von Erde bist du genommez, zu Erde sollst du wieder werden!" Felszelle. steigen hinab zum See oder hinauf zum Schneegipfel, reinigen den Viehstall, mahlen ihr Mehl selbst und sagen bescheiden: So solltest gerufen werden, und wohl niemals hat die Menschheit daran ge du leben!" Aber ich fühle am Puls ihrer Sprache: es sind zweifelt, daß der Leib zu Staub und Asche wird. Unbekannt da Sterbende, Bernichtete, Geflüchtete, die ein Asnl, eine Arrenhaus- gegen find lange Zeit die Urheber dieses Naturprozesses geblieben. zelle nach eigener Wahl oder ein selbst gerichtetes, geschmücktes Grab von den winzig kleinen Bakterien, hat erst die Neuzeit erfahren, die der Von der zerstörenden Tätigkeit der einen Gruppe dieser Lebewesen, Aber wie tomisch," fragst du. Geht man nicht, wenn man tum bekannt, wie denn, auf dieser Kenntnis fußend, die alten Mönche anderen Gruppe, die Insekten, waren allerdings bereits dem Alter überhaupt ein höheres Leben sucht in diese Berge, diese Natur, um das lateinische Wort cadaver für Leichnam schufen, das nichts anderes sich zu finden? Und liebst du die Menschen, arbeitest du mit an ist, als eine Abbreviatur und Kombination der Worte caro= ihrer Entwidelung, so ist es doch Einsamkeit, die Ideen reift? So data= gegeben, vermibus den Würmern. Fleisch, darf der sprechen, den der Zwang der Gesellschaft, ihrer heutigen Arbeitsform hemmt oder derartig Haus- und Familienpflichten an die so gern jene Berge erklimmenden Füße hängen.

Gingst du aber zehn, zwanzig Jahre diese Gamssteige, sähest du, so lange noch der geringste Zweifel reizte, in jene Spalten, in die Fernen, würde dir so das ganze Naturgebäude des Menschen dentens und-Wollens geläufig, dann wolltest du froh und von keinem Zweifel mehr geplagt, wirken, weiter bauen. Nicht aus der toten Natur fam unsere Gedankenwelt. Nichts aus dem Nabelbeschauen des Eremiten, sondern alles aus dem Wett­ ringen , Wettspielen, Wettlaufen um die Entfaltung der größten Meisterschaft, der Erreichung der besseren und besten Daseinsform für Menschengruppen und Bölker.

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Nichts wissen davon diese Berge. Und steige ich die Steige bis zur Schneezone, dann sehe ich Ginster, Geröll. Je länger ich bei ihnen verweile, desto mehr verfällt von dem, was die Menschheit in jedem Glied entwickelt, als unnötig. Man wird bald anorganisch, stumm, sich sonnend und wiederstrahlend. Man verzehrt, zersetzt, was noch an Gedanken da war, und finkt bis zur Einfalt der übrigen herab; reif zur Staffage dieser Joylle im Gras zu liegen und es zu fauen. Welcher Intellektuelle denkt nicht mit einer Art Beschämung an längere Krankenhausturen, mit Entziehung jeder geistigen Nah rung, wie schließlich das ganze Denken und Wollen sich auf die Fütterung richtet und alle Gespräche daran hängen bleiben, nachdem alle geistigen Vorräte der Speisekammern bis zum Ueber­druß vorgenommen find.

Eine Möglichkeit hatte ich noch von meinem fleinen dunklen Garten aus, in den ich mich zurückgezogen hatte: die Nachbarn aus der Heimat, die in ihren Villen Gold suchen oder verbrauchen. Ihre Atmosphäre lag schwerer als die Nebel auf dem Berge. Unter mir der Feigenbaum mit seinem Arabestengeäst, links der Affenbaum mit den hundert Affenschwänzen, danach rechts die hohe ſteife ge­spreizte Balme, die sich über die hohe weiße Mauer selbstgefällig breitet.... Es genügt, diesen Menschlein zuzuhören, um sie nicht die doch zusammenhalten, weil eine drohende Bewegung jeden in Atemnähe zu wünschen. Hhänen mit ewig sauren, tüdischen Augen, einzelnen in die größte Angst bringt.

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der Gräber ausschließlich aus Kerfen bezw. Larven( im Boltsmunde Die Untersuchungen haben tatsächlich gelehrt, daß sich die Tierwelt Würmer" genannt) zusammensett. Allzuoft find Gräber und Leichen auf ihre Bewohner hin aus leicht erklärlichen Gründen freilich nicht Gerichtsmediziner Orfila an, der in der ersten Hälfte des vorigen untersucht werden. Die ersten Untersuchungen stellte der namhafte Jahrhunderts zu Paris lebte. Nach ihm machte sich ein deutscher Forscher an die wenig delikate Arbeit, der verstorbene Geheime Medizinalrat Reinhardt in Dresden . Gründlicher und eingehender rogarzt der französischen Armee, mit diesem Studium und ver als beide befaßte sich indessen Dr. Mégnin, früher Haupt­öffentlichte die Resultate in seinem Buche La Faune des Cadavres".

Gelegentlich der Erhumierung von Leichen während des Winters 1886-1887 auf dem Kirchhofe von Jory bei Paris hat er mit Hilfe mehrerer hervorragender Pariser Gelehrten unter den leichen­felge konstatiert. Seine Arbeit ist insofern von besonderem Wert, zerstörenden Insekten und deren Larven eine regelmäßige Reihen als er genau wußte, wie lange die Leichen im Grabe gelegen hatten; die Zeitdauer schwankte zwischen zwei und drei Jahren. In fämtlichen Gräbern wurden Insetten in ihren vier Entwidelungs Artenzahl der die Auflösung des menschlichen Körpers bewirkenden stadien und besonders Larven in großer Menge gefunden. Die Tiere zeigte sich dagegen als sehr gering.

nahenden Tod und legen ihre Eier mitunter schon ab, ehe noch der Die Insekten der ersten Gruppe wittern bereits den heran Sterbende den legten Atemzug getan. Zu dieser Gruppe gehören die gemeine Stubenfliege nebst einigen ihrer Verwandten, der die ersten für den Laien meist unerkennbaren Zeichen der Zersetzung Schmeißfliege und Hundsfleischfliege. Wenn nach einigen Stunden eintreten, folgt die zweite Gruppe, bestehend aus den goldgrün glänzenden oder braunen Fleischfliegen( Lucilia, Cyrtoneura und mortuorum( Leichenfliege), die früher so berüchtigten Zeichen­Sarcophaga), deren Larven, namentlich die von Sarcophaga würmer" sind. Diese, mit der Leiche unter die Erde gebracht, ger als Licht- und Tagtiere das dunkle Grab kein Aufenthaltsort stören alsbald die Fleischteile, werden zu Puppen und Imagines ( ausgebildeten Insekten), gehen dann aber ein, da für fie iſt. Wenn die Fetteile des Körpers die faure Gärung durch Hatten sie den Tag über sich genug beneidet, bellatscht, be- gemacht und sich in das sogenannte Leichenfett umgewandelt haben, schwindelt, bemitleidet, so brachte fie der Abend oft der Heimat näher. was etwa nach drei Monaten der Fall ist, stellt sich die dritte Während die Ketten der glitzernden flimmernden Welttänzer herbor Gruppe, bestehend aus der Larve des Spectäfers, jenem Schädling tamen und den ganzen Horizont erfüllten und aus der dunklen See- für alle tierischen Stoffe( Fleischwaren, Felle, Belzwerke usw.), und die ebene die Berge mit feierlichem Aufleuchten ihrer Schneeflächen eine Raupe eines fleinen Schmetterlings, des Fettzünflers oder der Weltfestlichkeit andeuteten, tam aus einem der Gartenwinkel, wie Fettichabe ein, die wohl auch im Talg, Schmalz, Speck und Butter aus einem Souffleurkasten vor der Helle der Bühne, langfames zu finden ist. Im achten Monat folgt die vierte Gruppe, Larven Wechselgespräch, wenig zum Spiel paffend. Es waren meine Lands- der gemeinen Käsefliege, Blumenfliegen und einige fleine Käferarten leute bei Himbeerwasser oder sonstigen Abführmitteln, dessen Heil-( Coryuetes). Mit den noch anwesenden Larven der dritten Gruppe wirkungen fie bei jedem Schluck ein wenig herausgurgeln mußten. durchfressen sie die vorhandenen Weichteile, bis sie im Verlauf der Sie waren so gerührt. Er ist so sparsam unser Kaiser, der spar- ammoniakalischen Gärung zu einer schwärzlichen Masse zusammen samste Mensch, den es gibt," fagte mit ernster Andacht der Besizer bes Affenbaums. Niemand lachte. Aber ich lachte auch nicht. Um 520 fährt der erste Dampfer über den See zum Zug nach Mai­ land , dachte ich nur. Trinken wir", bat der Direktor und Palm­baumherr, auf das Wohl unserer geliebten Kaiserin".

Aber es tam nicht gleich dazu. Ich hatte trotz aller Vorsicht beim Erheben wohl etwas Geräusch gemacht. Vier mondbeschienene berlogene Masten wandten fich feindselig gegen meine Mauer und wagten es nicht- Ich packte drinnen den Rucksack, und die Hhänen wurden mutig. Als ich fertig heraustrat, waren sie bei der Stelle nicht Roß, nicht Reisige, schützen die steile Höh".

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Ich sah mit großem Ergögen mir noch ihre vom Mond er­leuchteten Mienen an. Spetulanten, die nie einen Finger für die Allgemeinheit gerührt haben, die nur durch Angst vor Strafe ge­Hemmt werden fonnten, am hellen Tage in die Rechte und Notkassen der Nachbarn einzubrechen, die jener Art Regierung Liebe entgegen­brachten, weil sie sie gewähren ließ und selbst nur mit Widerwillen den Raubtieren Schranken zog. Diese nun noch einmal, der Lächer­lichkeit und Verlogenheit ihres Gesanges nicht unbewußt, ihre Form der Vaterlandsliebe" vorführen zu sehen, erquickte mich und er­Leichterte den Abschied von dem schönen Naturschauspiel, das sich durch feine Albernheit der Menschen unterbrechen ließ.

fließen. Alsdann, nach 11-12 Monaten tritt die fünfte Gruppe auf, bestehend aus Larven der Budelfliegen( Phora) und Fliegen­müden, sowie des Käferchens Rhizophagus. Jene, eine behende Läuferin, die auch die Faulbrut der Bienenstöcke hervorruft, und dieser, der nur drei Milli­meter lang ist, werden Mittel und Wege finden, von der Oberfläche in das Grab und von da durch einen Spalt in den Sarg zu gelangen. Uebrigens sind sie nach Reinhardts Beobachtungen bei Leichen, die in Sand oder Kiesboden begraben waren, weit häufiger als bei solchen, deren Grabstätte sich in weniger durchlässigem Boden befand.

Während des zweiten Jahres nach der Bestattung erscheinen als Vertreter der sechsten Gruppe zahlreiche Aastäfer aus den Gattungen Silpha, Hister und Saprinus, die die jetzt noch vor handenen geringen Reste der weichen Körperteile vollends beseitigen. Nach ihrer Tätigkeit sind dann nur noch festere Teile, Sehnen, Haut und Knochen vorhanden. Im dritten Jahre treten als Repräsen tanten der siebenten Gruppe die Pelz- und Kabinettstäfer auf, eben­falls nur 21/ 2-4 Millimeter große Tierchen sowie fleine Milben und zum zweitenmal die Larven der schon in der dritten Gruppen genannten Jusekten und vernichten alles bis auf die Knochen. As achte Gruppe endlich wurden einige Käfer der Gattungen Ptinus und Tenebrio festgestellt, die im vierten Jahre die letzten Reste auf­arbeiten.

Demonstrativ sangen fie weiter. Aber ein plötzliches ungeheueres Gelächter von irgendwoher ließ sie abbrechen und schnell und ge­ängstigt verschwinden. Nur der Spekulant warf gehässige Blicke Die neben den genannten Fliegen und Käfern aufgefundenen gegen meine unschuldige Mauer, ehe er die Tür hinter sich schloß, awei Poduridenarten, ein Tausendfuß und ein Haarwurm, mögen und dröhnte empört:" Der Mensch beschimpft sein Vaterland, pfui- nur durch Zufall in die Särge gelangt sein, find es doch Tiere, die und dann war er fort. fich auf feuchtem Boden, in Erdhöhlen usw. aufhalten und nachts,