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Hengstigt, bedroht man so einen Menschen, von deffen geistiger das Wesen aller unferee modernen Ausstellungen trifft, um fa Krankheit man überzeugt ist? In der Lat war jedes Wort, jeder mehr, je mehr sie sich in schwierige Einzelheiten verlieren, je lüdens Borschlag raffiniert darauf berechnet, den König zum Aeußersten zu loser und wissenschaftlicher sie werden. Je größer die Ausstellungen bringen, so der Rat, daß der König sich unter Sturatel gerade werden, desto gefchäftsmäßigen müssen sie begründet sein, desto meha des Mannes stellen sollte, dessen er sich am ehesten zu entledigen müssen sie auf Massenbesuch rechnen, desto weniger aber hat die Bemüht war, des Finanzministers. Die Wirkung solcher Vermahnung Masse einen Nutzen davon. Populäre Literatur, die diese Gebiete fonnte nur sein, daß der Kranke in einen Zustand geriet, wo an behandelt und sei es felbft Zeitungsliteratur, tönnte diesen Nuken feiner Verrücktheit nun niemand mehr zweifeln fonnte. viel billiger, biel bequemer und viel nachhaltiger bermitteln. Was zum Beispiel die Arbeiter- Gefundheits- Bibliothek für lächerlich billiges Geld bietet, überwiegt tatsächlich den Nugen der Hygiene Ausstellung für die Masse, die keine besonderen Fachintereffen hat
Und das Mittel wirkte.
Der König tam um, das Ministerium blieb am Leben.
Es heischte sogar die Bürgerkrone seltener Tapferkeit für sich. Das ist die Geschichte von dem deutschen König, den man wegen sechs Millionen Schulden zur Zwangsversteigerung und ins Waffer trieb.
Es ist erst 25 Jahre her, und scheint doch wie eine unmögliche Legende aus grauer Vorzeit.
Und es geschah unter einem liberalen Ministerium und einem Heritalen Barlament! Monarchisch gesinnt aber waren Liberale und Klerikale auch schon damals, und die republikanischen Um- arbeiterwerkstätten in diesem Teile der Ausstellung fah, dem gingen ftüraler waren just durch ein Ausnahmegeseg geachtet.... Kurt Eisner .
Die Internationale
Was die Literatur dagegen nicht zu tun bermag, packende An schauungsbeispiele des Vernünftigen und des Unvernünftigen au geben, darin fehlt es in der Ausstellung trotz ihrer Reichhaltigkeit immer noch. Und hier eben macht sich der Konflikt bemerkbar, der zur Ausschaltung der Heimarbeitsbeispiele führte. Wer in Brüffel in den versteckten Winkel des Parc du Solbosch sich verirrte und nun auf einmal nach all den Herrlichkeiten der Ausstellung vor dem Hause" des Leinewebers oder des Schmiedes stand oder die Heima Welten des Verständnisses für die sächlichen Zustände auf. An solchen Anschauungsbeispielen, mögen sie auch nicht so traß sein wie in Belgien , sind wir auch in Deutschland nicht arm. Wenn man damit auch nur einen Teil der Ursache von Volksverkümmerung und Menschenvergeudung zur Ausstellung gebracht hätte, so wäre damit auch der Masse der oberflächlichsten Ausstellungsbesucher eine unberlöschbar ist und die sich in den Kulturwillen umsehen mußte diese Zustände weniger zu beklagen, als bessern zu helfen.
I.
Die Ausstellung hat das Mißgeschid gehabt, schon in ihrer Vorbereitung eine weitgreifende öffentliche Mißstimmung durchy die Ausschaltung der Heimarbeit mit ihren hygienischen Greueln gegen fich wachzurufen. Dazu tam noch eine unverständliche Nachgiebigfeit gegen preußisch- ministerielle Engherzigkeiten auf sanitäts- und fittenpolizeilichem Gebiete, und so stand die Ausstellung noch vor ihrer Eröffnung unter dem Damoklesschwert einer scharfgespannten Kritik, die schließlich auch noch andere Angriffspuntte fand, die bei einer Hygiene- Ausstellung befremden mußten, nämlich die mit der Ausstellung verbundenen Vergnügungsstätten. Man fragte sich, was diese denn mit einer Hygiene- Ausstellung zu tun hätten und man glaubte den Grund schließlich darin zu finden, daß die Ausstellung zuerst ein Geschäftsunternehmen sei, dessen Leitstern Profit heiße.
Es sei hier gleich eine andere Kritik beleuchtet, die die AusEindruck auf die Allgemeinheit nicht allzutief fein. Zu diesem Wirklichkeit fehlt es auch daran nicht, wenn man fie finden will. Die Alfoholgegner haben Gelegenheit, ihre Bestrebungen in aller Breite und in ganz vorzüglicher Weise zu zeigen, aber es sind auch die Bierbrauer da, die breit ausladend für das Bier werben. Trotz der großartigen Aufmachung der Ausstellung wird ihr Eindruck af die Allgemeinheit nicht allzutief sein. Zu diesem Schluß drängen mich meine langjährigen und vielfältigen Ausftellungbeobachtungen immer mehr. Und nirgends mehr, auf feiner Weltausstellung und feiner Provinzialausstellung drängt sich dieser Schluß mehr auf als hier. Die Internationale Hygiene- Ausstellung ift eine Weltausstellung geworden; ihr Umfang steht der Brüsseler und Turiner Weltausstellung wenig nach. Aber mehr noch wie bei einer solchen Exposition universelle gehen die Schaustüde der Sygiene- Ausstellung von fleinen und kleinsten Einzelheiten aus. Da hat felbst der Fachmann, der Arzt, der Hygieniker, der Wohnungspolitiker überreichlich zu tun, um wenigstens das, was ihn besonders angeht, zu bewältigen. Das große Publikum aber hat, ftreng genommen, wenig davon. Denn ein Tag ist selbst bei flüchtiger Durchwanderung der ganzen Ausstellung zu fura, ein Tag ist auch zu furz, um die Schauftüde auch nur einer Abteilung zu sehen, geschweige denn zu begreifen, fich in sie zu vertiefen, aus ihnen wirklich etwas bleibend Wertvolles zu lernen. Wieviele von den Tausenden der Ausstellungsbesucher aber fönnen mehr als einen Tag an die Ausstellung wenden. Ich habe in angestrengtefter paufenloser achttägiger Arbeitszeit die Ausstellung studiert und boch nicht alles so gründlich studieren können, wie ich wohl möchte. Selbst wenn man die industriellen Abteilungen, in denen ja vieles entbehrlich ist, nur kurz streift, bleibt für die wesentlichen Teile der Ausstellung so biel, daß auch hierzu ein Zeitaufwand gehört, der dem allergrößten Teil der Ausstellungsbesucher, weder den Dresd nern, noch den Auswärtigen, gar nicht zur Verfügung steht. Deshalb glaube ich die Ausstellung mehr nach ihrem Inhalt, als nach ihren Aeußerlichkeiten au fritisieren, wenn ich sage: weniger wäre mehr gewesen! Denn sie ist ja nicht eine eigentliche Fachausstellung; sie ist eine Schaufammlung. Diese aber darf nicht überladen werden, so sehr auch die innere Fülle des Themas dazu reizt. Wie man hier das Gebiet der Hygiene aufgefaßt hat, begreift es schließlich alles, was im Bereich unserer Sinne liegt, und mir fam manchmal der Gedanke, es fehle in der hiftorischen und ethnologischen Abteilung nur noch der Knüppel, mit dem der Kain seinen Bruder Abel erschlagen haben soll, oder die Schleuder Davids, denn beides führte zu Wirkungen, die radikal unhygienischer Art waren, also auch zum Thema der HygieneAusstellung gehören.
So werden also sicher neun Behntel der Besucher die Ausftellung mit dumpfem Kopfe verlassen, und die Erinnerung daran wird ein Chaos sein. Es ergibt sich also daraus eine Kritik, die
Die Arbeiterhäuser, die der sächsische Heimatschutzbund auss stellt, find allerliebst, von kleinen Fehlern abgesehen, die leicht abgestellt werden können. Aber dieser Reiz, den diese einfachen Häuser und die einfachen Möbel ausüben, berkehrt sich in der Wirk lichkeit sofort, wenn die Heimarbeit einziehen würde. Wenn die Blumenarbeiter oder die Strohhutnäher von Gebnih oder die Spiels warenarbeiter und Posamentennäherinnen des Erzgebirges oden die Puppenmacher oder die Glasbläser Thüringens oder die Spiegelglasschleifer des Böhmerwaldes darin leben würden, wenn die ausgeflügelten Raumwirkungen verschwänden hinter aufge stapelten fertigen und halbfertigen Arbeiten, hinter Rohmaterialien, Farbentöpfen, Hobelspänen, Abfällen und Arbeitsgerüchen; wenn die Kinder bis zu den drei- und vierjährigen bis in die Nacht hinein bei jämmerlicher Beleuchtung in überheizten, schlechtgelüfteten Stuben mit Vater und Mutter für den Verleger in der Villa fronden müßten, um einen armseligen Wochenlohn zu verdienen Was in diesen Arbeiterhäusern, die hier ausgestellt sind, vers nünftig und schön angelegt ist, berkehrt sich dann in die Unvernunft. Die Hygiene bedeutet aber nichts anderes, als die vernünftige Lebensführung, die vernünftige Körperpflege. Die einfachste Bers nunft bewahrt uns vor unhygienischen Zuständen. Aber wenn die Zustände selbst unvernünftig find, wenn die sozialen Verhältnisse jeder menschlichen Vernunft Hohn sprechen, wenn die Art, wie die breite Masse des erwerbstätigen Voltes lebt, schafft und stirbt, selbst dem landläufigsten nationalökonomischen Rationalismus ins Gesicht schlägt, so durfte eine Hygiene- Ausstellung gerade hier nicht stumm sein.
Denn von hier geht alles aus, was mit moderner Hygiene zua sammenhängt.& n den sozialen Berhältnissen, in denen die breite Masse lebt, tönnen auch die am besten gemeinten Wohlfahrtseins richtungen berfagen. Der oftelbische Vorsitzende eines Wohlfahrtss bereins, der da meinte: alle Wohlfahrt sei Blödsinn, er habe eine Badeanstalt für seine Leute gebaut und es gehe tein Schwein hins ein", hat in seiner Art vielleicht gar nicht Unrecht, wenn man das, was awischen diesen Worten liegt, zu würdigen weiß.
So berlodt die Internationale Hygiene- Ausstellung trotz ihrer Fehler zu Betrachtungen vielleicht aber gerade wegen ihrer Fehler die sie nach der Eröffnungsrede ihres Präsidenten nicht wachrufen sollte. Er meinte, wenn befürchtet werde, daß die Ausa ftellung vielleicht Begehrlichkeiten in die Bevölkerung tragen fönne, die finanzielle Belastungen im Gefolge haben würden, so wolle en diese Befürchtungen zerstreuen mit dem Hinweis darauf, daß die persönliche Gesundheitspflege die wohlfeilste Kunst sei.
Es handelt sich aber nicht nur um die persönliche, ea handelt sich auch um die öffentliche soziale Gesundheitss pflege. Wenn die groß angelegte historische Abteilung der Ausa ftellung einen Zweck hat, so dochy vor allem den, um zu zeigen, wie alle Kulturvölker, die zu ihrer Zeit die Weltbühne beherrschten für die öffentliche Gesundheitspflege gesorgt haben. Von diesen historischen Beispielen, die auch für unsere Zeit noch borbildlich fein tönnen, möchte ich im nächsten Artikel sprechen.
Hugo Hillig
Kleines feuilleton.
Aus der Predigt des niederbayerischen Pfarrers Balthasar Zogle A ganz a huber über die Fenerbestattung. Geliebte in Chrifto! fchöne Erfindung von dene modernen Heiden ist das Verbrennen der Toten. Die alten Heiden hams tan, die neuen tuns erst recht und in Preußen ham fie's sogar eingführt. Und wenn in Breußen was engführt ist, nachher timmts a bald nach Bayern . Dös woaß ma ja.