Pelles Gedanken streifen einen Augenblick die drei Töchter keS Schiffers, aber die sollen doch nicht geopfert werden. Nein, er hat kein Mädchen! Ne, nu hör mal einet, das kannst Du doch nicht auf Dir sitzen lassen. Ich Hab' augenblicklich so'ne kleine Liebelei mit dem Meister seiner Tochter, und das is''ne süße Dirn schon ganz entwickelt, Du! Aber wir müssen uns ja vor dem Alten in acht nehmen I" Willst Du Dich denn verheiraten, wenn Du Geselle birst?" fragt Pelle sehr interessiert. Und mich mit Frau und Kindern abplacken? Du bist ein Rindvieh, Pelle! Aber das brauchst Du Dir nicht leid sein zu lassen!'N Frauenzimmer, das is' ja nur was, wenn man sich langweilt, weiß Du!" Er reckt sich gähnend. Nilen ist ein schöner Bursche geworden, aber ein wenig hart im Ausdruck: er sitzt da und sieht mit einem eigentüm- lichen Blinzeln in den Augen auf Pelle herab.Schuster- fleck!" sagt er spöttisch und beult die Wangen mit der Zunge aus. Pelle sagt nichts: er weiß, daß er Nilen nicht prügeln kann. Nilen hat seine Pfeife angezündet und liegt auf dem Rücken im Bett mit den beschmutzten Schuhen und schwatzt: -Wie ist Euer Gesell? Unser ist ein eingebildeter Esel. Neu- lich mußt' ich ihm'ne Ohrfeige langen, er war zu unver- schämt. Jetzt Hab' ich es gelernt, Kopenhagener Kopfnüsse auszuteilen: dann kann man leicht fertig werden: aber dazu gehört'ne starke Stirn." Er ist ein verteufelter Bursche, Pelle wird kleiner und kleiner. Aber plötzlich fuhr Nilen mit größter Hast in die Höhe, draußen in der Bäckerei ertönt eine scharfe Stimme.Aus dem Fenster raus, zum Teufel auch!" faucht erder Gesell!" Und Pelle niuß zum Fenster hinaus, so lang er ist, seine Stiefel saufen hinter ihm drein, während er davonläuft, hört er den wohlbekannten Laut einer schallenden Ohrfeige. Wenn Pelle von seinem Umherschweifen heimkehrte, war 'er müde und träge, die düstere Werkstatt lockte ihn nicht. Kleinlaut war er auch, denn die Uhr beim Uhrmacher sagte, daß er drei Stunden weggewesen war. Er begriff es nicht. Der junge Meister stand in der Haustür und guckte aus, mit Pelzjacke und Schurzfell aus grünem Billardtuch: er pfiff leise vor sich hin und sah aus wie ein ausgewachsener junger Bogel, der nicht wagt, sich aus dem Nest herausfallen zu lassen. Es konnte eine ganze Welt Verwunderung in feinem neugierigen Blick liegen. Bist Du nun wieder im Hafen gewesen, Du Teufels- junge?" fragte er und hieb eine Klaue in Pelle. Ja," Pelle schämte sich gehörig. Na, was war denn da los, was gibt's Neues?' Und dann mußte Pelle auf der Treppe erzählen: von einem schwedischen Holzschiff, auf dem die Frau des Schiffers auf offener See ein Kind gekriegt hatte, und daß der Koch sie hatte entbinden müssen: von einem Russen, der mit Meu- terei an Bord in den Hafen gelaufen war. und was sonst vorgefallen sein mochte. Heute waren da nur die Stiefel. Die sind von dem Bergungsdampfer, sie sollen versohlt werden." Hm," der Meister sah sie mit einem gleichgültigen Blick an. Ist der Schuner Andreas fertig zur Abfahrt?" Aber das wußte Pelle nicht. «Was für ein Schafskopf bist Du denn, hast Du denn keine Augen im Kopf?---Na ja. denn hol mir mal drei Flaschen Bier! Steck sie aber unter die Bluse, damit Vater sie nicht sieht. Du Ungetüm!" Der Meister war gleich wieder gut. Und dann kroch Pelle in de Schürze und schnallte den Spannriemen übers Knie. Jeder Mann lag seiner Arbeit ob und Meister Andres las: man hörte keinen anderen Laut als den der Arbeit und hin und wieder einen leisen Tadel von dem Gesellen... .(Fortsetzung folgt.j) Ä (SuAfttua MlBottn.) Der Lebensmüde. Von Bruno G a n z k e. Anton Kowalski sah stumm und regungslos, indes sein Weib noch immer keifte. Schon früh hatte es begonnen und noch fand eS lein Ende. Immer wenn Anton lachte:Nun ist ihr Gott sei Dank der Atem ausgegangen" hatte er die R-echnung ohne die Jofepha gemacht. Wagte«r schüchtern den Kopf zu Heven  , um sie mit bittenden Augen anzusehen, dann kam sie auf ihn zu, holte mit ihrer breiten abgearbeiteten Hand aus, als wollte sie ihm eins wischen, so daß Anton sich blitzschnell duckte und nicht selten auch den Arm schützend vors Gesicht hielt; aber es blieb beim Drohen. Die Joscpha stemmte die Hände in die Hüften und blieb gleich einem Fleisch gewordenen Koloß vor dem kleinen mageren Kxrl stehen, der kaum zu atmen wagte, und lieh Ströme von Schimpf» Wörtern über seinen armen Kops sprudeln, daß der schon dröhnte von dem lärmenden Gekreisch:Du Lump, Du I Nichtsnutziger Kerl. Arbeiten will er nicht, aber sausen und stellen ja, dazu hat er die Kraft. Kein Verlah ist auf ihn, alles muh man allein tun, keine Hilfe hat man von ihm. Wenn ich nicht wäre, wären wir schon längst verhungert. Du Kerl Du, Rumscherwenzeln das kann er. Sich an andere Weiber machen, dazu hat er Kraft, aber arbeiten will er nicht. Dafür ist die Jofepha da. Ich armes Weib." Josepha bedauerte sich und bemitleidete sich unter lauten Be» teuerungen ihres VaterS und hervorstürzcnden Tränen aufs innigste. Anton wagte wieder den Kopf zu heben und wollte sprechen, aber die Jofepha sah selbst durch den Thränenschleier alles, waS um sie vorging, ihre Weichheit verschwand und sie schimpfte von neuem:Warte, Kerl, wenn ich Dich mal mit so'nem Weibsbild erwische. Wie's Dir da geht, na, laß michS nur sehen. WaS Ihr da abkriegt. Ihr beide." Und sie dreschte mit der Faust durch die Luft und Versinnlichte so aufS beste ihrem Manne die Folgen eineS etwaigen Schrittes vom Tugendpfade. Aber so kräftig,' JosephaZ Lunge war, einmal war's auch mit ihrer Kraft zu Ende. Run be» gann Anton sich leise zu rühren, dann stand er auf. Josepha trat auf ihn zu:Wo willst Du hin?" Jofepha." sagte Anton bittend Wo willst Du hin?" Anton bat noch dringender:Laß mich rauS I" Aha, woll zu Deinen Kumpanen? Rein Du kommst nicht ouS der Tür." Josepha stellte sich in ihrer ganzen Größe und Breite auf die Schwelle, so daß für den Anton kein Raum zum Durchschlüpfen blieb. Loh mich raus, mir ist ganz dösig." Josepha rührte sich nicht vorn Fleck, sie lächelte höhnisch:DaS kenn' ich, das kenn' ich. Du kriegst mich nicht rum, hier bleibst Du, hier. Bis ich wiederkomme. Ich muh noch was besorgen. Da kannst Du Dir Brot nehmen und da auf dem Herd steht Kaffee. WaS andres Hab ich nicht für so'nen faulen Kerl, wie Du bist." Anton jjriff nach ihrer Hand:Lah mich doch Josepha. Ich will mich ja umsehn, daß ich waS zu arbeiten krieg'. Zu mir kommt doch keiner." Josepha machte ihre Hand mit einem Ruck auS seinem Griff loS:Da schlag daS Holz klein uird mach das Wasier heiß: ich brauch'S  zur Wäsche. Nachher geh ich mit Dir Arbeit suchen. Ich geh mit Dir, damit Du nicht zu Deinen Saufbrüdern gehst oder zu fremdem Weibsvolk." Josepha trieb den Anton in seinen Winkel zurück, bing fich ihr Umschlagetuch um, trat über die Schwelle, verschloß die Tür zweimal und nahm den Schlüsiel mit fich. Anton hörte, wie sie über den Flur trappste, die Stufen hinunter, über den Hof und sah sie durch den Torweg verschwinden. In seinen Blicken, die ihr folgten, solange sie konnten, mischte sich so seltsam wie deutlich Haß und Bewunderung. Gott  , was war sie doch aber für ein Weib I Er reichte ihr knapp bis zur Schulter. Und stark wie ein Bär war sie; wohin die schlug, da wuchs lange nichts mehr. Das wußte der Anton aus langjähriger Erfahrung; das hätte er heute beinahe wieder erfahren. Ein großartiges Weib war sie aber doch, und er liebte sie. Wenn sie nur nicht so ein Zankteufel gewesen wäre. Sie mußte Recht haben, immer sie, und er mußte schweigen und gehorchen, sonst---. Wenn er sich mal auflehnte, dann brauchte fie nur zu drohen und er duckte sich schnell wie ein gehorsamer Hund. Er vergaß auch jetzt nicht, WaS ihm Josepha besohlen. Er machte sich ans Holz und schlug mit dem Handbeil auf die Klötze   loS. daß es krachte ur� knaxlc. Und mit jedem Hieb warf er ein Schimpf- wort auf die Josepha dazu. Als er seinen ausgiebigen Wort- Vorrat erschöpft hatte, war auch daS Holz in Neine handliche Scheite gehockt. Dann machte er Feuer. Als die Flammen langsam am Holz in die Höhe krochen, warf er Kohlen dazu, daß bald das Feuer hell auflohte. Er schleppte den großen Waschkessel mühsam herbei, den Josepha wie ein Spielzeug mit einer Hand hob, und wollte Wasier hinein» füllen. Er sah in die Eimer, cS war teins da. Er nahm die Eimer und wollte zur Tür hinaus, um Wasier vom Hofe zu holen. AIS   fie sich nicht aufklinken ließ, besann er sich, daß die Jofepha ihn eingefchlosien. Er stieß ärgerlich die Eimer auf den Ziegelboden, daß fie dröhnten. Wieder kam mit neuer Gewalt der Zorn über ihn und er schimpfte auf die Josepha. So ein Weib l Ihn einzusperren, ihn. ihren Mann. Na da tonnte sie selbst daS Wasier holen. Er hatte feine Schuldig» keit getan»ind auf ihn konnte sie doch diesmal nicht schimpfen. So viel Einsehen traute er der Josepha zu. Er lieh die Eimer wo sie waren, schnitt fich ein tüchtiges Stück Brot, stellte den Kaffee über das Feuer und setzte sich dicht am