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Die Verhältnisse änderten sich jedoch ungefähr am Anfange unserer Zeitrechnung. Damals dehnte Rom seine Macht über die Alpen zuerst bis Gallien und dann bis Britannien und über große Strecken von Mitteleuropa aus. Hierdurch kam die Nordgrenze des römischen Reiches mit seiner hohen Kultur so nahe an die Süd­grenze des germanischen Gebiets, daß ein starker Einfluß südlicher Kultur sich ohne Schwierigkeit hier im Norden geltend machen kann. Die Folge davon ist der Aufschwung, der sich in der germanischen Welt in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten zeigt.

Bweifel haben wir hierin den eigentlichen Grund oder wenigstens| Stämmen Albaniens foll, fo wird versichert, endlich ein Ende einen der Hauptgründe dafür, daß die Denkmäler aus den letzten nehmen, und eine allgemeine Amnestie die feindlichen Gegenfäge Jahrhunderten vor Christi Geburt hier im Norden nicht so be- versöhnen. Das wird nicht leicht sein; gibt es doch in Europa kein deutend sind, wie man annehmen möchte mit Rücksicht auf den hohen Volk von so kriegerischem Temperament und von so unauslöschlichem Stand der Kultur während der älteren Zeit. Nachegefühl wie die Bewohner Albaniens , dessen einzelne Stämme nicht nur gegen die Regierung, sondern auch gegeneinander fort während blutige Fehden ausfechten. Albanien , so nahe es den großen europäischen Kulturstaaten Desterreich und Italien liegt, ist doch noch in kultureller Beziehung unverfälschter Orient, und in der orientalischen Weltanschauung unterscheiden sich auch die christlichen Stämme nicht sonderlich von ihren mohammedanischen Volksgenossen. Gerade von jenen christlichen Albanesen, den Miriditen, die in Gemeinschaft mit den Mallissoren neuerdings den türkischen Truppen viel zu schaffen gemacht haben, war in diesen Tagen häufig Daß die Kultur der nordischen Bevölkerung lange vor Anfang die Rede. Nicht allgemein bekannt ist es, daß diese Miriditen unserer Zeitrechnung ungewöhnlich hoch war, ist ein Faktum, das römisch- katholisch find; im Wilajet Stutari beträgt ihre Zahl rund die Forschungen der letzten Jahrzehnte unwiderleglich dargetan 80 000 und die Volkszahl der dem Islam angehörenden Albanier ist haben. Aber die Erklärung dieser merkwürdigen Tatsache haben dort nicht nennenswert größer. Die dritte, ziemlich stark vertretene wir im Handel zu suchen, einem Handel, der auch in den fern- Konfession ist die griechisch- katholische; Juden wohnen fajt liegenden Perioden weit bedeutender war, als man früher glaubte. ausschließlich in den großen Städten und bilden dort die Welches waren nun die Gegenstände dieses Handels und Kaufmannsaristokratie. Ganz seltsam sind die Sitten und welchen Wegen ist er gefolgt? Wir können leider nicht alle die Gebräuche der katholischen Miriditen auch in den Städten. Einzelergebnisse der Forschungen von O. Montelius wieder In Stutari, das am Adriatischen Meere liegt, fieht man geben und müssen uns auf das Wichtigste beschränken. Deshalb die römisch- katholischen Miriditenmäochen, wie Dr. E. Jäch- Heil sehen wir von den Lurusgegenständen, Waffen, Gerätschaften usw. bronn in der Arena" schildert, in noch stärkerer Vermummung als ab und betrachten die Produkte, die für die materielle Kultur des die Anhängerinnen des Propheten. Sich vor dem Auge eines fremden Nordens von ausschlaggebender Bedeutung waren. Das sind zu- Mannes sehen zu lassen, gilt als taum geringere Schande wie bei nächst die Metalle. Mehr als ein Jahrtausend, sagt der Verfasser, der türkischen Haremsverborgenheit. Die fatholischen Ehefrauen des Gildete die Bronze die materielle Grundlage für die Kultur der städtischen Albanesen genießen etwas mehr Luft und Freiheit; aber nordischen Völker, während dieser Beit aber mußte sie aus fremden ihre Tracht ist doch so, daß sie alle Formen verhüllt, und auch in der Ländern gekauft werden. Das lehrt bereits der Umstand, daß der Kirche bleiben die Frauen von den Männern streng getrent. Auch die mo eine Bestandteil der Bronze, das Zinn, nicht bei uns gefunden hammedanische Albanesin in der Stadt ist in der plumpen Rundung ihres wird. Aber auch der andere Bestandteil, das Kupfer, war hier nicht vielfarbigen, weithofigen Gewandes allen neugierigen Blicken verborgen. zu erlangen, da teine Kupfererze in Südschweden, dem Hauptjih Die Eifersucht des Albanesen schützt die Haremsfenster noch durch be der nordischen Bronzezeitfultur gefunden werden, und da die sondere Vorbauten. Nur in den unzugänglichen Bergdörfern wagt Kupfergruben, die später im nördlichen Teile der skandinavischen die Albanesin ihr Gesicht unverhüllt zu tragen; sie ist dort aller­Halbinsel ausgebeutet wurden, erst ungefähr anderthalb Jahr- dings nicht viel mehr als das Lasttier des stolzen Albaniers, der tausende nach dem Ende der Bronzezeit entdeckt sind. Bereits sich Skipetar, Adlersohn, nennt. Die Adlersöhne und Nachkommen der Umstand, daß jedes Kilo Bronze, das während der Bronzezeit der alten Jahrier sind, wenn sie Land befizen, Bauern; besigen fowohl in Dänemark wie in Schweden gebraucht wurde, von außer- fie feins, fo ernähren sie sich redlich als Briganten, halb gekauft werden mußte, beweist, daß der Handel wohl geordnet es ist bezeichnend für die Kulturanschauungen dieses Volks war. Der Bedarf an Bronze, der jährlich gedeckt werden mußte, stammes, daß das Brigantentum feineswegs als unehrenhaft war nämlich sehr groß. Auch Haustiere und Ackerbau haben die nordischen Völker von anderen Völkern bekommen. Ebensowenig als die Kenntnis der Metalle hat die von diesen wichtigen Kulturelementen ihren Ur­sprung im Norden. Bereits lange vor dem Ende der Steinzeit hatten die Bewohner des Nordens alle wichtigen Haustiere: Hund, Pferd, Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Auch bereits während der Steinzeit, wenigstens während des dritten Jahrtausends, bauten die nordischen Völker Gerste, Weizen und Hirse. Während der Bronzezeit kam der Hafer dazu, aber erst am Anfange der Eisenzeit der jetzt so unentbehrliche Roggen.

Werfen wir jetzt zum Schluß einen Blick auf die Handelswege, bie nach O. Montelius die Südküste der Ostsee mit den Ländern

am Mittelmeer verbanden.

Die Wege, die zu diesen Gegenden führten, waren die längs ber Weser , Elbe , Oder und Weichsel . Von ihnen ist der Elbieg ber bedeutendste. Einer der meist benutzten Wege, dem der Handel zwischen Norditalien und Skandinavien in der Vorzeit folgte, war der folgende. Längs der Etsch und deren Zufluß, der Eisad, kam man durch Tirol hinauf zum Brennervaß, der noch heute bekanntlich bon der größten Wichtigkeit für den Verkehr zwischen Italien und Europa nördlich der Alpen ist. Vom Brenner stieg man darauf mieder zuerst längs der Sill, einem Zufluß des Inn , und darauf Längs des Inn zur Donau . Von diesem Flusse konnte man sodann auf zwei Wegen zur Elbe kommen. Entweder man folgte der Donau ein Stück bis zu der Stelle, wo jest Linz liegt. Von hier war es leicht, nach dem nur ein paar Meilen entfernten und burch keine höheren Berge vom Donautale getrennten südlichen Teile von Böhmen zu gelangen, wo man auf dem Oberlauf bet Moldau stieß.

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gilt. Werden diese fühnen Räuber doch auch von den Bauern insgeheim unterstügt, einmal, weil sie sie fürchten, und dann, weil ihnen die ungebundenen Söhne des Berglandes, die die Türkei eigentlich niemals völlig unterworfen hat, mächtig imponieren. Nur die Furcht vor dem türkischen Gendarmen, der mit ertappten Räubern nicht viel Federlesens macht, mahnt den Bauern bei der Unterstüßung der Briganten zur Vorsicht; denn auf ein Menschenleben kommt es in diesen wilden Gebirgsgegenden weder bei den Albanesen noch bei den türkischen Polizeimannschaften an. Das ist erklärlich in einem Lande, in dem seit altersher die Blutrache herrscht. In manchen Gebirgsgegenden Albaniens bleibt den Bewohnern auch gar keine andere Eristenzmöglichkeit als der Straßenraub und die Brand schabung der Dörfer, die sich weigern, den wohlorganisierten Räuber banden ihren Tribut in Form von Geld und Naturalien zu leisten. Das fable Karstgebirge ist eben strichweise so unfruchtbar, daß nicht einmal eine dürftige Ziegenweide vorhanden ist, und jegliche andere Erwerbsmöglichkeit als der Ackerbau fehlt.

In mancher Hinsicht herrschen in Albanien noch geradezu Man glaubt bisweilen ein Urvolk vor sich zu primitive Zustände. haben, wenn man sieht, wie das Kanoe des Einbaums wie bei den Wilden Afrikas und Australiens als Verkehrsmittel dient; indianer­haft mutet der Stalpichopf auf dem rasierten Haupt, die Tabakreichung im Sinne einer Friedenspfeife an; die Spaltung der Stämme, die sich gegeneinander auf den Kriegspfad begeben; das Waffenband­werk aller Männer vom 10 jährigen Knaben an. Die übrige Türkei erwacht aus dem Mittelalter; Albanien schläft noch in der Nacht Das verschüttete Pompeji auf der des vorchristlichen Altertums. anderen Seite des Adriatischen Meeres hat schon Straßen gekannt, Wenn man sich hier aus einem gefällten wie sie heute noch das albanische Stutari pflegt: mit quadratischen ausgehöhlten Baumstamme ein Fahrzeug schuf, konnte man die Quersteinen, das Ueberschreiten der durch Regen vers Moldau hinab zur Elbe und dann zur Nordsee gleiten. Oder man schlammten Wege ermöglichen sollen. Das ausgegrabene Ninive ging von dem Plake, wo der Inn in die Donau mündet, nach hat uns ein Transportmittel offenbart, das in Albanien heute noch Norden, bis man auf die Saale traf, und kam dann auf oder längs gebraucht wird: das Biegenfell, das wie unser Luftkissen aufgeblasen Diesem Flusse zur Elbe . und so zum Durchschwimmen des Flusses verwendet wird. Dieser Schersch" des albanischen Drinstroms ist heute noch primitiver als der bis zum Floß vervollkommnete Kelet" des asiatischen Euphrat in Mesopotamien .

Aber dieser Weg, wie auch die anderen Flußwege gehören einer berhältnismäßig späteren Zeit. Der ursprüngliche Weg, längs bem die Verbindung zwischen Süd und Nord vermittelt wurde, ging nicht quer über den europäischen Kontinent, sondern den Küsten bes Erdteils entlang. Die ältesten Einwirkungen des Orients Tonnten lange Zeit nur längs der Küsten Europas nach dem Norden Commen, bis man den fürzern Weg fand, quer über den Kontinent bom Mittelmeer zur Ostsee .

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Wie unzugängliche Festungen muten die Wohnungen der Gebirgsstämme an. Ein solches Haus, Kula genannt, besteht ausschließlich aus Stein, fennt feine Fenster, und fleine, als Schießicharten dienende Löcher laffen eine winzige Menge Licht eintreten. Ueberaus malerisch sind die Volks trachten in den albanischen Bergen; man sieht wahrhafte Hünen­gestalten, und es ist begreiflich, daß der Albanese der beste Soldat des türkischen Heeres ist. Allerdings muß er sehr behutsam an gefaßt werden; die Ermordung des deutschen Oberstleutnants bon Friedensschalmeien flingen vom Ballan herüber: der Bruder Schlichting durch einen albanesischen Soldaten zeigt deutlich, wessen trieg zwischen den türkischen Truppen und den aufständischen diese wilden Bergföhne bei der geringsten Kränkung fähig sind. Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drut u. Verlag: VorwärtsBuchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW,

Albanien und die Albanelen.