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Fochle in raschen, schmerzenden Schlägen. Aber die Beine flogen borwärts in rasender Geschwindigkeit. Das heulende Bellen der Hunde war dicht hinter uns. Vor uns war Wald, wenn wir nur den erreichen fönnten!
Ich fühlte, ich lief langsamer. Eine rote Welle hob und sentte fich boo meinen Augen, in der Brust stach es, und die Schenkel herauf troch eine Lähmung und widersetzte sich dem Willen, der sie gleichmäßig vorwärts schleudern wollte. Es ging zu Ende, vielleicht ein Herzschlag
Ein Quentchen Atem raffte ich zusammen: Sturt halt!" Er war mir einen Meter voraus, hatte den Kopf gesenkt, als wolle er ihn in die Erde bohren. Doch mußte er mich gehört haben, er wollte halten und stürzte nieder. Ich machte noch ein paar trampfhafte Säbe, dann stand ich und taumelte hin und her. Aber nur jett feine Schwäche. Jch biß die Zähne zusammen, ein gurgelnder, pfeifender Laut kam mir aus der Kehle, und in den Ohren braufte es wie ein Wasser.
Ich schnappte noch einmal nach Luft, der Nebel verschwand vor meinen Augen, ein dunkler Körper tam auf mich zugesauft. Sturt stand mit feuchender Brust neben mir. Lade auf die Hunde," flüsterte en Von unten herauf tönte gellendes Pfeifen und Geschrei; fie riefen die Hunde zurüd.
( Schluß folgt.)
Die Internationale
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Die griechisch- römische Kulturepoche ist für uns auch in ea Hygiene die Klassische Vergangenheit, wohl hauptsächlich darum, weil nir von diesen Kulturen in unserer tausendjährigen Geschichte Nord- und Mitteleuropas mehr übernommen haben, als von denen der mesopotamischen Länder und Zeiten, die uns erst seit einigen Jahrzehnten durch die neueren Ausgrabungen wieder deutlich werden. So wie aber die griechische Kultur von Kleinasien her übergepflanzt und genährt worden ist, so sind die Lande am Tigris und Euphrat und das Land am Nil doch auch geschichtliche Vorbedingung für uns und gerade auf hygienischem Gebiete lassen sich manche direkte Linien ziehen, zum Beispiel in der Chirurgie und auch in der Heilmittellehre, die später, sicher nur auf Grund ur alter Ueberlieferungen die Araber wissenschaftlich ausbauen konnten. Der Orient ist für den Ofzident der Urquell aller Kultur.
Die Pflege der Gesundheit geht im alten Griechenland vors ganz modern anmutenden Grundsäßen aus: von der Pflege des Körpers. Um das Badewesen spinnt sich ein Kultus, schon bei den Kretern, dann auch bei den Griechen. In den Palästen, der Rings schulen und den Gymnasien, den Turnpläßen ward vollendeta Körperkultur getrieben, die uns noch heute vorbildlich ist und die ficher mehr vorbeugend gegen Krankheiten wirkte als Sanatogen, Hämoglobin und sonstige moderne Gesundheitsfabrikate. Ga müssen auch riesenhafte Mittel für diese öffentlichen Anlagen bereit gestellt worden sein; wenn man das Modell der Wassers dog on leitung des Beisistratos in Athen betrachtet, so meint man fast, unsere modernen Ingenieurleistungen auf diesem Gebiete tönnten nicht dagegen aufkommen. Dasselbe gilt von den Thermen de
Dygiene- Husftellung in Dresden . Caracallas in Rom oder dem riesigen Requädult Justinians , der
II. Die historisch- ethnologische Abteilung. Historische Studien und Sammlungen zerstören in der Regel absolute Begriffe von der Gegenwart. Sie zeigen uns das Berhältnis unserer Zeit zur Bergangenheit, und dabei gewahren wir oft, daß die Welt und all ihr kleinkram, ihre Fehler und Vorzüge gar nicht auf uns gewartet haben: was uns bewegt, erschüttert und empört, was uns erbaut, erheitert und belehrt, das war sicher alles schon einmal da. Einmal? Ach vielleicht sogar viele Male war es da, berfank und entstand aufs neue. Und was wir erstreben, mit allen Fasern unseres Herzens ersehnen, mit Zähne Enirschen erkämpfen dahinter steht immer die kalte, nüchterne Erkenntnis: das alles ist schon viele, viele Male erfehnt, erfämpft und errungen worden, und doch ging die Zeit darüber hinweg, deckte all das Menschenwerk mit Bergessen zu und menschlicher Wiz und Aberwib fonnte wieder auf neue Auferstehung hoffen.
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Zum Beispiel: schon das vorgeschichtliche teltisch- germanische Weib, da der Mensch noch in Erdlöchern und Wohngruben haufte, hat sich geschnürt. Jahrtausende später: die Streterin schnürt fich wieder und dekolletiert sich noch über die Hofballgrenze her unter, dabei trägt sie schwere Volantröde. Die griechische Frau trägt im fünften borchristlichen Jahrhundert eine Brustbinde, die genau diefelben Schädigungen für den weiblichen Organismus gehabt haben wird, wie das Korsett, später trägt sie auch ein panzerartiges Korsett. Das Korsett taucht im europäischen Mittelalter wieder auf, hält sich über die Renaissance, und aus der Barodzeit ist sogar das schmiedeeiserne Korsett bekannt, das neben den Reuschheitsgürteln aus dieser Zeit ein sprechendes Dokument dafür ist, wie sehr doch die Kulturgeschichte der Menschheit einem Tang auf des Messers Schneide ähnlich ist.
Nun liegt freilich dieses eine Kapitel, das ich hier des BeiSpiels halber herausgreife, mehr auf seguellem denn auf hygieni Schem Gebiete. Atavistische Instinkte werden hierbei immer der jeweiligen Kulturform, auch wenn sie sich als Hygiene darstellt, ein Schnippchen schlagen, höchftens, daß die Hygiene, die Lehre von der Erhaltung und Pflege der menschlichen Gesundheit, diese Instinkte zu bändigen versucht; ein Problem, das bis heute noch nicht gelöst ist. Aber die Menschheit plagt sich seit ihren Frühtagen bamit ab, und vielleicht ist es gar nicht das alte Babylon zuerst gewesen, das in seiner öffentlichen Gesundheitsfürsorge neben der Regelung des Abfuhr- und Latrinen sowie des Bestattungswesens auch die Frage der sexuellen Hygiene bedachte; die Absonderung der Kranken war bekannt, das Badewesen ausgebildet und mit Reinigungsvorschriften bedacht, die Prüfung des Opferfleisches vorgeschrieben und gesetzliche Ruhetage waren festgesetzt. Diese Vorbeugungsmaßregeln berdichteten sich schließlich später, so vor allem bei den vorchriftlichen Juden zu religiösen Gesezen, die sich auf die Nahrung( Verbot des Schweinefleisches u. a.) bezogen, die regelmäßige Waschungen zur Pflicht machten, auch den Geschlechtsverkehr reglementierten und in der Weisheit gipfelten, der mensch liche Leib sei ein reinzuhaltendes Gefäß. Der Ruhetag bildete fich zum Sabbat aus, der Geltung für die ganze Welt erlangte, bis auf den heutigen Tag; den Priestern ward die Aussatzschau zur Pflicht gemacht und die Totenbestattung wurde mit hygienischen Erkenntnissen in Einklang gebracht. Mehr von religiöjen Anschauungen wurde bei den Aegyptern des Bestattungswesen bestimmt; die Ausstellung läßt uns hier wertvolle Einblide tun, sie zeigt uns aber auch, daß die Aegypter Ursache hatten, auf hygienische Maßregeln zu finnen, denn am Nil war schon vor Jahrtaufenden ein schweres Knochenleiden bei den Erwachsenen epidemisch und auch die kleine Welt der Krankheitserreger, der Bazillen, übte damals schon ihre Berheerungen im Volte,
eine Wasserleitung über ein tiefes Tal führte. Auch sonst sind win den Griechen wenig voraus: sie hatten schon die Nahrungsmittelkontrolle, die sich auf Del und Wein bezog, hatten Borschriften für den Arzneimitteltransport und ihre chirurgischen Instrumente, von denen man einige Typen nach alten Mustern neu hergestellt hat, entsprechen fast vollkommen der modernen Anforderungen der Chirurgen, können also fast mit denen unserer Zeit verwechselt werden. Die Griechen hatten Heilstätten mit Liegehallen ebenso wie wir, die wir das zu den Errungenschaften der letzten Jahre zehnte zählen, hatten eine wohlorganisierte Verwundetenfürsorge. In der Kinderpflege sind wir ihnen kaum voraus, und die bara barische Art, die Kindlein mit Windeln und Wideln zu bandagieren, war auch bei den Griechen schon gebräuchlich: sie hatten auch schon Saugiläiben. Die Straßenreinigung und Straßenentwässerung war wie bei den Griecher und auch bei den Römern nicht vernach lässigt, und in einem Winkel der ausgegrabenen Stadtmauer von Milet , einer griechischen Kolonialstadt, ist ganz nach modernem Muster dem Sinne nach zu lesen: Die Verunreinigung dieses Ortes ist polizeilich verboten. Aber freilich, auch die Gegenseite fehlte nicht: ehe in Griechenland und Nom die kahlgeschorenen Köpfe Sitte wurden, ließen sich die Männer umständlich frisieren, bei der weiblichen Frisur war aber auch eine regelmäßige Haarreinigung Bedingung. Die Tätowierung war in der frühesten Zeit Griechen lands allgemein, erhielt fich später aber nur bei den Thrakiern. Das Schminken und Bemalen des Antlibes aber blieb bei den Griechinnen und Römerinnen immer Gebrauch. Die Toiletten waren, trotz ihrer scheinbaren Einfachheit komplizierter als heute; der Lurus war nur bei der Sklavenwirtschaft denkbar, hielt sich doch eine jede römische Frau von Stand ihre eigene Zähneputzerin, Und aber auch den künstlichen Zahnersatz hatte man bereits.
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Das alles war schon in der Entwidelung vollendet, als die Böller nördlich der Alpen noch im Zustande der primitiven, ja prähistorischen Menschen lebten. Durch die römischen Invafionen und durch spätere politische Verbindung Deutschlands mit Rom unter den Hohenstaufen vermischte sich römisches und germanisches Wesen, und langsam verband sich der von der Hütte ausgehende Holzbau mit dem Steinbau: aber der Steinbau war immer noch nur Herrenjih, Truzburg, nur selten städtisches Bürgerhaus. Aber das römische Vorbild ließ hier wenigstens andeutungsweise Nach ahmungen hygienischer Einrichtungen entstehen, ja, die römischen Hypokausten, die Heizanlagen unter dem Steinfußboden, wurden fast genau nachgeahmt; in der Marienburg zum Beispiel sind sie In ähnlicher Weise richtete man nacj heute noch zu sehen. römischem Vorbild die Wasserversorgung und die Abfallbeseitigung ein. In einem Ordensschloß ist für die Klosettanlage ein eigener, etwas entfernter Turm gebaut, der mit dem Schloß durch einen auf überwölbten Pfeilern ruhenden Gang verbunden war; die Wasserspülung freilich mußte der Bach besorgen, der unten floß. Wo man sich solchen Baulugus nicht leisten konnte, lebte man die verschwiegenen Dertchen einfach wie Schwalbennefter an die Mauer, und Dürer hat in seinen Städtebildern, zum Beispiel in dem Stich mit dem lesenden heiligen Antonius im Vordergrunde mit geradezu innigem Behagen diese Schwalbennester mit den malerischen Verzierungen der Mauer darunter dargestellt. Uebrigens findet man diese Art von erkerartigen Abtritten in den älteren Häuserarten ganz Deutschlands heute noch. Schlimme war es in den alten, dicht bebauten Städten, wo diese Schwalbennester entweder direkt auf die Straße oder in enge Schlupse zwischen den Häusern mündeten", und noch heute erhalten ist aus jener Beit eine Ratsverordnung, die gebot, nicht in den Bach zu weil diese Woche Bier gebraut werden solle.
In seltsamen Gegensaß hierzu stand die allgemeine Vorliebe