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Gegen die furchtbaren Volksseuchen des Mittelalters varen freilich die Aerzte jener Zeit machtlos; schließlich nahm seine Zu­flucht zu religiösen Vorschriften, wie sie das 3. Buch Mosis gibt: man fonderte die Kranken ab, und man begriff langsam, wie da­burch der Verbreitung der Volksfeuchen, namentlich des Aussages and der Pest, Einhalt getan werden könne. Es entstanden die ersten Krankenhäuser, die Hospitale; wie sehr die Verhältnisse zu rationellen Maßregeln zwangen, lehren die Denkmünzen aus jener Beit, die zur Erinnerung an Best-, Hungers-, Feuers-, Wassersnot, Teuerung, Mäusenot, Heuschreckenplage geprägt wurden.

Slano Astronomisches. 10

für das Bad, das gemeinschaftliche Bad beider Geschlechter im einiger Wasserfäfer ein. Es gehören hierher die Angehörigen der Stadtweiher am hellen Tage oder in den städtischen Badestuben. Gattungen Dytiscus, Hydróphilus und Hystróbius. Die Jugend Es begann um jene Zeit, in Berbindung mit dem Beruf des formen dieser Insekten leben im Wasser und find als sehr gefräßige Badens, der Beruf des Arztes sich zu befestigen und in einer un- Räuber bekannt. Vom kleinsten Wurm und Krebs bis zum Jungfisch übersehbaren Fülle zeigt nun die Ausstellung hier alte medizinische und zur Kaulquappe ist vor ihrer Beißwut nichts sicher. Im Gegen Literatur, alte Bilder von dem Kurwesen in den Bädern, dessen saz zu anderen Wasserinsekten und zu zahllosen Landformen, die von wichtigste Hilfsmittel das Aderlassen und Schröpfen und das Be- Fleischnahrung leben, saugen sie jedoch ihr Opfer nicht einfach aus, Handeln mit allerhand sonderbaren oder nach unseren Begriffen sondern arbeiten es so gründlich auf, daß etwa von einem Krebschen gräulichen Arzneien waren. nichts übrig bleibt als der Chitinpanzer. Es ist noch gar nicht so lange her, feit man weiß, wie sich die Auflösungsprozesse der Wenn man ganz fleischigen Teile des Beutetieres vollziehen. fura sein wollte, tönnte man einfach sagen: die Verdauung spielt sich wie bei den insektenfressenden Pflanzen ab. Sobald nämlich die Larbe eines der genannten Käfer die Beute mit den Hakenzähnen ihres Dberlieferapparates gefaßt hat, spritzt sie eine schwarzgefärbte Flüssigkeit in den Leib des Opfers. Wie die Untersuchung ergab, wird dieser Saft im Magen des Räubers erzeugt und in dem Augenblick, in dem die Beute geschlagen wird, durch Würg­bewegungen in die ausgehöhlten Halenzähne erbrochen. Von hier In einem besonderen Teile der Ausstellung können wir bann fließt er dann tropfenweise in den Leib des Opfers hinein. Zwei Studieren, wie all diese von Not und Zwang erzeugten Einrich- Dinge find dabei merkwürdig: erstens, daß auch bei den Wasser­tungen vom 16. Jahrhundert an ausreifen. Langsam, langsam fäferlarben die Verdauung außerhalb des Körpers geschieht; ffreilich; in den Krantenhäusern stedt man noch zwei und drei zweitens, daß zur Nahrungsaufnahme nicht die Mundöffnung dient, Strante in ein Bett, und statt des Fortschrittes geht es stellenweise fondern das Kanalsystem der Oberlieferzähne, durch das wenige rüdwärts. Erträglich weitläufig gebaute Städte verdichten sich, Minuten vorher der verdauende Saft sich in den Leib des Opfers indem die großen Hinterhöfe und Gärten bebaut werden, die ergossen hat. Häuser werden höher und die schmalen Gassen deshalb dunkler. Moch immer ist die Heizung der Wohnungen eine Seltenheit; selbst Der große rote Fled des Jupiter . Der größte kim weiten Dresdener Residenzschloß waren nur sehr wenige Räume der Planeten, der jetzt jeden Abend prächtig am südöstlichen Himmel heizbar. Statt systematischer Verbesserung der Abortanlagen tamen erscheint und später bis zum September der Abendstern werden bie Nachtstühle auf, die oft äußerlich als Luxusmöbel ausgebildet wird, bietet sich jetzt der Beobachtung der Astronomen besonders wurden; Friedrich II. hatte einen solchen in Gebrauch. Mit der günstig dar. Er wird noch einige Zeit die ganze Nacht hindurch zu Schlafgelegenheit stand es nicht anders. Aus dem Morißburger verfolgen sein. Dies Gestirn, das die Erde an Umfang 1300mal Schlosse ist ein Bücherschrank da, aber die Bücher sind nur kaschiert und an Masse 310mal übertrifft, ist von einer ganz eigentümlichen und die ganze Vorderseite läßt sich herunterklappen, und sie ergibt Atmosphäre umgeben, in der sich zwar große Umwälzungen voll bann ein Bett; ein hochnobler Vorläufer der Berliner Schlaffiste, ziehen, aber doch bestimmte Zonen dem Aequator parallel verlaufend bie bei Tage Küchentisch ist. Mit der Kanalisation begann man, zu unterscheiden find. Außerdem machen sich Fleden be aber es fehlten die technischen Erfahrungen, und so blieb ihr merkbar, die zum Teil eine auffällige Dauer befizen. Unter Nußen gewöhnlich aus. ihnen ist der berühmteste und beständigste der sogenannte große rote Fled, der sich zwischen dem 25. und 30. Breitengrad der südlichen Jupiterhalbfugel in einer Länge von etwa 42 000 und einer Breite bon 15 000 Kilometer ausdehnt. Auf die Erde übertragen, würde dieser Fled also mehr als einmal um den ganzen Umfang unseres Weltförpers herumreichen und ihn fast ganz einhüllen. Man würde glauben dürfen, daß dieser Fleck ein Loch in der Atmosphäre des Jupiter bedeutet, durch das man auf seine eigentliche Oberfläche hin durchsieht. Dem widerspricht aber der Umstand, daß die Bewegung des Fleckens mit der Achsenumdrehung des ganzen Planeten nicht ganz gleichförmig erfolgt. Man müßte also zum mindesten annehmen, daß dies Loch in der Atmosphäre, dessen Bestand überhaupt schwer zu erklären wäre, sich im Lauf der Zeit verschiebt. Der bekannte Astronom Antoniadi hat in der Zeitschrift Astronomie" die Meinung geäußert, dieser rote Flede sei das erste, noch in der Bildung begriffene Fest land, das auf der sonst noch flüssigen Oberfläche des Jupiter fich ausgeschieden habe. Wahrscheinlich schwammen auch die ersten Fest länder der Erde auf einer feurig flüssigen Masse.

Hier hat nun die Ausstellung eine geradezu beängstigende Fülle, so daß ich mir versagen muß, noch weiter in der Detailschilderung Bu gehen; ich werde in den folgenden Artikeln noch einiges hiervon aufgreifen. Auch die ethnologische Unterabteilung kann hier micht im speziellen besprochen werden; es sei deshalb nur ange­deutet, was sie enthält.

Sie führt uns zunächst in den Kulturkreis des Jslams und Beigt dessen wohlausgebildete und auch für Europa in vielfacher Beziehung vorbildlich hygienische Einrichtungen. Andere Abteilungen führen das vor, was Indien und Hinterindien , Ostasien in Hygienischer Beziehung an Anschauungsbeispielen bieten fönnen. Dann stoßen wir auf die Kulturwelt Altamerikas, von der wir kimmer noch verhältnismäßig wenig wissen, trotzdem sie vielleicht ebenso reich ist wie die Antite unserer Hemisphäre. Und schließlich Lernen wir von den Jäger-, Fischer- und Nomadenvölkern Asiens , Afrikas und Amerikas und von den Polarvölkern, von Volks­Stämmen auf Ceylon , auf Malatta, auf Celebes , auf Sumatra , auf Ben Andamenen und Philippinen, aus Australien , von den Zwerg­cassen Afritas fennen, was primitiver Zustand, Wildheit, vielleicht Armenschentum bedeutet. Manchmal wollte es mir scheinen, als wenn die Zivilisation ein zweischneidiges Schwert ist, als wenn sie in vielen natürlichen Dingen dem Menschen mehr nimmt als gibt. Manchmal aber faßt dem nachdenklichen Beschauer auch das Grausen bor dem Abgrund, aus dem die Menschheit emporsteigen mußte, um der Tierheit dumpfe Schranke zu überwinden und über die Welt, ihre Welt, herrschen zu können.

Hugo Hillig.

Kleines feuilleton.

Technisches.

Kinematographische Röntgenbilder. Ein Jdeal für die Erforschung des Menscheninnern wäre die Herstellung fines matographischer Photographien der einzelnen Organe, weil dadurch ihre Bewegungen in gesundem und frankhaft beeinträchtigtem Bu stand dem Auge sichtbar gemacht werden könnten. Auf dies Ziel hat sich daher das Interesse der Aerzte und der mit ihnen verbündeten Physiker und Techniker beizeiten gerichtet. Es find daher auch schon etwas mehr als zehn Jahre darüber vergangen, seit zum ersten Mele Dr. Carvalho im Justitut Marey in Paris solche Aufnahmen ausführte, zunächst freilich nur an Tieren. Durch diese Bilder wurden die Schluckbewegungen und die Bewegungen des Magens und der Därme an Fröschen und einigen anderen Tieren enthüllt. Die Schwierigkeit des Verfahrens beruhte darauf, Naturwissenschaftliches . daß gute Röntgenbilder nicht in so furzer Zeit zu erhalten sind wie Wafferfäferlarven und fleisc& freffende Pflan- gewöhnliche Photographien. Für eine finematographische Herstellung Auf die auffallende Uebereinstimmung, die zwischen den wird eine Geschwindigkeit von wenigstens 16 Aufnahmen in der fleischfressenden Pflanzen und den Larven verschiedener Arten von Sekunde für nötig gehalten, und das ist in der Radiographie nicht Wasserinsekten hinsichtlich ihrer Verdauungstätigkeit besteht, macht leicht zu erreichen. Nach einem zusammenfassenden Bericht im Dr. A. Koelsch im neuesten Heft des" Kosmos" aufmerksam. Die Lancet" hat jetzt Prof. Stirling eine Verbesserung eingeführt, die fleischfressenden Pflanzen überschütten bekanntlich Insekten, die an bielleicht zu einem großen Fortschritt leiten wird. Dabei wird ein ihren Blättern hängen geblieben oder in ihre Verdauungsschläuche Apparat mit hoher Spannung und ein besonderer Unterbrecher be Hineingeraten find, mit einer Flüssigkeit, die wie tierischer Magensaft mußt, der so arbeitet, daß die Röntgenstrahlen nur während der Zeit wirkt. Dieser verdauende Saft führt die komplizierten Eiweiß- der Aufnahmen wirken, dazwischen aber unterbrochen werden. Außer berbindungen des Tierkörpers zunächst in einfachere Eiweißsubstanzen dem bediente der Forscher sich einer Quarzlinse und eines Schirms, über und zerlegt diese wieder so, daß sie ohne weiteres in den auf den die Bilder geworfen wurden. Auch dieser Schirm war nicht pflanzlichen Stoffwechsel übernommen werden können. Die Ver- von der gewöhnlichen Art, sondern von eigener Erfindung. Auf bauung des Fleisches findet alio außerhalb des Pflanzenkörpers statt. diesem Wege fonnten bequem sechzehn Aufnahmen in der Sekunde Erst wenn die Nahrung vollständig präpariert und verflüssigt ist, erzielt werden. Außer an Fröschen wurde der Apparat an Affen wird sie durch Saughaare in den Stoffwechselkreislauf des Fleischfressers erprobt, bei denen die Bewegungen des Herzens, des Zwerchfells, übergeleitet. Eine ähnliche Ausnahmestellung, wie diese Kräuter des Magens, der Gedärme und anderer Drgane sichtbar erhalten im Pflanzenreich, nehmen nun seltsamerweise im Tierreich die Larven wurden.

Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW