den Seehügeln, wo die Jugend die Sommernacht hindurchspielte.Es war ja nur ein Darlehn l Pelle hatte ein Paar Schuhesür einen Bäckerlehrling zu versohlen, der mit Nilen zu-sammeii arbeitet! sobald die sertig waren, bezahlte er dieSumme zurück. Er konnte das Geld in der Kammer desMeisters unter das Zuschneidebrett legen: dort würde derMeister es finden, es mit einem köstlichen Ausdruck anguckenund sagen:„Was zum Satan ist denn das?" Dann würdeer an die Wand pochen und Pelle einen langen Unsinn vonseinen Zaubergabcn vortratschen, und ihn aufgeräumt hin-schicken, um eine halbe Flasche Portwein zu holen.Das Geld für das Versohlen bekam er nun nicht: dieHälfte hatte er für Leder ausgegeben und mit dem Rest hattees lange Beine, denn der Bäckerjunge war ein armer Tropf.Aber er zweifelte nicht an seiner eigenen Redlichkeit, derMeister konnte seines Geldes so sicher sein, als stünde es aufder Bank. Noch ein paarmal vergaß er es, kleinere Beträgeabzuliefern, wenn irgendein Bedürfnis unabweisbar überihni schwebte. Es waren ja alles Darlehn, bis die goldeneZeit kam. Und die war nie fern.Eines Tages kani er nach Hause. Der junge Meisterstand in der Haustür und starrte zu den treibenden Wolkenempor: er krallte die Hand vertraulich in Pelles Schulter.„Wir war doch die Sache? Kämmerers haben ja gesterndie Schuhe nicht bezahlt?"Pelle wurde dunkelrot, seine Hand fuhr in die Westen-tasche.„Ich hatte es vergessen," sagte er leise.„Na ja, ja!" Der Meister schüttelte ihn gutmütig,„nichtweil ich Dir mißtraue. Aber der Ordnung halber!"Pelles Herz pochte ihm wild im Leibe: er war geradeim Begriff gewesen, das Geld für ein Paar Strünipfe aus-zugeben, jetzt eben auf dem Ausgang— tvas dann? Und desMeisters guter Glaube an ihn! Auf einmal zeigte sich ihmsein Treiben in seinem ganzen schändlichen Verrat: sein In-neres war daran, sich umzukrenipeln, so aufgeregt war er.Bis zu diesem Augenblick hatte er durch alles hindurch dasGefühl seines eigenen Wortes gerettet, jetzt zerplatzte es:einen schlechteren Mensck?en als ihn, gab es auf der ganzenWelt nicht mehr. In Zukunft konnte ihn ja kein Mensch mehrglauben, und er selbst konnte niemand mehr frei in die Augensel)en, falls er nicht sogleich zum Meister hinging und sich undseine Schande auf Gnade und Ungnade auslieferte. Einedndere Rettung gab es nicht, das wußte er.Aber er war nicht sicher, daß der Meister die Sache vomgroßen Gesichtspunkt auffaßte und daß sich alles zum Gutenwenden würde, das Märchen hatte er ja aufgegeben. Dannwürde er ganz einfach weggejagt, vielleicht auf dem Rat-haus gepeitscht, und es war aus mit ihm.tLortjctzung jotgt.)(Nachdruck drrdolen.)Die Ginwanderer,Von Hermann Löns.lSchlutz.)Die drei Kaninchen unter der Erde lachten.„Was ist denn daloS?" fragte Hopps.„Sich, ich habe den dämlichen Spitz in dieDornen gelockt und die haben ihn gekämmt. Ich glaube, den Kötersind wir für eine Weile los."„Elaube ich auch," meinte Flitzchen,„denn er hat nicht schlecht gepfiffen." Ein Weilchen warteten sienoch im sicheren Vau, dann aber schlüpfte Hopps bis in die Dornen,sicherte lange und klopfte die anderen heraus. Sie ästen sich langein der Kleewiese und iiiachten durch ihr Hin- und Herhuschen diezwei Haufen, die seit Jahr und Tag dort ihre Besuchöstelle hatten,so nervös, daß diese ärgerlich nach dem anderen Ende der Wieserückten, und auch der Rehbock, der am Kopfe der Wiese immer aus-trat, wurde zu seinem Mißvergnügen die fremden Gäste gewahr,schimpfte mörderlich, daß es weithin klang und zog voller Verdrußden Hasen nach. Als es schon ganz dunkel war, bekamen dieKaninchen einen großen Schreck, denn es brach und knickte in demStangenort über dem Sandwege und ettvas gewaltig Großes zogüber die Heide nach den Feldern. Was es war, wußten sie nicht,denn dort, wo sie hergekommen waren, gab es keine Hirsche. Aberda seine Fährte nicht nach Mensch, nicht nach Hnnd und nicht nachFuchs roch, so rückten sie bald wieder aus der Dickung heraus.In acht Tagen hatten sie sich eingelebt. Außer ihrem Haupt-baue hatten sie sich noch hier und da ein halbes Dutzend Noirohregescharrt und zu dem großen Bau noch vier lange Fahrten mitmehreren Abzweigungen getrieben, deren Mündungen unter Baum-stumpfen und in den dichtesten Kiefernkusseln endeten.»Jetzt kannkommen, wer da will," meinte die kluge Witschel, und bei sich dachtesie:»Es ist auch gut, daß wir uns eingerichtet haben, denn zumScharren habe ich keine Zeit mehr." Von Tag zu Tag hielt sie sichmehr allein und sah immer magerer und ruppiger auS, und vent»HopPS ihr folgen wollte, ohrfeigte sie ihn, daß es nur so brummte.Und bald ging es ihm bei Flitzchen nicht anders; auch diese hielt fichtallein und Hopps saß allein in seinem großmächtigen Bau unddackste über die Launenhaftigkeit der Weiber nach und sehnte sichnach der Emsheid«, wo es nicht das eine Flitzchen und eine Witschel,sondern viele viele hübsche Kaninchenfräulein und-Frauen gab,alte und junge, dicke und schlanke, so daß ein Kaninchenherr, undbesonders ein so schöner, schwarz mit einer silbernen Blässe, sichnicht Tag und Nacht zu langweilen braucht.Eines Tages aber machte er ein ganz dummes Geficht unddachte:„Nanu, träume ich oder ist mir der zunge Klee in den Kopfgestiegen?" denn an der Quelle bei dem Dornbusche wimmelte esvon kleinen Kaninchen; sieben waren es, sechs graue und einschwarzes.„Die wollen wir uns doch einmal näher besehen," dachteer, aber da fuhr Witschel, die er gar nicht gesehen batte, hintereinem Farnbusche hervor und benahm sich so unfreundlich, daß erihr aus dem Wege ging. Drei Tage später traf er auf dem grafigenGestelle vor dem Stangenorte wieder junge Kaninchen an, zwarnur fünfe, aber zwei schwarze darunter, und als er sich die Kinderansehen wollte, bereitete ihm Flitzchen ebenfalls«inen üblenEmpfang. Aber schon nach acht Tagen liefen die Kleinen alleineund die beiden Mütter waren wieder nett zu Hopps.Drei Monate gingen in das Land, da sah die Kiefcrnbesamunganders aus, als an jenem Apriltage, an dem der Jagdausseher dieKaninchen ausgesetzt hatte. Ueberall war gescharrt, an den Wegen,an der Feldkante, in den Gräben, und überall lag Kaninchen-losung. Der Jagdpächter freute sich, weim er in der Dämmerungvon dem Hocksitze in der Eiche den Graben in das Glas nahm undüberall die Kaninchen hin und her flitzten, doch cS wunderte ihn,daß der starke Bock, der sonst immer hier austrat, fich nicht mehrspürte. Aber dem war es in der Besamung und in dem Stangen-orte zu unruhig geworden; Tag und Nacht rnschelte und raschelteund pochte und kratzte es, und überall roch es nach den fremdenTieren, und kein Fleck war, wo nicht deren Losung lag. Deshalbwar er in die Nachbarjagd ausgewandert. Auch die beiden Hasen,die fich sonst jeden Abend vorn in der Kleewiese ästen, waren ver-schwunden. Erst hatten sie tiefer in der Wiese geäst, als aber dieKaninchen auch dort das Gras mit ihren Pässen durchzogen, rücktendie Hasen auch über die Jagdgrenzc.Reineke Rowoß, der Schleicher, hatte es bald spitz, daß es inder Besamung ein neues Wild gab. Er gab fich zwei ÜNunate langdie größte Mühe, eins von den unbekannten Tieren zu erwischen,aber es gelang ihm immer vorbei. Und wenn er cs noch so scklauanstellte, sie entwischten ihm jedesmal und dann stand er vor demBau, schnupperte in die Fahrt hinein, zog Geschmacksfäden, wie einHund beim Hochzeits?jsen, scharrt« sich lahm und müde und zogschließlick hungrig und ärgerlich ab. Beinahe hätte er Flitzchen ein-mal geschnappt, aber da Hopste Hopps laut auf den Boden undFlitzchen schlug drei Halen und fuhr durch den Dornbusch zu Bau,der FuchS schrammte sich heftig an den Dornen und inachte, daß erweiter kam. Auch Griepto Hoihncrdeiw, der Habicht, hatte keinGlück bei den Kaninchen, und wenn er noch so listig an der Kanteder Besamung entlang strich. Jedesmal, wenn er fich sagte:„So,nun mache dein Testament!" dann witschten die grauen oderschwarzen Dinger in den Busch oder in ein Loch. Einzig und alleinDickkopp, der Kanz, hatte Weidmannsheil und griff, als er lautlosaus der Eiche abstrich, ein Jungkaninchen. Die anderen aber rettetenihre Bälge und wuchsen und gediehen und als ein neuer Frühlingin die Heide zog, da machte es nichts mehr aus, riß der Fuchs aucheinmal ein Stück oder griffen sich Kauz oder Habicht eins, denn eSwaren ihrer schon viel zu viele und alle vier Wochen wurden esmehr.Schon bald fingen die Bauern an, lange Gcsickster und rundeAugen zu machen, wenn sie die Gänge im Getreide sahen und einerklagte dem anderen seine Not über das neue llnzeng. Als es vonMonat zu Monat schlimmer wurde, rückten sie dem Jagdaufseherauf den Leib, aber der tat, als wüßte er nichts, und ebenso machtees der Jagdpächter, denn er sagte, ihm seien die Kaninchen selbstlästig, weil sie die Hasen und die Rehe vertrieben. So war esauch; seitdem Hopps, Witschel und Flitzchen und ihre Nachkommen-schaft und die Nachkommenschaft davon und deren Nachkommen undso weiter in den Heidbergen waren, hatten sich die Hasen nach undnach verzogen und die Rehe waren in die Rachbarjagd hinüber-gewechselt, die aus Bruch und Moorwald bestand und in der dieKaninchen nicht leben tonnten.Als es ganz schlimm wurde, veranstaltete der JagdpächterTreibjagden allein auf Kaninchen imd wenn auch den ganzen Tagüber geknallt wurde, auf zehn Schuß kam meist noch nicht einViertel Kaninchen, denn, wie der Jagdpächter sagte:„Vorn ist dasDeuwelszcug zu schnell und hinten zu kurz." Der Jagdaufseherkaufte Frettchen und Garne und ging ihnen damit zu Balge, aberin der dichten Besamung und bei den verzweigten Bauen, die allekeinen Anfang und kein Ende hatten, lohnte das auch nicht. Erstellte Tellereisen in die Röhren und an die Kratzstellen, aber dieKaninchen hatten den Schwindel bald heraus und sielen nicht mehrdarauf hinein, und als der Jagdaufseher SchwefeUohIenstoffbombcnin die Baue warf, hatte er erst recht keinen Erfolg, weil die Bauezu viel Ausfahrten hatten. Und daß er sich hinsetzte und sie aufdem Anstand abschoß, das brachte ihm nicht Schußgeld genug.So lebtcn denn Hopps, Witschel und Flitzchen lustig weiter undvon Jahr zu Jahr nimmt ihre Sippe zu. Längst haben sie die Ge«