Von seinen späteren Büchern nennt Rimestad die beiden zusammen- hängenden Novellen„Im ewigen Schnee' und..Urzeit-Nacht', so» Wie die ersten Stücke der Sammlung„Der Wolfsfelsen', die stoff- reichsten und reifsten. Sie wirken durch die herbe Knappheit ihrer Sprache. Falkberget gibt lauter karge Sätze, hart und prunkloS. Alles ist auf die direkte Mitteilung des Inhalts berechnet. Er nimmt sich nicht Zeit zu psychologischen Analysen, er malt keine Einzelheiten auS, hält sich so kurz als möglich mit Stimmungen auf, nie läßt da? Tempo nach. Ohne Umschweife sollen die Bücher wirken, einzig und allein durch die volle Wucht des Stoffes. Nndersen-Nexö ist eine reichere Natur als er, ein wirklicher Ro- »nanzier, der feine umfassendere Aufgabe meistert, gegen den norwe. Sischen Novellisten. Aber auch er hat sich gleich jenem aus eigener iraft emporgearbeitet und seinen Klaflengenosscn feine und tiefe Kunstwerke beschert, die von ihnen mit innerstem Verständnis und echter Dankbarkeit aufgenommen werden konnten; denn er hat dem ewigen Gefühl der Menschenwürde, da? im Letzten der Unter- brückttn nicht erstickt werden kann, mit unermüdlichem Zorn dichte- rischen Ausdruck verliehen. Sprachwissenschaftliches. Impfen und pfropfen. Heute werden Kinder geimpft, in Llterer Zeit nur Bäume. Er imphote daz firste ris sReiSj in tiutescher zungen; d& von sit este[nachher Weste] erspruhgen, von den die bluomen kämen— so sagt Gottfried von Straßburg in seinem Tristan (4736) von Heinrich von Beldeke, dem„Vater de? höfischen Heldengedichtes'. Natürlich ist hier das auS lateinischem imputare(impotus— Jmpf- teis) entstandene, über althochdeutsch impitSn, imphön zu seiner heutigen Gestalt gelangte Wort lediglich im Sinne von.pfropfen' gebraucht. Im gleichen Sinne sagt Melchior Sebiz in seinem, dem 16. Jahrhundert angehörenden Werke über Feldbau:„man pflegt zwischen Rinde und Holz zu impfen, wann die Bäum ansahen iren Saft zu überkommen', doch„soll man allzeit für eine gemeine Regul halten, da» man weder blüende noch fruchttragende Zweige impfen soll'. Der Uebergang de» ursprünglichen GärtiierauödruckS auf das bekannte Verfahren»n der Heilkunde vollzog sich erst im IS. Jahrhundert. Ein Impfling ist im ältesten Sinne des Wortes ein zu pfropfender Zweig, und ein Jmpfmeffer dient Ursprünglich dazu,„die Schoss[Schösslinge, Jmpfreiser) damit zu beschneiden und zu spitzigen". Impfen ist also im alten Sinne völlig wesensgleich mit pfropfen, hat dann aber feine gärtnerische Bedeutung völlig an dieses abgetreten. Pfropfen selbst aber ist ebenfalls römischen Ur« sprungS und geht auf das römische propagare— fortpflanzen gurück. Wenn man es nicht ohnehin wüßte, würden unS schon diese eiden Wörter darüber belehren, daß der Germane all diese gärtnerischen Künste— auch okulieren[von ooulus das Auge)— von den Römern übernommen hat. Naturwissenschaftliche?. Natur-Bibliothek. Saint- Simon teilte die Epochen des menschlichen Geistes in kritische und organische ein. Die kritischen sammeln und prüfen daS Material, die organischen fassen«S- zu einer höheren Einheit, zu einer Weltanschauung, zusammen. Dieser Einteilung folgend, kann man sagen, daß die heutige NaturerkennwiS mehr kritisch als organisch ist. Die mühsame Einzelforschlmg und die kritische Prüfung der überlieferten Theorien überwiegt Seute bei weitem daS nihige und breite Aufbauen auf >rund der gesicherten Erkenntnisse. Diese Sachlage übt einen weitgehenden und, wie ein jeder Freund der Naturaufklärung mit Bedauern seftstellen muß, einen ungünstigen Einfluß auf die populär-wissenfch östliche Schreibweise au». Hier ist jener breite, fast möchte man sagen, behagliche Zug der Natur schtlderung beinahe gänzlich entschwunden, der uns in den Werken eines A. v. Humboldt fasziniert. Und so ist eS mit Freude und Genug- tuung zu begrüßen, daß der bekannte Verlag von Theod. Thomas- Leipzig[Deutsche Naturwissenschaftliche Gesellschaft) sich der schönen Aufgabe unterzogen hat, gerade d i e von den älteren Werken unserer populär-wissenschastlichen Literatur neu inS Leben zu rufen, in denen jener künstlerische Zug der Naturbetrachtung besonder« stark ausgeprägt ist und noch heute frisch und lebendig wirft. Er hat bi» jetzt 23 Bändchen— zusammen 60 Nummern>n zwei Serien zu 25 eingeteilt— erscheinen lassen, von denen gerade die Hälfte die wahrhaft klassischen Werke von A. v. Humboldt und E. A. Roß- mäßler umfaßt. Es ist wahrlich nicht nötig, lang und breit auS- einanderzusetzen, welche nachhaltige Wirkung auf die deutsche Volks- bildung und nicht zuletzt auf die geistige Entwickelung der deutschen Arbeiterklasse Humboldts„Kosmos'— seinerzeit nach der Bibel das verbreitetstc Buch I— und die naturwissenschaftlichen Vorträge von Roßmäßler ausgeübt haben. Daß aber ihre Bedeutung keineswegs in der Vergangenheit erschöpft worden ist. erfährt ein jeder, der eines von den Bändchen der„Naiur-BIbliothek zur Hand nimmt. Die kurzen Einleitungen und die knappen Anmerkungen, die vom Herausgeber jedem Bändchen beigegeben sind, helfen über das tatsächlich Veraltete leicht hinwegzugehen und daS Unvergängliche desto reiner zu genießen. Bei der Auswahl hat der Heraus- geber— R. H. Francö— eine recht glückliche Hand gehabt. Von Kerantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Humboldt bringt die Bibliothek die besten Partien de» .Kosmos'— die zusammenfassenden Schilderungen des Sahn» ganzen, wo der universelle Geist des Forschers sich so recht in seiner ganzen Machtfülle zeigt, und dann die Beschreibung seiner epoche« machenden Reise nach Südamerika . Roßmäßler ist durch die „Vier Jahreszeiten', einige selbständige Bruchstücke aus seinem größeren Werk.DaS Wasser', durch»Flora im Winterkleide' und .DaS Süßwasseraquarium' vertreten. Eine Gruppe für sich, eine Art Neine alpinistische Bibliothek, bilden 5 Bändchen[7 Nummern), die meist schon vergriffene und teilweise leider auch vergessene Werke von A. Schaubach. Die deutschen Alpen', von H. A. v. Berlepsch.Die Alpen in Natur- und Lebensbildern' und H. v. Barth»AuS den nördlichen Kalk- alpen' in Auswahl wiedergeben. Auch diese Werke passen ganz gut mit den Schriften von Humboldt und Roßmäßler zusammen, da auch hier das anschauliche Schildern von Naturerscheinungen da» eigentliche Element ist. Besonder» läßt sich das von A. Schaubach sagen, desien Alpenbilder mitunter geradezu plastische Kraft besitzen. Etwa« aus dem Rahmen der.Natur-Bibliothek' herausfallend find, wie uns scheinen will, die Schriften de» rein chemisch« physikalischen Inhalt«, die Abhandlungen von I. R. Mayer, I. Berzeliu« und I. Dalton. Wenn auch die Ab- Handlungen von I. R. Mayer, dem Begründer der mechanischen Wärmelheorie, dank ihrer mustergültigen Klarheit selbst für den Laien durchaus verständlich find, so waren fi» doch keineswegs in populär- wissenschaftlicher Abficht geschrieben und er- fordern gegenwärtig zu ihrem richtigen Verständnis eine weit tiefere Kenntnis der Grundlagen der Physik, als fi« bei dem Leserkreise der Natur-Bibliothek füglich vorausgesetzt werden darf. In noch höherem Grade gilt daS für die chemischen Abhandlungen von Dalton und BerzeliuS , die unstreitig einen viel passenderen Platz in der Ost- waldschen Sammlung»Klassiker der exakten Wissenschaften' schon lange gefunden haben. Von den übrigen Bändchen wirken sehr anziehend zwei Bruch« stücke auS den„Botanischen Streiszügen auf dem Gebiete der Kulturgeschichte' von F. Unger :»Die Pflanze als Zaubermittel' und„Die Pflanze als Erregung?- und Betäubungsmittel'. Die schrecklichsten und unheilvollsten Verirrungen des menschlichen Geiste» spiegeln sich in verschiedenen Sitten und Gebräuchen, bei denen die Pflanze eine besondere Rolle spielt. Erwähnenswert sind weiter: Die Reisebeschreibungen von G. Keate und D. G. Forster, herausgegeben unter dem gemeinsamen Titel„Schiffbruch der Antelope",— ein größere« aus dem Englischen übersetzte? Werk von M. F. Maury,„Die physische Geographie des MeereS', und endlich eine gemeinverständliche, sehr verdienstvolle„Anleitung zum praktischen Mikroskopieren', die speziell für die Sammlung von N. C a m b e r a und M. Lenze verfaßt worden ist. Die gut ausgestattete, dabei verhällnismäßig billige[25 Pf. pro Nummer) Sammlung verdient die weiteste Verbreitung bei allen Naturfteunden. V. Th. Technische?. Das AronS'sche Chromoskop. Zur'Ergänzung unsere» Artikel» von F. L. über da» Chromoskop von Dr. Aron» wird un» geschrieben: AuS dem kurzen Artikel scheint hervorzugehen, daß F. L. der Erfindung deshalb die Neuheit abspricht, weil sie auf bekannten Naturerscheinungen beruht. Die Auffindung bisher unbekannter Naturerscheinungen bezeichnet man gemeinhin als Entdeckung, während neue Benutzungen bekannter Naturerscheinungen allgemein als Erfindungen bezeichnet werden. Die AronS'sche Konstruktion wird daher mit Fug und Recht eine„neue Erfindung' genannt und zwar ist sie eine solche von eminent praktischer Bedeutung. E. L. betont, daß man Karben sehr präzis und durchaus eindeutig bezeichnen kann durch Angabe ihrer Wellenlänge, und bemerkt, daß im Spektrum sich alle Farben vorfinden, die sich überhaupt nur denken lassen.— Die erste Bemerkung ist nur mit Einschränkung richtig, di» zweite ist direkt irrig; e» gibt außerordentlich mannig- faltige Farbentöne, die sich im Spektrum nicht vorfinden. Die bunte Mannigfaltigkeit der Farben, die wir rings um unS erblicken, und mit denen eS die verschiedenen Industriezweige zu tun haben, find nicht reine Spektralfarben, nicht einfache Bestandteile des weißen Lichtes, die durch ihre Wellenlänge eindeutig bestimmt find, sondern ein Gemisch sehr vieler Lichtarten, genau wie daS weiße Licht selbst. Andernfalls hätte die Färbereiindustrie längst Farben- skalen mit Benutzung der Wellenlänge aufgestellt. Eine solche An« gäbe ist aber bei Mischfarben nicht möglich, und deshalb ist die AronSsche Erfindung von so hoher praktischer Bedeutung. Denn die Farben, die da» Chromoskop liefert, sind genau von derselben Art, wie die im Leben un» begegnenden. e» find Mischfarben. die durch Unterdrückung und Schwächung bestimmter Strahlenarten im weißen Licht entstehen. Di« Erscheinungen selbst, auf denen die Erfindung beruht, find. wie F. L. mit Recht bemerkt, längst bekannt. Da» tut der Neuheit der Erfindung natürlich keinen Eintrag. Der Apparat ge» stattet, Farbennuancen in schier unerschöpflicher Fülle— ihre Zahl kannt leicht in die Millionen gesteigert werden— in.absoluter' Weise durch Angabe von 2 oder 3 Zahlen zu jeder Zeit und an edem Orte immer wieder herstellbar zur Erscheinung zu bringen. B. B. — Druck u. Verlag: LorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul SingerchCo.,Berlin ZW.
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28 (28.6.1911) 122
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