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Es war ein Loch im Vorhang, ein Finger fam heraus and fing an, sich nach den Zuschauern zu rund herum zu drehen; Lasse lachte. Verteufelte Komödie!" sagte er und schlug sich auf die Schenkel, als es sich wiederholte.
Es hat noch gar nicht angefangen," sagte Belle nur. Na ja," da dämpfte Lasse seine Laune wieder. Aber dann fing der Kronleuchter plötzlich an, in das große Loch der Decke hinaufzulaufen; da oben lagen ein paar Jungen auf den Knien und bliesen die Lampen aus. Und der Vorhang ging auf, und da war ein großer heller Saal, in dem sich viele schöne junge Mädchen in den wunderlichsten Kostümen bewegten, und sie sprachen! Lasse war ganz erstaunt, daß er verstehen konnte, was sie sagten, so sonderbar fremd jah das Ganze aus; es war ja wie ein Hineinguden in das Traumland. Aber ganz für sich saß da eine und spann, und das war die Schönste von ihnen allen.
Je mehr der Josef fich ausivuchs, desto mehr fam er dem Bruder bom Ortsvorsteher, dem Balthasar Deines, gleich. Oder schlug en mehr nach den zwei Brüdern, die der Niklas, der Bauer auf Müdlen, zu, auf seinem Hofe fizzen hatte? Schwarze Augen hatte er wie des Müllers Bruder unten vom Sammetbach, aber auch in das Geschlecht des Frauenhofbauers sah er hinein. Man war sich nicht einig, wem
er am meisten glich; sie waren sich eben alle untereinander ähnlich. Der Josef follte nun zum Militär. Mit Freuden wurde dieser Ausweg begrüßt. Das fonnte ja ein Glück für ihn werden: die stramme Zucht, das Aushaltenmüssen. Und wenn er sich gut schickte, fonnte er ja Unteroffizier werden und blieb dann dabei und konnte es zu Gott weiß was bringen! Die Scheidweiler wußten es felber nicht, daß es ihnen wie eine Laft vom Herzen fiel, wenn sie dachten,
er fäme nicht wieder.
Es war der letzte Tag vorm Rekruteneintritt; am Abend hatten fie fich zu sammeln an der drei Stunden entfernten Station der Eisenbahn. Heut stolzierten sie aber nicht so lustig einher, wie am Tage der Aushebung, da sie mit bunten Bändern an Stock und Hut und mit Sträußchen im Knopfloch geschmückt waren. Heute trugen fie's Bündel am Stecken über die Schulter, das Segeltuchtöfferchen in der Hand. Sie hatten zwar tüchtig getrunten, aber sie fangen nicht mehr laut. Es fam manchem härter an als er gedacht, Bater und Mutter zu verlassen und Mädchen und Heimatsort. Dem Josef kam es nicht so hart an, sein Herz hing an niemand. Der Noldes vom Kammererhof hatte ihn zwar noch trattiert im Wirtshaus; sie hatten ihn alle trattiert, der Hannes, der Peter, der Michel, der Hubert, der Deines, die Müdlener Brüder, die vom Frauenhofer und noch andere. Sie hatten ihm alle zugetrunken, ihn hochleben lassen, hatten ihm auf die Schulter geschlagen, auf den
Das is woll eine sehr feine Dame?" meinte Lasse. Aber Pelle flüsterte, es sei nur ein armes Waldmädchen, das der Schloßherr geraubt habe und nun zwingen wolle, feine Geliebte zu werden. Nun, alle die andern machten fchrecklich viel aus ihr, kämmten ihr goldenes Haar und lagen vor ihr auf den Knien; aber sie sah nur unglücklich aus. Und manchmal wurde es ihr so traurig, dann öffnete sie die schönen Lippen und ließ ihre Herzenswunde in einem Gesang berbluten, der Laffe so ergriff, daß er tief Atem schöpfen mußte. Da fam ein großer Mann mit mächtig rotem Bart hinein- Rüden geflopft und ihm noch heimlich was in die Hand gedrückt. geftampft, Laffe fand, er sei so gekleidet wie jemand, der geradenwegs vom Fastnachtsritt kommt.
Das ist der, der die feinen Stiefel bei uns hat machen Iasien, flüsterte Belle, der Schloßherr, der sie verführen will." Bfui Deubel, sieht der etlich aus!" sagte Lasse und spie Dagegen war der Steengaarder Bauer doch ein reines Kind Gottes!" Belle bedeutete ihn zu schweigen.
2]
( Fortsetzung folgt.)
Der Vater.
Bon C. Biebig.
( Nachdruck verboten.)
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der einen Taler und der einen Taler, dieser ein Fünfmartstüd, jener ein Fünfmarkstück, der eine ein Zweimarkstüd, der andere nur eine Mart, je nach Bermögen. Und der Michel hatte ihm zudem noch ein Kartenspiel von sich verehrt, das immer Glück brachte, denn der Kreuzbube hatte einen Daumenabdrud auf seiner Kehrfeite, alle hohen Karten ein feines Abzeichen, nur für den fenntlich, der eingeweiht war. Auch der Peter hatte den Josef beiseite gezogen und ihm ein Büchlein geschenkt: Sprüchlein und Gebete in allen Lebenslagen"; darin sollte er fleißig lesen, morgens und abends und auch noch tagsüber, dann konnte nichts Uebles ihm widerfahren. Der Peter war sehr gerührt.
Sie waren alle gerührt, denn sie hatten fleißig gezecht. Sie umarmten ihn und entließen ihn in das ferne Leben mit bielen Segenswünschen.
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Der Weg ging talab. Josef war den anderen vorauf, denn die schleppten wie schweres Gepäck den Abschied mit sich, sein Bündel aber war leicht. Er konnte es zudem kaum erwarten, zu den Soldaten in das lustige Leben zu kommen. Er klapperte mit den geschenkten Geldern und pfiff und fang, daß die Wände des HohlMit mächtigem Armschwunge mähte der Toni; troß seines ein wegs im Echo hallten. Da sah er an einer Wegbiegung Kammerers Foenig gebeugten Rückens ragte er hoch über den Aehren fie fielen Toni fiben. In dicken Schwaden. Und nicht müde wurde er, immer mehr wurden der Schwaden, immer mehr. Der Josef sollte raffen, aber es ging dem Mäher nie schnell genug. Der Bursche war lässig; Schweiß vann ihm wohl übers bräunliche Gesicht, aber er schaffte doch nichts. Das machte, er war nicht bei der Arbeit, wie man dabei sein muß; bald schielte er nach den Mädchen, die, in kurzen Röden, die Waden nackt, drüben verlorene Aehren auflafen; bald horchte er auf die Wachtel, die fern, wo der Feldrand an fühlenden Wald anstößt, vertraulich loďte.
Träum net! Faulenz net! Boran gemaach!" Der Toni brummte. Sein Blid ruhte, wie vordem auf dem Kind, jetzt auf dem Burschen, und doch nicht mehr ganz so. Eine leise Beunruhigung mischte sich mit hinein: Würde aus dem Josef auch was Tüchdiges werden?!
Daß der Josef nicht zur Landarbeit taugte, jah der Gemeinderat ein. Es war schade, es wäre das Bequemste gewesen; aber man fonnte den jungen Menschen ja auch ein Handwerk lernen lassen.
So tam der Scheidweiler Josef nach Offlingen zum Schmied; da sollte er den Tieren, die beschlagen wurden, die Hufe halten und ben Blasbalg bedienen, der das Feuer anfachte. Aber bald war er wieder zurück; er heulte laut:" Dän Maaster haot mech geschlaon au weh, au weh! Ech giehn net mieh daor, nä, ech giehn net mieh, liewer stärwen ech uf der Stell!"
Es war aber auch eine Frechheit von dem Offlinger, den Jungen fo auf das Ohr zu hauen, daß er jetzt noch nicht wieder darauf hören konnte so ein Grobian!
Man tat den Josef nun nach Sontheim in die Lehre, aber junges Blut braucht langen Saylaf, und beim Hontheimer hieß es schon morgens heraus vor Hahnenkraht. Auch von dort kam der Josef wieder zurüd.
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Er kam noch an manchen Ort in der Runde und kam wieder zurück, und mit der Zeit wurde es den Scheidweilern klar, daß das immer noch nicht das Richtige war für den Josef. Sie schüttelten freilich die Köpfe und waren verdrießlich: was hatte man doch für eine Wirtschaft mit dem Burschen! Aber was half's, man mußte eben so lange probieren, bis man das rechte traf. Den Josef focht das alles nicht an machten, sie würden schon für ihn sorgen! taschen, die lachende Unbekümmertheit der Geficht, fchlenderte er wieder durchs Dorf. bie eigenen neunzehn Jahre,
mochten sie sehen, was sie Die Hände in den HosenJugend auf dem runden Und mancher sah in ihm
Der faß auf einem abgestürzten Stüd Rallgestein am Straßenrand, hatte die Füße im Herbstlaub stehen, beide Hände um den Knopf feines Stodes gelegt und das Kinn drauf gestützt. Seine Mühe und das rotbunte Sadtuch lagen im Gras. Er hatte nicht Acht, daß ein Schlänglein fich dicht dabei aufgerollt hatte, unverwandt kehrte er sein Geficht dem Kommenden zu. Als der Josef an ihm vorbei wollte mit furzem Gruß, stand der Toni auf und fagte langsam, so langsam, als holpere jedes Wort wie der Fuß über Felsgeröll: „ Ech wollten der aach noch ebbes zum Abffchied faon!"
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Duh sein ech net neugierig!" Der Bursch lachte auf. Was machte der Zoni denn für ein Gesicht, halb freundlich, halb sauer? Adjes," sagte er ungeduldig, strecte nur rasch dem andern die Hand noch hin. Da fühlte er sie umschlossen wie von Eisenflammern. Des Toni Finger, von Arbeit hart, hielten fest; ihr Druck tat Areizfnippchen!" Der Bursche riß rasch seine Hand heraus. „ Adjes, adjes!"
weh.
Er wollte davon, doch der andere ließ ihn nicht gehen, hielt ihn jetzt bei der Schulter, so fest, daß des Josef Kraft sich nicht los winden konnte, und sah dem jungen Menschen starr ins Gesicht mit einem spähenden Fragen, einer bangenden Unruhe.
War der verrückt? Oder betrunken? Laoßt mech doch los!" Da lockerte sich der feste Griff. Der Toni trat einen Schritt zurüd, in seinem Ledergesicht arbeitete es, er machte den Mund auf, schloß ihn wieder und tat ihn doch wieder auf.
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Zum Kodud, wat wollt Ihr dann?"
Reist!"
Der Bursch fing an unbändig zu lachen, obgleich er fast ärgerlich war. Nichts wollte der?! Und darum saß der hier weit draußen am Weg und ließ ihn nicht weiter? Nun aber schnell! Immer noch lachend setzte sich Josef in Trab .
Da schrie der Toni Kammerer hinter ihm drein wie in wach sender Angst: Bleito brab, Jong! Bleiw noren brab!"
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Nun war der Josef schon eine lange Weile beim Militär. Die zu Scheidweiler warteten immer, daß er schreiben würde:" Ich bin Gefreiter geworden." Sie wunderten sich, daß ers nicht schrieb. Er hatte doch oft genug geschrieben; sie hatten alle ein Briefchen aufzuweisen,