Wruder, der JakoV, schüttelte den Kopf: Ein komischer Kerl, der Toni, was störte ihn denn der Josef beim Wirtshausgehen?! Sie Verstanden ihn alle nicht. Aber der Toni fuhr fort, ganz flüssig, er mußte eS sich oft genug vorgesagt haben:„Dan Josef gift mit der Zeit en Lump. Mer darf dat net leiden. Et is dat einzige, hän krieht en Frau. En ordentlich Weibsbild, dat hän in Räsong hält. Ech kenner ein'. Arm is se, äwer se is en ordentlich Mensch. Et is die Luzia, die beim Müller unnen am Sammetbaach dient. Ech haon als met ihr gered't. Se duht et. On dat—" er zog immer mit der gleichen feierlichen Miene aus der Tasche ein Lederbeutelchen und setzte es Jo fest auf den Tisch, daß man die Geldstücke drin klappern hörte yiit silbernem Klang—„dat gewen ech derzu." War der Toni verrückt? Der Kammercrhofbauer sprang von Ler Bank in die Höhe: Nein, das litt er nicht, litt er unter keinen Umständen, daß der Bruder sein bißchen Erspartes also vertat! Aber der Toni blieb fest, ein hartnäckiger Wille sprach aus dem ruhigen Blick seiner Augen, aus der ein wenig gekniffenen, schmalen Linie des Mundes: Das schenkte er dem jungen Paar. Und was gaben die andern dazu? Fragend sah er sich um. Der war wohl närrisch?! Die ganze Geschichte war vom Toni Verrückt, so verrückt, daß man sie ja kaum glauben konnte! Der Toni Kammerer hatte sich gereckt, sehr ernsthaft sah er der Reihe nach die Dorfältesten an. Er hob wie bittend die Hände: „Gäwt ihm en Frau! Helft ihm derzul Ech haon et bedaach un bedaach so manniche Nacht— et kann ihm neist anneres nutzen. Vor en ordentlich Fraul" Es war komisch, daß der griesgrämige Junggeselle so warm fürs Heiraten sprach. Und doch lachte kein Mensch. In des Toni Augen war ein Glanz gekommen, ihm, dem Wortkargen, flosien heut die Worte vom Mund, sie strömten dahin wie ein Bach, der sich endlich vom Eise befreit hat. Peter Deines sah nachdenklich drein: hm, ja, dem Toni schien die Sache wirklich am Herzen zu liegen, und man hatte doch nie gewußt, daß der um den Josef sich kümmere. Aber recht hatte er — gut war es von ihm und klug— sicherlich war es das Beste, Van spannte den Josef ins Ehejoch.-- (Fortsetzung folgt.Z Rclnbold ßegae. Eine Weltberühmtheit, von der es still geworden ist, feiert am IS. Juli den achtzigsten Geburtstag. Es ist kaum zu viel behauptet von den eingeschworenen konservativen Bewunderern, daß wie Rauch in der ersten, Begas in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahr» Hunderts die deutsche offizielle Plastik beherrscht habe. Sagen wir statt dessen preußische und kaiserliche Plastik, so stimmt es sogar ganz genau. Es gibt eine Gegend im Zentrum Berlins , wo man aller hundert Schritte über ein Werk von Begas stolpert. Das Schillerdenkmal vor dem Schauspielhaus, die Gruppe an der Börse, in der Ruhmeshalle die Borussia. Das große Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm gegenüber dem Schloß, die Grabmäler Kaiser riedrichS und Bismarcks in Raschdorffs schlimmem Dom, die ermania auf dem Reichstagsgebäude , das Bismarckdenkmal davor und der Neptunbrunnen am Schloß! Braucht es mehr, um zu be- legen, daß Begas der offizielle Bildhauer des preußisch-deutschen Imperiums ist? Alles Mehr an Geist und Können zugegeben, feit 1870 rückte er immer deutlicher in die gefährliche Parallele mit Anton von Werner , er wurde der Repräsentant kaiserlich aner» kannter Hofkunst„Unser Michelangelo!" Vor dem Krieg 7t), in den er— schon eingezogen— wicht mit mußte, weil er den Schiller, der mir von all seinen Berliner Denkmälern das relativ liebste ist, zu vollenden hatte— vor 1870 tvar Reinhold Begas aber auch einmal ein Kunstrevolutionär! In den fünfziger Jahren Freund und Ouartettgenosse der Feuerbach und Böcklin in Rom , waren seine sinnenfrischen, lebendig bewegten Genrcplastiken, die immer mehr als aus der Antike aus Barockgefühlen ihre Stilanregung zogen, ein erfrischender Gegen- stoß gegen den mattlebigen preußischen Klassizismus derer, die auf Schinkel und Rauch gefolgt waren. Und der kräftige Realismus, der aus starker Sinnlichkeit dieses lebensfrohen Hünen kam, hat ihn dann später noch etwa in der Büste Menzels und der Moltkes Werke schaffen lasten, deren teilweise Aeußerlichcs wir ja heute auch schon sehen, die wir aber doch als lebendige Leistungen zu respektieren haben. Auch im Neptunbrunnen am Berliner Schloß ist etwas von dem saftigen derbfrohen Leben, da» aus so mancher massiver Barockplastik zu unfern Sinnen spricht, ohne unsere Seele groß weiter zu bewegen. Sobald aber die Aufgaben später mehr verlangten, versagte Begas . Das ist wohl seine Klippe, daß es unter dieser starken künstlerischen Sinnlichkeit, dieser frischen Kraft keine Tiefen gab, kein wesenhaftes und eigentümliches inneres Erleben war, das seine Formgebilde prägte.„Kraft" allein genügt noch nicht zur Monumentalität. Das beweist so recht Begas ' Berliner Bismarck. Um den forschen Mann da oben wird sichtbar lscine Wirkung störend) ein Athlet mit einer Kugel, eine lesende Frau auf einer Sphinx, eine mit einem Tiger. Sie alle„bedeuten" natürlich etwas, der Mann einen Atlas und so weiter, sie sind„A"egoricn". Ran Sagt nicht den Vergleich mit den Gefestelten am Sockel des Großen Kurfürsten boN Schlüter. Die sprechen unmittelbar, sind! Symbole! Es ist das leer Dekorative, das prunkhaft Aeußerliche, das auch den entsetzt, der die Dinge rein als Kunst sieht, das heißt daraufhin, ob die vorauszusetzenden Gefühle hier stark, eigen und ehrlich gestaltet sind. Das Nationaldenkmal für Wilhelm l. ist nicht einmal als rein dekorative Prunkanlage zu retten. Es gibt auf einem ziemlich engen Räume eine Mastenentfaltung, die vielleicht am Ende einer Via triumptialis einen gewissen repräsentativen Effekt machen könnte. Vielleicht ist auch aus dem ersten Stock des Schlosses ein leidlich geschlossener Eindruck zu gewinnen. Was der gemeine Sterbliche sieht, ist von der Vorderseite außer dem Sockelreiter eine Architektur,� die überall mit Durchblicken durchbrochen ist, deren Masten möglichst aufgelöst sind und deren viele historische Schmuckformen und bekrönende plastische Gruppen aufgeregt durch- einander schrck�i. Von der Rückseite, von jenseits des Spree - kanals, hört sich dieser Formenspektakel noch wirrer und unhar» monischer an. Welch unklares, lächerliches Gezappel der Silhouette geben diese Adler, diese Embleme, diese fahnentragenden Rosse- lenkerinnen usw. Und sehen wir die Dinge einzeln, so ist ihr SchönheitsrhythmuS ein leerer„Schmiß", den man wirklich ohne alle Bemühung tieferer geistiger Kräfte zu„treffen" vermag. Ist nicht etwas von der Selbsterkenntnis solchen Sachverhaltes aus den jüngsthin getanen Aeußerungen des nun achtzigjährigen Künstlers zu hören:„Begas rühmt sich nach, daß ihm eigentlich niemals von der Stirne heiß der Schweiß geronnen sei, im Grunde habe er immer lieber gemalt und musiziert und das Leben gepackt, wo cS am interessantesten sein soll. Wenn aber der Geist oder ein hoher Besteller über ihn kam, habe er in Tagen und Wochen ge- schafft, worüber sich andere Jahre quälen." Die Kunst, als Mittel ein schönes und interessantes Leben zu haben— auch eine Auffassung l Aber wo ist der wirklich Große, der seine Kunst so sah? Innerhalb der kaiserlich preußischen Hofkunst ist aber der heute Achtzigjährige noch immer der weitaus Bedeutendste. C, M, Die GebeimmlTe der Cbcops- pyramide. Seit vier Jahrtausenden fast blickt nun die Cheopsphramide. dieS ehrwürdige Wahrzeickicn uralter ägyptischer Kultur, herab auf das Treiben der kleinen Menscklcin, die zu ihren Füßen Schlachten schlugen und Feste feierten. Während all dieser Zeit hat sie in ihren, Inneren Geheimnisse verborgen, deren tiefes Dunkel erst jetzt ganz gelüftet wird. Die Lösung dieser Rätsel, die die Pyramide der Wissenschaft und der Menschheit aufgegeben, ist hauptsächlich der langjährigen Arbeit eines amerikanischen Archäologen Dow C o w i n g t o n zu danken, der seit 1902 sein'Zelt im Schatten der großen Pyramide aufgeschlagen hat, ihr Inneres, ihre„Ein- geweide" gleichsam, mit rastlosem Eifer durchsucht und noch jetzt damit beschäftigt ist, die letzten Gänge und Galerien des Riesen- baues von den Trümmern der Jahrtausende zu befreien. Wie der Gelehrte in einem ausführlichen Bericht über seine neunjährigen Forschungen mitteilt, sind ihm bereits bedeutende Entdeckungen ge- lungen, die sich sowohl auf die ursprüngliche äußere wie auf die innere Gestalt der Pyramide beziehen. Die Arbeit der Maurer ist an diesem Meisterwerk der Technik noch heute so bewundernswürdig wie vor 4000 Jahren. Zwanzig Jahre lang haben 100 000 Arbeiter diese Steine geschichtet, haben dieses Fundament von 701 Fuß Aus- dehnung gelegt, die 210 Steingänge gebaut aus prächtigen Kalksreinblöcken, 85 Millionen Kubikfuß Stein sind dabei ver» wendet worden, ohne alle Hilfsmittel und Maschinen, wie sie die moderne Baukunst besitzt. 2 300 000 einzelne Blöcke etwa waren es, die zur Errichtung des Bauwerkes notwendig wurden. Wienach ihrer Vollendung die Außenseite der Pyramide beschaffen war, hatte man bisher nicht gewußt. Nur daß der ursprüngliche Steinbelag fort tvar, stand fest; er ist durch die Jahrtausende hin fast völlig abgetragen worden und hat dazu gedient, so mancher Moschee von Aegypten ein prächtiges Gewand zu verleihen. Covington gelang es dadurch, daß er die an der Pyramide aufgehäuften Trümmer beiseite schaffte, die einzige noch völlig unberührte Stelle an der nördlichen Basis zu entdecken, die von der gütigen Hand der Zeit den räuberischen Steinsuchern ver- borgen worden war.- So konnte er denn feststellen, daß die ganze Pyramide früher mit weißem Kalkstein bedeckt war; sie muß so einen wundervollen leuchtenden Anblick geboten haben: als das Grab des Cheops fertig war, schimmerte es so weiß wie ein Marmorpalast unserer Tage. Heute ist diese Pracht ge- schwunden. Bei der Wegschaffung der Trümmerhaufen, die diesen weißen Belag verdeckten, wurden interessante alte Reliquien gciunden. GHenstände aus Bronze und Terrakotta, zwei Wagen, wie sie Maurer gebrauchen, uralte Flaschen, die wohl die Arbeiter in der glühenden Sonnenhitze geleert haben mochten. Nach der glücklichen Ansllärung des ursprünglichen Aeußeren der Pyramide wandte sich Covington der Erforschung des Inneren zu. Als Zugang benutzte er jenen gewaltsam gebrochenen Weg, den der Kalif Mamun 818 n. Chr. angelegt hatte, um als Erster in bt»
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28 (15.7.1911) 135
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