Sie hoV, tftif die Stuben titt weisend, die Hand, z? elend zum Sprechen i für Klagen war ihr Jammer zu groß. Der Toni schritt zur Stubentür, die Diele ächzte unter seinem Tritt. Er trat ein, er zog die Tür wieder hinter sich zu. Er mutzte allein sein mit fich und dem Josef. Auf dem Bett lag eine Gestalt, in der konnte er den Josef nicht erkennen; er hätte auch bei hellerem Licht ihn nicht mehr erkannt. Aber die Stimme war es seine Stimme wenn sie auch heiser klang, wie aus einer vom vielen Branntwein verengten Kehle. «Wer is da?" lallte der Mensch. Es klang wie Röcheln. »Moacht Euch ab, oder ich treten Euch die Kaldaunen ein!" Verwirrt stand der Alte mit offenem Mund, ganz blöde blieb er bewegungslos so. «Sperrt Eure Brotlade zu," schrie der auf dem Bett mit rohem Ton. Und dann schimpfte er:«Hat die Kalle's Maul nicht ge- halten hetzt se mir den Schindollett) auf den Hals?! Wart', Ka- naille, wenn ich wieder rauskomme!" Er fuchtelte mit beiden Fäusten:«Ich schlagen dech dot un wenn se mich auch einlochen drum. Das wird mcr gewohnt!" «Ech sein kein Schendarm!" Der Toni schüttelte ernst den Kopf. Der Mensch richtete sich ein wenig auf den Ellbogen auf, arg- wöhnisch starrte er für ein paar Augenblicke den Alten an; nun schien er ihn zu erkennen, mit einem beruhigten:«Ah, Ihr seid et," fiel er schwer wieder auf das Bett zurück. Wich kömmste hör?" Der Toni sagte es leise. Es war eine Angst und ein Vorwurf in seinem Ton, aber die Angst war grötzcr, fie war es, die den Ton kaum aus der Kehle lietz und die Stirn schmerzlich zusammenkrampfte. ,,Wat geht et Euch an?" brummte verdrossen der Mensch. Aber dann schien doch ein Mitteilungsbedürfnis über ihn gekommen, eine Art von Prahlsucht:Ech komm har, wo die Schnorrer loschie- ren, wo die Schinnägler�) Erde karren, wo die jungen Raben3) dat Singen lernen!" Er schlug mit der Faust dreimal gegen die Wand, an der das Bett stand; Mörtel- und Kalkstaub lösten fich, mit unheimlichem Knistern rieselte es nieder hinter das Bett. Ein Krach folgte das Marienbild war vom Nagel gehüpft, es klirrte ijl Scherben. Das Marienbild wollte ihn nicht mehr sehen, die Heilige hatte sich von ihm gelehrt! Ein plötzliches Entsetzen erschütterte den Alten, er versuchte seine bebenden Hände zu falten, aber er konnte es nicht. Hier half auch kein Beten mehr. Mit weit aufgerissenen Augen hörte er zu, was der Mensch weiter sprach. «Zu Brauweiler steht en stattlich Haus, da is mer ganz gut drin aufbewahrt, wann mer kein anner Dach mehr überm Kopp hat. Da lernt mer stricken un weben un Stuhl' flechten, un" der Mensch lachte, datz es den Hörer kalt überlief'«un noch wat anneres. Von Braulveiler nach Sirgburg is et net weit, nur ein Sprung, un mer sitzt hoch in der Burg3) da." «Tau haS dau has im Kaschott gesätz?" Ter Toni stotterte Mit gelähmter Zunge. Der Micnsch lackte frech und streckte fich dann lang.Latzt mich in Ruh!" Jessas Maria, duh neist OnrächteS! Josef, Josef, ech bitten dech!" Der Toni hob flehend die Hände. Seine ganze Seele schien ins Auge getreten, in die grauende Dämmerung hinein bohrten fich seine Blicke. Er sah, sah, sah, und ein rauhes Aufschluchzen hob seine Brust das war der Josef, da lag er auf dem Bett! Er trat näher zum Bett heran. Der Mond schien nickt mehr, er war untergegangen, nur«in bleich-ttübes Morgenlicht legte «inen schmutzigen Schimmer über das verwüstete Männeroesicht. In grauen Büscheln stand das Haar struppig vom Kopf ab, die Mundwinkel waren schlaff heruntergezogen ein böses Maul. Jetzt lachte der Mensch nicht mehr, er sah müde ans, verfallen und abgehetzt, wie gesunken von Stufe zu Stuf«. Seine Fütze waren mit Lumpen umwickelt, die waren wohl wund?! Ein ungeheures Mitleid wurde im Toni wach: wer wollte, wer durfte hier rechten? Oh nein, er rechtete nicht! Hatte der Anna Sohn einen Vater gehabt einen Vater anstatt der vielen, er läge jetzt so nickt hier! Der Toni barg das Geficht in den Händen. Ein Vater, ein Vater, was würde der jetzt Wohl tun?! Dem Toni knickten die Knien ein. Wie ein Blatt am Baum, das bald fallen wird, das wehrlos zittert unterm Windesstotz, zit­terte der alte Mann; er kniete am Bett mit verhülltem Gesicht, niedergeworfen vom Gefühl der Verantwortung, niedcrgebrochcn von einem Schmerz, wie nur der Vater ihn fühlen kann. Der Josef kehrte sich an den Alien nickt mehr, er blies durch die Nase, er brummte gähnend:..Ruh' jetzt!" Eine Weile blieb es ganz still, man hörte nur nebenan das Weib leise weinen und da» Kindchen sprechen, das die Mutter trösten zu wollen schien. Der Toni hielt immer noch das Geficht in den Händen; was er alles dachte, wußte er selber nickt. Sein ganzes Leben schoß blitzgcschwind an ihm vorbei der Tod loar ihm nicht fern mehr er überdachte noch einmal alles. Und wie der Ertrinkende im letzten Augenblick blindlings nach Rettung hascht, so tastete auch seine Seele verzweifelt umher und fand einen Halt, einen starken Halt das war die Liebe, *1 Gendarm.*) Arbeitshäuslcr.*) Jünge Gapncr.«) Zuchthaus . Und die Liebe sah in das schreckliche Gesicht auf dem Belke dch sah, was auf jener Stirn noch verderblich drohte, was in jene« Mundwinkeln gefährlich lauerte. Der Toni hatte die Hände jetzt sinken lassen, er sah so klar: noch waren struppige Haarbüschel dq auf des Josef Kopf, aber wie lange noch, und sie scharen ihn kahl« so kahl wie die- Zuchthäusler sind. Er kriegte das Zeichen nnge* brannt, er faß hinter Eisenstäben hoch auf dem Berge. Ein Schau« der rüttelte den Toni: das durfte nicht sein! Er erhob sich von den Knien. Seine Hand griff wie suchend umher leere Lust Schemel Bett die Gestalt auf den« Bett schlafend lang ausgestreckt da war die Kehle da war die Brust hier schlug sein Herz! Der alte Mann zitterte jetzt auf einmal nicht mehr, seine tätige Kraft war ihm wiedergekehrt. Es mutzte fein! Er setzte die Zähne aufeinander. Einen Augenblick des Ueberlegens noch, dann führ sein« Hand in die Tasche. Und sie zog das Messer bedachtsam heraus, ein starkes Messer, das härtestes Holz durchschnitt, und sie senkte es langsam, langsam und doch mit kräftigem Stoß dort hinein, wo das Herz des Scheidweiler Josef schlug. Ter gab keinen Laut mehr. Und wie damals hinter dem Beichtstuhl in der Kirch« versteckt« stand der Toni Kammerer jetzt. Beruhigung glättete seine Stirn« eine heilige Zuversicht machte fie frei: Besseres hätte auch der Vater nicht für den Josef tun können! Ties war das Beste, Die groken pbyftfccn «Große Menschen sind Inhaltsverzeichnisse der Menschheit", kann dieser Ausspruch Hebbels irgendwo anders mit größerem. Fug und Recht angewandt werden, als in bezug auf jene Forscher, die ihre Tätigkeit auf dem Gebiete der Naturwissenschoftcn ent- falten? Denn chier mehr als irgendwo werden große Ergebniuc nur durch Anhäufung mühsamer Einzeluntersuchunge» erzielt, und epochemachende Ideen leuchten nur auf dem dunklen Grunde der mißlungenen oder halbgelungcncn Versuche der Minderbegabten Vorgänger eines großen Mannes. Dieser Sachverhalt ist stets jedem biographischen Werk gegenüber im Auge zu behalten, denn hier wird naturgemäß mehr Hauptgewicht auf die persönlichen Leistun- gen des einzelnen als auf dir geschichtlichen Zusammenhänge ge- legt. Wir brauchen also nicht dem ileinen biographischen Sammel- werk: Prof. Dr. F. A.Schulze : Die großen Physiker und ihre Leistungen(Teubners Sammlung: Aus Natur und Geistcswelt, 324. Bändchen), das vor uns liegt, aus einer gewissen Ucberfchätzung des Persönlichen gleich einen Vorwurf zu machen. Umgekehrt: ohne eine starke Betonung des Individuellen umre jene abgerundete Geschlossenheit und Plastik in der Darstellung nicht zu erreichen, die besonders in der Lebensbeschreibung von M. Fa» raday so wohltuend wirkt. Das Büchlein bringt uns fünf Lebensbilder: von G. Galilei', I. Newton, Chr. Huvgens, M. Faraday und H. Helmholtz . Die ersten drei fallen in das siebzehnte, teilweise sogar in das sechzehnte Jahrhundert. Sic bilden unstreitig die wirklichen Höhepunkte der damaligen, für die weitere Entwickclung der gesamten Naturwisscn- ichaft so ungemein wichtigen Forschungsepoche. Was Galilei mit seinen Fallgesetzcn, Newton mit dem Gesetze der allgemeiner. Gra- vitation und Huhgens mit der Wcllenthsorie des Lichtes für den Aufbau der theoretischen Physik geleistet hatten, das bleibt in der Hauptsache auch heute bestehen, gehört zu dem eisernen Bestände der Naturwissenschaft. Der stolze Bau der mechanischen Natura«» schanung von demWeltsystcui" des Laplace bis zur Herzschcr, Mechanik" ruht auf dem Fundament, das von diesen drei großen Geistern errichtet worden war. Das neunzehnte Jahrhundert, das die Physik mit den zwei grundlegenden Errungenschasten bereicherte: mit der Erforschung der elektrischen Erscheinungen und dem Prinzip der Erhaltung der Energie ist in der vorliegenden Arbeit durch zwei Forscher vertreten, Michael Faraday und Hermann Helmholtz . Michael Faraday ,Großmeister der Experimentierkunst", ein echter Sohn des Volkes, der es vom Laufburschen bis zum Präsidcntei' der Royal Society (Königliche Gesellschaft) brachte, dem die Wissen- schaft großartige, kaum bis heute noch vollständig gehoben« Schätze von Entdeckungen und Ideen verdankt, verdient durchaus den Ehrenplatz, den ihm der Verfasser angewiesen. Die theoretischen und technischen Entdeckungen auf dem Gebiete der Elektrizität, die gegenwärtig die gesamte zivilisierte Welt in Atem halten, sind zu einem nicht geringen Teile auf die Anregungen zurückzuführen, die die Wissenschaft von diesem genialen Manne empfangen. Ist also das Recht von M. Faraday , in die Gesellichaft der großen Physiker aufgenoinmen zu werdet«, tatsächlich unbestreitbar, so läßt sich das in bezug auf Helmholtz nicht so zweifelsfrei behaup­ten. Die Bedeutung dieses Mannes beruht in erster Linie auf seinen Forschungen zum Ausbau des Prinzips der Erhaltung der Energie, dann aber auf seinen clcltrodhnamischen und physiologi- scheu Untersuchungen. Was nun das erste anbetrifft, so scheint uns, daß eS gerechter wäre, nicht Helmholtz , sondern I. R. Mayer den ehrenvollen Platz einzuräumen, da doch»er der Erste war, der den Gedanken, welcher für unsere heutige Naturwissenschaft charaktzh,