tun, die Hosen in die Höhe, schielten einander verlegen an und fluchten. Aber unten auf dem Boden des großen Beckens gingdie Kraft" allein umher und reeierte. Er schien von seiner Um- gebung so wenig zu wissen wie ein Kind, das von einem Spiel in Anspruch genommen ist: er hatte seine eigenen Ziele. Aber was das war, war nicht gut zu wissen. In der einen Hand hielt er ein Bündel Dynamitpatronen, mit der anderen stützte er sich auf eine schwere eiserne Stange. Er war langsam und gleichmäßig in seinen Bewegungen wie ein schwerfälliger Bär. Wenn er sich aufrichtete, riefen die Kameraden ihm gallig zu, sie würden kommen und ihn in kleine Stücke zer- reißen, wollten seinen Magen aufschneiden, so daß er seine eigenen Eingeweide riechen könne, würden ihn mit ihren Messern zurichten und die Wunden mit Höllenstein einreiben, wenn er nicht gleich seine Waffen niederlege und sie an ihre Arbeit kommen ließe. «Die Kraft  " würdigte sie keiner Antwort. Vielleicht hörte er sie gar nicht. Wenn er das Gesicht erhob, schweifte der Blick in die Ferne, geladen mit einer wunderlichen Wucht, die nicht menschlich war. Das entsetzlich todmüde Gesicht wies weiter weg in seiner Traurigkeit, als wohin irgend jemand folgen könnte.Er ist wahnsinnig," flüsterten sie,Gott   hat ihm den Verstand genommen." Da beugte er sich wieder über sein Vorhaben, es sah so aus, als bringe er die Patronen unter der großen Mole an, zu der er selbst den Vorschlag ge- macht hatte. Aus allen Taschen zog er Patronen hervor. Darum also hatten sie ihm so sonderbar vom Leibe abge- standen. Was zum Teufel will er nur? Die Mole in die Luft sprengen?" fragten sie und versuchten hinter die Schlippe zu schleichen, um ihm von himen beizukommen. Aber er hatte überall Augen: bei der geringsten Bewegung, die sie machten, war er mit seiner Eisenstange da. lLortieyung tolgt.s! JVIicbad faraday.*) England, das der Welt den großen Newton, den Vater der Mechanik geschenkt hat, ist auch die Heimat eines Naturforschers, dem die Physik eine Fülle der wunderbarsten unerwartetsten Eni- deckungen verdankt, die den Al stoß zu einer gänzlichen Umwälzung der Lehre vom Magnetismus und von der Elektrizrät und zu einer EntWickelung dieser Wissertschast gegeben haben, wie sie sich groß- artiger kaum denken läßt. Dieser Naturforscher ist Michael Faraday  ,»der König der Experimentatoren". Erst vor etwa 20 Jahren hat die auf ihn zurückgehende Epoche der Physik durch die Versuche von Heinrich Hertz   einen gewissen Abschluß gefunden. Und jetzt leben alle Physiker vkllig in den Ideen und Anschauungen, die Faraday   zum ersten Male geäußert hat, geleitet von einer staunenswerten Begabung, intuitiv den Zusammenhang zwischen scheinbar ganz voneinander gelrennten Naturerscheinungen zu er- fassen. Aber nicht nur die reine Wissenschaft, auch die Technik ge- meßt heute, was Faraday   der Natur abgelauscht hat. Seine Eni- deckungen haben in ihren Folgen tief in das wirtschaftliche Leben der Völker eingegriffen. Wenn uns heute die elektrischen Zentralen «ller größeren Städte elektrisches Licht liefern, der Berkehr durch elektrische Straßenbahnwagen ,n ungeahnter Weife zugenommen hat, und in dieser Industrie Tausende Brot und Be'chäftigung finden, Telephonanlagen bequemste unmitte'bare Verständigung über weite Entfernungen ermöglichen, die elektrische Energie in weitestem Umfange der Menschheit zugängig gemacht ist, so ist das fast alles in letzter Linie auf Faradays Entdeckung der Induktion zurückzuführen. Und dieselbe Entdeckung ist es, die im Jndukto- rium benutzt wird, das heute die Röntgenröhren betreibt. Alle die wunderbaren Entdeckungen, deren eine einzige genügt haben würde, um ihrem Urheber einen Ehrenplatz in der Geschichte der Physik zu sichern, verdanken wir einem Manne, der in den ärmlichsten Verhältnissen ausgewachsen ist, kaum einen ordentlichen Elementarunterricht, geschweige denn jemals einen systematischen Unterricht in Naturwissenschaften genossen hat. einem vollkommenen Autodidakten, der nichts anderes mitbrachte als eine glühende Be- geistcrung für die Natur, einen rastlosen Eiser. einen offenen Blick und warme Empfänglichkeit für die Fülle der Erscheinungen, die ihm von außen entgegentraten. Aber gerade dieser völlige Mangel eines geordneten Unter- *) Wir entnehmen di-ke Darstellung deS Lebens und Schaffens des ausgezeichneten Physikers der hier kürzlich aner- kennend besprochenen Schrift F. A. Schulzes:Die großen Physiker und ihre Leistungen".(Verlag von B. G. Teubner, Leipzig  . Preis 1,25 M.) richtS, der sich in den tausendfach betretenen gewohnten Bahnen bewegt, in dem ein Wissen in feststehender durch Traditionen fast geheiligter Form von Generation zu Generation unverändert weitergegeben wird, nur zu leicht ein unbefangenes Betrachten des Erscheinungen unmöglich macht und allmählich von selbst dahin führt, daß der Geist die gewiesenen Bahnen nicht zu überschreiten vermag und wie mit Scheuklappen den einmal gewiesenen Weg verfolgt, gerade dieser Mangel hat Faraday   wohl dazu befähigt, unbeirrt und unbeengt von©dhulmeinungen ganz naiv, gewisser­maßen von neuem, an die Erscheinungen heranzutreten, sie mit un- getrübtem Blick, nicht durch die Brille einer traditionellen Doktrin zu betrachten. Daher hat denn auch seine Vorstellung der elektrischen und magnetischen Kräfte etwas Revolutionäres, von den herrschenden Ansichten durchaus Abweichendes, mit ihnen Unverträgliches. Namentlich gegen die Lehre der Newtonschen Schule(nicht etwa Newtons selbst), von der reinen unvermittelten Fcrnwirkung der Gravitation, der elektrischen und magnetischen Kräfte, lehnte sich Faraday   auf. Er konnte sich durckauS diose Lehre nicht zu eigen machen, sondern sah in der scheinbaren Fernwirkung mit genialer Intuition die Wirkung von unsichtbaren Zustandsänderungen, die sich mit endlicher Geschwindigkeit durch das Zwischenmedium von Ort zitztOrt fortpflanzen, wie etwa ein Schlag auf das Ende einer Spirale versetzt, als Welle an dieser fortgleitet. Freilich war es nun einer schnellen Verbreitung seiner Ideen wieder hinderlich, daß er sie, eben infolge des Mangels an einer Schulung, nicht in einer allgemein verständlichen Weise auszu- drücken vermochte, so daß sie meistens ganz unbeachtet oder unver- standen blieben. Wohl nahm man seine Entdeckungen mit Enthu- siasmus und Dank für den Entdecker hin, scbob aber seine theoreti- scben Ueberlegungen als etwas ganz Unverständliches, Lästiges oder gar Schrullenhaftes beiseite. Allerdings hätte man sich sagen müssen, daß Gedanken, die ihren Urheber zu solchen erstaunlichen Entdeckungen geführt, wohl einen außerordentlichen Wert haben mußten. Aber sie waren eben so abweichend von aller gewohnten Art oer Darstellung geschrieben, eilten auch ihrer Zeit so weit vor- ous, daß sie unverstanden blieben und wir erst heute imstande find, den gewaltigen in ihnen enthaltenen Reichtum und ihre Genialität im Erfassen des Tatsächlichen zu erkennen. Berichtet doch selbst ein Helmholtz, daß er oft ratlos auf Sätze von Faraday   gestarrt und ihren Sinn nicht habe ergründen können. Erst als ein kon- genialer Landsmann Faradavs, Maxwell, eine Darstellung dieser Ideen in der den Gelehrten gewohnten Sprache gab, singen sie an, allgemein Eingang zu finden. Ten endgültigen Sieg seiner Vor- stellungcn, den die Hertzschen Versuche brachten, hat Faraday   nicht mehr erlebt. Tie drahtlose Telcgraphie, die sich wiederum auf diese berühmte» Versuche gründet, ist der denkbar glänzendste Beweis für die Richtigkeit der Faradabschen Ideen. Faraday   wurde am 22. September 1791 als Sohn eines Schmiedes in Newington Butts geboren, einem Dorf, das heute ganz in dem Weichbild Londons   aufgegangen ist. Nach einem kümmerlichen Elementarunterricht wurde er zunächst Laufbursche und nach einer einjährigen Probezeit Lehrling bei dem Buchhändler Niebau. Der aufgeweckte Junge ließ sich nicht an dem Binden der Bücher genügen. Ihn fesselte ihr Inhalt, und er las ziemlich wähl- los alles, was ihm dabei unter die Hände kam. Doch waren es bald vor allem die Bücher über Physik und Chemie, deren Inhalt ihn förmlich begeisterte. Er machte die einfachsten Grundversucbe der Chemie nach und baute sich selbst eine noch heute erhaltene Elektrisiermaschine. Bon entscheidender Bedeutung für sein ganzes Leben war der Besuch einer Anzahl Abendvorlesungen über Naturphilosophie, die der Chemiker Tavy in den Jahren 1319 und 1811 hielt. Das Eintritts- gcld erhielt Faraday   von seinem Bruder. Bon diesen Vorträgen hatte Faraday   genaue Ausarbeitungen gemacht. Seine Gcdaken waren jetzt nur noch bei der Naturwissen- schast, und als er nun noch das Unglück hatte, als Geselle zu einem rauhen heftigen Meister zu kommen, faßte er sich ein Herz und schrieb unter Beilegung seiner Ausarbeitungen an Dovy einen Brief mit der Bitte, ihn«n seinem Vorhaben, das Handwerk auf- zugeben und sieb ganz der Naturforschung zu widmen, mit seinem Rat und seiner Hilfe zu unterstützen. Faradays Herzenswunsch ging auch in Erfüllung. Daby, dem der junge Mann einen guten Eindruck gemacht haben muß, bot ihm die Stelle als Laborant in seinem Laboratorium an, die Faraday  natürlich mit tausend Freuden annahm. Formell wurde er von der Royal Institution(königliches Institut) angestellt, an der Davy  als Dozent tätig war. Es ist dies eine höchst eigenartige wissen- schaftliche Gesellschaft. Sie wurde 1799 von Graf Rumford   als eine Art tecknische Schule gegründet. Sie kann heute als eine Art Universität für Naturwiffensckaften gelten, die Professoren besoldet, die in erster Linie nur die Verpflichtung zur Forschung, in zweiter die Abhaltung öffentlicher Vorlesungen übernehmen. An dieser Anstalt wurde Faraday   mit 22 Jahren Vorlesunysasfistent. und hat ihr seine Kräfte sein ganzes Leben hindurch aufs eifrigste ge- widmet. Ihm und Tavy verdankt man, daß die Anstalt über die ersten Jahre ihres Bestehens glücklich hinwegkam, in denen sie öfters einzugehen drohte. Allmählich fing Faraday   auch selbst mit eigenen Wissenschaft- lichen Forschungen an und veröffentlichte seit 181S eine Reihe