-

607

-

Nun haben wir endlich den gewaltigen Tempel von Luror er­

In Deutschland befigen die Giftschlangen nur zwei Vertreter, reicht, der so wenig hierher zu gehören scheint, wie der unglückliche die über das ganze Reich verstrent vorkommende Kreuzotter Vipera Obelist, der mitten auf der Place de la Concorde steht und den bevus und die lediglich auf di Umgebung von Metz und den süd­Aegypten uns schenkte. Am Rande des Nils erhebt sich ungefähr lichen Schwarzwald befchrän! Aspisfchlange Vipera aspis . Bei dreihundert Meter lang die wunderbare Steingruppe. Zu den der Kreuzotter ist die Giftwirlang eine so bedeutende, daß annähernd Beiten außerordentlicher Pracht schuf man mit Begeisterung auf 10 Broz. der Gebifienen daran elend zugrunde gehen. Weit höher diesem Boden den hohen, gewaltigen Säulenwald auf Wunsch von ist die Mortalität in den heißen Gegenden, in denen nach einer Amenophis und des großen Namjes. Wie schön mußte er früher freilich nicht sehr verläßlichen Statistit durchschnittlich etwa gewesen sein, als seine prächtige Wirrnis über die Weiten dieses 20-25 Prozent der Gebissenen sterben. Wie rasch das Landes hinwegragte, das seit Jahrhunderten in Verlassenheit und Schlangengift von den Körpergeweben aufgesaugt wird, zeigt Schweigen liegt. ( Schluß folgt.) ein Berinch Calmettes, der eine Ratte an der äußersten Schwanzipizze mit dem Gift der gefürchteten Kobra de Capello

Naturwiffenfchaftliche Ueberlicht. oder Brillenidlange, Naja tripudians, impfte. Obwohl

bereits eine Minute später der Schwanz unmittelbar am Körper ( Von Giften und Gifttieren.) amputiert wurde, trat dennoch Vergiftungetod ein. Im Hinblick auf Wenn man von giftigen Tieren schreibt oder spricht, denkt der es begreiflich, daß man schon seit langem eifrig nach einem Schuß­diese hohe Gefährlichkeit des Schlangengiftes für den Menschen ist Laie gewöhnlich nur an Schlangen, Storpione, Bienen und ähnliche oder Heilmittel suchte, und es ist mit Freude zu begrüßen, daß es bekannte Bertreter der Gifitiere". Nur die wenigsten wissen, daß es daneben noch eine fast unzählige Schar giftiger Urten gibt, die demselben Calmette in dem& asteurschen Institut vor einer Reihe sich über die meisten Klassen des Tierreiches von den Protozoen von Jahren gelungen ist, ein äußerst wirksames Mittel herzustellen. aufwärts bis zu den Säugetieren berteilen. Ganz zu fehlen scheinen Wir sprachen vorhin schon von der Möglichkeit einer fünstlichen giftige Arten lediglich den Manteltieren, den Molluscoideen und den Immunisierung durch allmähliche Gewöhnung an verschiedene Gifte. Bögeln. Nun bezeichnet allerdings das Wort Gift einen durchaus Wie zahlreiche Versuche gezeigt haben, lassen sich auch sonst äußerst relativen Begriff. Einen giftigen Stoff an sich gibt es überhaupt empfindliche Tiere durch wiederholte Einsprigung von allmählich sich nicht, sondern man tann natürlich von Gift und Giftwirkung nur in steigernden Giftmengen gegen die Wirkungen des Schlangengiftes Hinsicht auf ein bestimmtes Lebewesen reden. Ferner ist es ja auch immun machen. So gelingt es beispielsweise, ein Kaninchen im eine allbekannte Tatsache, daß selbst die heftigst wirkenden Gifte in Berlaufe eines halben Jahres derart giftfest zu machen, daß geringen Mengen direkt als Heilmittel gelten fönnen. Die Mehr- es die hundertfache Dosis, die sonst unbedingt tödlich zahl der wirkjamsten medizinischen Präparate sind ja Gifte in wirken würde, anstandslos verträgt. In dem Blute dieser diesem Sinne. Dazu kommt noch, daß sich die verschiedenen Tiere giftfesten Tiere haben sich nämlich in großer Menge Schutzstoffe ben einzelnen Giften gegenüber außerordentlich verschieden ver- gegen Schlangengift, sogenannte Antitoxine gebildet, die die schäd halten, daß ein Stoff, der auf die eine Art als schwerstes liche Wirkung des eingeführten Giftes jofort ausgleichen. Durch ein Gift wirkt und raschen Tod zur Folge hat, von anderen Arten bou Calmette erdachtes Verfahren ist es nun möglich, diese Schutz­ohne jede Schädigung vertragen wird. Dafür nur zwei Beispiele. stoffe zu gewinnen und durch Einspritzung damit andere Tiere eben­ In den Bergwaldungen Mitteldeutschlands , z. B. im Harzgebirge, wächst falls gegen das Schlangengift unempfindlich zu machen und gebissene in weiter Berbreitung die berüchtigte Coltiriche, Belladonna Perionen zu heilen. Den Erfolg feines Mittels fonnte Calmette atropa. Wie bverlockend ist das Aussehen der Pflanze! Die einmal in sehr drastischer Weise an sich selbst erproben. Bei der frischen saftstrozenden Blätter scheinen herausfordernd den Appetit Giftentnahme von einer lebenden Brillenschlange wurde er von dieser aller Pflanzenfresser auf sich lenken zu wollen. Und trotzdem gebiffen. Infolge sofortiger Einsprigung seines Heilmittels blieben die Nahrung mag noch so inapp sein wird die Pflanze von allen aber alle Krankheitserscheinungen aus. Leider helfen jedoch diese größeren weidenden Tieren ängstlich gemieden. Sowohl Laub wie Schugstoffe im allgemeinen nur gegen das Gift der gleichen Schlangen­Saft der Tollkiriche enthält nämlich ein für Mensch und Tier töd- art oder nahe verwandter Arten, von der das Gift zu der Immuni liches Gift. Schwerlich hätte sich die Pflanze ohne diefes heim- fierung gewonnen wurde. tüdische Erbgut im Daseinstampfe erhalten fönnen. Wie aber alle Schutzmittel nur eine bedingte Sicherheit verleihen, so auch hier; das Gift, das selbst die größten Tiere zurückschreckt, bietet teine Wehr gegen einen schwachen fleinen Räfer, Haltica atropa e, dessen wichtigste, ja einzige Nahrung die Tollfirsche ist.

-

-

Es ist ferner eine sehr bekannte Erscheinung, daß die meisten fierischen Schlangenjäger, darunter unfer gemeiner Stacheligel, Erinaceus europaeus, gegen die Wirkungen des Schlangen giftes mehr oder weniger unempfindlich( immun) sind. Mit größtem Behagen fann man einen Jgel, ohne daß es dem Tiere den ge­ringsten Schaden brächte, eine Kreuzotter famt ihren Giftdrüsen beripeisen sehen. Wiederholt habe ich mich selbst überzeugen Lönnen, daß auch der Biß der Schlange, dem er bei seinen unerschrockenen Angriffen häufig ausgesetzt ist, von ihm ohne Be­schwerde ertragen wird. Diese Giftfestigkeit findet nach dem heutigen Stande der Forschung darin ihre Erklärung, daß in dem Blute des Igels fich bestimmte Stoffe befinden, die als Gegengifte wirken und bas Schlangengift gleichiam abiättigen. Es ist ein rein chemischer Vorgang. Auch der Mensch vermag sich ja durch allmähliche Ge­wöhnung gegen bestimmte Gifte zu schüßen.

Bei allen Schlangen besteht der Giftapparat aus paarigen zu beiden Seiten der Oberliefer nabe den Augen gelegener Drüsen, deren Ausführungsgänge mit bestimmten Zähnen in Verbindung fteben. Die Giftzäbne sind in der Regel jehr eigenartig gebildet. Außer durch ihre Größe zeichnen sie sich je nach der Art dadurch aus, daß auf ihrer Borderseite eine von der Basis bis zur Spize reichende Furde verläuft oder daß der Zahn innerlich seiner Länge nach von einem, nahe der Spize mündenden Kanal durchzogen wird, durch den dann das giftige Sefret in die Wunde fließt. In der Ruhe sind die Zähne nach hinten geklappt und in einer Schleimhaut falte verborgen. Sie heben sich erst, wenn sie in das Fleisch eines Opfers geschlagen werden soln.

Aehnliche Einrichtungen Faden wir auch bei einer großen Ans zahl von Fischen, doch dienen bei diesen im allgemeinen die loffenstacheln zur Giftübertragung. Nur in einem Falle, bei den zu den Aalen gehörigen Muränen, einer bei den alten Römern sehr geschäßten Fisdart des Mittelmeeres, steht der Giftapparat wie bei den Schlangen mit bestimmten Zähnen in Berbindung. Allerdings besitzen die Giftzähne wede Furchen noch Kanäle, sondern das Gift wird aus der Drüse beim Zuschnappen einfach in die Wunde gepreßt.

Doch sehen wir uns nach diesem turzen Eglurse etwas genauer die einzelnen Vertreter der Gifttiere an. Nach dem Beispiele Den weit häufigeren Fall, daß die Flossenstrahlen zur Gifts Taschenbergs wollen wir die Gifttiere in folgende fünf Kategorien übertragung benutzt werden, finden wir bei dem bekannten Beter einteilen: 1. Tiere mit besonderen Giftapparaten. 2. Tiere, die männchen, Trachinus draco reip. vipera, einem häufigen durch vitale Stoffwechsel- oder Berfallsprodukte giftig wirken. und gefürchteten Bewohner unserer Küsten. Die Tiere besigen so­3. Tiere, die in ihren Körpergeweben oder wenigstens in bestimmten wohl an ihren Riemendedeln wie an der Rückenflosse mit Furchen Drganen giftige Stoffe enthalten, ohne sie jedoch auszuscheiden. versehene Stacheln, in die das Gift bestimmter Hautdrüsen ge­4. Tiere, die erst infolge ihrer Ernährung giftige Eigenschaften an­nehmen, und 5. Tiere, die auf noch unerklärliche Beije bisweilen giftig wirken fönnen. Unter den Tieren mit besonderem Giftapparate find in erster Linie die Schlangen zu nennen. Von den girla 1650 bis heute bekannt gewordenen Arten find weit über die Hälfte, das heißt mehr als 900 Giftschlangen. Die überwiegende Mehr zahl und bor allen Dingen die gefährlichsten Giftschlangen find Bewohner der wärmeren oder gar tropischen Gegenden, während in unferen Klimaten verhältnismäßig nur wenige giftige Arten vorkommen, welche Rolle die Schlangen auch heute noch als Feinde des Menichen spielen, zeigt am besten eine Statistik der eng­lifchen Regierung in Ditindien, der zufolge in den Jahren 1869 bis 1893 durchschnittlich 19 000-20 000 Meniden jährlich an den Folgen bon Schlangengift zugrunde gingen. Trotzdem die Regierung den Berheerungen nicht untätig gegenübersteht, sondern durch Aussetzung bon Belohnungen es erreicht hat, daß jährlich im Durchschnitt fast eine halbe Million getötete Schlangen abgeliefert werden, hat die Blage eher zu als abgenommen. Bei dieser legten Bahl, muß man allerdings auch in Berücksichtigung ziehen, daß zahlreiche Leute sich heimlich große Schlangenzüchtereien angelegt haben und mit der Regierung einen schwunghaften Handel treiben.

leitet wird. Beim Menschen macht sich die Giftwirkung des Peter­männchens durch lokale Entzündung, heftige Schmerzen, Erstidungs­gefühl und Delirien bemerkbar, und häufig ist der Tod die Folge. Won anderen Giftfischen seien ferner noch die Knurrhähne, Drachen löpfe, Seeskorpione, einige Welse, verschiedene Haifische und Rochen usw. erwähnt. Unter den übrigen mit Giftapparaten ausgerüsteten Tieren verdienen vor allen Dingen zahlreiche nielten wie Bienen, Wespen, Ameisen, Storpione, Taufendiüßler, Spinnen, Wanzen, Flöhe, Läuse, zahlreiche Fliegenarten und noch viele andere Erwähnung. Ebenfalls müssen hier noch genannt werden die hohltiere mit ihren Nessel apparaten, einzelne Würmer, Schnecken, Tintenfische, verschiedene Amphibien und Echsen und endlich auch die beiden einzigen giftigen Säugetiere: das Schnabeltier( Ornithorinchus) und der Ameijenigel( Echidna). Bei diesen beiden zulegt genannten Tieren besteht der Giftapparat aus einem mur dem männlichen Geschlechte zukommenden an den Hinterbeinen befindlichen Sporn, in den eine Drüse mündet. Da sich dieser Apparat aber, wie gesagt, nur bei dem einen Geschlecht ausgebildet findet und die Drüse in der Paarungs zeit besonders auichwilt, sind die meisten Zoologen eher geneigt, darin einen Reizapparat bei der Begattung alse ine Schutzwaffe zu fehen. Zu der zweiten Gruppe von Tieren, die durch Stoffwechsel