SKdjt und' meHr erfüllt die Stille den Tempel. Zeigen auch die kurzen Schatten die Mittagsstunde an, so sagt doch nichts, »vclchcm Jahrtausend die jetzigen Minuten angehören. Dieses Schweigen und ähnliche Mittagsstunden, welche die im Hinterhalt unter den Säulengängen aufgestellten Riesen schon vorbeiziehen sahen, wer würde sie zählen können? Ganz oben, in der blauen Glut verloren, kreisen Raubvögel. Zu Zeiten der �Pharaonen waren es dieselben, sie breiteten in der Luft ihr Gefieder ebenso aus und stießen dieselben Schreie aus. Im Laufe der Zeiten wiederholen sich die Tiere und die Pflanzen genauer als die Menschen, sie blieben unveränderlich bis in ihre geringsten Einzelheiten. Jeder der Riesen um mich herum, von hohem Wuchs, einen Fuß vorwärts gestreckt, wie für einen schweren und sicheren Marsch, den nichts mehr aufhalten kann, u»tchließt leidenschaftlich in einer seiner zusammengeballten Fäuste, ote an den muskulösen Ärmen sich krümmen, eine Art geringelten Kreuzes, das in Aegypten das Abzeichen ewigen Lebens war. Das symbolisiert auch die Eni- schlossenheit, die in ihrem Gange liegt: ihr ganzes Vertrauen hängt an dem kläglichen Spielzeug, das sie in der Hand halten, und in triumphierendem Gang überschreiten sie die Schwelle des Todes... Tie drei gleichen, kaum verstümmelten Riesen, die an der Ost- seite des Hofes, vor den zusammengestürzten Blöcken sich aujreihen, stellen wie alle anderen RamseS den Großen, den Zweiten, dar, dessen Bildnis unfinnig oft in Theben und Memphis vervielfältigt wurde. Aber jene drei haben ein mächtiges, feuriges Leben be- wahrt. Ihre Gesichter find so frisch, als wäre man erst gestern damit fertig geworden, sie zu meißeln und zu polieren. Zwischen den riesenhaften, rötlichen Pfeilern mit den stämmigen Sitzen, treten ihre weißen Erscheinungen hervor, jeder kommt aus seiner Säulenöffnung heraus, und wie die Soladten im Manöver, gehen sie im gleichen Schritt. In diesem Augenblick fällt die Sonne scharf auf ihre Köpfe und ihre seltsamen Hauben und leuchtet auf ihr unbewegliches Lächeln; sie wirft die Strahlen auf ihre Schultern und ihren nackten Rumpf zurück und läßt durch ihr Licht die Athlctenmuskeln stärker erscheinen. Jeder der Kolosse umschließt mit der Hand sein symbolisches Kreuz. In gewaltigem Schritt stürzen die drei Ramses vorwärts, erhabenen Hauptes, lächelnd, in begeistertem Marsch zur Ewigkeit. Oh der Mittagsstrahl, der diese weißen Stirnen streift und langsam, ganz langsam auf der Brust den Schatten des Kinnes und des osirischen Kinnbartes verschiebt!... Wenn man daran denkt seit wie langer Zeit, in demselben Schweigen, derselbe Strahl von demselben unbeweglichen Himmel fällt, um dasselbe ruhige Spiel anzusehen!... Ja, ich glaube, die Nebel, die Regengüsse unserer Winter auf diesen großen Ruinen, würden weniger traurig und weniger schrecklich sein, als die Ruhe einer so ewigen Sonne. » Plötzlich fängt wieder ein dummes Geräusch an und läßt die Luft erzittern. Die Dampfmaschinen nehmen ihre Arbeit von neuem auf. Damen mit blauen Brillen, mit dem Baedecker in der einen Hand und den.Films" in der anderen, erscheinen wieder. Die Touristen verlassen die Hotels zu derselben Zeit, da die Fliegen erwachen. Der Mittagsfriede in Luxor ist zu Ende. Eine poUzirtenvcrrcbwöruncf unter dem Konfulat. Die neuesten Enthüllungen über das Treiben der Lockspitzel in Wt französischen Arbeiterbewegung haben Erinnerungen an das ausgebildete Provokationssystem unter dem zweiten Kaiserreich erweckt. Aber dieses selbst setzte nur die Praktiken des Julikönig- tums fort. Die berüchtigten Häuptlinge der bonapartistischen «svitzelhorde, Chcnu und De la Hodde, waren unter Louis Philipp eifrige Teilnehiner an den Konspirationen der Republikaner . Die Organisation des politischen Lockspitzcltums geht aber bis auf die Zeit des ersten Bonaparte zurück. Sie ist eine Schöpfung Kouches, des Expfaffen und Exjakobiners, der als Polizei- minister den Titel eines Herzogs von Otranto einheimste. Sie er- blühte auf dem Boden einer Gesellschaft, worin nach den furcht- baren Stürmen der Revolution die bürgerlichen Nutznießer der neuen sozialen Ordnung vor allem das Bedürfnis derRuhe", der Sicherung des wirtschaftlichen Lebens hatten, während anderer- seits die Legitimistcn und die letzten, nach dem Aderlatz des Ther- midor und nach der Niedenvcrfung der Baboeusfchen Ver- schwörung übriggebliebenen und von der fressenden Korruption des Direktoriums und des Konsulats nicht ergriffenen Jakobiner entschlossene Versuche, das Heft wieder in die Hand zu bekommen, noch nicht für aussichtslos halten mußten. Die Angriffe dieser .Umstürzler" verschiedener Gattung mußten sich vornehmlich gegen die Person Bonapartes wenden, der als erster Konsul um die Jahrhundertwende tatsächlich schon seine monarchische Gewalt etabliert hatte, die nur nock» der formalen Weihe entbehrte. Die eine» sah«! in ihm den.Usurpator", den auf jede Weise aus dem Wege zu räumen die Moral des Legitimismus guthieß. Aus ihrem Erbbefitz geworfen, verwandelte sich die Gottcsgnadensippe der Bourbonen in ein wüstes Banditcnlager. Die jämmerlichen Prinzen im Exil operierten mit Meuchelmördern aus der Junker- und Lakaiensphare gleich den bösartigsten der so biclbewunderkett Renaissancemenschen", und die Kirche, mit der Bonaparte noch nicht seinen Frieden gemacht hatte, verbarg jenseits von gut und böse die Werkzeuge des Mordes im schützenden Schatten der Klöster. Die Bourbonen hatten ein großartiges System von um ein modernes Wort anzuwendenKampforganisationen� geschaffen, das Bonapartcs Existenz mit der eines heutigen Zaren vergleichbar machte. Wenn auf republikanischer Seite der hicrar- chische Aufbau der politischen Mordinstitution fehlte, so rief hiev wiederum die klassische Tradition zur Befreiung des Staates vom Cäsar auf. Jedenfalls war den Personen, denen der Schutz der Person Bonapartes vor den ihr aus den verschiedenen Klassen der Gesellschaft drohenden Gefahren übertragen war, ein schweres Amt aufgebürdet. Fouche erkannte als sein wertvollstes Mittel die Ausbreitung eines engmaschigen Spionagenetzcs. In der Zeit des Terrors hatte die Angeberei aus Fanatismus und Ranküne ge» wuchert, nun wurde sie ein nährendes Staatsamt. Wie Gold- s m i t h in seinerGeheimzeschichte deS Kabinetts Bonaparte" schreibt, hatte die Polizei Persönlichkeiten deS ersten Ranges zq Spionen, Männer und Frauen, die die beste Gesellschaft von Paris sahen und zwei Karossen besaßen:Diese Spione aus der guten Gesellschaft beziehen 2000 Francs monatlich.... Ja, einer oder zwei ausländische Gesandte und fast alle Ge- sandtschastssekretäre, eine große Anzahl Ausländer, Schauspieler, Tänzer, Bankiers, Richter, Notare, Priester, aus- gehaltene Mädchen, gemeine Prostituierte, Spieler, Eeschäftsleuie, Agenten" und Josephinc Bonaparte lieferten der Polizei Nach- richten. Eine solche, durch leidenschaftliche Gegner beunruhigte, durch Denunziation verseuchte, durch eine bedenkenlose Herrschgewalt ein- geschüchterte, in ihren Spießcrintercssen geängsiigte Gesellschaft bot natürlich einen Boden für die Umtriebe der Polizei dar. Hatte diese wirklichen, gegen die Verfassung und gegen die leitenden Per- sonen des Staate? gerichteten Anschlägen nachzugehen, so mußte sie andererseits, schon um ihren kostspieligen und für ihre Leiter einträglichen Apparat und ihre Machtbefugnisse zu rechtfertigen, versucht sein, sich durch aufsehenerregende Erfolge beim ersten Konsul und beim Publikum den NimbuS professioneller Hellsichtig- kcit und politischer Unentbehrlichkcit zu verschaffen. Dazu kam in dem tausendfach verschlungenen Jntriguenspiel jener Tage daS Interesse, dieser oder jener Person oder Gruppe gefällig oder furchtbar zu werden und auf dem Instrument der öffentlichen Meinung eine gerade erwünschte Melodie anzuschlagen. Um solche Effekte zu erzielen, hielt man sich mit den Kleinigkeiten, die Ge- rcchtigkcit und persönliche Freiheit genannt werden, nicht weiter auf. Die Jahre des Terror? und die wilden inneren und äußeren Kriege hatten das Gefühl für den Wert des Menschenlebens abge- stumpft und die Opferung des Individuums für den Staatszweck war eine Praxis geworden, die vollkommen festsaß, als sich der Staatsmyihus der jungen Republik in die brutalen Interessen von Klassen, politischen Machtstrebern, habsüchtigen Bureaukraten und kriecherischen Bütteln auflöste. Derart war das Milieu beschaffen, worin die Polizei Fouches 18iX> ein Komplott fabrizierte, dem vier Menschenleben zum Opfer fielen: die sogenannte.Verschwörung der Ccracchi und Arena". Sic ist, wie Gustave H u e an der Hand der Archive der Polizeipräfektur eingehend nachlocist sG. Hue: Un Complot de Police sous le Consulat, Paris bei Hachette), von Anfang bis zu Ende das Werk eines Lockspitzels, der sein Geschäft im Einvernehmen mit dem Polizeiminister und Polizeipräfekten begami, um es mit der nachfolgclrden Hilfe infamer Richter zlh vollenden. Nach der Errichtung des Konsulais hatte Bonaparte Versuche gemacht, die royalistischen Emigranten für sich zu gewinnen. Das gclalig ihm nur zum Teil, da der Graf von Artois(Lud- wig XVIII.), in zorniger Enttäuschung über das Resultat seiner mit Bonaparte geheim gepflogenen Verhandlungen, bei denen er sich von dem Korsen geprellt sah, mit englischen Subsidien die Be» wegung in der Vendee weitcrschürte und die konspiratorischen An» schlage seiner Getreuen gegen den Usurpator förderte. Der immer zweideutige Talleyrand,"der die auswärtigen Angelegenheiten leitete, wußte indes diesen zu überzeugen, daß die wahre Gefahr ihm nicht von dieser Seite, sondern von den Jakobinern drohte. Bonapartc mochte sich nicht ungern dieser Ansicht zuneigen, die daS Gewissen desangepaßten" Mitverschworenen Babocufs mit dem moralischen Imperativ beruhigte, dieAnarchie" niederzu» ringen. Am IS. Germinal des Jahres VIII. April 1800) schrieb, offenbar auf seinen Befehl, HugueS Maret. der spätere Herzog von Bassano derselbe, über den Talleyrand das boshafte Wort geprägt hat:Ich habe nur einen Menschen gekannt, der noch düninier war als der Herzog von Bassano Hugucö Maret" an Fovche folgende Zeilen: Die Konsuln wünschen, daß Sie ihnen innerhalb einer Dekade einen Bericht über die Namen und über den Aufenthalt von etwa fünfzig Individuen erstatten, die, gewohnt von rcvolu- tionären Bewegungen zu leben, die öffentliche Meinung fortgesetzt beunruhigen, ferner über die Mittel, diese Leute, von denen einige vom Ausland besoldet sind, alle Arten von Rollen spielen und für jeden zu baben sind, der sie bezahlt, die öffentliche Ruhe zu stören, aus Paris zu entfernen." Dieses Schreiben mutzte für Fouche die Anregung zu irgend einer aufsehenerregenden und den Gebieter verpflichtenden Tat be-