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Dieser aber es war feln anderer als der Kreisphyfikus Dr. Romberg entgegnete:

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Er hätte geschont werden sollen, meine Gnädigste! Jekt ist ba nichts mehr zu schonen! Das sind hippokratische Züge, und wenn man mich morgen etwa zu ihm rufen würde, so würde ich nicht vergessen, ein Totenschein formular in die Tasche zu stecken." Grschrocken sah ihn die Dame an; er aber schwieg und sagte tein Wort mehr. Und nun fing der jugendliche Geiger an zu Spielen. Den Blid auf sein Instrument gesenkt, stand er da und entloďte seiner Geige weiche, wehmütige Töne. In der Tat, es war nicht zu leugnen: das war Musit, echte, wirkliche Musik! Das waren teine Dilettantenkunststückchen, fein eingelernter Parade­tram, sondern in diesen Tönen lag die Offenbarung des Genius. Entzückt lauschten alle dem wundersamen Spiele des Knaben, der so ruhig und sicher weiterspielte und seine ganze Umgebung ver­geffen zu haben schien. Es war eine Paraphrase über ein deutsches Lied, was er spielte; hin und wieder klang das Thema durch, bis es am Schluffe voll angegeben wurde. Und hier stand der zwölf fährige Künstler auf dem Höhepunkte seines Könnens. Diese Musil war eine Sprache, die aus dem tiefsten Herzen kam; diese Melodie griff auch wieder an die Herzen der Zuhörer:

Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit Klingt ein Lied mir immerdar.

O wie liegt so weit, o wie liegt so weit, Was mein einst war!"

Mit einem schrillen Ton brach plötzlich der Künstler ab. Und bann taste sein Bogen wild über die Saiten, zügellos, ohne Tatt, ohne Harmonie

Erstaunt sahen sich die Zuhörer an. Sie sahen, wie Signor Rubino bestürzt vom Klavier aufstand und an Karl herantrat. " Was machen Sie denn, Signor Carlo?" fragte er, die Nummer ist ja zu Ende!"

Der Geiger hörte nicht; er spielte weiter, ebenso rasend, ohne Rhythmus, wilde schreiende Mißgafforde. stay

Sie müssen aufhören, Signor Carlo," flüsterte Rubino. Das Publikum wird ungeduldig! Man zischt, man stampft mit den Füßen! Sie lassen ja die entsehlichsten Disharmonien hören!" Aber jener hörte nicht auf. Das Publikum zischte.

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wird neuerdings Milchsaft aufgetragen und die gleiche Behandlung mit frischen Portionen fortgesetzt. Zum Schluß zerschlägt man das Tongefäß und schneidet die Kautschukschicht ab. Das beste im Handel vorkommende Produkt ist der brasilianische Paras Sautschut, welcher aus den Federharzbäumen( siphonia elastica) gewonnen wird.

Die vielseitige Verwendung des Kautschuks in der elektrischen, Automobil, Fahrzeug, Maschinen- und sonstigen Industrie ist auf ungeheuer große Mengen des Produkts angewiesen und stets gewiß zu den natürlichen Vorräten in einem traffen Mißverhältnisse. Die Erschöpfung der Vorräte, mit welcher einmal gerechnet werden müßte, verfekt die verschiedenen Interessengruppen in eine gewisse Unruhe. Um den Zeitpunkt einer Strise in möglichst weite Ferne zu rücken, erzeugt man zum Teil Surrogate und arbeitet anderer­feits die gebrauchten Kautschulrückstände zu einem gebrauchsfähigen Material wieder auf. Die Ersatzstoffe wie das letzterwähnte Material( Regenerat) sind billiger, jedoch in der Qualität minder­wertiger als der ursprüngliche natürliche Stautschut. So wollen auch die Klagen darüber seitens der Konsumenten nicht verstummen. mit regem Eifer hat sie die schon Jahre zurückliegenden Forschungen Nicht müßig verhält sich bei dieser Sachlage die moderne Chemie. auf dem Gebiete des Kautschuks wieder aufgenommen; und es ist begründete Aussicht vorhanden, daß auf dem Markte sich bald ein fünftlich hergestellter synthetischer Kautschut einstellt, der dem natür­lichen Produkte gleichwertig ist und sich auch durch Billigkeit empfiehlt. Eine unserer ersten chemischen Fabriken hat Millionen Mart für diese Bwede angelegt, und die experimentellen Arbeiten ichreiten zielbewust vorwärts.

aus

zu

Aehnlich wie beim Indigo war durch mühevolle analytische Untersuchungen die chemische Konstitution des Kautschuks, der Aufbau feines Moleküls den einzelnen Atomen, Die Zusammensetzung entspricht, studieren und zu ermitteln. gemäß den Feststellungen, dem Vielfachen einer Gruppe von zehn Kohlenstoff- und sechzehn Wasserstoffatomen. Kohlenstoff und Wasser­stos lassen sich in einfachere Stoffe nicht mehr zerlegen und werden in der Chemie Elemente genannt. Atome sind die fleinsten Teilchen der Elemente und vereinigen sich zu den sogenannten Molekülen, d. i. den Kleinsten Teilchen der zusammengesetzten Stoffe. Das Molekül des Kautschuks ist ein Kohlenwasserstoff, der durch Vervielfachung ( Polymerisation) der bezeichneten Gruppe entstanden ist( C10 H16) Wir haben es also mit einer chemischen Verbindung zu tun, deren fünstliche Nachbildung aus leicht erhältlichem Ausgangsmateriale in So flangen einige Rufe. Signor Rubino versuchte, dent technisch befriedigender Weise erfolgen soll. Dabei geht man in der Knaben die Geige zu entringen. Er griff nach dem Instrument, Regel von einfach zusammengesetzten Verbindungen aus und ge aber im selben Augenblid sauste, von der Hand des jungen Künstlangt durch Aufbau, durch die Synthese, zu den komplizierteren End­produkten. lers geführt, die Geige auf seinen Kopf nieder, so daß sie in tausend Splitter zerbrach und Rubino halb bewußtlos zurüd­

Will er uns zum besten haben?" ,, Virtuosenwahnsinn!"

taumelfe.

Ein Angstrufen entstand im Publikum. Da sprang ein alter Herr auf das Podium; es war der Kreisphysikus Dr. Romberg. Er eilte auf Karl zu, der erschöpft in einen Sessel gesunken war. Man folgte allen Bewegungen des Arztes.

" Ich bitte," sagte Dr. Romberg, nachdem er Karls Puls ge­fühlt hatte, daß Sie fich geräuschlos entfernen. Der Geiger Karl Rost ist plötzlich irrsinnig geworden!"

Noch an demselben Abend brachte man Karl in eine Jrren anstalt. Und nach ganz kurzer Zeit ist er hier gestorben, gestorben

in der Nacht des Wahnsinns.

Man hat dem Wunderkind einen prächtigen Leichenstein ge­fekt. Als ob der eine Entschädigung wäre für das verlorene Leben! Aber in Karls Heimat spricht man noch immer viel von dem großen Geiger Karl Rost, und manche Eltern wünschen, daß ihre Kinder auch solche Wunderkinder werden möchten.

" Die Narren!" sagt Dr. Romberg, wenn er so etwas hört.

Ueber Kautschuk.

Die Chemie hat bedeutsame Wandlungen im Wirtschaftsleben der Völker bewirkt, deren Kultur wesentlich beeinflußt und kann wohl neben der Elektrotechnik ihren Blaz behaupten. Hat lettere auch in verhältnismäßig furzer Zeit durch ihre Fortschritte un­geahnte Umwälzungen erzielt, so erobert wiederum die chemische Wissenschaft auf exakter und systematischer Grundlage schrittweise ein immer weiteres und verheißungsvolleres Gebiet.

Bekannt ist u. a. die künstliche Erzeugung des Indigoblaus auf chemisch- synthetischem Wege aus den Produkten der Steinkohlen­destillation; und ebenso wird die Tragweite des Umstandes ge­würdigt, daß das ehemals breite Voltsschichten ökonomisch erhaltente Naturprodukt nunmehr durch das billige, aber völlig gleichwertige Synthetische Indigo vom Weltmarkt verdrängt worden ist.

stoffen aus, die durch verschiedene Mittel in die hochmolekularen Die bisherigen Synthefen gingen von einfachen Kohlenwasser­tautschukartigen Massen verwandelt wurden. Meistens sind die Ver­fahren zu Patent angemeldet worden, da deren rentable Verwertung nicht ausgeschlossen ist. Diese einfachen und bei verschiedenen Methoden in Frage kommenden Kohlenwasserstoffe sind hauptsächlich Jiopren und Diisopropengl. Die Vervielfältigung dieser Stoffe zum Kautschut molefiil geschieht dadurch, daß man zur Beförderung des chemischen Prozesses fremde Körper hinzufügt, die jedoch an dem chemischen Aufbau felbst mit ihrem Moleküle nicht beteiligt sind. Der Chemiker drückt sich aus, daß diese Körper fatalytisch" wirken. Aehnlich tönnen übrigens auch physikalische Faktoren, wie Wärme und Licht, aur Katalyse herangezogen werden.

Die erwähnten Patente wurden von Harries, der Badischen Anilin- und Soda- Fabrik und den Elberfelder Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer u. Co. angemeldet. An der billigeren Darstellung der Ausgangsmaterialien wird noch emfig gearbeitet. Zudem kommen noch Verfahren zur Herstellung des künstlichen Kautschuks in Frage, die borläufig geheim gehalten werden. Auf der Londoner Gummi­Ausstellung war ein Produkt zu sehen, dessen Erzeugung nur dem Aussteller bekannt war.

Uebrigens hat es den Anschein, daß aussichtsvolle Kautschuk synthesen neben den bisher bekannten vorbereitet werden; und so dürfte denn baid in der Deffentlichkeit von neuen überraschenden E. J. Errungenschaften zu hören sein.

Kleines feuilleton.

Geologisches.

Australische Höhlen. In Westaustralien , das sonst wesentlich nur wegen seiner großen Goldschäße berühmt ist und im übrigen größtenteils aus einer ganz unwirtlichen Wüste besteht, hat eine neue Naturmerkwürdigkeit durch die Entdeckung großer Kalf­steinhöhlen erhalten. Sie liegen an der Südwestküste des Staates Ein nicht minder hervorragendes Problem der chemischen Technik und wurden schon vor einigen Jahren aufgefunden, sind aber erst Bildet zurzeit die künstliche Herstellung des Kautschuks. Das jest in ihrer ganzen Ausdehnung und Bedeutung erkannt worden. Rohprodukt findet sich in allen Milchfaft führenden Pflanzen, in Bisher waren die Jenolan- Höhlen in Neusüdwales die bekanntesten größerer Menge jedoch nur in den tropischen und subtropischen in Australien , sie werden aber durch die zuletzt entdeckte Höhle West­Arten, insbesondere in Brasilien , Indien und Afrika . Der australiens weit übertroffen. Diese enthält zwei mächtige Räume. Stamm der Bäume wird angeschnitten; dann sammelt man Die bisherige Erforschung ist nur sehr oberflächlich gewesen und es den ausfließenden Milchsaft und streicht ihn auf tönerne wird erwartet, daß die Höhlen an Umfang und Schönheit sich als Tugelförmige Formen, die über dem Feuer getrocknet noch viel hervorragender herausstellen werden als man schon jest werden. Wenn die aufgetragene Schicht fest geworden ist, annehmen darf.

Berantw. Redakteur: Nichard Barth, Berlin . Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.