Sterben, sobald sexuelle Befriedigung eintritt. Die Sublimierungetzt sich unter Umständen auch nicht-sexuelle Ziele. Die LiebeSenergiewendet sich irgendwelchen politischen, sozialen, ethischen, religiösenIdeen zu. In der Regel tritt aber in der Verfolgung und Schilde«rung dieser Gedanken daS Sexuell« in irgendeiner Form hervor.Diese Theorie, die wenigstens den unbestreitbaren Vorzug hat,daß sie an Stelle bloß moralischer Verdammungsurteile gegen Ab-weichungen vom normalen Empfinden den Versuch einer wisien«schaftlichen Erklärung widerwärtiger Erscheinungen setzt, bringt unsZinzendorfS eigentümliche Frömmigkeit religionspsycholo«gisch nahe.Zinzendorf(1700— 1760). der bekannte Gründer der HerrnhuterBrüdergemeinde. wurde als Sohn eine? kurfürstlich sächsischenMinisters in streng pietistischer Umgebung auferzogen. Aus Er«Zählungen über seinen schon 1700 verstorbenen Vater hörte er nurvon besten Liebe zur Marterperson des Heilandes. Zu der Mutter,die der Jesusverehrung eifrig zugetan war, konnte sich ebenfalls keineKindesliebe ausbilden, da sie ihn nur in seinem ersten Lebensjahrebei sich hatte. So weit sie später in Berührung kamen,beeinflußte die Mutter ihren Sohn in religiösem Sinne und be-handelte ihn mit übertriebener Strenge. Nach eigenem Zeugnisehrte Zinzendorf seine Mutter nicht nur als Sohn, sondern alsUntertan. Ohne Gefühl der Kindesliebe und ohne Genuß derElternliebe wuchs der Junge im großmütterlichen Hause auf, indem„Erweckte'(Pietisten) häufig verkehrten. Die harmlosestenFreuden wurden ihm verwehrt, der Verkehr mit anderen Kindernward unterbunden. Seine Verwandten füllten ihn dafür mit religiösenVorstellungen und veranlaßten ihn zu religiösen Uebungen. Soübertrug Zinzendorf seine ganze Gefühlswelt auf Jesus.„Mit ihmredete der Knabe stundenlang allein, in ihm fand er Bruder, Freund,Gespielen, in ihm einen Ersatz für Vater und Mutter.' Auf Liedervon Jesu Marter freute er sich lange voraus und stellte sich dannalles Gesungene so lebhaft vor. als sei er dabei gewesen. Mitsieben Jahren will er nach eigener Angabe„das erste Gefühl vonden Wunden Jesu' gehabt haben. Vom zehnten bis sech«zehnten Jahre wurde er im pietistisch geleiteten Pädagogiumzu Hall»(unter der Leiwng S. H. FranckeS) auf aus«drücklichen Wunsch seiner Mutter„niedrig gehalten'. StarkeZüchtigungen, zum Teil wegen ungerechter Anklagen, entehrendeStrafen(„mit angehangenen Eseln auf die Gaste gestellt'), grobeHänseleien durch Kameraden machten ihm den Aufenthalt zu einerQuelle steter Leiden. Seine Gesundheit litt; oft hatte er„wütendesKopfweh'. Auch stellten sich in dieser Zeit der Pubertätsentwickelungsexuell bedingte Angstzustände ein. Jesus wurde ihm in diesenLeiden immer mehr der einzige Tröster. MS Student der Universität Wittenberg(von 1716 bis 1719) trieb Zinzendorf asketischeUebungen. Auch Reisen nach Holland und Frankreich befestigten nurSeine pietisttsche Richtung. Als Zwanzigjähriger verzichtete er zugunsteneines Freundes auf die Hand seiner Base; seine Neigung be«urteil! er als.Naturliebe'. Noch viermal rückte ihm eineFrau nahe; immer tritt er aber zurück. Dafür wirdJesus,„der reine Bräutigam seiner Seele':„Reiner bräutgammeiner seelen, tilge ftemder liebe flamm, laß mich deine lieberwehlen, auSerwehlter bräutigam l'...„Aber deine? mundeSküste, die voll lieblichkesten sind, schmecken einem himmelsüße, wennman dein verwehnteS kind'(1721). Im September 1722 kam danndie Ehe mit einer Gräfin Reuß zustande. Im Juni 1722 verteidigter sich gegen den Vorwurf, daß er zu kalt gegen seine Verlobte sei:er sei ihr herzlich ergeben,„daß ich aber eine fleischlich irdischeLiebe zu ihr haben sollte, da behüte mich Gott vor. Die ehelicheLiebe und Freundschaft gehöret sich meines Erachten? nicht ehe alsbiß man vor GOtt schon verbunden ist.' Kurz vor der Ver-mählung fingt er:„Und ist dein Weib Ein Glied des Bräutigams(d. i. Jesu); so lieb eS dann Allein in Ihm(Jesus), denn Er istMann.' Auch später stellt sich der Graf als bloßen Bormund oder„Vizemann', Jesus aber als Gatten der Gräfin hin l(Schluß folgt.)kleines feuilleton.Aus dem Gebiete der Chemie.DieAnilinvergiftung. Das Amlin'und seine Verbindungenhaben in der Industrie eine ungeahnte Bedeutung erlangt; nament«lich hat Deutschland durch die Herstellung von Farbstoffen, die ver«mittels dieses aus dem Steinkohlenteer gewonnenen Stoffs erzeugtwerden, in wenigen Jahrzehnten den Weltmarkt erobert. Der Grund«stoff für all diese chemischen Erzeugniste ist daS Anilinöl, das sichdurch sein Aussehen und durch den Geruch so wenig vom Wasterunterscheidet, daß eine Verwechselung auS Unvorsichtigkeit wohlgeschehen kann. In den chemischen Fabriken sind selbst«verständlich Maßregeln getroffen worden, um die Gefahr einerVergiftung für die Arbeiter herabzusetzen, und man darf wohl sagen,daß Fälle von Anilinvergiftung in solchen Betrieben jetzt zu denSeltenheiten gehören. Im allgemeinen sind sie auch nicht einmallebensgefährlich, obgleich der Zustand des Erkrankten zunächst äußerstbedenklich erscheint. Man muß aber neben der akuten auch hierimmer noch mit einer chronischen Vergiftung rechnen, wenigstens istBerantw. Redakteur: Richard Barth, Berlin.—ein« solch« behaupte� von ander« Seit« freilich mit gleich« Eni«schiedenhett bestritten worden. ES bleiben also immer noch gewiss«Fragen ungelöst, deren Beantwortung mit Rückficht auf dl« groß«Roll« der Anilinindustrie dringend wünschenswert sein würd«. De»«halb hat der Stabsarzt Dr. TreSp« aus Mülhausen in d«„München« Medizinischen Wochenschrist' einige Fälle von Vergiftungbeschrieben, die zu einer weiteren Aufklärung dienen können. Auchnach seiner Erfahrung sind schwerere Vergiftungen in Snilinfabrikenselbst außerordentlich selten, da die Folgen eines Einatmen? odereines Benetzens der Kleidung mit dem Oel mit einiger Aufmerksamkeitvermieden werden können. Die Gefahr wächst mit der zunehmenden Ver«breitung von Anilinöl, das vielfach sogar zu so verhältnismäßig neben«sächlichen Dingen wie zur Vernichtung von Ungeziefer benutzt wird, di«doch gewiß auf harmlosere Weise herbeigeführt werden kann. DieserMißbrauch hatte in einem der Fälle, die Dr. Trespe behandelte, zurVergiftung geführt. DaS Anilinöl war eben da und wurde voneinem halbwüchsigen Jungen, der nichts ahnte von der Beschaffenheitdieser Flüssigkeit, zum Einreiben der Hände benutzt, um Frostbeulenzu vertteiben. Der junge Mensch schlief mit einem bedeutendjüngeren Brud« zusammen, und zwar in einer so engen Bett-statt, daß er ihn gewöhnlich mit dem rechten Arm umfaßt hielt.Dadurch trat die merkwürdige Folge ein, daß auch der klein»Knabe durch das Einatmen von Anilindämpfen, die von der HanddeS Bruders aufstiegen, erkrankte. Der ältere Bruder hatte natürlichschwerer zu büßen, aber auch der vierjährige bot dem herbeigeholtenArzt einen recht bedenklichen Zustand dar. Besonders auffällig warin beiden Fällen eine geradezu blaugraue Mißfärbung deS Gesichts,namentlich an den Ohren, auf den Lippen und an der Nase.Nachdem ein Erbrechen eingetreten war, verschwand die blau»Färbung ganz plötzlich, und damit stellte sich auch da»Bewußsiein wieder ein; die Gefahr war vorübet. Beidem älteren Bruder, der sich jene unsinnige Einreibungverabfolgt hatte, waren die Vergiftungserscheinungen viel be-denklicher, so daß zu Aderlaß, Einflößungen von Kochsalz«lösung und ähnlichen starken Mitteln gegriffen werden mußte. Nachmehrfachem starkem Erbrechen verschwand auch hier die in nochgrößerem Umfang aufgettetene Verfärbung wie mit einem Schlage.Diese geschieht, wie Blutuntersuchungen ergeben haben, wahrscheinlich dadurch, daß sich daS Anilin im Blut in eine Verbindung ver«wandelt, die in der Flüssigkeit unlöslich ist und eine fast schwarz«Farbe besitzt.Hydrographische?.Moderne Wasserbaupläne in Holland. Wie in„Himmel und Erde' berichtet wird, steht Holland am Vorabendeiner neuen Wasserbauepoche, die alle» in dieser Hinsicht Dageweseneentschieden in Schatten stellen wird. ES handelt sich darum, denmächttgen Zuidersee, dessen Fläche(S250 Quadratkilometer) größ«als die der ganzen Provinz Seeland ist, zuerst in einen Binnenseeund dann zum größten Teil in Festland zu verwandeln. Ein Blickauf die Landkarte Hollands genügt, um die erstaunliche Größe diese?Projekte? zu erkennen. Nicht minder staunenswert und lehrreich findseine Einzelheiten, die die Prüfung seitens eines staatlichen Aus-schustes bereits bestanden haben.Um den Zuidersee von der Nordsee endgültig abzutrennen, wirdein etwa 30 Kilometer langer Damm geplant, der die friesische Küstemit der Insel Wielringen verbinden soll. Dieser Damm, bestenBreite an der Basis auf durchschnittlich 100 Meter berechnet wird,besten Gipfelfläche etwa eine Höhe von S'/, Meter über dem Smster«damer Pegel erreichen soll, wird nicht weniger als 24 MillionenHoll. Gulden kosten und bis zehn Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen.Die größte technische Schwierigkeit besteht in der Unmöglichkeit, denBau auf mehreren Stellen gleichzeitig in Angriff zu nehmen; ermuß von einem Punkte stetig und in gleicher Höhe fortgeführtwerden. Gewaltige Hinderniste dürste man auch bei der BefestigungdeS Sandes, der als Hauptmaterial für solche Bauten dient, zuüberwinden haben. Der Sand wird mit einer 1-/, Meter dickenLehmschicht bedeckt; die Abhänge und Gipfelflächen sollen mit Basattoder anderen Steinblöcken verkleidet werden.Von dem aus diese Weise umkreisten Meere sind etwa•/« fürda? Trockenlegen bestimmt, während der übrige tiefere Teil, bestenBoden naturgemäß weniger ftuchtbar ist, als Wasserbecken bestehenbleiben soll. Die Trockenlegungsarbeiten dürsten 23—26 Jahre be-anspruchen. ES werden etwa 212 000 Hektar wertvoller Boden go-Wonnen, davon lilu Ackerlandes, was einen Zuwachs von 10 Proz.der gesamten holländischen Ackerfläche bedeutet.ES ist ohne weiteres klar, daß ein derartig umwälzend« Plan,besten Gesamttosten auf 240— 260 Millionen Holl. Gulden ver»anschlagt werden, nicht ohne ttefere Eingriffe in die bestehendensozialen Verhältniste durchgeflihrt werden kann. Man macht sichu. a. schon jetzt auf die Notwendigkeit gefaßt, die kleinen Fischer zuentschädigen, deren Wirtschast durch die Trockenlegung deS ZuiderseeStotal ruiniert sein wird. Charakteristisch für den Geist des heuttgenRegime? ist eS übrigens, daß der Staat nicht daran denkt, das neuzu erschließende Land zum nattonalen Eigentum zu machen. Manplant vielmehr den Verkauf einzelner Grundstücke an private Käufer.Und nur, um die Bodenspekulatton nicht allzu sehr in di« Höh«schießen zu lassen, soll als Präventivmaßregel d« Grundsatz durch-geführt werden, daß in keinem Jahre mehr als 10000 Hektar zumVerkauf gelangen dürfen.__Druck u. Verlag: LorwärtSBuchdruckereiu.B«rlagSanitalt Paul>SlNger�Co.,:öerlinL.)ü�