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nicht hineinfallen. Und während er feine Siebe von den Schnee durcheinanderpeitschte, wie die trübfeligen Fehen einer zer­Schultern nahm und so geräuschlos als möglich hinter die schliffenen Fahne. Es wurde Zeit für landfahrendes Volt, sich einen Bank schob, sprach er bescheiden:" Danke; aber heut ist unterschlupf für den Winter zu suchen. Quatember  ."

Maruschka, eine Einbrennsuppen!" rief der Wirt zum Schiebfenster hinaus. Der Merikaner aber kniff die Augen ein und trank sein Glas leer. Sollte er sich doch geirrt haben in dem Fremden? Der Kerl sah ihm einmal zu flug drein. Und fluge Köpfe waren im Augenblick fein angenehmer Zuzug.

Eine Weile blieb 13 still. Nur das Gefumm einer großen Fliege belebte das Schweigen, die aus der Ede, wo der Bursch saß, immer wieder gegen die Scheiben stieß. " Ich kann ja warten," dachte der Reitermacher. Richtig!

"

Weile.

Schön Wetter heut'," begann der Merikaner nach einer Die Leute können's brauchen!" fam es gemessen zurück. Der Merikaner sog eine Weile an seiner Türkischen", die er wie ein Großherr überall mit sich herumzutragen pflegte. Wenn ihm der Qualm in dicken Wolken um die braune Frage hing, hatte er seine besten und ruchlosesten Einfälle.

Steh'n die Saaten überall so gut?" fragte er nach längerem Geschmauch.

Die Straße von Rätschen her trottete einer, dem man es auf den ersten Blick ansah, daß er den Sommer über in wenig Betten gelegen. Den schmierigen Fila hatte er tief über den Kopf ge­zogen und die Krempe rundum heruntergeschlagen; nun konnte der Regen nach allen Seiten herabriefeln. Die Schultern waren dem Manne schon völlig durchnäßt, und die Hosen flebten ihm an den Beinen. Wenn der Wind stärker blies, versuchte er, die Fäuste tiefer in die Taschen seines Jacketts zu vergraben.

So trappte er am Kreuz vorbei ins Dorf. Sonst lüpfte er, wenn er in einen Ort einmarschierte, vor solch frommem Weg­zeichen den Hut, es fonnte nüblich sein für den Bettelgang von Tür zu Tür; heute achtete er nicht darauf, es war straßauf, straßab fein Mensch zu sehen, und die Nebel verhingen alles.

Sehr verheizungsvoll jah überhaupt das ganze Nest nicht aus, gleich die erste Klitsche, strohgedeckt und halbverfallen, machte keinen besonderen Eindrud.

Der Weg teilte sich. Mißmutig sah er sich um: wo ging's ins Dorf? Geradeaus oder rechts? Man tut bei solchem Wetter nicht gern unnüße Schritte. Da schüttelte er sich, daß die Tropfen von den Kleidern stiebten, gab sich einen entschiedenen Rud und schlug sich nach rechts. Man muß nicht immer den geraden Weg wählen, hinten herum führt auch zum Ziel! Der Gedanke hatte den Aus­fchlag gegeben. Diesmal schien's getroffen. died in

Noch keine hundert Schritt war er gegangen, da stand er bei Du willst wissen, wo ich herkomm', mein Lieber," dachte einer fleinen Wendung des Weges vor einem schönen massiven der Reitermacher. Und da er sich schon oft im Leben über- Hause mit flachem Dach. Freundlich blikten die Fenster in den zeugt, daß es immer das beste war, nur die halbe Wahrheit griesgrämigen Regentag hinaus und ringsum war alles so blik zu sagen, erwiderte er: In Ost'reich drüben noch besser!" sauber, daß man schon wünschen mochte, hier daheim zu sein. In Niederösterreich   war er nämlich vor zwei Wochen herum- froh machte. La lagen im Sofe unter sorglich gerichtetem Dach Doch war es nicht das Aussehen, was dem Burschen das Herz

gezogen.

" Ja, die haben's wärmer," nickte der Mexikaner. Und find doch immer unzufrieden."

" Da hinaus geht's also," sagte sich der Reitermacher, und ebenso rasch zog er einen anderen Schluß: daß der Mann nur im Dienst einer Herrschaft stehen könne! Jäger war er nicht, dazu fehlte ihm die Montur. Also Nentmeister oder Verwalter oder gar der Herr Justitiär". Denen wurde jetzt allgemach bange vor dem Getuschel und Gezischel der Bauern. Hatten auch allen Grund dazu.

Siehst du, mein Lieber, jetzt hab' ich dich!" freute sich der Reitermacher. Er war an dem Lorowizer Gut noch nicht borübergekommen. Darum meinte er, einen Beamten des ,, Kunkellehens" vor sich zu haben. Da hieß es sich angenehm machen, um besser heranzukommen. Und herankommen wollte er, wenn er auch noch nicht recht wußte, warum. Aber fo oft ihn etwas so gepadt und er so nachgegeben hatte, war er noch immer am besten gefahren. Wie ein Trieb war ihm das in die Seele gegeben. Etwas Wildes, Ursprüngliches, das ihn noch stets auf die richtige Fährte geleitet, wie einen Jagdhund. Hatte er aber einmal den Wind", für das andere kam sein Verstand auf.

Ob er das von Mutters- oder Batersseite her geerbt? Er wußte es nicht. Denn er hátte weder seinen Vater noch seine Mutter gekannt. Aber man konnte es brauchen, wenn man jahraus, jahrein die langen Straßen lief, die feines­gleichen noch nie an ein richtiges Ziel brachten.

Hier herum find die Leut' freilich besser," nickte er. Das hab' ich auf Schritt und Tritt gemerkt. Sind auch frömmer," setzte er mit einer gewissen Genugtuung hinzu.

Der Merifaner kniff wieder die Augen ein. Merk­würdig," dachte er, daß ein solcher Paternosterbruder so ein fluges Gesicht mitbekommen!" Ihm schien das wie eine Rechnung, die nicht stimmen will. Aber schließlich... Unser Herrgott hat einen großen Tiergarten!"

1]

( Fortsetzung folgt.)

Die Meifterin.

( Nachdruck verboten.)

Von August Friedrich Krause  .

1.

Die letzten schönen Tage des Herbstes waren über das Land gegangen wie das Aufleuchten eines späten Glücks: golden, und doch ein wenig gedämpft in Gl.nz und Farben, hell und klar, aber die Ferne schon umhangen von zarten Schleiern, mild und sonnen­warnt, wenn aber ein stilles Wehen anhub vom Saderauer Wald her, war ein fühles, ahnungsreiches Erschauern darin.

Nun war schlimmes Wetter eingebrochen: schier grundlos waren in wenig Tagen die Landstraßen geworden, und die fahlbraunen Blätter der Hedenbuchen wehten im scharfen Wind, der Regen und

wohlgeftapelte Stöße von Brettern, lieferne und fichtene waren es zumeist, dann auch erlene Schwarten und eichene Kohlen, eines vom andern durch fleine Stapelhölzer getrennt, damit die Luft gut durchziehen und das Nuthola austrodnen könne. Dazu Ilang aus der Werkstatt das fröhliche Kreischen des Hobels: es grüßte das Handwerk!

Winters Eingang war ihm dieser Ton willkommener als sonst. er berhieß ihm schüßendes Obdach. Und doch zögerte er noch, es wurde ihm schwer, wieder unter ein Joch zu kriechen. Ein Wind­stoß aber, der ihm Kälteschauer über den Körper jagte, trieb ihn Sof. Auf den Steinplatten vor der Haustür klopfte er den ärgsten durch die Pforte des niedrigen, grüngestrichenen Baunes in den Schmuh von den Füßen. Die Glocke schrillte wie in einem Dorf­faufladen, als er die Haustür öffnete. on to der poli Den Hut in der Hand, wartete er.

P

Ein junger Mensch, dem kaum der erste dunkle Flaum auf der Oberlippe sproßte, stedte den Kopf zur Werkstatt heraus, und als er den Landfremden fah, schrie er gegen die Wohnstubentür auf der andern Seite des Flurs:

des

"

Mutter,' n Fechtbruder!"

Schwapp, flog auch schon die Tür wieder zu und zum Kreischen Hobels erflang lustiges Pfeifen. so

In den Augen des Landstreichers blihte es drohend auf; ein böser, dunkelglühender Blic schoß dem jungen Menschen nach. Da hörte fein feines Ohr, wie sich leise Schritte der Tür zur Rechten näherten, und schon hatte er sich wieder in der Gewalt: in Haltung und Blid zwang er unterwürfige Demut, die wie ein geductes auern auf Mitleid war.

Eine hohe, überaus hagere Frau trak in die Tür. Der etwas eingefniffene Mund blieb fest geschlossen; sie sagte nichts und fragte nichts und sah ihn nur an vom Kopf bis zu den Füßen. Da konnte einem schon eine Gänsehaut über den Leib laufen bei solchem Blid. Ich tät schön. ich wollt' amal fragen, ob... ob ich Arbeit friegen könnte! Vielleicht braucht der Herr Meister...!" " Tischler?"

" 1

" Ich bitt schön, Frau Meistern, Bau-, Sarg- und Möbel­tischler."

Er machte dabei eine ungeschickte Verbeugung.

Ich nehme teine Leute von der Landstraße!" drolo Verlegen drehte er seinen Filz in den Händen; aber er gab die Hoffnung noch nicht auf:

" Bielleicht, wenn der Herr Meister meine Papiere..." Der Meister bin ich!"

Mit offenem Munde starrte er einen Augenblick die Frau an. So eine war ihm noch nicht vorgekommen.

Immer noch glitt der mißtrauische Frauenblid über ihn hin, musterte seinen Anzug, prüfte das bartstoppelige Gesicht und die tief unter buschigen Brauen liegenden listigen Aeuglein; aber er sah, und dafür hatte er einen geübten Blick, wie in den hellen Augen, die wie der blauschimmernde Bruch klaren Eises leuchteten, leises Mitleid aufglänzte, der strengen Frau vielleicht selbst unbewußt. Das gab ihm Mut:

Wenn Sie's vielleicht mit mir versuchen täten?" Nein!"

Da wandte er sich, um zu gehen, und warf den Kopf trokig hoch:" Na, denn nich!"

Warten Siel"