683- vusführt. müssen schon bei dem Israel   Gesetze für die richtige Angabe der Qualität von Wein und Oel bestanden haben. Der Professor an der Hatvard-Universität George A, Rcisner hat näm­lich vor kurzem in Palästina einen Wein- und Oelkeller aus- gegraben, in dem er die frühesten Beispiele hebräischer Schrift aus dem Jahre 8S0 v. Chr. entdeckte. Diese ältesten uns bekannten bcbräischen Schriftzeichen befanden sich auf Täfelchen, die an den Wein- und Oclgefätzen angeschlagen waren und genau den Wein- berg, von dem der betreffende Wein stammte, das Jahr der'Ernte usw. angaben. Ganz ebenso wie bei uns die Weinflasche ihr Etikett, trug bei den Israeliten jeder Wein- und Oelkrug seine Aufschrift, und aus der Sorgfältigkeit, mit der die Angaben gemacht sind, läßt sich schließen, daß auf Gewicht und Reinheit der Flüssig- leiten großer Wert gelegt wurde. Nicht nur das Volk Israel   wird schlechte Erfahrungen gemacht haben, bevor eS die genaue Etikettierung der Weinkrüge einführte, sondern auch die Griechen kämpften eifrig Weinkrüge einführte, sondern auch die Griechen kämpften eifrig gegen die Händler, die den Wein schon verwässert auf den Markt brachten; so war in Athen   der Posten eines WvinaufseherS eine wichtige Stellung, die man nur einem besonders strengen und recht- lichen Ntanne übertrug. Plinius   erzählt uns, daß es sogar den reichen Leuten in Rom   unmöglich war, unverfälschten reinen Falerncrwein zu erhalten, und er beklagt sich bitter über die Prak- tiken der Neapeler Bäcker, die weiße Erde unter das Mehl mischten. Ilm aber den Nahrungsmittelfälschcrn wirksam zu Leibe gehen zu können, war es notwendig, feine Methoden des Wiegens und der chemischen Analyse zu ersinnen, um allen ihren Tricks nach- spüren zu können. Archimedes   hat sich bereits mit der Ausarbeitung solcher Mittel beschäftigt, aber trotzdem war man doch im Alter- tum und im ganzen Mittelalter bis in die Neuzeit hinein nur imstande, recht grobe Fälschungen zu erkennen. Die Nahrungs  - mittelfälscher hatten es leicht, und erst im 17. und 18. Jahrhundm fing man an, ihnen schärfer auf die Finger zu sehen. Die ersten genauen Gewichtsprüfungen von Nahrungsmitteln unternahm auf Grund höchst komplizierter Wiegemethoden der italienische Arzt, Chemiker und Dichter Francesco Redi   in Florenz  . Nach ihm prüfte dann Robert Bohle die Zusammensetzung der Gemüse und 1784 veröffentlichte der holländische Gelehrte van den Sande eine aus- führliche Arbeit über die Fälschung des Wtiines. Der erste wirk- liehe Nahrungsmittelchemiker ist der große Naturforscher Antony van Leeuwcnhoek gewesen, der das Miroskop bei der Analyse der- schiedener Genußmittel verwandte und die Hauptbestandteile des Kaffees, des Tees und des Pfeffers, das Cafein, Tein und das Piperin entdeckte. Nun waren erst die scharfen und sicheren Waffen zum Kampf gegen die Nahrungsmittelfälschung geschmiedet, die dann später so treffliche Dienste leisten sollten, daß wir heute fast überall eine ganz ausgezeichnete Gesetzgebung in dieser Hinsicht haben. Aber der Kampf ist doch auch das ganze Mittelalter hindurch mit großer Erbitterung geführt worden. In Frankreich   verbietet ein Statut von 125)2 die Verfälschung des Biers. Ein Erlaß vom Jahre 1330 untersagt mit Ansehung schwerer Strafen daS Mischen von Weinen, das Beilegen irgendwelcher falscher Namen oder eines falschen Alters. In England wandte man sich mit besonders schweren Gesetzen gegen die Verfälschung von Spezereien und Gewürzen. Der Deutsche des Mittelalters glaubte sich gegen Nahrungsmittelfälscher nicht anders wehren zu können, als durch die schwersten Strafen. In Nürnberg   wurde 1444 ein Mann lebendig verbrannt, und zwar diente als Brennmaterial der gefälschte Saftan, den er verkauft hatte. Mit den Bäckern, festigt und mehrmals in einen schlammigen Teich getaucht. War «imn im Zweifel, wer bei der Fälschung der eigentlich Schuldige sei, so wurde wohl auch die ganze Familie mit Einschluß der Angestellten diesem furchtbaren Untertauchen unterworfen. Nahrungsmittelfälschung galt überall im Mittelalter als eins der schwersten� Verbrechen, schlimmer als Raub und Mord. Sie ward ' fmmelung bestraft und im Wiederholungsfälle mit kleines Feuilleton. Literarisches. Handbuch für Naturfreunde. 1. Band. Heraus- gegeben von K. C, Rothe und Dr. Chr. Schröder. Geheftet 3,58 M., gebunden 4,20 M.(Kosmos, Gesellschaft der Natur- freunde, StuitgavU) ES gibt eine Menge naturwissenschaftlich interessierter Laieu, die, ohne Spezialforscher sein zu wollen, doch durch ihre Beobachtungen diesem und der Wissenschast sehr nützlich sein könnten, wenn, ja, wenn sie angeleitet würden, richtig zu beobachten, wenn sie einigermaßen mit den Methoden vertraut wären, nach denen der Forscher arbeitet, und wenn sie von den Probleinen Kenntnis hätten, die die Wissenschaft beschäftigen. Daran hapert es aber, und so wird manches Talent brach gelegt, manche Zeit und Mühe unnütz verschleudert. Etwas besser ist es in -den letzten Jahren geworden; für einzelne Wissenszweige, beson- derS die Biologie, gibt eS gute Einführungen, die sicherlich schon recht schöne Resultate gezeitigt haben. Eine zusam m e n» fassende Anleitung zur praktischen Natnrbeov» a ch t u n g auf den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschafteu soll das oben angeführte Buch des bekannten Kosmosverlags sein; gewissermaßen eine populäreAnleitung zu Beobachtungen auf Reisen", wie sie Neumaher für den Naturforscher geschrieben hat. Die praktische Verwendung des Buches ist so gedacht, daß der Naturfteund, der zu ernsterer Arbeit bereit ist, nicht etwa nur gerade jenes Kapitel liest, das ihn zuerst zu interessieren scheint. sondern möglichst das ganze Werk erst durchstudiert, da er auf diese Weise einerseits über verschiedeneNachbarwipenschaften" un.er- richtet wird, andererseits vielleicht ein ihm an Neigungen, örtlichen Beobachtungs- und auch nach seinen Getdverhältnissen geeigneteres Arbeitsgebiet entdecken wird." Im vorliegenden ersten Bande gibt zunächst Professor Weber allerhand Winke und Ratschläge für meteorologische Beobachtungen. E. Meyer behandelt das Gebiet der Geologie, Dr. Karze! die Pflanzenkunde und Professor Heineck die Blütenbiologie. Wir können nicht sagen, daß dieser Band uns durchweg befriedigt hat. Am wenigsten der Teil, der der Geologie gewidmet ist. Der Verfasser hat sich'da anscheinend die Arbeit sehr leicht gemacht und ohne Rücksicht auf die Vorkenntnisse und die Arbeitsm�lichkeiten des Laien allerlei Geologisches zusammen- gestellt; Dinge, die nur den Spezialisten interessieren können, sind kritiklos neben Fragen allgemeiner Natur behandelt. Gerade auf diejenigen Gebiete, in denen der Laie wirklich mitarbeiten kann» ist keine Rücksicht genommen. Von Methodik keine Spur. Wiv müssen in dieser Beziehung den Leser aufWaltber, Vorschule der Geologie" undBerg  , Einführung in die Beschäftigung mit der Geologie" verweisen. Vorteilhafter stechen von dieser die übrigen Abhandlungen ab. Die Meteorologie ist zwar etwas zu kurz ge- kommen; eine Einleitung über Luft, Wetter usw. im allgemeinen wäre hier sehr am Vlatze gewesen; Abbildungen fehlen leider durchaus. Dafür ist deranleitende" Teil recht gut ausgefallen. Gut sind die Kapitel über Pflanzenkunde und Blütenbiologie, so- wohl in der Auswahl des Stoffes, als in der Behandlung. Ve- sonders ausführlich wird auf die auch dem Laien neuerdings durch billige und doch gute Apparate möglich gemachten mikroskopischen Beobachtungen eingegangen. Für die Pflanzengcographie wäre eine eingehendere Behandlung erwünscht. Ebenso dürfte sich eine Vermehrung der Abbildungen empfehlen; der Preis des Buches ist leider für weitere Verbreitung etwas zu hoch. Immerhin kann das Buch der mannigfachen Anregumzen halber empfohlen werden. tg. Meteorologisches. Das Wetter unddie Telegraphendrähte. Jedem Wanderer, der über Land auf eine? Straße geht, an deren Seite Sine Teleggaphenleitung entlangführt, wird das dumpfe Tönen aufgefallen sein, das häufig ohne Unterbrechung von den Drähten ausgeht und besonders deutlich erklingt, wenn man das Ohr an daS Holz der Telegraphenstange legt. Die Ansichten über die Ent- stehung der rätselhasten Töne gehen weit auseinander. Die Kinder meinen, daß gerade in dieser Zeit ein Telegramm über die Leitung geschickt wird; in einem höchst drolligen Irrtum aber befinden sich die Spechte, die wie wütend auf das Holz darauf lo? hacken, weil sie sich anscheinend von dem Glauben leiten lassen, daß das Ge- räusch von den im Holz der Stangen besittdlichen Larven und Würmern von BaumschWlingen stamme, die für sie heißbegehrte Leckerbissen sind. Zuweilen trifft man auch auf einen Landwirt» der das Tönen der Telegraphendrähte als Vorboten eines baldigen Wechsels der Witterung zum schlechtem bezeichnet. Diese von zünftigen Fachleuten vielfach verspottete Ansicht scheint jetzt durch die Untersuchungen eines Meteorologen, des Professor Artur Fiel» in Ottawa  , bestätigt zu werden. Der Wind muß als Erreger der Töne außer Betracht bleiben, weil das Mingen auch bei vollkommen windstillem Wetter eintritt; ferner ist aber auch zu beachten, daß die Telegraphendrähte nur bei schönem Wetter, nicht aber bei schlechter Witterung ertönen. Bei einer längeren Reih« von Beob- achtungen bat sich endlich herausgestellt, daß auf tiefe Töne der Wetterumschlag in der Zeit von ein bis zwei Tagen folgt, während bei hohen Tönen das schlechte Wetter �neist schon nach wenigen Stunden eintritt. Selbswerständlich müssen dem Tonen auch wirk- liche akustische Schwingungen in den Telegraphcndrähten ent- sprechen, die nach Ficld auf die dem Eintritt von schlechtem Wetter stets vorausgehendeseismische Unruhe" im Erdkörper zurückzu- führen sind. Diese seismische Unruhe, mit der man das leise Schwanken und Erzittern der überaus feinfühligen Horizontal- Pendel bezeichnet, die in der Erdbeben sorschung im Gebrauch sind, tritt jedesmal dann ein, wcitu ein Gebiet sehr tiefen Luftdrucks im Herannahen begriffen ist, und setzt, auch wenn da? Zentrum der barometrischen Depression sich noch in einer Entfernung von mehreren hundert Kilometern befindet, den Erdboden in leise Vibrationen und teilt sich nicht nur den Telegraphenstangcn, son- dern auch den gespannten Drähten mit, wobei der den langen Schwingungen entsprechend« Grundton dem menschlichen Ohr wegen zu geringer Schwingungszahl unvernehmbar bleibt, während die Qbertöne zur Geltung kommen. «erantw. Redakteur: Richard Barth  , Berlin. Druck u. Verlag: BorwärtSBuchdruckereiu.VerlagsanstaltPaulSingertCo., Berlin  !,