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Sie mit heller Stimme in den Frühling hineingeschmetterten| Glück, daß sie das Nahen des Furchtbaren nicht gewahr wurde, das, Lieder, daß die Jugend froh und sonnig dahergewirbelt fam auf leisen Sohlen anschleichend, ihr all das rauben fam, was als Kostbarstes ihr eigen geworden war. wie ein Maiensturm.
Wenn auch edlere Beweggründe, als der Neid ihr zuschob, fie
Uralte Lieder waren es, die die Bursche sangen; Lieder, die schon ihre Urväter in den Tag hineingejauchzt, der ihrer getrieben hatte, so war es doch schon so, wie die Leute sagten: nicht er, der Mann, habe sie geheiratet, sondern sie ihn! Und doch hatte Jugend geblüht, Burschen- und Liebes- und Fensterllieder, niemand ein Recht zu dieser üblen Nachrede, die nur möglich war, darunter auch manch rauhes Kriegslied, das noch älter war weil man den Mann kannte, der sich nur immer entschließen konnte, als Schönbach und Lorowitz, denn wo nun Schönbach und wenn er von anderen geschoben wurde. Beobachten hatte niemand Lorowiz standen, hatten einmal reiche Gemeinden geblüht, fönnen, wie sie ihn bezwungen, weil es dabei nichts zu beobachten deren Dächer die sengen en Flugfeuer des Dreißigjährigen gegeben hatte. Krieges in den Staub gelegt, deren Saaten die schweren Hufe tun pflegen, wenn ein Mann ihnen in die Augen sticht; nie hatte Nie war sie ihm zu Gefallen gegangen, wie sonst Mädchen zu der Schwedenhengste zerstampft hatten. Bis alles eine einzige sie ihm schön getan mit heimlichen Blicken, mit verstohlenem Hände" Dedung" war, die Dedung Petrowib", wie noch heute ein druck oder gar mit Worten. Eher war sie noch herber, noch zurüczwischen dichtem Buschwerk und glinsernden Teichen daliegen- haltender zu ihm gewesen als zu andern, wenn sie ihn, nachdem des Stück Heideland hieß, über das kein Bauer mehr feinen sie auf einer Hochzeit sich kennen gelernt hatten, bei gemeinsamen Pflug führte. Nur Ginster und Menthe und wilder Kümmel Bekannten traf oder bei öffentlichen Festlichkeiten, die in der Gewucherten dort und im Röhricht stöhnten die Dommeln. Im meinde stattfanden. Dämmer schwüler Hochsomunernächte aber sollte man noch heute das Geröchel der Niedergematelten dort hören, und stand die Sonne im Mittag, ließ sich von Zeit zu Zeit der Schwedengeneral" sehen, wie die Bauern ein Gespenst nannten, das schon mehr als einem erschienen" sein sollte. Wer aber den„ Schwedengeneral" sah, mußte sterben. Auch ein fopfloser Gaul sollte in der Karfreitagsnacht dort auf dem Kreuzweg herumsteigen- der„ Schwedenschimmel". Er war die letzte Erinnerung, die den deutschen Freisassen von einst noch vom Kult der Ahnen her im Gedächtnis spufte. War der Topflose Schimmel doch kein anderer, als Wotans„ Sleipner". Wurden aber die Schauermären der Dedung Petrowig erzählt, lief auch der Gaui immer neben den Schweden her. Wer wollte es besser wissen? Führten doch selbst die Kirchenchroniken der Gegend nur bis zu jener Zeit zurück. Alles andere war in dem grausigen Brand aufgegangen, der noch immer wie eine gespenstische Abendröte vor der schauernden Seele der Enkel stand. Wirklichkeit und Sage aber wuchsen wirr und wild ineinander, wie Ginster und Menthe und wilder Kümmel auf der steinigen Dedung Petrowiz.
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In den Liedern, die die Bursche sangen, züngelte aber noch da und dort ein Bild auf, wie eine Flamme aus jenen schreck lichen Tagen. Oder ein Wort war darin stehen geblieben, das heute keiner mehr verstand, die verschollene Sprache der Ahnen. Das fangen die Bursche nun in den Tag hinaus oder in die Nacht hinein, ohne Furcht oder irgend einen Gedanken. Und doch waren es auch Gespenster , die sie da anriefen; Gespenster, die so uralt waren wie die vielhundertjährigen Linden, die um ihre Kirche standen, um die Kirche einer Gemeinde, die damals noch nicht gewesen.
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( Fortsetzung folgt.)\
Die Meisterin.
5.
( Nachdrud verboten.)
Frau Rother war nie eine gewesen, die ihr Herz auf der Bunge trug, und wenn etwas sie zittern machte in Leid oder Lust, wurde ihr Gesicht verschlossen und hart, und ihr Mund kniff sich noch fester zusammen als sonst. So nannte man im Dorf und in der Umgegend schon das Mädchen nicht anders als: die Stumme! Und darüber waren alle, die sie kannten, sich einig, daß sie herzlos und kalt und keiner tieferen Empfindung fähig wäre. Darum herrschte auch, als die Tochter der Tagelöhnerin Knauerhase den wohlangesehenen Tischlermeister Rother heiratete, bei niemand Zweifel, daß die Ehe mit dem um fast zehn Jahre älteren, vermöglichen Manne von ihrer Seite nur aus Vernunftgründen geschlossen wurde.
Und wer am Hochzeitstage die Braut mit dem reglosen Gesicht und in ihrer herben Ünnahbarkeit sah, wußte hinter dem Rücken des Paares feinen Glückwunsch für den Mann.
Und doch zitterte ihr Herz im Glück, als sie vor dem Altar trat, und unter den gesenkten Lidern glühte, vor jedem Neugierblick in herber Scham verborgen, die Leidenschaft einer scheuen, tiefen Liebe.
Je heißer das Herz der Seltsamen empfand, um so kälter wurde ihr Wesen nach außen hin. Scham schloß alle Pforten ihrer Seele. Daß nur niemand merkte, wie es in ihr aussah.
So litt sie unter einem Glück oft wie unter einer Bein. Nur als das Kind kam, der Paul, da breitete über die scharf gemeißelten Züge ihres Gesichts sich das Mutterglück wie der goldrofige Schimmer des Morgenlichts über kalten weißen Marmor und machte sie lebendig und schön.
Bald aber löschte das Schicksal alen holden Glanz wieder, und nie mehr sollte er aufblühen.
Es war die schönste und reichste Zeit ihres Lebens, das Jahr nach der Geburt des Knaben, und so ganz lebte sie in ihrem stillen
Sie war zuerst auf ihn aufmerksam geworden, schon ber jener Hochzeit, und jedesmal, wenn er damals zufällig fie ansah oder wenn er mit ihrem Tischherrn sprach, der ein Freund von ihm war, hatte ihr das Herz geflopft, immer heftiger, daß sie es bis in hatte sich nichts verändert, und über den Augensternen, in denen den Hals hinauf fühlte; aber in ihrer Haltung, in ihrem Gesicht ein verräterisches Leuchten aufgeglüht war, hingen ständig die feinen Schleier ihrer Wimpern. So sehr hatte sie sich in der Gewalt, daß sie, als er sie einmal anredete, erst die Kerzen löschte, die das Wohlgefallen an ihm in ihr entzündet hatten, che sie die Lider hob und ihn ansah.
Vielleicht war es diese Herbigkeit und Kälte gewesen, die ihn batte aufmerksam werden lassen auf sie. Er galt bei allen, die ihn Das flotte, stets sorgfältig ausrafierte Napoleonsbärtchen standen fannten, damals als ein hübscher Kerl; der kecke Schnurrbart und ihm auch gut zu Gesicht, und da er in guten Verhältnissen lebte, war er gewöhnt, überall Entgegenkommen und mehr oder weniger offen bezeigte Bewunderung zu finden. Seine Eitelkeit trieb ihn, sich mit dem Mädchen, das scheinbar ihn so garnicht beachtete, mehr zu beschäftigen, als es sonst seine Gewohnheit war, und so geriet er in den Bann ihrer Liebe und ihres Willens.
Von der Seltsamen, die durch besondere körperliche Reize nicht wirken konnte und auch in ihrem abwehrenden, kalten Wesen doch, so gar nichts Bedrückendes hatte, ging ein eigenartiger geheimer Swang aus, dem er unterlag, ehe er sich dessen versah, weil nichts in ihm war, was ihn start zum Widerstand gemacht hätte; denn er war der Haltlosen einer, die immer fremdem Willen unterliegen.
Keine Liebe, keine Leidenschaft, nicht einmal sinnliches Be gehren, hatte ihn veranlaßt, um sie zu werben, einzig nur der 3wang, den ihre starke Liebe auszuüben vermochte.
Mit dem Augenblick aber, da diese Liebe sich teilen mußte, da das Liebesvermögen der jungen Mutter bis an die Grenze seiner Kraft in Anspruch genommen wurde von dem neuen hilflosen Wesen in der Wiege, verlor sie die Gewalt über den Mann, den nichts anderes gebunden hatte, und er ging Wege, die ihn, bald, ehe die Frau deffen gewahr zu werden vermochte, unter die Herrschaft eines anderen Willens führten.
Schon dem Unverheirateten war nachgesagt worden, daß er gern und meist über die gebührliche Zeit in Wirtshäusern säße und nicht selten angetrunken heimfäme, man hatte es aber dem unregel mäßigen, leicht zu dergleichen verführenden Junggesellenleben und dem unbehaglichen Zuhause zugute gehalten. Wenn er eine junge Frau hätte, so war die Meinung aller, die ihm gern eine verschafft hätten oder es am liebsten selbst geworden wären, würde er schon anders werden.
Und es schien: diese Nachsichtigen sollten Recht behalten. Im ersten Jahre der Ehe hörte das lüderliche Leben des Meisters gänzlich auf. Die verstehts!" sagten die Leute, die hat ihn gut an der Kandare!"
Als aber das Kind da war und Rother sich wieder frei fühlte von dem Zwange seiner Frau, da begann das Kretschamlaufen und Spätheimkommen wieder von neuem.
Der Verzählfel- Schuster war damals gerade ins Dorf ge fommen und übte mit seinen unterhaltsamen Anekdoten und lustigen Boten eine große Anziehung auf die älteren wie jüngeren Männer des Dorfes und der Umgebung aus. Dem Tischlermeister hatte er es gar angetan, der wich kaum noch von seiner Seite. Wo der Glück- Schuster war, tauchte auch Rother auf, und die beiden wurden bald unzertrennliche Freunde.
Damals befand sich die Erzählkunst des Schusters noch in den Anfängen, und wenn einmal, was noch öfter geschah, ein Wiz oder ein Anekdötchen nicht so wirkte, wie der Erzähler sich das gedacht hatte, riß dennoch der Rother- Tischler mit seinem durchdringenden Lachen und einer fast findlich sich äußernden Freude am Erzählten alle Zuhörer mit sich fort, daß niemand von dem Fehlschlag etwas empfand.
Während so der Meister den Ruf seines Freundes mit begrün den half, übte der sich immer mehr in der Auswahl seiner Stoffe und in allen Finessen seiner Kunst, und diesen Dienst hat der Schuster seinem Freunde nie vergessen.
In der ersten Zeit hatte Rother, wenn er am Abend Weib und Kind allein ließ, noch bald diese, bald jene geschäftliche Besprechung in den Nachbardörfern vorgeschüßt, immer seltener aber brauchte