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" Ich danks Euch nich!" stieß fie rauh hervor, während er umständlich die Summe einfadte.
"' s is schon gut!" meinte er schmunzelnd, der Meister hat's schon getan!"
Hochaufgerichtet stand sie am Tisch, die Knöchel der rechten Hand fest auf die Platte gestemmt, und in ihren Augen war ein funkelndes, unheimliches Drohen.
' s is' s erste und' s letzte Mal, merkts Euch!". Ihre Worte waren von einem ehernen Willen geschmiedet und hatten stählernen Klang, aber der Kleine kümmerte sich nicht
viel darum.
An der Rechtlichkeit seiner Ansprüche fonnte sie nicht zweifeln, und meist späfer vollkommen schwindef. Daß wir aber überhaupt da er Scheine von des Meisters Hand vorwics. eine Erinnerung haben an Dinge, die wir im Schlafe gedacht oder " Sie sein echt," meinte der Kleine ironisch, als er sie ihr erlebt haben, ist ein Beweis dafür, daß unser Bewußtsein, unsere Hinlegte, und dabei lief ein triumphierendes Lächeln über seine Großhirntätigkeit nicht vollständig ausgeschaltet war. verschmitten Züge. Das Bewußtsein des Traumes ist aber von dem im wachen Sie sagte nichts darauf, schob ihm nur mit einer verächtlichen Zustande erheblich unterschieden. Sehe ich in Wirklichkeit z. B. Sandbewegung das Geld, das sie aus ihrem Versteck herbeigeholt ein Pferd, so ziehe ich im Wachen allerlei Schlüsse, etwa daß es hatte, hin. den bepackten Wagen nur mit großer Anstrengung zu ziehen vermag, aus seiner heraushängenden Bunge entnehme ich, daß es nach Wasser lechat ust.; alle meine Kombinationen werden durch die Sinneseindrücke, die ich in jeder Minute, in jedem Moment habe, die mich über wirkliche Erscheinungen der Außenwelt unterrichten, veranlaßt, sie werden ständig durch das, was ich sehe, höre, korrigiert. Ganz anders ist es im Traum. Wirkliche Sinnesein drücke können natürlich im Traum nicht wahrgenommen werden, da wir unsere Sinne ja außer Betrieb sehen, wenn wir schlafen wollen. Die zahllosen Bilder aber, die wir tagsüber während einer langen Reihe von Jahren in unserem Gehirn aufgenommen haben, stehen dem Schlafenden zur Verfügung. Die Traumbilder, die keine wirklichen, sondern nur Grinnerungsbilder sind, werden nicht durch die Wirklichkeit kontrolliert, ihre Aufeinanderfolge wird durch keinen Sinneseindruck beherrscht, sondern sie tönnen sich regellos aneinanderreihen, wie sie in unserem Seh erinnerungszentrum gerade vorrätig sind. Daher kommt es, daß wir im Traum die unsinnigsten Borstellungen haben, Dinge, die absolut nicht zusammengehören, aufs Geratewohl vermischen. G3 fehlt im Traum die ordnende Vernunft, die uns mit den Dingen der Wirklichkeit rechnen lehrt, die Sinn in unsere Vorstellungen und Handlungen bringt; alle die tausend Dinge, die wir einmal gesehen haben, alle die unzähligen Gedanken, die wir einmal ge habt haben, können in bunter Reihenfolge, in den unmöglichsten Zusammenstellungen kombiniert werden und so zu den rätsel haftesten Traumgebilden Veranlassung geben. Irgendeine Bedeu tung, etwa für die Zukunft oder für die Vergangenheit, eine Be ziehung auf bestimmte Vorgänge der Wirklichkeit kann ihnen gar nicht zukommen; sondern in bunter Zusammenstellung entstehen fie durch das zufällige Aufeinandertreffen von Ideen und Bildern, die in mannigfachster Auswahl bei allen Menschen im Großhirm deponiert sein müssen.
Nu natürlich is' s das erste Mal", spöttelte er, und für heut' s lette. Ich komm' bloß, wenn sichs lohnt und Zinsen nehm' ich keine nich,' m Meister zuliebe!"
"
Das letzte Mal is' s!" wiederholte sie schärfer. feine Schulden für den Liederjahn mehr!"
Ich bezahl Nu do, nu do! Laß's od ei' s Blättel sehen, na gell, damit fich alle zu richten wiffen!"
Der offene Hohn ihres Feindes jagte ein feines Rot über ihr wächsernes Gesicht, aber nur für einen Augenblick, dann waren ihre Züge wie immer.
Sie sahen sich an, lange und fest, zwei Gegner, die ihre Kräfte messen.
Nie mehr!" stieß fie drohend hervor."' s soll mir nur einer tommen, od ein einziger, der was bezahlt haben will!" Höhnisch lachte der Schuster:
' s is ju sein Geld... alles...!"
" Ich geh' aufs Gericht und verlang', daß er einen Vormund friegt, eh er alles verliedert!"
Könnt' ich nicht der Vormund werden?" fragte der Kleine ironisch. Ich tät schon gut sorgen für ihn!"
" Ich laß ihn in' n Trinkerasyl bringen!"
" Damit er' s Trinken orntlich lernt, na gell?" Aber aller Hohn des Kleinen, der immer mehr außer sich geriet, prallte an der eisigen Verachtung ab, die wie ein Panzer um das Wesen des gequälten Weibes stand. Das pfiffige hämische Blinzeln seiner Augen wurde immer unsicherer, es kam ein Glimmern und Gleiten in seinen Blick, der dem stahlharten Glanz ihrer Augen nicht mehr zu widerstehen vermochte. Wie ein geschlagener Hund zog er den gewaltigen Kopf zwischen die Schultern, daß es aussah, als ducte er sich vor irgend einem tätlichen Angriff.
( Fortsetzung folgt.).
Schlaf und Narkofe.
Wir nehmen vielleicht mit vielem Recht an, daß alle Dinge, die wir einmal gesehen, alle Gedanken, die uns einmal beschäftigt haben, an bestimmten Stellen unseres Großhirns einen nicht mehr wir uns oft noch nach vielen Jahren an Vorgänge erinnern, die weglöschbaren Eindruck hinterlassen; so können wir verstehen, daß wir einmal erlebt haben. Wir verstehen dann auch, warum wir im Traum so oft an Personen erinnert werden, die vielleicht seit vielen Jahren aus unserem Gesichtskreis entschwunden sind, die uns auch in Gedanken nicht mehr beschäftigt haben. Alle Dinge der Außenwelt, die wir mit unseren Sinnen wahrzunehmen vera mögen, hinterlassen in unserem Großhirn nach dieser Anschauung einen Eindruck, der nicht mehr verlischt; darum können sie gerade im Traum, dessen Erlebnisse nicht durch die wirklichen Erscheinun gen der Außenwelt veranlaßt werden, dessen Bildfolge nicht durch den Verstand bestimmt wird, leicht wieder in unsere Erinnerung tommen.
Mit ziemlich regelmäßiger Pünktlichkeit werden unsere psychi- Wir haben jedenfalls keine Veranlassung, den Träumen eine schen Funktionen durch den Schlaf unterbrochen. An Stelle des bestimmte Bedeutung zuzuschreiben; die Regellosigkeit ihres Inbewußten Zustandes, in dem alle unsere Handlungen durch die haltes beweist uns im Gegenteil, daß die strenge Logik mit ihnen Tätigkeit des Großhirns reguliert, logisch aneinandergereiht wer nichts gemein hat, daß sie Zufallsbildungen sind, zusammengesett den, tritt ein Zustand tiefster Bewußtlosigkeit, nur zuweilen von aus den mannigfachen Vorstellungen, die zu irgendeiner Zeit auf einigen sinnlosen Vorstellungen unterbrochen, den Träumen, die der Oberfläche unseres Großhirns schweben, die willkürlich ber wir seit altersher mit einem geheimnisvollen Schleier zu umgeben flochten werden und darum die unmöglichsten Kombinationen vers gewohnt sind. Durchaus mit Unrecht. Es gibt noch heute eine große Reihe von Menschen, die den Träumen eine ganz besondere Bedeutung, womöglich mit Hinsicht auf die Zukunftsvorhersage, zusprechen; Traumdeutung und ähnliche Scherze feiern auch in unserem Zeitalter ihre Triumphe und finden Beachtung bei Leuten, die man eigentlich einer so naiven Täuschung nicht für zugänglich erachten sollte.
anlaffen. Wie freilich die Vorstellungen in den Ganglienzellen des Gehirns aufgespeichert, mit anderen verbunden werden, tausend Kombinationen eingehen, entzieht sich dem exakten Versuch. So sind uns alle Bewußtseinsvorgänge im Detail unerfaßbar. Wir wissen nur, daß sie im Großhirn ihren Siz haben; wie sich das unendlich wechselvolle Spiel der Gedanken in dem Wirrwarr von Nervenfasern und Ganglienzellen vollzieht, wird uns aber faum Wir wollen einmal versuchen, die unregulierten Bewußtseins- ie zu ergründen gelingen. Mit diesen letzten Fragen hat aber die zustände, die wir als Träume zu bezeichnen pflegen, nach dem Entstehung des Traumes nichts zu tun; wir können ihn als Erheutigen Stande der experimentellen naturwissenschaftlich- psycho- scheinungsform eines unvollkommen funktionierenden Bewußtseins logischen Forschungen zu erklären, und werden hierbei gar nicht betrachten, das der Regulierung durch die Wirklichkeit entbehrt. auf so unlösbare Probleme stoßen. Wenn unser Bewußtsein voll- Ueber die Ursachen des Schlafes selbst sind wir noch una ständig ausgeschaltet ist, ohne daß die automatisch erfolgenden unterrichtet. Wir wissen nicht, welche Momente mit größter PünktTätigkeiten unseres Körpers, die Atembewegung, die Schlagfolge lichkeit die Großhirnrinde für eine gewisse Zeit außer Betrieb des Herzens usw. eine Einbuße erleiden, sind wir in tiefem Schlaf. jeben. Die einen nehmen Ermüdungsstoffe an, die sich im Laufe Unser Großhirn, das Organ aller Bewußtseinsvorgänge ist voll- des Tages bilden und gewissermaßen vergiftend auf die Hirnrinde ständig ausgeschaltet; wir vermögen nicht zu denken, keine Sinnes - wirken; andere nehmen eine dauernde Blutleere der fleinen Hirn eindrücke aufzunehmen und haben auch alte Sinnesbilder nicht in gefäße an. In der Tat kennen wir einen anderen mit Bewußts Erinnerung. Wenn wir aus tiefem Schlaf erwachen, wissen wir losigkeit einhergehenden Zustand, der auf einer Blutleere des Ges nichts von dem, was mit uns während der im Schlaf verflossenen hirns beruht, nämlich die Ohnmacht. Wieder andere nehmen Zeit passiert ist. Wir haben vollkommen ohne Bewußtsein unseres eine regelmäßige Veränderung an den Ganglienzellen der HirnBorhandenseins gelebt. Das Bewußtsein als die Hauptfunktion rinde an, eine Verkürzung der Ausläufer dieser Zellen, die eine unseres Großhirns braucht nicht immer ganz im Schlafe ausge- Leitungsunterbrechung und dadurch Ausschaltung des Großhirns schaltet zu sein; dann kommt es zu regellosen Vorstellungen, die nicht von der Vernunft geordnet werden, es kommt zu Träumen. Erlebnisse, die wir bei vollem Bewußtsein, also im wachen Zustande, haben, haften in unserer Erinnerung; das ist höchst charakteristisch für sie. Nun wissen wir, daß wir auch von den Traumerlebnissen eine Erinnerung haben, die freilich oft lüdenhaft ist
zur Folge haben soll. Wir sind uns also über die auslösender Ursachen des Schlafes im unklaren; wir wissen, daß er zur Erhal tung des Lebens unbedingt erforderlich ist, kennen das eigentliche, schlafauslösende Prinzip aber nicht.
Man hat vielleicht geglaubt, durch das Studium der Nar to se, jenes schlafartigen Zustandes, der durch Aether oder Chloros