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Herr Zipkes bekam ein bides Kontorbuch zu fassen und daß die Kolonie an Atzisen jährlich 4758 Zaler zahlte. Am Rande schleuderte es gegen das Pariser Postament aus echter Bronze. des Berichts schrieb der König:" Tres bonus".
" Regierung! Staat! Schöner Staat!... Um was ist es ihm In ganz Brandenburg blühte bald die Tabakindustrie, die sich denn im Grunde schade? Verlang ich etwa, daß er mir eine hoch entwickelte. In der kleinen Stadt Neuhaldensleben wurden Amtstracht macht? Auf seine Rechnung womöglich? Verlange ich im Jahre 1798 1812 Bentner trockene Tabakblätter bersteuert, zum etwa das? Ich habe, gottlob, satt zu essen! Und zu der Amtshose damaligen Preise von 6 Talern waren es 10 875 Taler. reicht es auch noch... Und um ihr ganzes Ministerium von Kopf bis zu Füßen einzufleiden, auch noch.... Und zu einer Hose für den Präsidenten auch noch.... Wenn aber da drüben nichts als Narren siken, ohne Einsicht und Verstand, dann mag sie der Teufel holen!"
Klara Moiffejewna lief inzwischen von einem Ende des Wohngimmers zum anderen und schlug die Türen zu.
Du solltest doch lieber leiser sprechen", mahnte sie. Aus ihrem bleichen, verängstigten Gesicht hätte ein unbefangener Beobachter schließen müssen, daß in den Nebenzimmern ganze Trupps von Chilenen hausten, die samt und sonders dastanden und begierig die Ohren spizten.
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" Der Teufel mag sie holen!" schrie Lasar Mironowitsch. Ich brauche sie nicht. Ich für meine Person finde jederzeit einen
anderen Staat
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Er riß sich den Frack vom Leibe und schleuderte ihn mit einem energischen Wurf gegen den großen Kattustopf. Dieser Sattustopf jedoch stammte nicht aus Paris , sondern war ein Erzeugnis einheimischen Fleißes.
Und weißt Du auch, warum sie feine Trachten haben?" fragte er plöblich.„ Weißt Du warum?"
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Wie soll ich denn das wissen?"
Weil fie eben- Sozialdemokraten find!"
Lasar Mironowitsch kreuzte die Arme über die Brust, stellte das eine Bein in der Art Napoleons vor und blickte seine Frau durchbohrend an.
Nach Berlin und Umgebung zogen die meisten Kolonisten; im Jahre 1700 zählte Berlin mit Militär rund 22 000 Einwohner, dar unter 4292 Hugenotten , also wohl ein Fünftel der Bevölkerung. Hier waren auch die Strumpffabrikanten und Arbeiter am zahl reichsten. Es gab 104 Goldarbeiter, Juweliere und Steinschneider zählte man 52, Posamentiere 20, Friseure und Perückenmacher 36, Bäcker 24. Das erste Hotel wurde von einem Hugenotten begründet, und nannte sich Hotel de Paris ; dann etablierten sich 19 andere Gastwirte. In der Französischen Straße waren allein 50 Huge notten Hausbesizer. Sie stellten an die Wohnhäuser größere Anforderungen, als zur damaligen Zeit hier in Berlin üblich, und bauten sich daher vielfach ihre Häuser selbst. 82 Kaufleute waren überall in der Stadt verstreut, ebenfalls 24 Bäder, die feineres Brauereien in der Umgebung ein; einem gelang es, das später so Brot herstellten als bisher bekannt war; 17 Brauer richteten beliebte Berliner Weißbier" zu erfinden. 27 Gärtner bauten zum ersten Male in der Umgebung von Berlin Gemüse an, und zeigten hier die Kunst der Anlage von Mistbeeten und Treibhäusern. Friedrichtal bei Oranienburg 13 Häuser bauen für Uhrmacher, die er
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auf seine Kosten aus Frankreich kommen ließ, der beste Beweis, daß die einfichtigen Industriellen den Vorteil erkannten, den sie aus der feineren Kunst der Franzosen ziehen konnten. Von der und Zeugdrudereien errichteten, und sich 42 Schneider in Berlin Zeit an, wo die französischen Kolonisten in Köpenick Färbereien niederließen, bezogen die Edelleute und Beamten ihre Kleider nicht mehr aus Frankreich . Weniger Erfolg hatten die Franzosen , die Diefelbe Corte wie dieser verlaufte Boriska Lewitin Maulbeerplantagen in Moabit anlegten, obgleich im Jahre 1703 Freiheit! Republit!... Demokratische Republik !... Da brauchen Jean Lagier in Köpenid eine Produktion von 5-6 Pfund Kokons fie schon feinen Anstand mehr! Und feine Vorgesezten und feine erzielte. Behörde, wozu auch? Freiheit- das ist das einzige ganz wie unsere hier. O, Pest und Cholera.1"
So marschierte Herr Bipfes mit gekreuzten Armen noch lange im Zimmer auf und ab.
( Fortsetzung folgt.)
Aus den Anfängen der preußischen Induſtrie.
In seinen Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg schreibt Friedrich II. , daß von den 400 000 Franzosen, die ihr Vaterland nach dem Widerruf des Ediktes von Nantes verließen, girla 20 000 nach Brandenburg flüchteten. Sie waren nicht die Reichsten der Hugenotten , aber die Betriebsamsten, und er fügt wörtlich hinzu:" Sie halfen unsere verödeten Städte wieder bevölkern, und verschafften uns die Manufakturen, welche uns mangelten."
Selbstverständlich haben die französischen Flüchtlinge unsere Industrie nicht auf einmal zu einer Exportindustrie entwidelt, sondern erst das Land industriell selbständig gemacht.
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Die Fabrikation von Lein- und Rübsamenöl war vor ihnen in Brandenburg unbekannt. In Prenzlau errichteten sie die erfte Celmühle. Die ersten in Zinnformen gegoffenen Lichte wurden hier von David und Toussaint hergestellt, und später in 43 anderen Fabriken. Im Schlosse Monbijou sehen wir noch Spiegel, die aus der ersten Glashütte in Neustadt stammen. In der jezigen Uni versitätsstraße zu Berlin richtete Charles Vignes eine Tapeten fabrik ein, die mehrere hundert Arbeiter beschäftigte und nicht nur für ganz Deutschland fabrizierte, sondern auch nach Rußland , Schweden und Dänemark exportierte.
Besonders blühte ein Handels- und Industriezweig der Huges notten, nämlich die Kurzwaren. Metallarbeiter, Waffenarbeiter und Schlosser erhielten vielfach Privilegien. Bis 1700 war die deutsche Goldschmiedekunst nur in Augsburg und in Nürnberg vers treten. In diesem Jahre etablierten fich 62 selbständige französische Meister in Brandenburg . Die Kupferschmiede hatten auch hervora ragende Vertreter, und der Metallguß erhielt durch die französis fchen Refugiés große Förderung. Ebenso die Emailmalerei. Erwähnt sei noch, daß das Königliche Leihhaus von einem Franzosen begründet wurde, als Bankhaus für fieine Leute; es hieß Adressenbureau.
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Kleines feuilleton.
Sozialhygiene.
Bis zum Jahre 1685/86 war wohl Frankreich Lieferant von ganz Europa für alle Arten Bekleidungsstoffe. In Reims waren zu dieser Zeit 1812 Webstühle, nach Abgang der Hugenotten blieben Kindersterblichkeit und Wohnungsberhält. nur noch 950 übrig. Der Kurfürst von Brandenburg , der den franzöfifchen Flüchtlingen eine Zuflucht anbieten ließ, ging shite- niffe. Die abnormen Witterungsverhältniffe des vergangenen matisch vor in der Anwerbung von gelernten Manufatturarbeitern. Sommers haben natürlich besondere Einwirkungen auf den Gefund Es entstanden in Brandenburg unter seiner Regierung 47 fran- heitszustand der Bevölkerung gehabt; namentlich machte sich eine zöfifche Kolonien. Die Hauptniederlassungen waren Berlin und überaus hohe Säuglingssterblichkeit bemerkbar. Darüber sind nun Umgebung, Magdeburg , Stettin und Halle, sowie alle fleinen mehrere Untersuchungen veröffentlicht worden, von denen die be Städte der Udermart, wo sich die meisten franzöfifchen Tabat- merkenswerteste die des Arztes Dr. Rietschel- Dresden in der bauer niederließen. In Halle befindet sich jetzt noch eine große Deutschen Medizinischen Wochenschrift" ist. Abweichend von den Tuchfabrik, über deren Tür man in Stein gehauen die Inschrift bisherigen Lehrmeinungen über den sommerlichen Anstieg der Säug lieft: Mit Privilegium vom 14. 2. 1687. Die Bewohner der Stadt lingssterblichkeit findet Dr. Rietschel den Grund dafür in den Halle machten den Franzosen zuerst Schwierigkeiten, aber bald ver- elenden Wohnungsverhältnissen, unter denen nament föhnten sie sich mit den Fabrikinhabern, die viele deutsche Sände lich die proletarische Bevölkerung besonders schwer zu beschäftigten und zwar in Sammetfabriken, Bandfabriken, Gerbe- leiden hat. Die Säuglingssterblichkeit hat zwar bei uns seit 1863 reien usw. in Stadt und Land einen andauernden Rüdgang zu verzeichnen, aber trotzdem macht sich jedesmal im Sommer ein Anstieg bemertbar, und zwar merkwürdigerweise nur in der Stadt. Auch ist die Abnahme der Sommersterblichkeit merklich geringer als die allgemeine Derartige Beobachtungen haben schon Säuglingssterblichkeit. früh die Aufmerksamkeit der Aerzte wachgerufen, und schon im Jahre 1789 beschäftigte man sich in Amerika mit dieser Erscheinung. Sie wurde aber lange Beit in Europa als spezifisch amerikanische Krankheit angesehen, da man sie bei spielsweise in Deutschland nicht vorfand. Hier trat fie erst mit dem Einsetzen des industriellen Aufschwungs zutage.
Im Jahre 1700 beschäftigten die Tuchfabriken der Hugenotten Claparède, Vallentin und André mit 34 Webstühlen über 100 Arbeiter und 400 Spinnerinnen; im Jahre 1709 waren in Magde burg schon 700 Webstühle in Lätigkeit, die jährlich 18 000 Dußend Baar Strümpfe fabrizierten und im Verhältnis dazu wollene Stoffe aller Art, besonders Tucharbeiten. Erwähnt seien noch die Tapetenfabrik von Mussel und die Hutfabrit Bellu.
Durch Edikt vom 6. Juni 1721 beschließt König Friedrich Wilhelm I. , Zirkulare druden zu lassen, um französische Kolonisten für Stettin anzuwerben. Er stiftete 50 Webstühle für Manufacturiers" gegen einen Bins von 2 Talern pro Jahr. Jm näch sten Jahre drohte er mit Gewalt die feindliche Strömung gegen die Fremden zu brechen, und wir sehen in dem Bericht der Stadt an ben König zwei Jahre später, 1723, daß die Stadt von den 89 französischen Familien einen Nugen von 13 316 Talern hatte, und
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Wie die soeben abgeschlossenen Untersuchungen nachweisen, ist die hohe Säuglingsste: blichkeit in auffallend vielen Fällen auf einzelne Stadtviertel, Straßen, ja sogar einzelne Häufer beschränkt, außerdem aber wieberum ablängig von der Lufttemperatur, das heißt zusammenfassend betrachtet. von dem Wohnungstlima.