schirmen und beschützen. Allen Segen! Und Eurer Exzellenz, dem Herrn Stadthauptmann, desgleichen allen Segen l Die ganze Einwohnerschaft betet ja für Eure Exzellenz zu Gott dem Herrn. Was jedoch die Amtstracht betrifft, so könnte sich vielleicht dennoch, wenn man eben an zuständiger Stelle anfragt, ergeben, daß auch der chilenische Konsul Anrecht auf äußere Abzeichen seiner Würde lhat... Das wäre allerdings möglich," pflichtete der Stadthauptmann bei.Schließlich ist der chilenische Konsul ja auch kein Ferkel." Lasar Mironowitsch aber, der dies Gespräch im Grunde ohne alle Absicht begonnen hatte, schöpfte plötzlich neue Hoffnung.... Vielleicht?- Wenn es nun glückte? Vielleicht bekam er mit Hilfe des Stadthauptmanns seine Nmtstracht doch? Er mutzte es wagen... Exellenz," sagte er, die Hand aufs Herz gepreßt...Exzel- lenz werden zugeben, daß ein Frack direkt unmöglich ist... Mögen sie das da drüben halten, wie sie wollen, aber wir sind doch nun mal in Rußland  ... Hundertundfünfzig Millionen getreuer Unter- tauen ein Kaiser   der mächtigste der Welt... aus diesen Gründen allein gebührt dem Konsul eine Amtstracht!" Um der Exzellenz schlaffe, faltige Mundwinkel glitt ein merk- liches Zucken. Der Adjutant jedoch, der neben ihm saß, hörte auf- merksam zu und sah gespannt bald die Exzellenz, bald den Konsul an. Exzellenz," fuhr Lasar Mironowitsch fort, und die einmal gefaßte Hoffnung befestigte sich mehr und mehr in ihm,Exzellenz wissen sehr wohl, daß mir Geiz und niedere Habsucht fernliegen. Von jeher dagegen füllten Werke der Nächstenliebe einen großen Teil meines Gedankenkreises aus, wie ich auch stets beflissen war, meine besten Kräfte in den Dienst gemeinnütziger Bestrebungen zu stellen, insbesondere solcher, die sich rühmen dürfen, unter Euer Exzellenz erhabenem Protektorat zu stehen... DieGesellschaft zur Rettung Ertrinkender" zum Beispiel... oder die verschiedent- lichen von Euer Exzellenz eingeleiteten Sammlungen... Exzellenz werden zugeben, ich habe für alle eine offene Hand gehabt..." Das wollte ich hoffen," sagte Sheltuchin.Da sollte ja auch der Deubel...! Also Sie brauchen eine Amtstracht? Ja, wie denn nun? was denn nun? Kniehosen? Patronentasche? Schlepp- säbcl?" Wie es die Behörde befiehlt... Mit oder ohne Säbel... ganz gleich, bloß daß es nach was aussieht... daß es der Würde entspricht! Schließlich bin ich doch Konsul! Schließlich... bin ich doch Mitglied des diplomatischen Korps!... Und selbst Chaske- Icwitsch, der nur Vizekonsul ist" Hähä," krähte Sheltuchin,da liegt der Hase im Pfeffer! Sehen Sie wohl! Ja, Vizekonsul aber Amtstracht. Und warum? Na, das ist doch klar: er ist eben königlich belgischer Vizekonsul, Sie aber find chilenischer Konsul. Zu Belgien   gehört nun mal die Amtstracht, weil Belgien   Königreich ist, Chile   aber ist das nicht, und deshalb haben Sie auch keine Tracht... Verstanden? Dennoch aber," setzte er meckernd hinzu,dennoch bin ich der Ansicht, daß die Angelegenheit... hähähä... sofern ich eben.. hähähä... darum einkomme, ja gegebenenfalls offizielle Vorstellungen erhebe, sich nach Wunsch wird regeln lassen..." Mit diesen Worten stieß er den verblüfften Konsul grinsend mit dem Zeigefinger vor den Bauch. Diplomat!... Aber da haben Sie allerdings recht, in einem Kaiserreich kann ein Konsul unmöglich im Frack umherlaufen. Ein Skandal, im Grunde..." Ich wäre Euer Exzellenz ganz überaus dankbar., In diesem Augenblick ertönte das Klingelzeichen. Tie Musiker griffen zu den Instrumenten. Was ist denn da los?" brüllte Sheltuchin.Wir haben Zeit. Man soll warten..." Aber dann fiel ihm ein, daß der heutige Abend und vor allem die Galavorstellung sich zu Lärmszenen nicht recht eigneten, und er schwieg und ließ geschehen. Schieb los," wandte er sich an den Konsul, und sein Ton war der alte liebliche Ton des Kasernenhofs.Sei unbesorgt. Ich will Deine Sache schon führen." Als der Konsul auf seinen Platz zurückkehrte, fand er seine Frau verstört und bleich, noch bleicher fast, als der kostbare Seiden- schal, der ihre Schultern umfloß. Hat er Dich angeschrien? Heruntergemacht?" stieß sie hastig hervor. Der Konsul verzog die Mundwinkel und sah geringschätzig auf das einfältige Weib herab. Angeschrien... Wie soll er mich denn anschreien?.. Na, er ist doch verrückt. Er ist doch ein reißendes Tier." Er ist eine Seele von Mensch." sagte der Konsul nachdrücklich. »Verrückt sind die. die da verbreiten, er sei verrückt." Und graziös mit dem goldenen Damcnschuh spielend, der über der Weste baumelte, fuhr Herr Zipkcs fort: Vertreter auswärtiger Mächte schreit man nicht an. Die Zeiten waren einmal. Was bin ich denn? Bin ich etwa eine Privatperson? Oder ein Untertan? Oder ein erstbester Kauf- mann? Oho? Die geringste Achtungsvcrlctzung und ich setze mich hin und richte eine Beschwerde an den Minister des Aeußern... Das könnte mir noch paffen! Verstehst Du das denn nicht?... Oder glaubst Du noch immer, Du seiest ein ganz simples Juden- wcib? Kuchen, meine Liebe! Dein Mann ist Mitglied des diplo- malischen Korps?... Aber, was den Stadthauptmann betriffk, so kannst Du glauben, was ich Dir sage: Er ist eine Seele vor» Mensch." Und an die Gigantenschultern Klara Moifsejewnas gelehnt« fügte er, da im selben Augenblick das Orchester einsetzte, laut hinzu? Er selbst nimmt alles in die Hand. Er wird meine Sachs führen. Er reicht noch morgen das Gesuch ein... namens den russischen Regierung...." Und den Blick ins Parkett gerichtet, wo mit den blauen Hosenl und dem gestickten Rock degengewappnet Herr Chazkelewitsch, de« belgische Vizekonsul, saß, dachte Lasar Mironowitsch bei sich im> stillen, Chazkelewitsch... oho, dem werde er schon bald auf den« Kopf spucken! tausendmal schöner als dieser fade, belgische Plunderkram werde doch die Amtstracht des chilenischen Konsuls fein..., (Fortsetzung folgt.)' Die berUbmtenältesten Leute". Obwohl ich keine rohe Butter esse, bin ich doch ein sehr großer Käsefreund. Was das mit den berühmten ältesten Leuten zu tun haben soll. wird den meisten der Leser vorerst schleierhaft erscheinen. DaS ist mir auch ganz egal, denn sie werden schon sehen, daß daS durchaus zum Thema gehört, ja daß der Käse mich überhaupt erst veranlaßt hat, hier über die berühmten ältesten Leute zu schreiben. Ich habe mir nämlich kürzlich mal wieder Käse gekaust, und ich fand zu Hause in meinem Palet eine» Zettel, in welchem der staunenden Mensch- heit offenbart wird: Aoghurt-Käse verlängert das Leben I Ein Herr Dr. Linke und Dr. Reinhardt sollen nachgewiesen haben, daß Joghurt imstande ist, das menschliche Leben zu ver» längern. Das ist für erbende Schwiegersohne und Neffen nun eins wenig tröstliche Aussicht. Aber ich möchte versuchen, ihnen einen Gegentrost zu bieten und zugleich der gewiß nun schon weit ver- breiteten Meinung entgegenzutreten, daß ich etwa der Dr. Linke sei. Ich kann vielmehr erklären, daß ich mit dem Manne meines Wissens bloß von Adam oder meinetwegen auch von Roah her ver- wandt bin. Jedenfalls soll für die genannte Eigenschaft des Joghurt die Tatsache sprechen, daß in Bulgarien  , wo er als VolkSnahrungSmittel sehr verbreitet sein soll, bei nur vier Millionen Einwohnern sich 3800 Joghurteffer befinden, die über 100 Jahre alt sind, während unter 61 Millionen Deutschen   nur 71 Personen über 10V Jahre alt wurden. Meine Leser werden nun erkennen, wo ich hinauswill und wie der Käse mit meiner�Ueberschrift zusammenhängt. Wenn jemand Statistiker ist und sich mal mit Bcvölkerungs- statistik beschäftigt hat, dann wird er wissen, daß die berühmten ältesten Leute eine recht unangenehme Gesellschaft ist. dieweil sie nämlich die sehr unangenehme Eigenschaft haben, daß sie sich ge» wohnlich auf nichts mehr besinnen können! Als meine Großmutter väterlicherseits das Zeitliche segnete, da mußte ich die trübe Erfahrung machen, daß sie nicht wie es immer hieß und sie selber glaubte 98 Jahre alt geworden sei. sondern bloß93". Ich habe übrigens zu meiner Rechtfertigung nicht auf ihren Tod gewartet, denn da gabs ebensowenig zu erben, wie bei mir auch. Aber der Fall ist typisch und richtige Statistiker wisse«, daß er sich ganz allgemein bestätigt. In den Zeitungen find die alten Leute fast ständige Rubrik, und inan liest da oft von Altern, die uns diese Ueberdleibsel von längst verstorbenen Geschlechtern als richtige Ruinen vergangener Zeiten erscheinen lassen. Es ist daher begreif- lich, daß man diese Zahlen nicht ganz kritiklos hinnimmt. Eins Zeitung kann die Angaben nicht immer prüfen, daraus kann man ihr keinen Vorwurf machen, wenn sie genasführt wird, wohl aber können das die Behörden, wenn gelegentlich der Volkszählung sehr alte Leute angetroffen werden. Während die jüngeren �Alter selbst­verständlich ganz zuverlässig angegeben werden, ist das bei den hohen nicht mehr der Fall. Es gibt eine Menge alter Leute, die selbst nicht wissen, wie alt sie eigentlich sind und sich in erstaunlichem Irrtum darüber befinden. Oft ist es auch der Wunsch, als etwas Besonderes zu gelten und von sich das Gerücht zu verbreiten, man sei eben schon besonders alt, während noch ein Jahrzehnt daran fehlt. DaS hundertste Lebensjahr stellt noch lange nicht die Grenze der menschlichen Lebensdauer dar; es find Fälle bekannt, in denen diese Altersstufe ganz erheblich überschritten wurde. Von den historisch festgestellten Fällen seien hier nur die mit den höchsten Altern er- wähnt. Der Grieche Georg Stravarides in Athen   wurde 132 Jahre alt. der Norweger Christian Jakob Drakemberg, der noch im höchsten Alter ein äußerst wechselvolles und abenteuerliches Schicksal hatte. erreichte, stets gesund, ein Alter von 146 Jahren. Der schottische Bauer Thomas Parr   wurde gar 1623/4 Jahre alt und starb nur in- folge des Genusses ungewohnter Speisen, die er am Hose deS KSnig« bekam, als er dorthin gebracht worden war. Sonst lebte er viel- leicht heute noch l Die längste nachgewiesene Lebensdauer aber erreichte der Mestize Miguel Solis. 1878 war er nachgewiesener- maßen mindestens 18V Jahre alt. Ob er jetzt noch lebt, ist nicht bekannt. Alle diese Personen waren bis an ihr Lebensende noch rüstig.