Summ. Wie er so dachte, lächerte tl>n wieder, und als er die hundert Taler in den Kasten zurückstellte, war er zufrieden und hatte die Demütigung vergessen. Die Taufe des Bastards. Als das Kind der Liest nun einmal da war im Jagd- hüterhaus, wußte der Simon, daß nun auch der Spott nicht länger auf sich warten ließe. Darum machte er an die Leute von Gutenburg ein Alltagsgesicht und auf weiteres ließ er sich mit keinen« ein. Denn der Simon war zu alt, um nicht gn wisse««, daß der Mitleidigen Bedauern das Echo hämischer Schadenfreude ist. Wenn auch die Liest auf dem Sitten- »narkt weniger galt als früher, dem Simon war sie gleich wert trotz dem Kindlein vom Erhard. Hatte doch schon die Eva den dummen Streich gemacht. Allerdings, dort war der liebe Gott Sittenrichter, und der Adam bekam darum auch «sein Teil ab. Denn der liebe Gott läßt sich nicht wie die Menschen was vormachen. Der Simon wurde aber nicht recht klug ob seines Herrgotts Willen und sein Gottvertrauen wankte. Waruin hatten viele das Glück, die schlechten ge- wohnlich, noch das allergrößte? Und warum hatte gerade lein Kind an den Bengel kominen müssen? Aber das war ge- schehen und war nicht zu ändern, der Liest Lebensfrühling war dahin. Kein Sommer konnte da mehr kominen, nur noch ein trauriges Absterben. Einmal kam Simon früher als andere Tage aus dem Walde nach Haus. Da fand er die Liest mit verweintem Ge- sichte und Würgen und Schlucken im Halse. Der Jammer wollte sich nicht unterdrücken lassen. Wie der Simon sein Kind anschaute, wogte ein heißer Brinim in ihm. Aber scheinbar gelassen fragte er: Nun, nun. Liest, was heulst Du denn da zusammen?" Da flössen alle Ströme und Bäche in der Liest über zu Sen Augen hinaus in großen Tropfen: sie heulte wie ein Schloßhündchen. Aber das Gcgrein tat ihr nur gut. Es »nachte ihr Lust und leichter. Der Simon ließ sie darum ruhig gewähren. Und als er sah, daß in den Strömen und Bächen das Hochwasser verlaufen war und nur noch feuchte Augen übrig blieben, da sagte er gelassen und ruhig:Jetzt >füg' Dich drein, Lieste, es ist so, und Du und ich machen's nicht anders.". (Fortsetzung folgt.) Verkaufsausstellungen. Der Berliner Künstlerbnnd.(Ausstellung Potsdamer Straße 38.) Dieser Bund ist gleich dem Zusammenschluß derJuryfreien" «in Ergebnis des Erwachens der träumenden Künstler aus roman- tischer Not zu dem Willen, sich wirtschaftlich zu organisieren. Der Kiinstlerbund war sogar früher da als dieJuryfreien", so ver- onstaltet er denn auch schon seine dritte Ausstellung. Die beiden ersten Vorführungen haben sich dadurch wesentlich von allen anderen Bildervaraden unterschieden, daß jedesmal ein erheblicher Teil der ausgestellten Arbeiten.>/«, gar Vz. verkauft wurde. DaS geschah. weil die berüchtigten Phantasiepreise aufgegeben waren: so konnten viele, denen früher nur Reproduktionen erschwinglich waren, jetzt durch einen«näßigen Mehraufwand Originalarbeiten kaufen. Zweifellos: ein gesundes Prinzip, dem man nur guten Fortgang wünschen kann. Geiviß, daS Drücken der Preise kann auch für die Malerei eine Gefährdung der Qualität bedeuten; indessen, eS ist schließlich doch nützlicher, daß der Künstler für sein Werk ein leid- lichcs Entgelt(falls es besser klingt: eine gewisse Entschädigung für die geleistete Arbeit wenn auch keine» Lohn für die Kunst) empfängt, als daß er die Bilder stapelt und immer nur für sein eigenes Atelier schafft. Solche Mehrung des Umsatzes setzt allerdings voraus, daß die auf den Markt gebrachte Kunst ein bestimmtes Niveau«oahre. Eine Forderung, die sich hellte um so eher stellen läßt, als in der Tat die Durchschnittsleistungen der deutschen Malerei während der letzten Jahre erheblich gestiegen sind. Wir haben heute eine ganze Schar junger Künstler, deren keiner ein Genie, deren jeder aber ein sehr tüchtiger, ordentlicher«md geschmackvoller Bildermacher ist. Auch die diesjährige Ausstellung des Künstlerbundes gehört zu solcher Art. Einige Arbeiten haben mir besonders gefallen; so will ich auf sie verloeifen. Frau Bern st ein- Landsberg sieht die Straßen in einer interessanten Verkürzung von oben, aus halber Vogelperspektive; die Menschlein schrumpfen ein wenig zu Püppchen, die Hänser und die Pflastersteine entrenken sich,«Verden Spielzeug. Aiinic Boetticher scheint jetzt ihr spezifisches Gebiet gefunden zu haben; ein Stilleben aus chinesischem Porzellan ist sehr aiuüsant und sinnlich gemalt auch geschickt im Ausschnitt. Ein sehr kräftiger Zeichner ist Fritz Giebelhausen. Mit starken, daS Sachliche erfassenden Strichen gestaltet er Hafenarbeiter; er charakterisiert eindringlich die Köpfe intellektueller Männer; er weiß mit den leeren Stellen, mit dem Papierton, zu wirken: stets ein Zeichen künstlerischer Klugheit. Wesentlich unökonomischer ist M. Haim; das perlmuttrige Geflimmer der sich spiegelnden Kresie verrät einen leidlichen Geschmack, aber eine geringe Begabung für das Konstruktive. DaS gleiche gilt für Marie Jsenbart. Ihre japanischen Kinderpuppen sind ganz kunstgewerblich behandelt: sie dekorieren die Fläche, sie wandeln sich in Farbflecke. Wiederum das gleiche ist über F. von Klocke zu sagen; tausend gegen eins möchte man wetten, daß dies F. einen weiblichen Vornamen deutet. Die Bildnisse dieser(sagen wir's ruhig) Dame sind unzulänglich: die Malerin ließ sich die Gesetze nicht vom Objekt diktieren. Die Archilektonik eines menschlichen Körpers kann von ihr nicht bewältigt werden. Doch wird die Situation sofort anders, wenn es gilt, Straßen- szenen, einEcwirrponUngenauigkeiten, ein Gcflock, etwas, wobei es auf das innere Gerüst, auf die rhythmische Logik wenig ankommt, festzu» halten; dann erhalten wir einen recht liebenswürdigen Eindruck ver» mittelt. Man mochte von einer textilen Begabung sprechen, von einem Talent, daS die Fläche nett aufzuteilen und zu nuancieren weiß. M. L e w i gehört schon eher zu den Gestaltern deS Lebens; auch hier haben wir es sicherlich mit einer Fra«: tun. Die Ra­dierungen dieser Dame sind gar nicht übel, sie sind sogar technisch recht geschickt und haben auch ihr Temperament; indessen: sie kreisen um Anders Zorn . Und schließlich: warum sollen sie sich nicht an- lehnen, wenn sie nur Instinkt genug besitzen, einen Starken zum Zentruni zu wählen. Spaßige Zeichnungen macht Ernst Lübbert ; er tuscht sie auch mit Farben kecklich an. aber: ein bißchen Münchener Bierhumor, so Zentaurenulk, Böcklin und Stuck für den Kneiptisch. Manfred Präger nun. daS ist einer, bei dem ich auf eine Frau schließen würde.(Solch ein ehrlicher Spürhund bin ich.) Er malt sehr liebcnS- würdig, perlmuttrig. umdünstet. So ein wenig ohne Knochen. Aber es sieht ganz nett aus. ganz geschmackvoll. Hingegen ist Julius Rosenbaum ein robuster Landschafter. Er malte den Stettiner Hafen, und wir sehen: schwer und rauchig die Schiffe, das Wasser. die Häuser am Bollwerk. Nur die Himmel wollen ihm gar nicht gelingen. Ein eigenartiger Künstler ist Gustav S o e n n e r t; das heißt, wenn er wirflich so ist wie sein kleines BildchenKinderfest". Weißgekleidete Mädchen ziehen im Fackelzug, zärtliche Silhouetten im Dämmerschein. In solch eine raffinierte Harmlosigkeit kann man sich schon verlieben, und liebhaben kann mau auch die Feldblumen. die Helene W o l f f gemalt hat. Locker und lächelnd stehen sie in einem Glaskrug, der spiegelt daS Licht und die Herzinnigkeit, die in der Wiese ihre Welt findet. Kunst halle Wilmersdorf (Kaiserallee 14). Auch dieses ist eine Verkaufsausstellung. Man will den Umsatz an Bildern mehren. Anders wäre das Unternehmen nicht zu ver- stehen. Es ist alles ganz geschickt hergerichtet und auch die Bilder. die gezeigt werden, sind zu einem großen Teilt ganz respektabel. Aber: es hat eigentlich keinen rechten>sinn, den unzähligen AuS- stellungen immer wieder neue zu gesellen. So etwas wie diese Wilmersdorfer Kunsthalle könnte für eine Provinzstadt, die weit ab- seits von einem Kunstzentrum liegt, seine Vorteile haben; hier aber fahren die elektrischen Bahnen vorüber, die einen in 15 Minuten an den PotSdmner Platz bringen. Immerhin,«venn sich die Leute des Westens daran gewöhnen sollten, hier und da einmal etwas bei den Wilmersdorfern zu kaufei«, so kann das ja die Künstler freuen; wenn auch im übrigen die neue Gründung auf die Entwickelung der Kunst keinerlei Einfluß haben wird. Eins allerdings muß noch gesagt werden. So anständig(bis auf die juryfreie Abteilung, die gar komisch anmutet) auch das Niveau der Bilder ist, so unerhört sind die Architekturen, die gezeigt werden. Was der Baurat Kröger und der Wilmersdorfer Stadtbaurat Herrnring zusammen- murksen, das ist so furchtbar, daß man nur den Mut bewundern kann, der dergleichen auch noch auf das Präsentierbrctt hebt. Und dieser Kröger soll nun das Wilmersdorfer Rathaus bauen; hier hängt der Entwurf, ein Produkt der Unkultur und Un- fähigkeit. ES ist einfach ungeheuerlich: Seidl, Fischer, Roth u. a. hatten Entlvürfe für dieses Rathaus eingereicht, und die zuständigen Stellen" waren plump genug, diesen Kröger zu wählen. Daß Herrnring, der Stadtbaumeister, dagegen nichts einzuwenden hat. richtet ihn. Jetzt, gerade jetzt ist die Zeit, da kein Unfähiger mehr die Macht haben darf, die Städte zu ruinieren. Was Herrnring und die um ihn tun. bedeutet eine Schädigung auf Jahrzehnte hinaus. Uebrigens, im Wilmersdorfer Stadtbauamt sitzt auch Herr Ritze; der kann etwas, der kann unendlich mehr als der Herrn Ring. Aber man läßt ihn nicht an die entscheidenden Aufgaben. ES ist ein Brief eingegangen, der klagt mich an. daß ich neulich bei der Besprechung der Juryfreien den Künstlerinnen unrecht getan hätte. Ich hatte geschrieben:ES ergibt sich eine Merkwürdig- keit: ein großer Teil der Bilder, die einem gefallen, wurden von Damen gemalt." Später fand ich es noch einmal bemerkens- iv e r t, daß die Bildhauerinncn zu empfinden beginnen, was das eigentlich Plastische ist. Nun, eS ist in der Tat merklvürdig, daß, wenn einem in einer Ausstellung so und soviel Bilder gefallen, nian bei»« Nachschlagen