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„ Es hat noch nicht sechs gepfiffen," flüfterte er.
Mit einem Fluch warf sie das Bündholz fort und begann fich im Dunkeln anzukleiden.
Plötzlich stodte der kräftige Atem, eine Hand tastete nach den die Geheimnisse des Kunstverles, baß es nicht mehr zu sehen ver Streichhölzern. Die Kleine Flamme befchien eine schräge Kammer möchte als die Linse des mechanischen Apparates. Das Wort hat mit zerfekter Tapete und eine starkgebaute Frau, die aufgerichtet eine Schlüsselmacht und kann auftun, was eben noch stumm im Bette faß und nach dem Fled an der Wand leuchtete, wo die schien. Das Wort zerreift undurchdringliche Vorhänge; es überbillige Schweizeruhr zu hängen pflegte. Jm Bette neben ihr lag springt unendliche Entfernungen durch das Mysterium des Verein Mann mit eingefallenen melancholischen Zügen und starrte ins gleiches, der Berlegung, der Reihenbildung. Und zum zweiten: Leere. der photographische Apparat an sich tut es gewiß nicht; es tommt darauf an, wer ihn einstellt. Die Photographie fann ein schauerlich Ding sein. Gerade sie entscheidet sich durchaus an dem Wie: unter welchem Winkel, von welcher Seite, in welchem Ausschnitt, bei welchem Abstand. Ferner: die Auswahl charakterisiert; welche Kunstwerke von den vielen und vielzuvielen gezeigt und wie sie nebeneinander gestellt werden, davon kann das Werturteil, aber auch das Vergnügen an dem Künstlerischen wesentlich beeinflußt werden. Daraus folgt, daß auch hinter den Bilderbüchern der Kunst immer ein Mensch stehen muß, ein Stenner, einer, der die Kunst liebt und erlebt. Nur wenn solchen Sinnes eine Persönlichkeit das Bilderbuch organisierte, kann es wahrhaft dazu helfen: die Kunst den Menschen näher zu bringen. Bücher dieser Art sollen jezt empfohlen sein.
" Willst Du schon fort?" erflang seine Stimme kurz darauf. " Du hast noch reichlich Zeit."
lich:
Sie antwortete ihm immer noch nicht. Dann fragte sie plößWieviel habt Ihr für die Uhr bekommen?" " Fünfzig Dere."
Sie lachte hart:" Das wird ja schön reichen, um eine Woh nung zu mieten. Ja ja, das Armenhaus steht einem ja immer offen; wozu soll man sich also Sorgen machen! Ob ich fort will? Will? Als ob man nur, um sich Bewegung zu machen, den Dreck der Leute wegscheuert. Es fragt einen wohl niemand, ob man will."
Sie murmelte noch allerhand vor sich hin. Der Mann antwortete nicht; er wußte, daß sie es gut mit ihnen meinte; dies war nur der lette Müdigkeitsreft von gestern, der heraus mußte. Sie versorgte die Familie; und es war verständlich, daß sie von Beit zu Beit das Bedürfnis hatte, sich Luft zu machen! Sie hörte ja von selbst wieder auf.
Nun wirtschaftete sie in der Küche herum und schaffte Ordnung für den Tag; das Licht fiel durch die Türspalte herein und Bog eine dünne Scheidewand von Feuerdämpfen durch das schwüle Dunkel. Dann kam sie in Mantel und Kapuze zurück und ging zu dem Manne hin.
Nun sei vernünftig und bleib liegen, bis es hier ordentlich warm ist," sagte fie und stopfte mit ihren harten Händen das Bettzeug um ihn fest. Mach Dir nur teine unnüßen Gedanken. Frau Petersen ist Manns genug, um uns Brot zu schaffen und auch ein Dach über den Kopf."
Mutter, drüben in der Bürgerstraße übern Hof ist eine großartige Wohnung mit Glasbauer freil Da fönnte Bater so schön sitzen, wenn die Sonne scheint," sagte ein Anabe unten vom Fußboden her. Sie foftet fünfzehn Kronen, und sie verlangen die Miete für einen Monat voraus."
" Ja, so' ne feine, spaßige!" bestätigte eine Kinderstimme, die nach einer fleinen Weile hinzufügte:„ Und wahr ist es!"
Die Mutter antwortete nicht; sie ging zu dem alten Sofa hin und rüttelte an einem schnarchenden fleinen Klumpen. Das war die erwachsene Tochter Trine; sie gab sich bloß den Anschein, als ob sie schliefe.
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In der bon der Deutschen Verlagsanstalt in Stutt gart herausgegebenen Sammlung„ Klassiker ber Kunst" erschien als neunzehnter Band: Mar Liebermann. Es ist gewiß problematisch, das Wert eines Lebenden wie ein bereits abgeschlossenes zu betrachten. Man kann nie wissen, was noch kommt; eine gewisse Schen verbietet den Blick hinter die letzte Kulisse. So haftet auch an diesem Liebermann - Album feine Zeitlichkeit, ein Rest von Aktualität; immerhin, es ist zugleich der Anfang eines Einganges in die Geschichte der Kunst. Es hat doch seine Reize, so blätternd zu sehen, wie dieser Lebende, dessen Arbeit mitten im Alltag steht, langsam wuchs, wie er fich aufbaute und zur Reinheit feines Wesens den Weg fand. Von 1867-1911: welch Katalog an Werken, welche zähe Ausdauer, welche Leidenschaft, welche Logit. Dazu schrieb Gustav Pauli , der Direktor der Bremer Kunsthalle , einen sehr feinen Begleittert. Er sieht in Liebermann den stärksten und intelligentesten Vertreter des Impressionismus in Deutschland . Er sieht in ihm nicht nur den Berliner , auch den deutschen Maler: „ Gott sei Dant ist nun aber das deutsche Wesen so weit und so viel gestaltig, daß es außer den patriotischen Gevattern auch noch andern Naturen Raum gewährt. Deutsch sind nicht nur der kühne, spekulative Gedanke, die ahnungsvolle Mystik und die schwärmende Gefühlsfeligkeit. Deutsch ist auch die Freude am Objekte, deutsch ist der zähe Wille, und deutsch ist jene Schamhaftigkeit, die ein starkes Gefühl verbirgt, indem sie es meistert."
In der gleichen Sammlung erschien als zwanzigster Band: Hans Holbein d. J. Wir bekommen 252 Abbildungen nach den Gemälden diefes deutschen Meisters, der, wie der Herausgeber Baul Ganz eindringlich berichtet, seine entscheidende Erweckung in Stalien erlebte: was Mantegna in der Kapelle der Eremitani zu " Du sorgit mir dafür, daß es ordentlich warm hier ist, bis Badua als erster zustande brachte, die bei wachsender Distana fich Bater aufsteht! Wir haben doch noch Koks? Sonst muß der berkleinernde Darstellung der Figuren, hat Bramante überall in Junge fort und welchen zusammensuchen, sobald es hell wird. feinen Fassadenmalereien angewendet und in einem großen Kupfer Ein paar Späne zum Anzünden kannst Du wohl in der Rumpelstich für den Ateliergebrauch der Künstler niedergelegt. Diese Werke fammer von der Wand abbrechen, wenn Du vorsichtig bist und muß Holbein studiert und ihnen eine auf starte plastische Wirkung feinen Lärm machst. Auf dem Tellerbrett liegen zehn Dere für ausgehende, harte Lichtführung abgesehen haben." Ein Blid auf die Milch zu Mittag; Du kannst das alte Brot hineintun, das ich Bilder der Frühzeit beweist die Richtigkeit solcher Analyse; wir gestern mitgebracht habe. Und hüte Dich, Deinem Vater unartige fehen, wie Holbein seine Hintergründe aus italienischen Architekturen Antworten zu geben oder Deine kleinen Geschwister zu schlagen! Tomponiert, wie er zuweilen durch die perspektivischen Virtuofitäten, Seid alle drei recht brav, dann werd' ich Euch zum Abend etwas das eigentliche Thema feines Werkes, die Figur, verdrängen läßt. Gutes mitbringen- Bratwurst bielleicht!" Weiterhin berichtet Ganz mit Inappen Worten über das Lebens schicksal des in Basel angesessenen Malers, wie er durch die Gleichgültigkeit seiner Landsleute gezwungen wird, davonzureisen, wie er, durch Erasmus von Rotterdam empfohlen, nach England kommt, um dort in verschiedenen Zeitabschnitten eine Chronologie der bedeutenden Männer zu malen. Holbeins erstes Bildnis der englischen Beiten zeigt den Kanzler Thomas Morus ; den Ausgang bilden die Bilder von Heinrich VIII. und dessen wechselnden Frauen. manch einer dieser Köpfe fiel unter dem Beile des Henfers; man spürt etwas von dem ewigen Leben, das durch die Objektivität der kunst dem Bergänglichen gegeben werden kann.
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Sobald die Tür hinter Mutter ins Schloß gefallen war, stedte Trine den Kopf aus dem Bettzeug hervor und gab ein paar ärger liche Baute von fich. Dann troch sie unter die Dede zurück, und während der nächsten zwei Stunden brütete wieder der Schlaf über der kleinen Wohnung.
Der Tag brach an. Peter, der acht bis neun Jahre alt war, Iniete vor dem Ofen und war im Begriff, Feuer anzumachen; und der kleine Rasmus saß auf dem Fußboden und kleidete sich an. Auf dem Sofa lag Trine auf allen Bieren und schalt Beter aus, weil er den Kots nicht anzuzünden verstand. Sie war bor purer Gereiztheit ganz auf die Kante des Sofas getrochen, der verkrüppelte Rüden tagte in die Luft hinauf, und die Augen funtelten unter dem zotteligen Stirnhaar. Sie glich einer
ivütenden Kage.
( Fortjehung folgt.)
Illuftrierte Kunftbücher.
Es ist schon richtig: das Wort ist ein ungeschicktes Mittel, um das Wesen und die Schönheit von Bildern, Gebäuden, steinernen oder bronzenen Figuren zu deuten und zu preisen. Worte können immer nur umschreiben, fönnen nur die Eindrücke schildern, die das Kunstwert auf den Schreibenden, der zuerst ein Betrachtender war, machte. Hingegen: Abbildungen, objektive Widergaben, Photographien, das find die Zauberer, die selbst das komplizierteste Abbild und die fühnste Architektur mit einem einzigen Schlage einfangen, festhalten und für alle Zeiten jedermann lesbar bewahren. So laßt uns über die Künste wenig reden und desto mehr von ihnen zeigen. Eine feine Weisheit; die aber leicht mißbraucht werden kann. Denn erstens ist das Wort denn doch kein so plumpes Ding, daß es nicht eindringen könnte in
"
in
Gut
Sehr interessante Uebersichten gibt Die Kunst Bildern", die neben 80 Seiten Tert an 200 Vollbilder in jedem Bande bietet. Bisher find erschienen: die Frührenaissance der italienischen Malerei von Rich. Hamann und die altuiederländische und die altdeutsche Malerei von Ernst Heidrich ( Verlag Eugen Diederichs , Jena ). gewählte Abbildungen machen uns mit dem vielfältigen Material bertraut. Durch ein eigenartiges Verfahren kommen wir einzelnen Bildern besonders nahe: es wurden zu einem Teil nicht die ganzen Bilder, sondern Ausschnitte daraus reproduziert. Das wirkt mitunter geradezu überraschend, ja verblüffend. Man glaubt im ersten Augenblick ein modernes Bild vor sich zu haben. Ein Ausschnitt aus Pieter Brueghels Schlaraffenland" läßt uns an Barlach denken; die Maria Magdalena aus der Kreuzigung des Grünewald ist wie ein Grecco, wie ein großer Unbekannter zwischen Munch und Bechstein. Diese Methode der Ausschnitte, wie das Auge eines modernen Menschen sie liebt, hat ohne Zweifel ihre Gefahren; der Beitcharakter der alten Bilder wird ein wenig getrübt. Andererseits lernen wir durch diese Details das Ganze besser erfassen.- Bie alles, was bei Diederichs erscheint, find auch die beiden Heidrich Bände sehr schön gedruckt.