«nellUnt der Kunst; unter der Leitung von Richard Stettiuer erschienals erstes Heft: Giorgione mit einigen erläuternden Wortenvon Georg Gronau. Die Abbildungen zeigen gute Formate, siewirken deutlich, wenn auch des weißen PapiereS wegen ein wenigkühl. Der Text ist ein Dolmetsch sür die musikalische Phantasie unddie schöne Sinnlichkeit des venezianischen Minnemalers. In derTat: Giorgione war ein Wendepunkt, das zeigt am besten dasEntsetzen das Vasari, der gar nicht begreifen kann, wie man solchelockeren Einfälle, die gar keine ordentlichen Geschichten, auch keineBerichte über die Taten hervorragender Persönlichkeiten seien, über-Haupt malen könne. Schon damals knurrte die Akademie gegendie Ausgelassenheit und das jubelnde Temperament, der ewig jungenKunst.Als Volksausgabe erschienen bei Hegel u. Schade in Leipzigdrei Heftchen mit Zeichnungen von Ludwig Richter. Die gemüt-volle Art des redlichen Großpapas läßt sich auch heute noch ingeruhsamer Muße genießen. So ganz freilich gehört Richter nichtmehr unserer Welt. Dagegen gibt es einen anderen, der früherlebten schon zu den Zeiten Goethes, da? war ein ganz verfluchterKerl. Er heißt Rudolf Töpffer und hat so etwa» wie Bilder-romane gemacht; krause Geschehnisse, ganz tolle Abenteuer, Luft-sprüng«, Leibcsderrenkungen, groteske Heldentaten mischt er unter«inander und durch einander, den Spießern zum Hohn und denWeisen zum Gelächter. Dabei zeichnet er mit einer Sicherheit, diedurch das Knittrige des Striches nur noch überraschender wirkt; unbedingt hat Töpffer die großen französischen und englischen Zeichnergekannt, er hat aber ganz etwas Neues daraus gemacht. Er schreibtein« Psychologie der Wut, der Dummheit, der Verliebtheit,de» Gelchrtendünkels, der Bureaukratie und des geordneten Staats-wesen». In einem der Bändchen, das die Weltreis« heißt, kommteine Szene vor, die in der Komik der Zeichnung weit bester als dasmeiste ist, was heute unsere politischen Witzblätter zu zeigen haben:Jemand, der eine Uniform tnig, zog sie au«, um zu baden. Erding die Uniform an einen Baum und stellte die bewaffnete Macht,die au» zwei Dummerjanen besteht, zur Wache. Und nun geschieht«»! der Wind faßt die leere Uniform, ein Aermel bewegt sich, damacht die bewaffnete Macht: Kehrt, marsch marsch. Bei einer neuenBewegung macht die bewaffnete Macht: Stillgestanden, präsentiertda» Gewehr. Der Wind ist frisch, als» übt die bewaffnete Macht:Laden, fällt das Gewehr. Und so fort. In dem gleichen Bändchenträumt ein Ortsschulze einen großartigen AmtStraum; wir sehen ihnauch: SSOt unbekannte Gesetzentwürfe brodeln in einem perga-mentnen Kessel, an dessen Wänden Nettern 62 Schreiberlein herum,die überlaufende Brühe abzulecken. In einem andern Bändchen„Da» kecke Lüftchen' wird übermütig verschildert, wie«in Hund aus den Wolken auf einen Zetgertelegraphenfällt, und: sogleich beginnen die Telegraphen auf allenLinien leicht zu schwanken. Sofort werden vom Aus-wärtigen Amt Eilboten abgeschickt. Die Schindermähren schießen imGalopp, eine ganze Herde runder Köter jagt mit. Und: sogleichschwanken auch die ausländischen Telegraphen; sofort sind die Blättervoll von allerlei Nachrichten; die Politiker sehen einen unheilvollenZwist unter den fünf Großmächten; die Fabriken schließen; derMinister teilt mit, daß S00 000 Mann die Grenze bedrohen, großeManöver werden veranstaltet; die Arbeiter bekommen Hunger; eswird geredet, daß sich die Leute nicht an den Ereignissen beteiligenmögen, daß sie nach Hause gehen sollten; zum Schluß: die Bürger-wehr bringt die Menge durch gutes Zureden auseinander, nämlich:durch die Bajonette. Da» alles sehen wir in dünnen, scheinbarblöden und doch scharf schneidenden Strichen; man denkt an Daumier,man sieht einen Borläufer von Wilhelm Busch. Diese lustigen,zeitgeschichtlich überaus interessanten und heute wieder ganz lebendigenHeftchen, deren jede» mehr al« 200 Zeichnungen zählt, sind fürZ,80 M. das Stück(Verlag Erich Baron, Berlin) zu haben.Der Lustigkeit möchte Wilhelm Michel einen Beitrag bringen;er sammelte in einem bei R. Pieper u. Co, München, erschienenenHeftchen Bilder zum Teuflischen und Grotesken inder Kunst. Wir begegnen bald mit Grausen, bald schmunzelnd, gargräßlichen, gar frechen Tollheiten. Der Fratze einer buddhistischenGöttin, dem RückwärtSgesicht eine» Wasserspeier» vom FreiburgcrMünster, den Karikaturen de» Lionardo, den Wildheiten des Höllen-brueghel, den Totentänzen, den Teufeliaden; wir blicken in eineSchnapSgaste. wie sie Hogarth mit gräßlicher Realität zeichnete, wirsehen einen Gefängnishof von van Gogh, einen Mord von valloton,die dämonischen Träume Goya» und dann wieder den drastischenSatanSlümmel, wie ihn Thomas, Theodor Heine au» Bronzeschweißte. Diese Versammlung der Unter- und Ueberirdischen, derHexen, Saufbolde und Vampyre, hat manche» Anregende, manmochte Hoffmann lesen, den teufelfesten, oder Poe, den Jongleurde» Grauen».Die Freude an alten Städten nimmt zu; die Deutschenlernen wieder die Schönheit ihren einsamen Ort« kennen. DieStädtchen, die beinahe verloren schienen, die über Italien und überdem Nordkap vergessen wurden, möchte man wieder lieben. So istder Buchhandel nur logisch, wenn er kleine Führer durch da? nn-bekannte Deutschland herausgibt. Bei Pieper, München, erschien vonGustav Wolf: die Schöne Stadt Mitteldeutschlands.Soest, Bacharach, Braunfels, Duderstadt. Büdingen. Wetzlar. Gera.� Marburg, aber auch Breslau, Löwenberg, Bcieg und dann Plauen,Jena, Pirna— welch Kranz der heimlichen Idylle und der feinenKünste. Die Abbildungen de» Büchleins wurden mit großer Liebebesorgt; wir sehen die charakteristischen Gäßchen, die Marktplätze, dieBrunnen, die Laubengänge, sehen dazu Ausschnitte aus allen Stadt-Plänen und Stiche von Merian. Ach, wenn doch die Zeit derWanderburschen wiederkäme l Von solchen Seligkeiten(die unbedingtbilliger sind als Reisen in die üblichen Badeorte) erzählt uns auchGeorg Hermann in einem sehr spaßig geschriebenen und nettillustrierten Büchlein: Aus guter, alter Zeit(Vita, Berlin)..Leuchtende Stunden' heißt die Sammlung, zu der das Tage-buch gehört; und es leuchtet uns mancherlei an liebenS-würdigen und schönen Dingen. Auch gibt es einige treffliche Be-merkungen, so etwa wenn Hermann schreibt:.daß schow in Würz-bürg daS Sonnenlicht mehr Silber zu enthalten scheint, während beiuns das Gold in ihm vorherrscht; gerade, als ob es sich de» Unter-schiedeS zwischen dem farbigen Ziegelbau, der eine Goldkrönungbraucht, um zur Wirkung zu kommen uud dem grauen, silbrigenStein- oder Putzbau, der in weißem Licht am reinsten wirkt, bewußtwäre.'— Für die.Leuchtenden Stunden" schrieb auch JohannesTrojan; er erzählt von den deutschen Wäldern. Al»ein vielgewanderter und fester Trinker, als einer, der die Birke undTanne, den Eichbaum und die Lärche lebendig und beseelt sieht.Die Aufnahmen, die uns von der Kurischen Nehrung bis zum Algäugeleiten, zeigen, daß auch für die Nawr der photographische Apparatseinen Sinn und Reiz erst durch den feinfühligen Menschen bekommt.Robert Breuer.kleines feuilleton.Hauswirtschast.Grünkohl. Das einzige Gemüse, dem der abnorm heißeSommer nicht mehr zu schaden vermochte, ist der Grünkohl. Er istquantitativ und qualitativ so vortrefflich geraten wie sonst selten.Deshalb sollte dieses kräftig schmeckende und nahrhaft« Gemüs«öfter als in anderen Jahren auf dem Tische erscheinen. Mit einemEiweißgehalt von 4 Proz, einem Fettgehalt von g Proz., einemGehali an Kohlehydraten von 11'/, Proz. übertrifft er an Nährwertnicht nur alle anderen Kohlarten— den Rosenkohl ausgenommen—sondern auch alle frischen Gemüse mit alleiniger Ausnahme vongrünen Erbsen. Am besten schmeckt der Kohl, wenn er strengenFrost abbekommen hat, da sich unter dessen Einwirkung der Stärke«gehalt der Pflanze in Zucker umwandelt.ES muß die Aufgabe der verständigen Hausfrau sein, dem Grün-kohl feinen kräftigen Geschmack und seinen Nährwert durch zweck-mäßige Zubereitung zu erhalten. Eine Sünde ist es, ihn abzukochenund den Sud vor der weiteren Zubereitung fortzugießen. Will mangehackten Grünkohl beretten, so kann man die Blätter, nach-dem sie gewaschen und von den Rippen gestreift wurden, in weniggesalzenem Wasser ankochen, damit sie sich leichter fein wiegen lassen.Dann erhitzt man Gänse« oder Schweinefett in einem Topfe, gibtden gehackten Kohl hinein und gießt von dem Kohlwasser hinzu.Wenn er eine Stunde sacht geschmort bat, fügt manauf etwa drei Pfund Grünkohl eine Handvoll Hafer-griitze oder Haferflocken hinzu, um ihn seimig zu machen.Unsere Altvorderen süßten den Grünkohl mit Honig. Wir nehmenstatt des teuren Honigs Syrup oder Zucker und schmecken ihn hier«mit sorgfältig ab. Mit der Hafergrütze vermischt, muß er wenigsten»eine Stund« kurz einschmoren. Einen Teelöffel Maggi beim An-richten hineingegeben, verfeinert das Gemüse. Man kann den Kohlmit kleinen runden Kartoffeln, die abgekocht und in Fett braun ge-braten wurden, umgeben und Pökelfleisch, Kasseler Rippespeer, Brat-wurst, mageren Speck usw. dazu reichen. In der Zusammenstellungmit Schweinebraten ist er ei» beliebte» Weihnachtsessen in vielenGegenden der Mark.Langer Grünkohl. Der von den Stengeln gestreifte undgewaschene Grünkohl wird nur einige Male durchschnitten. EinenEßlöffel voll Zucker bräunt man in Schmalz, gießt etwas Brühedarauf— man kann mildgesalzene Brühe von Pökelfleisch oderSchinkenknochen dazu verwenden— und läßt den Kohl in 2'/z Stundenunter Beifügen von einem Löffel voll Hafergrütze kurz und saftigeinschmoren. Ist er nicht süß genug, so würzt man noch mit Zuckeroder Syrup.Grünkohlsuppe kann von übriggebliebenem Grünkohl be-reitet werden. Hafergrütze oder Haferflocken werden in Wasser gargekocht und durch ein Sieb gestrichen. Den Hascrseim vermischt nianmit leichter Brühe, die man sich mit Hilfe von Bouillonwürfelnherstellen kann, gibt den gehackten Grünkohl hinein, würzt mit Salz undZucker uud läßt die Suppe noch ein Weilchen sacht kochen. BeimAnrichten kann nian Scheiben von Bratwurstresten und einige braun-gebratene Kartoffeln hineingeben.G r ü» k o h l s u p p e auf vegetarisch« Art. Grünkohlwird von den Stengeln gestreift, gewaschen und gröblich gewiegt.Ein Teelöffel voll Zucker wird in Fett gebräunt, genügend Wasserdazu gegossen, Salz, ein Löffel voll Hafergrütze, eine Zwiebel undder Kobl hinzugefügt und alle» weich gekocht. Dann streicht mandie Suppe durch ein Sieb und bringt sie mit einigen Stückchenroher Kartoffeln nochmals zum Feuer. Sobald die Kartoffeln garsind, richtet man die Suppe an.__ m. ktBerantwortl. Redakteur: Albert Wach», Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.VerlagsanstaltPaulSingeräCo.,Berl!nLV