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nicht benachteiligt dadurch; er bekam zum Erfaß einen einen Die Zukunft der deutschen Oper.
Omnibus mit Pferden und einem Kutscher.
Peter hatte schon früher so feines Spielzeug gesehen in den Schaufenstern nämlich und war ja im ganzen viel welterfahrener. Mehr als alle Feinheit wunderte es ihn, daß das fremde Kind mit Geld spielen durfte. Die Kleine konnte es ja runterschlucken, so daß die Leute es nie wiederfahen. O, die mußten viel Geld haben! Da lag ein Zehnkronenschein, ferner Einkronen- und Fünfundzwanzigöreftüde soviel er sehen konnte, war da viel mehr Geld als man brauchte, um die drollige Wohnung drüben in der Bürgerstraße zu mieten. Sollte er fragen, ob er das Geld nehmen dürfe? Diese Leute waren doch gewiß Millionäre!
Er fann nach und suchte nach einer Gelegenheit, seine Frage anzubringen. Er war auch ein wenig ärgerlich über all das gute Essen. Jezt, wo er anfing, fatt zu werden, hätte er lieber etwas im Korb mit nach Hause genommen. Er lauerte auf einen unbewachten Augenblick, um einiges unter seine Bluse zu stecken. Aber nun tam ein großer, ernster Mann aus dem Nebenzimmer und ließ sich in ein Gespräch mit den beiden Jungen ein. „ Na, wo wohnt Ihr denn? fragte er.
" In der Tonstraße," sagte Peter.
" Das ist weit von hier. Und was ist Euer Bater?" " Er ist krank," beeilte Rasmus sich zu beantworten, um nicht zurückzustehen.
Reiner ist Klempnergeselle, aber jekt ist er lungenfrant," berbesserte Peter.
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hm Und da hat Mutter Euch wohl ausgeschickt, um an den Türen um eine Kleinigkeit zu bitten?" Nein, Mutter tann das nicht leiden. Aber sie ist auf Arbeit in der Nähe von Kongens Nytorv." " Da hat sie ja einen weiten Weg zu machen, die Aermite!" sagte die Frau.
" Ja, aber jetzt ist uns gekündigt worden. Wir dürfen keine Kinder haben. Die Leute aus unserer Straße müssen alle heraus, der Wirt mag die Kinder nicht leiden. Nun werden wir wohl nach der Bürgerstraße ziehen, wo nach dem Hof zu so was mit Holz und Glas freisteht ganz wie ein Treibhaus sieht es aus. Da tann Vater fißen, wenn die Sonne scheint, dann ist es sehr warm da. Es fehlen uns nur die 15 Kronen, die im voraus bezahlt werden müffen. Aber Vater meint, es werde uns schon jemand helfen." So nun war es heraus! Erleichtert atmete er auf.
„ Hörst Du es, liebe Gisse? Der garstige Mann mag feine Kinder leiden," sagte der Herr und beugte sich über das Kind hinab. ..Aber, was ist das? Ich glaube, Giffe spielt mit Geld! Das darf fie unter feinen Umständen!"
Die Frau machte sich daran, das Geld einzufammeln.
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Habt Ihr viele Geschwister?" fragte der Mann weiter. Trine noch, aber die ist 20 Jahre."
Und sie ist so verrückt, so verrüdt," fügte Rasmus hinzu. Der Mann lachte:„ Aber wieso denn verrüdt?"
Mutter sagt, weil sie keinen Mann kriegen kann," erwiderte Peter ernst.
.Sie ist ja budlig," rief" As" und machte den Budel krumm. Da lachten sie alle über ihn.
Kann Eure Schwester gar nicht arbeiten?" forschte der Mann weiter. ..Doch, fie hat auch Rohrfiße geflochten, aber das lohnte nicht, fie brach zu viel Rohr entzwei. Da sagte Vater, fie folle aufhören, wir sehten ja bei jedem Eih 15 Dere zu."
gerührt.
Wir arm diefe Leute sein müssen, Henril!" sagte die Frau Mit vollem Munde und mit Augen, die ihm vor Eifer schier aus dem Kopfe sprangen, fiel Rasmus ein: „ Aber Vater sagt, es werde uns besser gehen, wenn er erst tot sei. Denn dann würden wir viel Geld für die Begräbniskosten bekommen."
Die deutsche Oper hatte mit Richard Wagner den möglichen Höhepunkt einer ganz bestimmten Kunstepoche erflommen. Es war iene tünstlerische Kulturepoche, als die dramatische Mufit, fich aus tiefster Verflachung und Erniedrigung erhebend, den Versuch machte, ungeheure geiftige Gebiete wie die Vollsmythe, das Märchen, die Religion, die Philosophie in sich aufzufangen. Die Opernform, die bisher( nur mit den beiden großen Ausnahmen Gluck und Mozart) nur angewandte Tanzform gewesen war, spielerischen und Unterhaltungszwecken gedient hatte, eine Augenweide und ein Dhren ichmaus für die Privilegierten, wurde plößlich durch den Riesengeist des Bayreuther " Luthers der Töne" auf ganz andere edlere und höhere Biedestale gestellt. Das pathetische Mufildrama wurde demofratisch, eine Angelegenheit des ganzen Volkes( Volk als die Summe derer, die eine gemeinsame Not empfinden), es wurde mit dem Gedanken, mit philosophische Kulten verschwistert, das monumentale Pathos zog ein in den Tempel der Oper. Daß die schöne Idee Wagners, die Aufführungen seiner Werte als nationale Feste jedem Würdigen unentgeltlich auf Grund von nationalen Substriptionen zu gestatten, an der harten Realität der Dinge zerschellen mußte, ändert nichts an der sozialen Idee selbst.
Was Wagner als Erlöser von dem Stumpffinn der„ Großen Dper" Meyerbeers und der Franzoien, von den Trivialitäten der italienischen Soloraturoper uns gewesen ist, das beweist ja seine feit einem Menichenalter auch in die Tiefen der Boltsseele dringende außerordentliche Popularität deutlich.
Da trat Friedrich Nietzsche das„ Gewissen der Deutschen auf den Plan und zerstörte durch den Ernst seiner Gedanken in schmerza lich- wißiger Form den Wagner- Wabn bei den geistig Mündigen. Er wies nach, daß Wagners, des Dichters und Denkers, Jdeenwelt frant war, dekadent, morbid und melancholisch wie die letzte Frucht jeder überreifen, müden, fatten Kultur. Er zeigte, wie Neurasthenie, Krankheit, Seelenvergiftung, Tod über allen Helden der Wagnerschen Jdeenwelt von Senta und dem Hofländer bis zu Tristan und Isolde ichwebten, wie selbst Hans Sachs nur ein Rekonvaleszent, ein geistig langsam Genesender mit Melancholie im Blute war. Er zeigte den alternden Wagner im Parsifal , als ästhetischen Konvertiten, als Neufatholizisten. Wagner aber stand mit Erreichung feiner Ziele im Musikdrama an der Gräberiniel feiner Mythenwelt. Wie Goethe, wie Napoleon . Efel vor dem Geschaffenen faßte ihn und er sant, müde und ungläubig, am Kreuze des Nazareners nieder. Bedauerte die Erbschaft, die er den Deutschen , ja, der ganzen er modernen Menschheit hinterlassen batte? Reformatorentum für Renaiffance, Bathos für Grazie, Schwerblütigkeit für Leichtigkeit, Grausamkeit für Unichnld, Stimulantie der Nerven für Gesundheit, Entfagung für kraftvolle Justinkte, das Ahnenmachen" für Klarheit, die Mufit als„ Jdee" und„ Ausdruck" für Musik als Gefang, als Selbstzwed, elementare Gefühlsentänßerung. Nietzsche , der geistig freiere und überlegenere Gegenpol Wagners, hat die Symptome der Krankheit Wagner " geistvoll und erichöpfend formuliert wie folgt: Er nennt Wotan den Gott des schlechten Wetters und der deutschen Jinglinge. Sie haben recht, diese deutschen Jünglinge, so wie sie nun einmal find: wie könnten fie verneinen, was wir andern, was wir Haltyonier bei Wagner verneinen la gaya scienza( die fröhliche Wiffenfchaft); die leichten Füße; Wig. Feuer, Anmut; die große Logik; den Tanz der Sterne; die übermütige Geiftigkeit; die LichtVollkommenheit schauder des Südens; das glatte Meer.
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Der Fall Wagner beweist, wie das, was als Erlösung aus einer verfumpften musikalischen Kultur notwendig war, zugleich Krankheit fein fann. Musikalisch gesprochen: der große ästhetische Irrtum des Gesamtkunstvolfes im Mufitdrama hat fich tief in die deutsche Stunftieele eingenistet. Und jetzt, wo wir zu genesen beginnen von diefem verhängnisvollen Jrrtum eines gleichberechtigten und gleichstarken Nebeneinander aller darstellenden, redenden und bildenden Die beiden Bürschchen schauten erstaunt der jungen Frau nach, Stünfte auf der Opernbühne, jezt tönnen wir erst überblicken, wie die, das Taschentuch vor den Augen, aus dem Zimmer lief, und schwer die deutsche Nachwagnerfche Oper unter dieser Krankheit nun hörten fie nebenan schluchzen. Sie fletterten von ihren Stühlen gelitten hat. Die komponierenden deutschen Jünglinge, denen herunter, wischten Mund und Nase am Aermel ab und näherten Wotan, Tristan, der Hofländer und andere Beffimisten im Blute sich der Türe. Während Peter diese öffnen wollte, fiel ein Butter- sputten, sahen sich mit emsigem Bemühen nach ähnlichen Gebilden brot aus seiner Bluse zu Boden.
Ist das für die zu Hause?" fragte der Mann.
Beter nidte erschrocken.
Da pacte der ernste Mann den Rest der Eßwaren in ein Papier und gab es dem Jungen. Nehmt das mit nach Hause für Vater und Schwester und kommt ein andermal wieder!" sagte er und ließ die Kinder hinaus.
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um, die fie in den Mittelpunft ihrer Wagner- Opern" fetten. Und nicht nur Jünglinge, iconell begeistert, halbwissend, Grünlinge in Fragen des musikalischen Stils, der musikalischen Kultur, ahmten blindlings Wagner und feine perfönlichen Eigenheiten nach, auch gereifte Mufiler von fünstlerischem Rang wie August Bungert , der der germanischen Sagenwelt Wagners ein Bendent in der durch tomponierten" Homerischen Welt geben wollte, wie Schillings in" Ingwelde" und" Moloch", figner im Armen Heinrich". A. Strauß im Guntram", 8umpe in Sawitri", Klofe in " Die fleinen Wesen!" sagte der Mann vom Fenster her, bon liebill" erkannten nicht, daß das Sunstwert der Zukunft", durch wo er den beiden Knaben nachschaute. Sieh mal, Anna jebt das mufilalifch alles bezwingende Genie Wagners in feinen sechs haben sie einen Korb am Arm und Müßen auf dem Kopf. Die eigentlichen Musikdramen(„ Ring", Tristan", Pariifal") Gegenwart Sachen haben sie irgendwo berstedt gehabt." geworden, mit des Meisters und Begründers Tod für immer der Bergangenheit angehören milf
Die Frau war inzwischen wieder zurückgepommen und durchsuchte das Spielzeug des Kindes.
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Ja, und weißt Du, was schlimmer ist, Senrit? Ich glaube, fie haben 10 Kronen mitgenommen. Ganz bestimmt waren vierzehn Kronen in meinem Geldbeutel, als ich ihn Giffe gab, und jetzt find nur noch vier da der Zehntronenschein ist verschwunden. Aber das ist ganz unmöglich. Sie haben sich nicht von ihren Bläken gerührt."
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Jah verstehe es auch nicht, aber fort ist er."
( Schluß folgt.)
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Aber die Entwickelung steht nicht still. Die Erkenntnis brach sich Bahn, daß der Fortschritt hier nur Realtion sein tönne. Eine Nüdfehr aus Schwulst, Ueberschwang, falicem Pathos und Ueberkompliziertheit in Form und Ausdruck zu Einfachheit und Melodie. Zurück von der ewigen Melodie", die gewiß im Orga nismus des mythologischen Musikdramas die gleiche Berechtigung hatte, wie der Stabreim, die Alliteration und das Leitmotiv